,, Nicht ganz rasserein'

Ein Sittenbild aus einer deutschen Großstadt

In einem rechtsrheinischen Kleinen Kölner Vorort, so be­richtet der Westdeutsche Beobachter", lebte eine Familie, von der es vielfach hieß, sie sei nicht ganz rasserein. Die Frau selbst sollte auch schon geäußert haben, sie sei eine Jüdin. Nun hatte am 29. August vorigen Jahres ein Sohn dieser Familie, der bei einer Kölner Anwaltsfirma als Referendar tätig war, als Partei gegen eine Frau aus dem Orte in einem Rärmungsprozeß aufzutreten. Bei dieser Gelegenheit platz­ten wohl die Gemüter etwas aufeinander, zumal die be­flagte Frau ihren Gegner, den Referendar, recht gut fannte und ihr auch das Gerücht über seine vermeintliche Abstam­mung nicht unbekannt war. In dieser Verhandlung ereiferte sich die Frau immer mehr und schließlich platzte sie damit her­aus: Mit welcher Berechtigung sind Sie eigentlich in der NSDAP.? Ist Ihre Mutter nicht eine Jüdin?"

Diese Bemerkung, in der Hiße des Gefechts hingeworfen. war die Veranlassung zu einem Strafverfahren gegen die Frau wegen wissentlich falscher Beschuldigung und wegen. Beleidigung. Sie hatte sich am Freitagmorgen vor dem Schöffengericht zu verantworetn.

Gleich zu Beginn der Verhandlung regte der Vorsitzende, Landgerichtsrat Kallfelz, eine Beilegung des Streites ohne Urteil an. Die Angeklagte sollte dem Referendar eine Ehrenerklärung geben und die Kosten bezahlen. Die Frau war auch damit einverstanden, doch lehnte der Nebenkläger diesen Vergleichsvorschlag ab.

Die Angeklagte brachte zu ihrer Verteidigung dann vor, daß sie niemals die Absicht gehabt habe, den Referendar_zu beleidigen. Die Bemerkung habe sie allerdings getan, aber erst nachdem der Referendar gereizt zu ihr gesagt habe, sie bekomme in dem Ort überhaupt keine Wohnung mehr, dafür werde er schon Sorge tragen. Im übrigen stelle diese Be­

Die Bar im ,, dritten Reich"

merkung aber keine direkte Behauptung, sondern nur eine Frage auf.

Hierzu sagte aber der Nebenkläger, daß er in der damaligen Verhandlung als Prozeßvertreter seiner Anwaltsfirma durchaus sachlich und ruhig geblieben sei und die Aeußerung, die die Angeklagte ihm vorwerfe, ihr gegenüber nicht gemacht habe. Als Zeuge wurde hierüber auch der Vorsitzende der damaligen Verhandlung vernommen, der aussagte, daß er eine solche Aeußerung des Referendars nicht gehört hatte.

Dann trat als Zeuge der Ortsgruppenführer des Ortes auf, der bekundete, daß die Angeklagte ihn vor dem Termin aufgesucht habe. Bei dieser Gelegenheit habe sie ihn auch gefragt, ob sie sich als Nationalsozialistin mit einem jüdischen Anwalt als Gegner zufrieden geben müsse. Im übrigen brachte dieser Zeuge auch vor, daß der Nebenkläger durch Uschlaverfahren aus der Partei ausgeschlossen und in der SA. difpenfiert sei...

An Hand eingereichter Unterlagen wieß der Vorsitzende darauf nach, daß die arische Abstammung des Nebenklägers nicht bezweifelt werden könne.

Staatsanwaltschaftsrat Dr. Koenig sagte, daß hier eine Beleidigung vorliege, die dazu noch recht schwerer Natur fei. Sie sei nämlich gegen einen Beamten gerichtet, der auf Grund dieses Vorwurfes eventuell aus seinem Amte hätte fommen können. Die Angeklagte wäre vielleicht guten Glau­bens gewesen, aber sie habe doch die Absicht gehabt, zu be­leidigen, weshalb sie sich auch nicht auf Wahrung berechtigter Interessen stüßen könne. Der Strafantrag erging auf einen Monat Gefängnis.

