Die 6 fache Hinrichtung

Amtliche Greuelpropaganda

log

tung Amtlich bestätigte SA.- Grcucl

Der Neue deutsche   Pressedienst, eine periodisch erschei­

nende Korrespondenz, die mit der Aufgabe betraut ist, SS.  - Mörder vor einem deutschen   Gericht

gegen die sogenannte Greuelpropaganda aufzutreten, veröffentlicht jezt eine amtliche Darstellung über die vor einiger Zeit erfolgte Hinrichtung von sechs Krm= munisten in Köln  , die wegen Ermordung von zwei SA.- Leuten zum Tode durch das Beil verurteilt waren. In dieser Schilderung heißt es:

Die Hinrichtung wurde für 7.30 Uhr festgesetzt. Kurz vor 7 Uhr erschienen im Gefängnishof die Amtspersonen, die der Hinrichtung beizuwohnen hatten, ferner einige SA. und SS., der Polizeipräsident von Köln   und zwölf Bürger. Pünktlich um 7.30 Uhr ertönte zum erstenmal für die Dauer einer halben Minute die Totenglocke des Gefängnisses. Gleichzeitig wurde der erste Verurteilte in Begleitung von Gefängnisaufsehern und eines Geist lichen herausgeführt. Dieser Delinquent sowie auch die übrigen Todeskandidaten ließen sich ohne Widerstand über den noch in Dunkelheit liegenden Hof zu dem Tisch führen, vor dem der Gerichtshof Platz genommen hatte.

Der Staatsanwalt legte den Verurteilten den ab= lehnenden Bescheid des preußischen Minister­präsidenten Göring   vor und ersuchte sie, von dem Jn halt Kenntnis zu nehmen. Dann fragte er die Verur­teilten, ob sie noch etwas zu sagen wünschten.

Bier der Delinquenten verneinten. Der fünfte sagte: Ich bitte, auf meine Frau und Kinder Rücksicht nehmen," Der sechste erklärfe: Ich bin kein Mörder, ich bin ein politischer Rämpfer."

Während der Erklärung des Staatsanwaltes drehten sich die Verurteilten mit dem Rücken zur Richtstätte, die aus einem flachen, niederen Tisch und einem etwas höheren Richtblock bestand. Nach den Erklärungen der Verurteilten wurden ihnen von den Henkersknechten mit einer schwarzen Binde die Augen verbunden. Hierauf wurde einer nach dem andern zu dem niederen Tisch ge führt, wo sie festgebunden wurden.

Während einer der Henkersgehilfen mit beiden Hän den den Kopf des Verurteilten am Richtblock festhielt, führte der Scharfrichter den tödlichen Sieb gegen den Delinquenten. Nach jeder Hinrichtung meldete der Scharf­richter dem Staatsanwalt, daß die Hinrichtung in zwanzig Sekunden erfolgt sei. Von dem

Augenblick, wo der Berurteilte von den Henkersknechten erfaßt und über den Richtblock gebunden wurde, bis zu dem Augenblick der Hinrichtung vergingen nur zwanzig Sekunden. Einer der Delinquenten wurde in der Zeit von vierzehn Sekunden hingerichtet. Mit Ausnahme eines Delinquenten wurden alle anderen durch einen einzigen Beilhieb geköpft. Bei dem Verurteilten Hammacher war ein zweiter Beilhieb nötig.

Deutsche   Untertanen

Vertrauliche Mitteilungen sind strafbar

as hb. Unter den. Reichsgerichtsentscheidungen der jüngsten Beit befindet, sich ein Urteil, das festgenagelt. werden muß. Nach diesem Urteil( 6D246/ 38) fann die strafbare Verbrei­tung einer unwahren oder gröblich entstellten Behauptung, die geeignet ist, das Wohl und Ansehen des Reiches, der Re­gierung und der Regierungsmitglieder zu untergraben, auch durch vertrauliche Mitteilungen an Dritte" begangen werden..

