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Freiheit

Nummer 52-2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Samstag, den 3. März 1934 Chefredakteur: M. Braun

Die Rote Armee

Rußland und Japans Rüstungen

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Moskau, 2. März.( FSU ) Anläßlich des 16. Jahrestages ber Roten Armee schreibt das Regierungsorgan 3swestija: Die jüngste und stärkste Armee der Welt die Armee der proletarischen Revolution- schaut heute auf den zurück­gelegten Weg und überprüft ihre Bereitschaft zu fünftigen Prüfungen. Diese Armee, zur Verteidigung der Grenzen des Landes des Sozialismus bereit, ist die gewaltige Wehr­macht, die die Interessen der Millionenmassen der gesamten merftätigen Menschheit schützt, sie ist die einzige Armee, die

auf die Festigung der friedlichen Beziehungen zwischen den Ländern und auf Verhütung der Kriegsabenteuer gerichtet ist. Wir wissen, daß der Frieden der Sache des Sozialismus die größten Perspektiven eröffnet. Doch nicht minder sicher wissen wir, daß der Krieg nicht uns die Niederlage verheißt, denn die Rote Armee ist unbesiegbar, wie die Sache des Sozialismus unbesiegbar ist.

nicht den Krieg sucht, sondern auf der Wacht des Friedens 39 neue Flughäfen

steht. Lenin schrieb 1918, daß die bewaffneten Arbeiter der Keim der neuen Armee, die organisatorische Zelle der neuen Gesellschaftsordnung" waren. Gegewärtig hat sich diese organisatorische Zelle zur fest zusammengeschweißten, eng zusammengeschlossenen, vortrefflich ausgerüsteten Organi sation gestaltet, die im Rahmen dieser neuen Gesellschafts­ordnung besteht und als wichtigstes Instrument der Diktatur des Proletariats zur Verteidigung der sozialistischen Ord­nung gegen etwaige feindliche Angriffe von außen dient. Die Macht der Roten Armee, die Macht unseres Landes ist ein Hindernis für die Friedensbrecher und gleichzeitig eine Quelle der Zurersicht für jene, die gegen die Gefahr des imperialistischen Krieges fämpfen.

Gegenwärtig, da das Wort Krieg" aus den Spalten der bürgerlichen Presse in die Augen springt, da das Problem der Kriegsvorbereitung sehr oft offen und noch öfter aber verkappt der Gegenstand eingehender Debatten in den bürgerlichen Parlamenten und das Thema der Bücher und Reden der einflußreichen Politiker des Imperialismus ist, bleibt der Frieden die grundlegende führende Losung des Sowjetlandes und seiner Armee. Mit dieser Friedenspolitif bleiben wir nach wie vor ebenso beharrlich und ebenso un­

beugſam wie in der Berteidigung unseres Landes, wenn der

Versuch unternommen werden sollte, den Frieden zu stören. Die heldenmütige Sowjetarbeiterklasse und Sowjetbauern schaft, die sich endgültig und unwiderruflich unter die rote Fahne des Sozialismus stellen, marschieren in festen ge­schlossenen Reihen unter Führung der Kommunistischen Partei zu neuen Siegen des Sozialismus vorwärts. Sie wollen den Frieden und nur den Frieden. Sie sind bereit, ihr möglichstes zu tun, damit der Frieden nicht gestört wird. Sie billigen vollauf die Politik der Sowjetregierung, die

Moskau , den 2. März 1934.( FSU.)

Aus den Veröffentlichungen hier eingetroffener chinesischer Zeitungen ergibt sich, daß im Laufe des letzten Jahres neun­unddreißig neue Flughäfen durch Japan in Nordchina und finden sich nördlich der Ostchinabahn und vier weitere in un­der Mandschurei errichtet wurden. Dreizehn von diesen be= mittelbarer Nähe der Sowjetgrenze. In letzter Zeit wurden dann auch mehrere Flughäfen außerhalb der Mandschurei er­richtet, um als Operationsbasis bei einem Vorstoß in die Mongolei zu dienen. Es ist verständlich, daß die Sowjet­öffentlichkeit dieser Konzentrierung von Luftstreitkräften an der Ostgrenze große Aufmerksamkeit schenft und vergeblich versucht, diese Tätigkeit mit den friedlichen Erklärungen der Leiter der japanischen Außenpolitik in Einklang zu bringen. Gleiche Aufmerksamkeit findet die Veröffentlichung des Regime Faiz ist a" in Rom , demzufolge Japan die Ab­ficht habe, durch die Eroberung Sinfianas sich den Del­quellen Mittelastens zu nähern. Das faschistische Blatt führt aus, daß der türkische Prinz Abdul Kerim von Japan als Präsident" des neu zu schaffenden Staates in Sinfiang ausersehen sei, da Japan hoffe, mit seiner Unter­ſtützung diesem Prinzen zur Herrschaft zu verhelfen.

Um 40 Millionen Yen

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Finanzministers Takathafi hat das japanische Finanzmini­DNB. Tokio , 2. März. Auf Veranlassung des japanischen sterium 40 Millionen Yen, die im Jahre 1917 von der Kaiser­lich- russischen Regierung an den russischen Militärattache in Tokio für die russischen Bestellungen in Japan überwiesen wurden, beschlagnahmt. Die japanische Regierung will fest­ſtellen, ob die Sowjetregierung berechtigt ist, als Nach­folgerin der kaiserlichen Regierung das Geld zu verlangen. Die Sowjetbotschaft ist bemüht, den Zwischenfall beizu­legen; sie fordert die Herausgabe der Summe.