Träumereien eines Redakteurs

Was ist, und was er bescheiden wünscht

Die Deutsche Allgemeine Zeitung"( Nr. 70/71) schließt einen Aufsatz Presse" wie folgt:

Es gibt bei uns keine nennenswerte Zahl von Leuten, die eine Zeitung nicht lesen können, aber solche, die sie ni. mehr lesen wollen, gibt es schon. Ihnen ist in der großen Mehrzahl nicht in erster Linie an Rritif gelegen, sie sind keine Feinde des Staates, teine Opposition, keine Reaktion. Nur verlangen sie mit Recht von der Presse, daß sie ihre Chronistenpflicht erfüllt, damit nicht die Gerüchte durchs Landlaufen. Sie wollen die Individualität, für die der Abdrud oft schon am Rundfunk gehörter Reden, amtlicher und nicht­amtlicher Mitteilung häufig einfach nicht den Plaß läßt. Sie bedauern nicht, daß die Blätter ihnen keine Pressefehden mehr vorsetzen oder den Streit der Parteien untereinander. Aber sie wollen eine Presse, die auf jedem Gebiet instand gefeßt wird, ihre Aufgabe ver= antwortungsfroh zu erfüllen."

Grüßen! Grüßen!

Aber nicht die Wimpeln der deutschen Mädelchen

Zur Beseitigung von Zweifeln, die in der Öffentlichkeit über den Fahnengruß bestehen, gibt die Reichsregie­rung bekannt:

Für die Angehörigen der SA. besteht die Verpflich­tung, sämtliche Sturmfahnen und Feldzeichen der SA., SS., des Stahlhelms und der Polizei sowie alle Fahnen der alten Armee zu grüßen. ferner die Fahnen der politischen Organi­sationen der Bewegung und der Hitler- Jugend , sofern sie im geschlossenen Zuge mitgeführt werden; ausgenommen sind die Kommandoflaggen der SA. sowie die Wimpel des Bundes deutscher Mädel und des Jungvolkes. Für die Wehrmachts­

Das Urteil lautete auf 200 Mart Geldstrafe oder ersatz angehörigen hat der Reichswehrminister angeordnet, daß die weise zwanzig Tage Gefängnis....

Alte Kämpfer bevorzugt

,, Wer darf in Zukunft als Mixer in Barbetrieben ,, Im Interesse der Betriebsleistung" tätig sein?

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Die Bezirksleitung des Deutschen Arbeiterverbandes des Nahrungsmittelgewerbes und die Gauverwaltung des Reichseinheitsverbe des des deutschen Gaststättengewerbes Hessen teilt hierzu folgendes mit:" Als Barmiger können nur solche Berufskollegen tätig sein und anerkannt werden, die im Besitze eines Ausweises mit Lichtbild der Fach­gruppe Mixer" im deutschen Arbeitnehmerverband des Nahrungsmittelgewerbes sind. Diesen Ausweis erhält jeder Mixer, der den Nachweis einer ordnungsgemäß absolvierten Lehre beibringt. Außerdem können auch Mirer ohne Lehr­zeugnis diesen Ausweis bekommen, wenn fie länger als fünf Jahre ununterbrochen den Beruf eines Mirers ausüben. Im letteren Falle muß auf Anordnung der von der Fachgruppe Mixer eingesezten Prüfungsfommission an einer Eignungs­prüfung teilgenommen und diese bestanden werden. Die Ver­bände vertreten die Auffassung, daß die Gewähr für einen ordnungsgemäß geführten Barbetrieb und eine fachkundige Bedienung des Publikums nur dort gegeben ist, wo ein Mirer mit Berufsausweis tätig ist, Mithin ist auch in solchen Betrieben, in denen bis dato nur Bardamen arbeiteten, mindestens ein anerkannter Mirer zu beschäftigen. Bar­betriebe, die obigen Anforderungen entsprechen, sind berech tigt, einen diesbezüglichen Hinweis zur Orientierung ihrer Gäste anzubringen. Neichseinheitsverband des deutschen Gaststättengewerbes, Gau Hessen, gez. Döring, Gauverwalter. Deutscher Arbeiterverband des Nahrungsmittelgewerbes, Verbandsbezirk 9, Heffen, gez. Krebs, Verbandsbezirksleiter."

