,, Es ist ein Skandal...
Wieder ein katholischer Pfarrer
Memmingen ( Allgäu). 28. Jan. Auf Veranlassung des Sonderfommissars für Schwaben und Neuburg, Brigadeführers Ritter von Schöpf, wurde am Freitag der Stadt
SA.- Minister Bayerns gegen Faulhaber, Marxisten taplan Prim von Memmingen in Schuzhaft genommen. Er und Anarchistenssil
Der Ton der nationalsozialistischen Machthaber gegen alles, was ihnen einer eigenen Meinung verdächtig und nicht absolut innerlich ergeben ist, wird immer schärfer. Am Freitag sprach der bayerische Staatsminister Esser in der Amtsanwalterschule des Gaues Schwaben in Bleirach zunächst sehr deutlich gegen die sogenannten Gleichgeschalteten. Viele heben heute, so sagte er wörtlich, die Hand zum Hitlergruß, ohne endgültig Abschied genommen zu haben von ihren früheren politischen Ueberzeugungen. Vor allem müsse die Ministerialbürokratie langsam aber stetig mit absolut zuverlässigen nationalsozialistischen Kräften durchsetzt werden. Aber auch die Kreise der ehemaligen Schwarzen in Bayern dürften nicht aus dem Auge gelassen werden. Traurig genug, daß sich
die Männer der Kirche
heute bei jeder Gelegenheit hinter Konkordate und Verträge verschanzen und scheinbar ernstlich daran denken, für alle Zeit in Deutschland ein Staat im Staate bleiben zu wollen. Es sei nachgerade ein Skandal, daß sich Kardinal Faulhaber immer noch nicht zu einem rückhaltlosen offenen Befenntnis zum nenen Staat aufgeschwungen habe. Dafür Mall bum
halte er Predigten, die Gewissenskonflikte aller Art hervorriefen und die fanm gewonnene innere Einheit
hatte gegen Einrichtungen des nationalsozialistischen Staates ,, in ungebührlicher und gehässiger Weise Stellung" ge=
nommen.
des Boltes gefährdeten. Der Stardinal und feine Mit: Niemöller abgesetzt
arbeiter würden besser daran tun, Predigten über das Kapitel des von Gott angeordneten Gehorsams gegenüber der rechtmäßigen staatlichen Obrigkeit zu halten. Sie sollten lieber den Bersuch machen, das schlechte Renommee, in das die Kirche durch ihre politisierenden Exponenten getommen sei, zu verbessern und dafür zu sorgen, daß die Menschen wieder ohne innere Vorbehalte in gläubigem Vertrauen zu den firchlichen Autoritäten aufzublicken in der Lage find.
Das waren aber noch nicht alle Gefahren, die Esser aufzeigte. Neben der marristischen Wühlarbeit gäbe es noch das scheinheilige Getne gewisser Kreise, die die nationale Erhebung in die Auferstehung der Monarchie auslaufen lassen möchten. Die Monarchie und ihre Monarchen hätten in Jahrhunderten bewiesen, daß sie nicht imstande seren, eine deutsche Nation zu schaffen. Sie hätten daher keine Existenzberechtigung mehr. Das deutsche Volk ist froh, diese Dinge überwunden zu haben.",... Man kann sich danach die Stimmung der bayerischen Monarchistenfreise, die immer noch und jetzt erst recht nach ihrem „ Kini" verlangen, ungefähr vorstellen.
Ein kleingläubiger Erzbischof
Ueberwachtes Telefon
bronjak si
Berlin, 28. Jan. Wie firchenamtlich mitgeteilt wird, ist Pfarrer Niemöller: Dahlem von seiner vorgelegten Behörde am 26. Januar benrlaubt worden. Pfarrer Riemöller war der Führer der firchenpolitischen Oppofition in Berlin . Pfarrer Niemöller, im Kriege Unterseebootskommandant, hatte im Namen des Pfarrernotbundes die Gläubigen zu gewaltigen Rundgebungen um sich gesammelt. Jetzt maßregelt ihn die oberste Kirchengewalt, mit Sitler und Göring im Bund. Göring hat sich, wie aus Berlin berichtet wird, auf Telefongespräche Niemöllers gestüßt und behauptet, daß Niemöller eine ungünstige Bemerkung über Hitler gemacht habe.
Troßdem Göring offen die Partei der Deutschen Christen " ergreift, scheint die Opposition von ihrem Kampfwillen nichts eingebüßt zu haben.