Das Urteil hat folgende Vorgeschichte:

Der sozialdemokratische Bürgermeister von Schmölln  ( D.­2.) hatte in der Zeit vor dem Verbot der SPD  .(!) einem Zwidauer Sozialdemokraten einige Exemplare einer linksgerichteten Druckschrift übergeben, die sich mit der Zu­funft des Deutschen Reiches beschäftigten. In dieser Drud­schrift wurde die inzwischen eingetretene Lebensmittel­teuerung vorausgefagt und ein Niedergang der Lebens­haltung des Volkes angekündigt. Bei der Uebergabe der Drucichrist bemerkte der Bürgermeister ausdrücklich, daß dieselbe vertraulich geschähe. Als die Angelegenheit ruchbar wurde, hatte sich der Täter vor dem Landgericht in Bautzen  zu verantworten, das ihn freisprach, weil durch die vertrau­liche Weitergabe des Materials der Begriff einer Verbrei­fung im Sinne der Notverordnung zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen Regierung und nationale Erhebung nicht er­füllt gewesen sei. Aber das Reichsgericht entschied nunmehr in Würdigung der nationalen Belange" auf neuerliche Ver­handlung der Sache. Darauf, daß die herabwürdigenden Aeußerungen nicht einem größeren Perfonenfreis gegenüber gemacht worden sind, fommt es nach Meinung des Reichs= gerichts gar nicht an. Es genügt vielmehr, daß derartige Be­hauptungen überhaupt aufgestellt wurden.

Den Vertretern der deutschen   Justiz wird es sicher Tag und Nacht leid tun, daß sie nicht auch Gedankenleser find. Erst dann, wenn sie auch den Gedankensünder vor die Schranken des Gerichts zitieren fönnten, hätte das Leben für sie den richtigen Inhalt.

Fröhlich Pfalz"

Scharfer Wind

In Germersheim   wurde der Stuhlschreiner Georg Person in Schuzhaft genommen, weil er unwahre Be­hauptungen über die Konzentrationslager" aufgestellt hatte. Er war Gründer der ehemaligen KPD  . in Germersheim  und befand sich schon einmal in Schutzhaft.

Das Berliner   Sondergericht für die Aburteilung von Verbrechern innerhalb der SA  . und SS  . hat am 20. De­zember die SS  .- Männer, Bauarbeiter Paul Dahlke   und Leopold Kalff, zu je 15 Jahren Zuchthaus   und die SS  .- Leute, Bauarbeiter Otto Pansegrau und Dreher Josef Ochsenpfort, zu je 14 Jahren Zuchthaus ver­urteilt. Während der ganzen Verhandlung, auch während der Urteilsbegründung, blieb die Oeffentlichkeit aus­geschlossen. Man wählte als Vorwand die angebliche Gefährdung der Sittlichkeit. Ueber die Einzelheiten der Ver­handlung ist nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen. Aber man hat erfahren, daß der Vorsitzende des Sonder­gerichtes, Landgerichtsdirektor Rehn, einer der schärfsten nationalsozialistischen Richter, in der Urteilsbegrün­dung erklärt habe, nach solchen Vorfällen, wie sie in der Verhandlung bekanntgegeben worden seien, würde es kaum noch gerechtfertigt erscheinen, Anklage wegen der Verbreitung von Greuelmärchen zu erheben.

Die Vorgänge, die zur Anklageerhebung wegen gemein schaftlichen Todschlages führten, sind für die Gesinnungs­und Gemütsart gewisser Teile der Hitlermiliz ebenso charak­teristisch, wie die Rechtszustände in Deutschland   charakteri­siert werden durch die Mühe, die es kostete, die Verbrecher

ihrer Bestrafung zuzuführen.

Der Anflage lag folgender Tatbestand zugrunde: Der 33 Jahre alte Arbeiter Mar Lucas hatte die Nacht vom Sonnabend den 2. Dezember, zum Sonntag, den 3. Dezem ber, in einem Lokal zugebracht, in dem sechs SS.- Leute das Publikum durch dauernden Gesang belästigten. Er hatte schließlich den SS  .- Leuten zugerufen: Hört doch endlich mit eurem dämlichen Gesinge auf." Es ist vor Gericht bestätigt worden, daß Lucas ein ganz harmloser Mensch war, der nie einer Partei angehört und sich überhaupt nie politisch be­tätigt hat.

Die Geschlechtsteile abgeschnitten

Die sechs bewaffneten SS  .- Leute fielen darauf über Lucas her, richteten ihn fürchterlich zu und warfen ihn in den Neuköllner Stichkanal. Es gelang dem Lucas troß seiner schweren Verlegungen und obwohl der Kanal etwa 40 Meter breit ist, das Ufer zu erreichen. Darauf ergriffen die SS  .­Männer ihn wiederum, schlugen ihn einfach tot und warfen ihn auf die Straße vor dem Straßenbahnhof Mittelbuschweg bei Neukölln. Dort fanden Nationalsozialisten die Leiche und benachrichtigten sofort die Polizei. Nach der Feststelluna der Polizei wies die Leiche fürchterliche Verstümmelungen auf: Die Geschlechtsteile waren abgeschnitten, der Bauch war durch Messerstiche von oben bis unten in eine formlose Masse verwandelt, der Körper war so zugerichtet, daß die Polizeifachverständigen annahmen, der Mord sei offenbar von sexualpathologischen Momenten mit bestimmt worden.