Aus Stuttgart wird berichtet, daß der Sozialreferent der SA.- Gruppe Südwest, Nickles, der gleichzeitig kommissarischer Leiter des Arbeitsamtes Mannheim ist, sich gegen die Auf­fassung gewendet habe, als ob durch die Sonderaktion zur Rückführung alter Kämpfer in den Wirtschaftsprozeß Parteibuchmänner" bevorzugt werden sollten. Es sei auch falsch, die Beschaffung des Arbeitsplaßes als Belohnung für die bisherige Haltung zu bezeichnen. Eine solche Auf­fassung sei beleidigend für die SA.- Männer. Wenn durch Sonderaktionen die alten Kämpfer bevorzugt würden, dann sei das eine selbstverständliche staat serhaltende Ma ß= nahme im Interesse der Betriebsleistung. Aller Voraussicht nach sei es möglich, die Sonderaktion bald zum Abschluß zu bringen, so daß man sagen könne: Es gibt keine alten Parteigenossen mehr, die ohne Arbeit sind.

1938

Was es alles gibt

hat eine Ver­Das braunschweigische Staatsminij. ordnung über die Auflösung reaktionärer und monarchisti­scher Verbände erlassen. Danach werden folgende Or­ganisationen aufgelöst: Rolandbund, Wärabund, Fysiokratischer Kampfbund, Freiwirtschaftsbund, Interna­tionale Freiwirtschaftsliga, Reichsbund für Arbeitsbeschaf= fung, Deutscher Freiheitsbund und Deutscher Volksbund.

Fahnen der nationalen Verbände bei Aufmärschen geschloi= fener Abteilungen oder öffentlichen nationalen Kundgebungen zu grüßen sind.

Es entspricht dem Wesen wahrer Volksgemeinschaft im nationalsozialistischen Staat und dem freudigen Bekenntnis zu ihr, daß auch die übrige Bevölkerung ihr Ver­halten diesen Bestimmungen anpaßt. Jeder deutsche Volks­genosse wird es daher, ohne daß es hierzu besonderer Vor­schriften bedarf, als seine selbstverständliche Ehrenpflicht bes der Haken­trachten, den Fahnen der nationalen Erhebung kreuzfahne und der schwarzweißroten Fahne, wenn sie im geschloffenen Zuge oder bei einer öffentlichen nationalen Kundgebuna gezeigt werden, seine Achtung durch Erheben des rechten Armes zu erweisen, genau so wie es schon immer für jeden guten Deutschen Brauch und Sitte ist, die ruhm­reichen Fahnen der alten Armee zu grüßen."

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Der Reichs minister des Innern hat in einem Rundschreiben die obersten Reichs- und Landesbehörden er­sucht, sämtlichen Beamten, Angestellten und Arbeitern der öffentlichen Verwaltung hiervon mit dem Hinweis Kenntn's zu geben, daß der Fahnengruß eine Ehrenpflicht sei, der sich niemand entziehen werde.

Jugendwohlfahrt

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uninteressant

Das Deutsche Archiv für Jugendwohlfahrt" hat sein Er­scheinen eingestellt. Auf dem Gebiet der Jugendfürsorge herrscht überhaupt soviel Wirrwarr und ein so starker Ver­nichtungstrieb, daß die gleichgeschaltete Soziale Praris" warnend sagt: Es ist zu hoffen, daß die künftige Fassung des Jugendwohlfahrtsgesetzes den Begriff der öffentlichen Jugendhilfe eindeutig festlegt... Ohne die Bestimmung eines verantwortlichen führenden Trägers läßt sich keine einheitliche Jugendwohlfahrt gestalten, die die Gefahren des Nebeneinanders verschiedener Instanzen und eines gut­gemeinten aber verflachten Dilettantismus in gleicher Weise ausschaltet."

Seeräuber

Piraten schicken ein Ohr ins Haus

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Ein besseres Beispiel für das Nebeneinander von Gegen­wart und Vorzeit im heutigen Ostasien , als der Ueberfall chinesischer Seeräuber auf den Dampfer Puan", von dem jüngst die Zeitungen berichteten, ließe sich schwer finden. Piraten tapern Mittelalter ein Schiff mit Delfeuerung und Funkeinrichtung zwanzigstes Jahrhundert und erbeuten eine Menge gebündelter Banknoten; es stellt sich heraus, daß sie gar keine echten Banknoten erwischt haben, sondern Totengeld", das nur so aussieht, bestimmt, bei den Gefallenenfeiern in Tietsin verbrannt zu werden, damit es die armen Teufel wenigstens im Jenseits besser haben höchstes Altertum.