Braunschweig , 28. Nov. Der Pfarrer von Schwarz, bisher am Tom zu Braunschweig, und Pfarrer Palmer von der Bartholomäuskirche in Blankenburg wurden ihres. Amtes mit fofortiger Wirkung enthoben. Gegen den Pfarrer Lachmund in Blankenburg wurde ein Disziplinarverfahren mit dem Ziele der Dienstentlassung eröffnet. Die Gemaßregelten sind Angehörige des Pfarrernotbundes.
Katholische Gewissenskämpfe und nationalsozialistische Brutalität, Hinter dem Reichsbischof"
In einer Besprechung zwischen dem Freiburger Erzbischof
Dr. Groeber und einem Vertreter der badischen Regierung, über die der in Karlsruhe erscheinende„ Führer" berichtet, erklärte der Erzbischof, er müsse die Gläubigen darauf aufmerksam machen, daß es einem Katholiken nicht erlaubt sei, die Sterilisierung für seine eigene Person oder für einen anderen Menschen zu bean= tragen. Dagegen erfannte der Erzbischof ausdrücklich an, daß die den Aerzten, Heilfundigen und Anstaltsleitern auferlegte Anzeigepflicht in feiner Weise den katho lischen Glaubensgrundfäßen widerstreite und von den gläubigen Katholiken ohne Gewissensfonflift erfüllt werden fönne, Der Erzbischof bat nur darum, daß katholische Or densschwestern in den öffentlichen Anstalten zu den für die Durchführung des Gesetzes notwendigen Verrichtungen nicht herangezogen werden möchten.
In der Besprechung wurden auch zahlreiche Beschwerden über das Verhalten fatholischer Geistlicher erörtert; der Erzbischof sagte in verschiedenen Fällen die baldige Ver= sehung der belasteten Geistlichen zu.
,, Ungehorsame Kanzelredner" Amtliche Drohungen
DNB. teilt mit: In letzter Zeit sind durch fatholische Ranzelabfündigungen Zweifel erwedi worden, ob das Gesetz zur Verhütung erbfranfen Nachwuchses gemäß den eindeutigen Erklärungen der Reichsregierung durchgeführt wird. Bei diesen Abfündigungen handelt es sich lediglich um eine lebrmäßige Stellungnahme der fatho= lischen Kirche, die den Staat nitch hindern wird, das von ihm für notwendig erfanute Gefeß in vollem Umfange aus zuführen. Kundgebungen, die einer Aufforderung zum Un gehorsam gegen das Reichsgeich gleichfommen, werden unterbunden.
Görings Wahlspruch: Nehmen ist seliger als Geben
Durch Verfügung des Regierungspräsidenten in Düssefdorf vom 24. Januar 1934 ist das gesamte bewegliche und unbewegliche Bermögen des Volfsvereins für das fatholische Deutschland , des Volksvereinsverlags und der Rheinischen Druckerei AG. in M.- Gladbach mit sämtlichen Gebäuden, Betriebseinrichtungen, Maschinen, Bibliotheken und allem sonstigen Inventar sowie Bargeld, Postscheck- und Bankguthaben und sonstigen Forderungen zugunsten des preußischen Staates eingezogen worden. Diese Einziehung, gegen die es ein Rechtsmittel nicht gibt, ist geschehen auf Grund des Gesetzes über die Einziehung volts- und staatsfeindlicher Vermögen.
2 Monate Gefängnis für Vikar Die Wahrheit darf nicht gepredigt werden! Der Bifar Aler Maria Holtermann von der St.- Lambertus- Kirche in Kastrop- Rauxel wurde von der Dortmun= der Straffammer zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Bifar Holtermann hatte in einer Predigt auf der Kanzel 1. a. gefagt:„ Nicht die, die auf der Straße Dolche und Revolver führen, sind die wirklichen Mörder, sondern die Führer, die die Menschen gegeneinanderheben. Das fann auch nicht dadurch gutgemacht werden, daß man Staatsbegräbnißie veranstaltet und mit Silber beschlagene Särge auf Staatsfoften anfertigen läßt." Marant
Während Vifar Holtermann in der heutigen Verhandlung beitritt, Redewendungen in diefem Sinne gebraucht zu haben, behauptete eine Anzahl von Zeugen, daß Holtermann die vorerwähnten Ausführungen gemacht habe.
Staatsfeindliche" Pfarrer
Glimpflich davongekommen
Die„ Pirmasenser Zeitung" meldet: Vor dem Schöffengericht Kaiserslautern hatte sich heute der katholische Pfarrer Karl Matheis von Fehrbach bei Pirmasens wegen politischer Vergehen zu verantworten. Der Angeklagte mußte am 16. Juni vorigen Jahres, da seine Sicherheit wegen seines regierungsfeindlichen Verhaltens gefährdet erschien, in Schubhaft genommen werden. Während dieser Zeit hat Pfarrer Matheis, der früher Zentrumsredner war, in äußerst abfälliger Weise zur nationalen Regierung Stellung genommen. So erklärte er, diese Regierung sei nichts als Kommunismus, beschimpfte die Imsweiler Silfspolizei und SA. u. a. m. Das Gericht erkannte au Stelle einer verwirt ten Gefängnisstrafe von zwei Monaten auf eine Geldstrafe von 200 Mart.
