Französisch- englischer Handels- Die Bilanz des Generalstreiks
konflikt
Vor der Kündigung des französisch- englischen Handelsvertrages
dnb. Paris , 13. Febr. In der Note, die die französische Regierung in London hat überreichen lassen, erklärt die französische Regierung, fie betrachte mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der englischerseits angedrohten Repressalien, also vom 12. Februar Mitternacht ab, das französisch- englische Handels- und Schiffahrts- Abkommen vom 26. 1. 1826 und das französisch- englische Handels- und Seeabkommen vom 28. 2. 1882 als gekündigt.
Diese Kündigung wird sich infolge der dreimonatigen Kündigungsfrist erst am 12. Mai voll auswirken.
Die Parole stark befolgt
Nicht nur in Paris , sondern auch in den übrigen franzöfte
schen Großstädten und in den Industriezentren ist die Generalstreifparole sehr umfassend befolgt worden. Der Generalsekretär der CGT. Jouhaux gab eine Erklärung bekannt, in der es u. a. heißt:
„ Die C. G. T. fonnte heute die Feststellung machen, daß das werktätige Paris mit Begeisterung ihrem Rufe gefolgt ist. Der 12. Februar war eine glänzende Antwort auf die faschistischen und hitlerischen Kundgebungen vom letzten Dienstag. Die Sympathie der Oeffentlichkeit für unsere Kundgebung hat sich an verschiedenen äußeren Anzeichen befundet. Die Arbeiterklasse wollte durch diese erste Warnung den Feinden der Republik den Weg versperren. Sie wird, falls es notwendig ist, noch weiter gehen."
In gutunterrichteten französischen Kreisen betrachtet man die Kündigung der Handels- und Schiffahrtsverträge als erste Antwort der französischen Regierung auf die englische Zollerhöhung um 20 Prozent, und fügt hinzu, man würde französischerfeits noch andere Maß= mahmen ergreifen, falls der französische Außenhandel nach England infolge des 20- ,, Fast vollständig" prozentigen 3ollzuschlages stärter zurüdf= gehen würde, als der englische Außenhandel nach Frankreich auf Grund der französischerseits angeordneten Kontingentseinschränkung. Die Kündigung des Vertrages von 1826 sei erforderlich gewesen, weil dieser Vertrag mit. dem von 1882 eng verbunden set. Der Vertrag von 1826 habe den englischen Handelsschiffen alle Schiffahrtsbedingungen eingeräumt, namentlich in den Gewässern der französischen Kolonien, wie den französischen Schiffen, und zwar gegenseitig.
dnb. Paris , 13. Febr. Der„ Excelsior" glaubt zu wissen, daß das englische Handelsministerium gestern in Paris habe wissen lassen, daß England auf drei Monate die Infraitsegung der Zollzuschläge aussehen würde, wenn Frankreich für die gleiche Zeit von den Kontingentseinschränkungen absehen würde, damit auf diese Weise eine Gesamtprüfung der französisch- englischen Handelsbeziehungen durchgeführt wer den könne.
„ Ablehnung!"
Die neue französische Abrüstungsnote
dnb. Paris , 18. Febr. Das Journal" kennzeichnet den Inhalt der neuen französischen Abrüstungsnote furz als Ablehnung der deutschen Ansprüche".
Das„ Echo de Paris" erklärt, die französische Antwort sei eine Ablehnung. Wenn Hitler und seine Ratgeber den WortTaut der Note lesen, werden sie merken, daß am Quai d'Orsay etwas mehr als lediglich ein Personenwechsel stattgefunden hat.
1935
Die Juden des Saargebietes und der Völkerbund Das„ Jsraelitische Wochenblatt für die Schweiz " gibt hinfichtlich der Zukunft der Saarländer Juden Besorgnissen Ausdruck, die in weiten Kreisen gehegt werden.
Was wird aus den Saarländer Juden, wenn das Saargebiet wieder zu Deutschland kommen sollte? Werden sie dann das Schicksal der anderen deutschen Juden tragen müssen? Oder fann der Völkerbund sie davor bewahren? Die Zeitung weist darauf hin, daß der Völkerbund gemäß seinem Beschluß am 21. September 1922, wiederholt im Ottober 1988, verpflichtet gewesen wäre, sich der verfolgten und entrechteten deutschen Juden anzunehmen. In dem erwähnten Beschluß wird die Hoffnung ausgedrückt,„ daß die Staaten, welche gegenüber dem Völkerbund durch keine legale Verpflichtung betreffend der Minorität gebunden find, nichtsdestoweniger in der Behandlung ihrer raffischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten zumindest jenen Grad von Gerechtigkeit und Duldung beobachten werden, der gemäß den Verträgen und dem zuständigen Brauch des Rates verlangt wird."