Charge- er­Angeklagten und zwei SS.- Männer höherer Charge lassen. Aber die geheime Feldpolizei, die die Disziplinarne hörde der SS  .- und SA.- Leute ist, weigerte sich, den Haft­befehl zu vollstrecken. Man ließ die Täter zunächst gemütlich in der General- Pape- Straße   fizzen. Schließlich wurden die Mörder doch verhaftet. Die erste Folge davon war, daß die beiden SS  .- Leute der höheren Charge, über deren Namen nur nicht erweisbare Gerüchte umgehen, sich vor ihrer Ueber­führung ins Untersuchungsgefängnis in der General- sape­Straße erhängten. Die vier anderen SS.- Männer aber fa­men endlich vor ihren Richter. Die Zahl und Schwere der verurteilten Fälle zeigt, wie stark die Hitler- Miliz von ner­biecherischen Elementen durchsetzt ist. Die SA.- Leitang bat ja dieses Verbrechertum in den Reihen der Garde des drit­ten Reiches" gezüchtet.

Lebendig in Sarg gelegt

Gerade was die Personen der beiden in obigem Falle Angeklagten  & alff und Panse grau betrifft, so at man ihnen gegenüber eine sträfliche Nachsicht walten lassen, die doch überaus bezeichnend ist. Kalff und Pansegru gaiten nämlich zu jenem SS.- Kommando gehört, das die Beiezung des Hauses des Deutschen Freidenferverbandes in der Bnei senaustraße in Berlin- Neukölln durchführte und dort Dinge vollführte, die das Schlimmste an Roheit bedeuteten. Unter anderem legten die   SS- und SA.- Leute einen der Sekretäre des Verbandes in einen Sarg, den sie im Magazin diefer Feuerbestattungsorganisation gefunden hatten. Ste chloffen den Sarg und führten ihn mit dem eingeschlossenen Mann unter Absingen nationaler Lieder durch die Stadt. Ter Sekretär ist geiftesfrant geworden.

Die Fälle, die sehr zahlreich an die Sondergerichte vermie­sen werden, sind teilweise so furchtbar, daß man schon nicht mehr wagt, sie vor den eigentlich zuständigen provinzialen Sondergerichten verhandeln zu lassen. Man bringt die Ver­vinz die Einzelheiten sich schneller herumsprechen würden. ( Prager Sozialdemokrat".) Geheime Feldpolizei  

vollstreckt Haftbefehl nicht bandlung vor das Berliner   Sondergericht, weil in der Bro­

Auf Grund der polizeilichen Ermittlung wurde ein Haft­befehl wegen Mordes gegen die Täter- die oben benannten

Dragonaden" im Saargebiet

Man schreibt uns: Als Ludwig XIV  . um 1681 seine harten Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Protestanten begann, als er seine Dragoner in protestantischen Orten und Häu­fern einquartierte, um die Bewohner durch allerlei üble Schikanen dem Katholizismus zuzuführen, da galten diese Methoden als unwürdige Maßnahmen einer Zeit, in der immerhin noch mehr Verständnis für Bedrückung und Ent­rechtung vorhanden war als im 20. Jahrhundert. Als die sogenannte nationale Revolution" in Deutschland   ihren Siegeslauf begann, setzten Dragonaden" ganz anderer Art ein. Was bis jetzt über die deutschen   Schrecken der Gegen­wart in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, ist trotz aller Fürch­terlichkeit nur ein Bruchteil des tatsächlichen. Die Auf hebung von Recht und Gesetz zum Nachteil der Unterdrück­

ten und Vergewaltigten, die selbst mittelalterliche Begriffe übersteigende Folter wehrloser Menschen, die grundlose Freiheitsberaubung, verbunden mit unbeschreiblichen Miß­handlungen, geübt an mehr als 200 000 Menschen, die Ver­nichtung der bürgerlichen Eristenz, die Entnervung der deutschen   Menschen sind Methoden, die sich unter den Augen der Kulturvölker der Erde abrollen, ohne daß eine Hand sich hebt, die Einhalt gebietet.