Die sogenannten Kirchenführer angeblich solidarisch
Der Reichsbischof batte, wie vom Büro des Reichsbischofs gemeldet wird, heute( Samstag) die gesamten Kirchenführer der Deutschen Evangelischen Kirche zu einer Besprechung eingeladen. Als Ergebnis wird eine Erklärung veröffentlicht, in der es heißt:" Wir bekräftigen einmütig unbedingte Treue zum Dritten Reich und seinem Führer. Wir verurteilen aufs schärfste alle Machenschaften der Kritif an Staat, Volf und Bewegung, die geeignet sind, das Dritte Neich zu gefährden. Insbesondere verurteilen wir es, wenn die ausländische Preise dazu benutzt wird, die Auseinandersegung in der Kirche fälschlich als Kampf gegen den Staat darzustellen. Die versammelten Kirchenführer stellen sich geschlossen hinter den Reichsbischof und sind gewillt, mit allen ihnen verfassungsmäßig zustehenden Mitteln die Autorität des Reichsbischofes zu feftigen."
Auf den Straßen von Paris... 9
In Paris ist es am Samstag zu erneuten Straßenfundgebungen gefommen. Sie find feineswegs nur politischer Natur und nicht nur Ausstrahlungn der Stavisty- Affäre. Alle möglichen sozialen Ventile werden hier geöffnet bei nicht immer flar durchschaubaren Teilfräften.
Auf den großen Boulevards begann es. Offensichtlich wurden die Kundgebungen geleitet von Stroßtruppführern der Action Francaise und der patriotischen Jugendverbände. Die Polizei nahm zahlreiche Personen in Haft. Zunächst waren die Manifestanten mit Neugierigen gemischt, die besonders zahlreich waren, da es ja ein Samstag abend war. Das erste Eingreifen der Polizei schuf
eine unbeschreibliche Verwirrung.
Die Loyalisten ließen Feuerwerkskörper und Rafeten los, hielten den Verkehr auf und zogen sich, wenn sie angegriffen wurden, in die Cafes und Kinos zurück. Die Polizei hatte am Opernplatz 60 Riesenscheinwerfer aufgestellt. Die Demonstranten hatte zwei Ziele, nämlich die Abgeordnetenfammer und das Palais des Präsidenten der Republif. Sie fonnten jedoch in beiden Fällen frühzeitig zurückgedrängt werden, wobei es allerdings zu blutigen Schlägereien fam.
Gegen 8 Uhr wurde die Revolte abgebrochen, da ihre Veranstalter den Wunsch äußerten, zum Abendessen zu gehen.
Sobald jedoch die Essensstunde vorbei war, begannen die Auftritte von neuem. Es wurden durch das Aufhelten von Fahrzeugen
und insbesondere durch das Verstreuen von auf Kortstückchen aufgespießten Nägeln, welche die Autoreifen aufstachen und die Wagen unbeweglich machten, Verkehrssperren gebildet. Die berittene Polizei griff, soweit die Furcht vor den Nägeln dies erlaubte, wiederholt an, ohne sich indessen richtig entfalten zu können.
Größeres Glück batten die Polizeimannschaften zu Fuß, welche den flüchtenden Demonstranten in die Gafes, darunter in das besonders den ausländischen Reisenden befannte Cafe de la Pair folgten, in denen alles kurz und flein geschlagen wurde. Ein Feuerwehrzug, der sich zufällig in dr Nähe befand, wurde zerstört und die Schläuche in Stücke geschnitten. Mehrere Zeitungsfioske und Bänke wurden aufeinander geschichtet und n Brand gesteckt.