Wenn auch, meint die Zeitung, in dieser Resolution die Forderung nach gerechter Behandlung der Minderheiten in die Worte gekleidet ist, daß die Völkerbundsversammlung die Hoffnung ausdrückt", so bedeutet das nicht etwa, daß der Beschluß nur ein frommer Wunsch ist, sondern diese Formu lierung entspricht der diplomatischen Art, wie man in Genf zu reden pflegt. Wie nun wird sich der Völkerbund verhalten, wenn er daran geht, das Saargebiet auf Grund der i. J. 1985 vorzunehmenden Abstimmung aus seiner unmit telbaren Obhut zu entlassen? Ist er dann nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, daß alle Sicherungen getroffen werden, damit auch nach dem Aufhören seines direkten Einflusses in dem von ihm bis 1985 regierten Gebiete Zustände herrschen, wie sie während seines Regimes bestanden haben? Die Antwort fann nicht zweifelhaft sein. Die Art und Weise, wie der Völkerbund in der Saarfrage handelt, wird einen Prüfstein dafür abgeben, ob der Völkerbund sich selbst ernst nimmt und zu seinen Grundsäßen steht. Dreifach ist die Aufaabe, die dem Völkerbund in der Saar - Angelegenheit obliegt: Er ist verpflichtet, alles zu tun, nichts zu unterlassen und nichts zu dulden, was dazu angetan sein könnte, die jezt im Saargebiet geltenden rechtlichen Zustände au Ungunsten auch nur eines einzigen Bewohners des Saar= gebietes zu ändern. Daß derartige Befürchtungen nicht bloß theoretische Spekulation sind, braucht nicht weiter bewiesen zu werben. Es genügt der Hinweis auf die Möglichkeit, daß das Saargebiet unter die Herrschaft des dritten Reiches" tomme. Dort aber sind jetzt Gefeße in Geltung, welche die Juden entrechten und zu Parias stempeln.
Der Völkerbund darf nicht, ohne seinen feierlichen Beschlüssen und seinen Prinzipien direkt zuwiderzuhandeln, in irgend eine Regelung willigen, die die rechtlichen Zustände der Juden in Deutschland auf die Juden im Saargebiete überträgt.
Einwanderung in Palästina
Im Unterhaus richtete Sir Nairne Steward Sandeman an den Kolonienminister eine Anfrage über den Umfang der Einwanderung nach Palästina während der letzten dret Monate. Für den Minister antwortete Malcolm Macdonald, daß im November 8908 Einwanderer nach Palästina gekommen feien. Die Biffern für Dezember und Januar lägen noch nicht vor. Die Einwanderung betreffe so ziemlich zur Gänze Juden.
Wasser-, Gas- und Elektrizitätszufuhr blieben aufrechterhalten. Bei der Post- und Telegrafenverwaltung waren etwa 15 Prozent Arbeitswillige, alle übrigen waren der Streikparole gefolgt. Im Hofe der Postzentrale kam es zu einer Kundgebung, bei der die Streifenden die Streifbrecher an der Aufnahme der Arbeit verhinderten. Am Nachmittag fonnte keine Post in Paris ausgeliefert werden.
In den Städtischen Betrieben streikten die Arbeiter fast vollständig. Der Straßenbahnverkehr mußte unterbrochen werden. An der Place d'Italie wurde ein Omnibus umgestürzt. An anderen Orten wurden Wagen mit Steinen beworfen. Die Autobusgesellschaft stellte den Verkehr ein.
Am Nachmittag fam es in Paris zu großen sozialistischen und kommunistischen Rundgebungen, die ohne Zwischenfälle verliefen. Der polizeiliche Ordnungsdienst war vers stärkt worden.
Im Laufe des Tages wurden 367 Streifposten verhaftet.
Was ihnen fehlte...