Die gleiche Partet möchte die gleichen Methoden auch im Völkerbundsland Saargebiet anwenden. Daß sie eini­germaßen daran gehindert wird, veranlaßt ihre Zeitungs­schreiber, über Unterdrückung der freiheitlichen staatsbürger­lichen Betätigung Beschwerde zu führen. Die verhinderte offene brutale Dragonade erfeßt man aber im Saargebiet durch ein wohlausgeflügeltes System des geheimen Terrors, das mit einer wahren Virtuofität zur Meisterschaft entwickelt wird. Hand in Hand mit der unterirdischen Propaganda ge=

Marrist schon einmal festgesetzt, aber wieder beurlaubt worden. Anstatt sich ruhig zu verhalten, hielt er es jetzt für nötig, den deutschen Gruß verächtlich zu machen." Die Folge war seine Wiederverhaftung. Er ist erwerbslos, Vater von fünf kleinen Kindern.

" Belohnte Pflichterfüllung". Waldfischbach  , 19. Jan. Bei der gestrigen Reichsgründungsfeier wurde der SA.- Schar­führer Maurer, der Fahnenwache versah, von einem plötzlichen Unwohlsein befallen. Er wollte sich aber nicht vorzeitig ablösen lassen, und hielt die Fahne so lange, bis er umfiel. Für sein vorbildliches Verhalten ernannte ihn Sturmbannführer Anschütz zum Oberscharführer.

Auf der Kirchweihe in Eschbach behauptete der Land der Denunzianten Reichstagsbrand geschrieben werde, sei alles' Schwindel. Gr ,, Lieber Gott, mach mich stumm...

27jährige Fabrikarbeiter Rudolf Stegner, was über den

wiffe, wer den Reichstag   angezündet habe, man dürfe aber nichts sagen. Dafür wurde Stegner nunmehr vor dem Sondergericht der Pfalz   in Frankenthal  , troßdem er Trunfenheit vorschüßte, zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte sechs Monate beantragt. Urteilsverkündung: Heinrich Ranft, Konsumvereins­angestellter, Pirmasens  , 80 Mark Geldstrafe eventuell 10 Tage Haft.- Grund: Angebliche Verächtlichmachung des deutschen Grußes". Vorbehandlung: 8 Wochen Schutzhaft im Gefängnis.

Die Arbeiter Georg Weishaar und Frib Schäfer, beide von Rodalben  , wurden durch die Gendarmerie in Schußhaft genommen und nach Pirmasens   eingeliefert, weil sie, was jetzt erst bekannt wurde, in der Silvesternacht in einem dortigen Privathaus anläßlich eines Neujahrs­Ständchens die Internationale" gesungen haben.

Der Fabrikarbeiter Heinrich Weis, geb. 16. 7. 1899 zu Riedelberg  , wurde wegen Beleidigung der Reichsregierung borläufig feitgenommen und ins Gefängnis eingeliefert.

In Schußhaft genommen wurde der in Pirmasens   wohn­hafte Albert Schmeer. Er war seinerzeit als bekannter

Die Kölnische Zeitung  " berichtet:

Falsche Anzeige gegen einen Wachtmeister aust Ein höchst gefährlicher Bursche stand in einem 27jährigen Straßenhändler vor dem Schöffengericht.

Der Angeklagte hatte eine Beschwerde über einen Polizei hauptwachtmeister an das Präsidium eingereicht, in der er behauptete, ihm habe der Wachtmeister erflärt, eripude sowohl auf die KPD. wie auf die NSDA P. Zum Glück war der Beschuldigte imitande, den Nachweis zu führen, daß er niemals eine derartige Aeuße rung getan hatte. Troßdem blieb auch in der Verhand lung der Angeklagte bei seiner Behauptung, diese Worte habe der Wachtmeister ihm gegenüber gebraucht. Der Wacht meister selbst erklärte als Zeuge unter Eid, es handle sich um nichts als um einen Racheaft des Angeklagten. Er habe dem Mann, der auf der Straße mit Blumen handle, nach mehrfachen erfolglosen Verwarnungen Protokolle machen müssen. Da sei der Angeklagte zu ihm gekommen und habe ihm gedroht, sich bei der NSDAP  . über ihn zu beschweren, dann müsse er seinen Rock ausziehen. Und da