Mancher wird vielleicht etwas verwundert gewesen sein. Wie? Piraten? Ganz richtige Seeräuber, wie Klaus Störte­ becker und der Kapitän Flint aus der Schabinsel"? Ja gibt es denn heutzutage solche wilden Sachen noch? Und ob sie es gibt! Mit dem Dampfer Puan" begann das neue Jahr. Das alte hatte mit der französischen Afrique" und der eng lischen Ethel Crabb" geschlossen. Diese beiden Schiffe waren in den südchinesischen Gewässern im Dezember überfallen worden. Im letzten Halbjahr waren nicht weniger als fechzehn Fälle von Seeraub zu verzeichnen geweien. Wohl­bemerkt: Ueberfälle auf große und mittlere Schiffe. Wenn chinesische Dschunken gekapert werden, fümmert sich kein Mensch mehr darum. Das gehört zum Alltag, das war immer so und wird immer so sein.

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Der Kampf zwischen den chinesischen Seeräubern und den Handelsschiffen hat eine gewisse Aehnlichkeit mit dem an­mutigen Wettlauf zwischen Torpedobooten, Torpedobootzer­störern. Torpedobootzerstörervernichtern, Torpedobootzer­störervernichterindengrundbohrern uim. Solange es ging, hielten sich die Piraten an die alte Praxis des Enterns. Den kleinen Chinesenschiffen gegenüber wird sie auch jetzt noch ab und zu geübt, denn fie find wehrlos oder so gut wie wehrlos Aber seitdem die Schiffe im Küstendienst Maschinen­gewehre führen, sind die gemütlichen Enterhaken außer Ge­brauch gekommen. Jest müssen auch die Piraten schießen, wenn sie ihr Opfer zum Stoppen bringen wollen, sie führen also gleichfalls Maschinengewehre. Worauf sich die Handels­schiffe Panzer anschufen und Kanonen aufstellten, Nun lassen sich ja die Seeräuber ihre Unternehmungen allerhand fosten, doch da gaben fie es auf und verlegten sich auf die, wie sich Herausstellte, fehr erfolgreiche Methode des Enterns von innen her.

Ein Dampfer fährt von Hongkong nach Amoy . Er nimmt Passagiere auf, zehn für die erste klasse, zwanzig für die zweite und hundert im Zwischendeck, lauter Chinesen, Männer und Frauen, alte und junge, Rückwanderer, Kuli, arme Studenten, kleine Händler, Gauckler, Quacksalber, Hand­werker, Tertilarbeiter, Leute, denen man die Ehrlichkeit am Gesicht ablesen kann, und solche, die weniger vertrauens­würdig aussehen. Aber ein Schiff kann sich seine Fahrgäste nicht nach dem Gesicht aussuchen, sofern sie nur ihre Karten bezahlen.

Gegen drei Uhr früh gibt es urplößlich einen Höllenlärm, es wird wütend geschrien und geschossen. Dreißig von den Zwischendeckpaffagieren. natürlich gerade die offenbaren Bie­dermänner, sind über die Besatzung hergefallen, schlagen nieder, was sich ihnen in den Weg stellt: die Piraten erobern im Handumdrehen das Schiff. Die Passagiere werden bis aufs Hemd ausgeplündert, was von der Ladung kostbar und leicht zu verwerten ist, kommt auf einen Haufen, die Maschi­nen werden so zerstört, daß eine Weiterfahrt unmöglich ist, und dann erscheint, wie verabredet, das Hilfsfahrzeug, über­nimmt die Steger und die Beute, und den Admiral in Hong­fong trifft wieder einmal vor Aerger der Schlag.

Das hat sich oft und in immer den gleichen Formen ab­gespielt, daß die Schiffe, welche den Dienst in den süd­chinesischen Hafenstädten versehen, thre Zwischendeckpassagiere einsperren. Das ist wörtlich zu nehmen. Die Passagier­räume sind von dem übrigen Schiff während der ganzen Reise auf das strengste isoliert. Wenn sich die Eisentüren geschlossen haben, setzen die Matrosen schwere Eisengitter noch davor. Das Essen wird durch eine Luke hinabgelassen. An der Luke und vor dem Gitter stehen Tag und Nacht Bosten mit Ge­wehren und mit Handgranaten im Gürtel.