Paris , 13. Februar. Im„ Matin" wird eine Aufstellung über das, was den Bewohnern von Paris gestern infolge des Streits fehlte. und über das, was sie hatten, gemacht. Unter den Sachen, die der Bevölkerung fehlten, werden aufgezählt: Telephongespräche über das Fernamt, Telegraphenverkehr, Brief- und Drucksachenverteilung, Zolldienst, staat liche Tabak- und Zündholzfabrik, Theater. Unter den Sachen, die trotzdem gestern normal waren, werden aufgezählt Wasser, Gas, Elektrizität, Eisenbahn , automatischer Sprechverkehr, Müllabfuhr, Kino und Lebensmittelversorgung. Die Untergrundbahnen funktionierten normal bis in die frühen Abendstunden und schlossen erst 20 Uhr 30. Der Autobusetwas langsamer, der Rundfunk funktionierte nur bei der staatlichen Sendestation des Postministeriums, die erst um 18 Uhr ihren Betrieb wieder aufnahm, nicht.
Unruhen
Die Unruhen in der Provinz
DNB. Paris, 13. Februar.Die Unruhen und Zusammen ſtöße am Streifmontag in der Provinz haben teilweise ernsteren- Charakter getragen. Zu Marseille wurde nach Mitternacht , als die Polizeistreifen die Ablösung vornahmen, eine Abteilung Polizeiradfahrer hinter der Börse aus dem Hinterhalt durch mehere Personen unter Schnellfeuer ge= nommen. Ein Auto der Polizei versuchte, der Täter habhaft zu werden, diese konnten jedoch im Dunkel der Nacht entkommen. Im Laufe des Abends sind in Marseille 30 Verhaftungen vorgenommen worden. Bei der Schießerei an der Börse wurden vier Personen, darunter ein Polizeioberinspektor, verlegt. 3weimal bemühte sich der Sicherheitsdienst, zweier Autos habhaft zu werden, aus denen her= aus auf die Polizei geschossen wurde. In einem Falle konnte das Auto gestellt und die drei Insassen anscheinend Ausländer verhaftet werden.
sind an den Straßenbahnschienen zwei Sabotageakte vorgenommen worden. An einer Stelle wurden 48 Personen überrascht, als sie eine Weiche abschraubten, und bei Denain sind. mit Pflastersteinen nicht weniger als fünf Sperren von den Rundgebern errichtet worden.
In Valencienne
kam es nach der Verhaftung eines Betrunkenen zu ziemlich heftigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Manifestanten, wobei 17 von diefer verhaftet wurden. Noch nach 1 Uhr nachts dauerte die Kundgebung an.
stießen Rundgeber mit Arsenalarbeitern zusammen, die unter dem Schutz der Polizei zu ihrer Arbeitsstätte wollten. Drei Polizeibeamte und drei Zivilisten wurden verletzt. Das Arsenal schloß am Nachmittag eine Stunde früher als ge= wöhnlich, um ähnliche Zwischenfälle zu vermeiden. In Le Havre
versuchten Kundgeber, einen Bahnhof zu stürmen, sie brachen Portale auf, wurden aber von der Polizei bald wieder vertrieben.
In Düntirchen
fam es au einem Handgemenge zwischen Polizei und Dod arbeitern. Ein Polizeioffizier wurde am Kopf verletzt.
Schließlich liegen noch ein paar Ziffern über die Streikbeteiligung in Nordfrankreich vor. In Valencienne fehlten gestern etwa 20 Prozent der Bergarbeiterbelegschaft, in der Metallindustrie etwa ein Viertel, in Bouchain mußte die Flugschiffahrt wegen des Streits unterbrochen werden.
und Straßenbahnverfehr funttionierte nur am Vormittag 21 Tote
In der Industrie war der Streit nur teilweise durchgeführt.
Die Meldung von der Verhaftung des aus Paris flüch tigen, wegen Betrugs gesuchten Bankiers Sacazan bestätigt sich. Sacazan ift in Beirut festgenommen worden.
Pariser Straßenkalender
Stadträte mit Trikoloreschärpen wohnten der Bestattung der ersten Opfer bei. Der Leutnant der Reserve Rossignol, auf der Place de la Concorde getötet, hinterläßt eine junge Witwe und einen zwölfjährigen Knaben. Der Artillerieleutnant der Reserve Roubaudi, 35jährig, war Vertreter eines bekannten Seidenhauses. Der in Paris getötete Elsässer Aufschneider, dessen Leiche nach Schiltigheim gebracht wurde, war Kammerdiener beim Grafen de Vogiié und wurde vor dessen Tür am quai d'Orsay getötet.