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gen jüdische Geschäftsleute und Künstler geht der Kampf ge­gen alle Nichtgleichgeschalteten. Die Gegner Hitlers   an der Saar   fämpfen einen schweren Kampf und sind dabei im wesentlichen auf sich selbst angewiesen. Selten nur läßt sich der geheime Terror entlarven, selten gelingt es, die Fäden bloßzulegen, die ein ganzes Netz bilden, das über die Opfer des Hitlerterrors im Saargebiet ausgeworfen wird: Bür­gerliche Aechtung. Untergrabung der Eristenz, 3wang zur Enthüllung als Geaner des Faschismus bei passenden Ge­legenheiten, die recht oft fünftlich geschaffen werden, kalte A lehnung in gesellschaftlicher Hinsicht, ängstliches Zurück­ziehen gefährdeter Personen selbst im rein gesellschaftlichen Verkehr, das sind die Methoden moderner Dragonaden im Saargebiet.

Und alles unter den Augen des Völkerbundes! Seine neue Kommission unter Führung des Herrn Aloisi wird den ganzen Umfang des geheimen Terrors nur zum kleinsten Teil erfahren. Das Schlimme ist: gegen diese Art des Ter­rors gibt es feinen wirksamen Schuh! Oft wagen die Ter­rorisierten noch nicht einmal, von dem gegen sie geübten Terror Kenntnis zu geben, weil sie sonst noch schlimmere Nachteile befürchten müssen. Wer kann unter solchen Um­ständen an die Freiheit und Unbeeinflußtheit der Abstim­mung alauben? Mit welchen Mitteln will der Völkerbund diesem Terror Einhalt gebieten?

Wahrlich, der Völferbund ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Er hat ein Mandat übernommen, das er verpflich­tet ist auszuüben. Nicht nur nach dem Buchstaben des Ge= fetes, auch nach dem Geist und der sittlichen Verantwortuna. die auf ihm lastet.

habe er erwidert, er solle sich beschweren, wo er Lust habe, er tue als Beamter nichts als seine Pflicht. Diese Aussage stügte auch ein anderer Wachtmeister mit seinem Eid, der bei dieser Aussprache zugegen gewesen war. Das Gericht bestrafte in diesem Fall den Anzeigenden mit vier Monaten Gefängnis, und der Vorsitzende sagte in der Begründung, die Anzeige sei geradezu infernalisch, denn sie hätte dem Beschuldigten unter Umständen sein Amt und da= mit auch seine Existenz gekostet.

Ein Brief an den Westdeutschen Rundfunk

Eine Ehefrau hatte an den Westdeutschen Rundfunk einen Brief geschrieben, in dem sie ihrem Erstaunen Ausdruck gab, daß ein Schriftsteller, der über Reichsfanzler Hitler   ab­fällige Bemerkungen gemacht habe, ausgerechnet bei dent nationalen Rundfunk als Mitarbeiter herangezogen werde. Auch von diesem Schreiben war der Betroffene in Kenntnis gesetzt worden, und da es sich um keine Behörde handelte, hatte der Schriftsteller nur mit einer Anzeige wegen übler Nachrede antworten können, um seine verlegte Ehre wiederherzustellen.

Im Laufe der Verhandlung ergab die Beweisaufnahme, daß sich die Angeklagte sicher geirrt hatte, denn der Schrift= steller konnte den Nachweis führen, daß er sich schon seit Jahren für die nationale Bewegung ein­gesezt hatte. Das gestand ihm auch Rechtsanwalt Bar= tels als Verteidiger der Angeklagten zu, obgleich er auf einen Freispruch aus dem§ 193 StGB.( Wahrnehmung berechtigter Interessen) plädierte. Die Angeklagte, führte er dazu aus, wohne mit dem Schriftsteller in dem= selben Haus und habe wohl gelegentlich eine Aeußerung des Herrn falsch verstanden. Deshalb sei sie des Glaubens ge= wesen, der Schriftsteller vertrete eine linfe Richtung, und in der Empörung darüber habe sie das Schreiben des Briefes an den Rundfunk für ihre Pflicht gehalten. Der Rundfunk sei öffentlich, sie habe also mit dem Brief nur öffentliche Interesse wahrgenommen. Das Urteil erging auf Freispruch der Angeklagten. In der Begründung beißt es, an der nationalen Gesinnung des Zeugen könne nicht im mindesten gezweifelt werden.