Und troßdem finden die Piraten noch immer Mittel und Wege. Warum sollten Seeräuber eigentlich immer nur im Zwischendeck fahren? Wie wäre es, wenn sie einmal nicht von unten, sondern von oben her, aus der zweiten und sogar aus der ersten Klasse heraus zum Sturm vorbrächen? Sie haben damit im Sommer letzten Jahres begonnen. Und so wissen die armen Schiffahrtslinien wirklich kaum noch, was sie tun sollen. So fiel die Afrique" und so siel die Ethel Grabb". Es ist schon ein wahrer Jammer.

Niemand kann man noch trauen. Man sollte doch denken, daß es nichts Harmloseres als ein altes Mütterchen gibt, so ein hinfälliges Weiblein, das noch schnell, bevor es stirbt, den Sohn in der Fremde sehen will. Aber der Kapitän denkt und Pak- hu lenkt. Pak- hu heißt auf Deutsch der weiße Tiger" und ist der Ehrenname der gefährlichsten Seeräu­

berin in ganz Südchina, des Hauptes der Bande, die minde­stens ein Dutzend europäischer Schiffe geplündert hat. Die alte Frau hat die Piraten auf der Ethel Grabb" geführt.

Seeräuberei ist in dieser Gegend ein richtiger Beruf. Er vererbt sich vom Vater auf den Sohn, er hat seinen beson­deren Gott, einen Piratenpatron mit vielen hübschen Tem­peln, er besiẞt eine ruhmreiche lange Geschichte. Die meisten Seeräuber, jedenfalls die richtig zunstmäßigen, sozusagen der Seeräuberstand, gehören Geheimgesellschaften an, den Blauen, den Roten, den Lotosbrüdern und wie sie sonst noch heißen. Ursprünglich waren die Geheimgesellschaften politiche Bünde , in ihnen hatten sich die Gegner der fremden Mand­schudynastie zusammengeschlossen. Allmählich wandelten sich die Geheimbünde aber zu einem Teil in Brüderschaften zu gegenseitiger Hilfe, zu einem andern in rein religiöse Ver­bände, zu einem dritten in Verbrecherorganisationen. Sie terrorisieren als eine Art Camorra die Kaufleute, erpressent ungeheuerliche Schweigegelder", besteuern die Bauern und sind vielenorts zu einer entsetzlichen Plage geworden. In den tüstengebieten sind häufig aus den Geheimbünden die See­räuberbanden entstanden.

Es ist sehr schwer, ihnen wirksam beizukommen, vor allem, weil sie immer Gefangene machen. Auf dem Puan" find ihnen wohl keine Schäße, in die Hände gefallen, dafür jedoch, wie gewöhnlich, Menschen, die mehr als Schäß: wert sind. Sie haben auch diesmal ein paar Leute in ihre Schlupf­winkel mitgenommen und halten sie als Geisel fest. Miß­lingt der nächste Ueberfall und werden Seeräuber gefangen, dann erzwingen die Piraten deren Freigabe mit der Dro­hung, andernfalls die Geifel zu ermorden. Die Entführten werden nur gegen die Bezahlung eines hohen Pösegeldes ent­lassen. Dabei zeigen die Piraten nicht übermäßig viel 3art­gefühl. Zuerst bekommt die Familie des Geraubten einen freundlichen Brief, fie möge binnen zwei Wochen eine be­stimmte Summe dort und dort deponieren, wenn nicht, dann fönne sie sich auf allerlei gefaßt machen. Wird pünktlich ge­zahl, kommt der Gefangene fret, darin sind die Räuber ab­solut ehrlich. Wird aber nicht bezahlt, dann gibt es mannig­faltige Mittel gegen fäumige Kunden. Die Oberviratin Weißer Tiger" sandte nach Ablauf der Frist meist einen zweiten Brief mit Beilage, nämlich einem Ohr. Um zu zei­gen, daß es ihr wirklich Ernst ist. Nüßte das nichts, dann kam ein dritter Brief mit dem andern Ohr und der Ant­kündigung, daß im vierten eine nette Ueberraschung liegen würde. Da zahlten selbst die Hartnäckigsten. Es ist ein etwas rauher, doch recht einträchtlicher Beruf, die Seeräuberei in Südchina.