Die Opfer der Kundgebungen
Paris , 13 Febr: Der Matin" gibt die Bilanz der Toten bei den Kundgebungen vom 6., 7. und 9. Februar einschließ= lich der inzwischen Gestorbenen mit 21 an, darunter ein Mite glied der Republikanischen Garde und eine Frau. Vier Verletzte sind gestern ihren Verlegungen erlegen. Im Krankenbause liegen 139 Verwundete, darunter 23 Mitglieder der Mobilgarde und 11 Polizeibeamte.
Montag, den 19. Februar, 21 Uhr, 2, rue Montpensier( Palais Royal), verlegt.
Wir erfahren wieder von einer Emigranten- Tragödie: Ein Geflüchteter namens Erich Eichhorst hat sich vor einiger Zeit in einem kleinen Hotel der abgelegenen Passage Cardinet, still und unbemerkt, vergiftet.
Pariser Witz in allen Lebenslagen. Das Journal" bringt eine Zeichnung des bekannten Poulbot: Zwei ,, Clochards". Gespräch:
,, Wo pennste denn heute?"
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, Wenn ich das wüßte mein Quartier auf der Bank am Boulevard haben se verbrannt."
Auf der gare d'Austerlitz nahmen die Pariser Medizinstudenten Abschied von der Leiche des Externen Jean Fabre, Französischer Senat und Saar
Die
der vor sechs Minuten sein Examen gemacht hatte. Leiche wurde nach Limoges übergeführt, wo der Vater des Getöteten Arzt ist. Ein Bruder ist Schüler von St. Cyr .
Die Gerichtsurteile gegen Demonstranten, die mit der Waffe in der Hand betroffen wurden, schwanken zwischen 1 und 15 Tage, mit Bewährungsfrist. Ein Mann, der mit geladenem Revolver loszog, erhielt 2 Monate, ein anderer, der noch eine Kugel im Lauf hatte, 4 Monate Gefängnis.
M. Henry Bérenger , der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses des Senats, hat diesem über seine Besprechung mit Gaston Doumergue berichtet.
Anschließend gab M. Maurice Ordinaire Auskunft über die Ereignisse im Saargebiet seit dem Machtantritt Hitlers . Diese Rede gab Anlaß zu einer Debatte, an deren Schluß Senator Bérenger beauftragt wurde, der Regierung die Auffassung des Ausschusses in Sachen: Organisation der Saar - Abstimmung und Sicherung der Wahlfreiheit mitzuteilen.
Wie wir hören, wird der Ertrag des Konzertes des be. rühmten Pianisten Mority Rosenthal am 15. in der salle Gaveau ausschließlich für die Gründung von Existenzen von Deutsche unter den Verhafteten Flüchtlingen verwendet werden. Die Pläge kosten 10 bis 75 Franken. Vorbestellung bei allen bekannten Agenturen, in der salle Gaveau und telefonisch Suffren 70-07.
Die Pariser Oper gibt am Samstag, dem 17., einen RavelAbend mit„ Spanischer Stunde" und ,, Daphnis und Chloe",
unter Gaubert.
Im Saale der Ecole Normale , der bekannten Hochschule, gastiert Jacques Dalcroze am Samstag und Sonntag mit rhythmischer Gymnastik.
Wegen des Generalstreiks am Montag, dem 12., wurde die Mitgliederversammlung der Journalisten der Emigration, auf
Wir haben die deutschen Flüchtlinge aus drücklich aufgefordert, sich, unbeschadet ihres Interesses und ihres grundsätzlichen politischen Auffassung, in die Vorgänge der französischen Innenpolitik nicht einzumischen und sich an Kundgebungen nicht zu beteiligen. Wir sind grundsätzliche Anhänger eines hitlerfreien, mit Frankreich
Leider sind aber anscheinend unter den vielen Verhafteten vom Freitag, anläßlich der Tumulte am Play der Republik , auch Deutsche festgesellt worden. Das Journal" meldet, daß 43 Ausländer aus. gewiesen würden und spricht von weiteren 10 Ausländern, die dem Nachrichtendienst zur näheren Feststellung übermittelt seien. Unter den verhafteten und verwundeten Meuterern, so schreibt das Blatt, befänden sich mehrere