Zahlreiche Laternen wurden umgestürzt und die Gasleitungen aufgerissen, so daß die Gasgesellschaften sofort Mechaniker zur Behebung der gefährlichen Schäden entienden mußten. Die Auftritte erreichten ihren Höhe
Geistlicher grausam mißhandelt puntt, als gegen Mitternacht
Wie man erfährt, wurde vor zwei Tagen der Pastor Gerhard Jacobi , der Hauptgeistliche an der Kaiser- Wil helm- Gedächtniskirche in Berlin , auf dem Nachhauseweg von Nazi, die ihm aufgelauert hatten, überfallen und fürchterlich mishandelt. Er befindet sich mit erheblißen Berlegungen in häuslicher Pflege Pastor Jacobi ift einer der Führer des Pfarrernotbundes, das heißt der Oppo= Kirche. Die Raiser- Wilhelm- Gedächtnisfirche ist eine der größten und befanntesten in Berlin . bas
einige hundert Rommunisten,
die aus einer Versammlung fameu, sich einmischten. Die Polizei hatte sich bis dahin bedeutend ruhiger als in den lebten Tagen verhalten. Erst bei dem Eintreffen der Arbeiter gewann sie ihr altes Temperament zurück. An die 80 per wundete Polizeibeamte- die Verlegungen nicht uniformierter Personen werden nicht gezählt bezeichneten
fition gegen die Naziübergriffe innerhals ber proteftantifchen die Strecke. Einige hundert Verbaitungen wur
den vorgenommen, von denen jedoch nur 21 aufrecht erhalten wurden.
Das Glanzstück de Abends bildete ein französischer Bürger, welcher gegen 7 Uhr abends auf dem Platz an der Kirche Madeleine erschien, und zwar
in völlig nacktem Zustande.
Er rechtfertigte diesen Aufzug dadurch, daß er unaufhörlich. schrie:„ Ich bin ein unglücklicher Steuerzahler. den man völlig ausgezogen hat." Der Mann war feineswegs ein Wahnsinniger, sondern lediglich ein origineller Kopf, der trotz der herrschenden Kälte Wert darauf legte, eine nicht zu übersehende Kundgebung gegen die Finanzpolitif des" System" zu liefern. Der nadie Steuerzahler wurde von einigen Polizeibeamten ergrifen, welche ihn voll Nächstenliebe in einen ihrer Mäntel hüllten, die befanntlich sehr kurz sind und nur bis zur Hälfte des Gesäßes herabreichen. Auf dem nächsten Polizeirevier fand der Steuerzahler Gelegenheit, sich die unbedeckt gebliebenen Körperteile zu würmen.
Englische Rüstungserklärungen
Lonbon, 29. Jan. In einem Aufsatz des parlamentarischen Berichterstatters der„ Times" heißt es: Die Abrüstungsfrage hat ein endgültiges Stadium erreicht, mit dem die bri tische Politik direkt zu tun hat. Unerfreulich ist es, daß Frankreich wieder einmal in einem kritischen Augenblick ohne Führer ist. Die Hauptsache für England ist jedoch, daß sich die britischen Minister auf eine unabhängige Erklärung geeinigt haben, in der sie ihre Haltung zur Abrüstungsfrage umreißen, und zwar in einer Form, die dem Urteil der Welt unterbreitet werden kann. Die Erklärung wird am Montag nicht veröffentlicht werden. Man ist sich klar darüber ,. daß sie eigentlich eine Antwort auf Fragen der deutschen Regierung darstellt. Die Höflichkeit erfordert es deshalb, der deutschen Regierung Zeit zur Prüfung des Schriftstückes zu lassen. Auch den anderen Mächten, die an den letzten diplo= matischen Besprechungen über die Abrüftungsfrage beteiligt waren, also Frankreich und Italien , wird natürlich das Dokument bekanntgegeben werden.
DNB. Paris, 29. Jan. Der Londoner Korrespondent des „ Echo de Paris" erklärt, daß die englische Regierung den zwischen Frankreich und Deutschland in der Abrüstungsfrage bestehenden Konflikt schlichten wolle. In den englischen Gegenvorschlägen sei von einer auf Deutschland anzuwendenden Probezeit teine Rede. Deutschland würde grundfäßlich den Anspruch auf den sofortigen Befit sämtlicher von den übrigen Mächten gebrauchten Defensivwaifen er halten, deren Menge durch befondere Vereinbarung feitgelegt werden solle. England denke ferner daran, das Mindestkaliber der Defensivartillerie von 6 Roll auf 5 pder 4,7 Zoll herabzujeßen. Endlich würde die englische Regierung die binnen einigen Jahren vorzunehmende allmähliche Bernichtung derjenigen Defensivwassen wie Tants, schwere Artillerie, Bombenilugzeuge vorschlagen, die die Siegermächte bejäßen und die Deutschland nicht beanspruche. Außerdem würde festgelegt werden, daß, wenn die Kontrolle ernitliche Berstöße durch eine Macht feststellen sollte, die übrigen Mächte automatisch von ihren Verpflichtungen entbunden feien. Die Frage der Kontrolle der Halbmilitärischen Verbände dürfte wahrscheinlich durch spätere Vereinbarungen geregelt werden.