Paris lehnt ab

Edens ergebnislose Rundreise

Der englische Lordsiegelbewahrer Eden ist auf seiner Rüstungsreise Berlin - Rom - Paris in der französischen Hauptstadt sehr herzlich aufgenommen worden. Die amt liche Meldung über die Besprechungen läßt aber deutlich erkennen, daß sie ergebnislos waren:

Paris , 2. März. Ueber die Unterredung des Groß­Fiegelbewahrers Eden mit dem französischen Ministerpräft­denten und dem Außenminister Barthou wird folgende amtliche Verlautbarung veröffentlicht:

Großsiegelbewahrer Eden ist, von Rom zurückkommend, hente morgen in Paris eingetroffen und vom Minister: präsidenten Doumergne und Außenminister Barthon emp­fangen worden, die er über seine Besprechungen in Berlin und Rom in Kenntnis setzte. Im Verlaufe diefer Unter­redung wurden die grundsäglichen Richtlinien der britischen Denkschrift geprüft. Ministers

setzung der französischen Heeresmacht hat Barthou im Einklang mit den verantwortlichen militärischen Stellen Frankreichs unüberwindliche Bedenken geäußert.

Ein besonderer französischer Ministerrat wird im Laufe der nächsten Woche die englische Denkschrift und die Mit­teilungen Edens aus Berlin und Rom noch einmal prüfen und den französischen Standpunkt schriftlich an die eng­ lische Regierung weitergeben. Es wäre dann Sache Eng­lands, den nächsten Schritt zur Fortführung der Verhand­lungen zu unternehmen. Noch immer gibt es also einen kleinen Spalt in der offenen Tür, den niemand zuschlägt, weil niemand die Verantwortung dafür übernehmen will. Die Verantwortung für das, was inzwischen an Auf­rüstung erfolgt, tragen freilich alle zusammen.

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präsident Doumergue und Außenminister Barthou haben Zwei französische Dokumente

Herrn Eden angekündigt, daß sie diese Prüfungen fortsegen werden und ihn in nächster Zeit von den Schlußfolgerungen unterrichten werden, die die französische Regierung treffen wird.

In unterrichteten politischen Kreisen Frankreichs glaubt man nicht, daß die sogenannte Abrüstungsfrage durch die Reise Edens auch nur den bescheidensten Fortschritt ge­macht hat Allgemein wird der Stand der Gespräche und Verhandlungen sehr skeptisch beurteilt.

Der französische Außenminister hat, was ja hinreichend bekannt war, noch einmal dargelegt, daß das italienische Rüstungsmemorandum der französischen Auffassung info­fern besser zusage als das englische, weil es die französische Heeresstärke unangetastet läßt. Gegen die Erhöhung der deutschen Effektivstärke auf 300 000 Mann und die Herab.

Paris , 2. März. Ueber die Besprechungen Edens mit Doumergue und Barthou in Paris berichtet das" Journal", daß die französischen Staatsmänner dem Stellvertreter des britischen Außenministers zwei interessante Doku­mente vorgelegt hätten. Das erste Schriftstück war ein Bericht des Kriegsministers Marschall Petain. Der Be­richt befaßt sich nicht nur mit den vorgeschlagenen fran­ zösischen Abrüstungsmaßnahmen, sondern auch mit der heutigen Rüstung der deutschen Wehrmacht. Das zweite Dokument var ein Bericht des Senators Bérenger, des Borüßenden des Verteidigungsausschusses des französischen Senats. Er erklärt, die franzöfifche Sicherheit werde durch die deutsche Aufrüstung start in mit leidenschaft gezogen.

Aus dem Inhalt

Nazi- Palastrevolution

an der Saar

Seite 3

,, Deittes Reich" und feenee

Osten

Seite 3

Nach dem österreichischen Stucm

Russenghetto in Paris

Seite 4

Seite 8

Inseratenteil beachten!

Deutscher Religionskricg

Rom

Berlin - Wittenberg

Der Konflikt zwischen der katholischen Kirche und der Reichsregierung über die Durchführung des Reichs­konkordats dauert an. Der nationalsozialistische Staat verlangt nach wie vor kompromißlos die totale weltliche Erziehung auch der katholischen Jugend für sich. Nur auf streng religiösen Gebieten soll sich der Katholizismus seiner Jugend annehmen dürfen. Der Reichskanzler hat auch gegenüber dem als Beschwerdeführer nach Berlin gereisten Kardinal- Erzbischof die unbedingte Forderung aufrecht erhalten, daß alle katholischen Jugendverbände in die Hitlerjugend aufgehen müssen. Die konfessionellen Interessen wolle der Staat dadurch wahren, daß im Rahmen der Hitlerjugend für die Katholiken eine be­sondere Seelsorge eingerichtet werde. Als Vorbild könne die Behandlung der Katholiken in der Reichswehr gelten, aus der keine Beschwerden darüber vorlägen, daß die jungen Reichswehrsoldaten an der Erfüllung ihrer religiösen Pflichten gehindert würden. Die katholischen Hitlerjungen könnten an allen Sonntagen ihren religiösen Verpflichtungen nachkommen. Außerdem könnte ihnen zweimal wöchentlich Freizeit gegeben werden für die religiösen Veranstaltungen der katholischen Verbände.. Ausgeschlossen bleibe sportliche oder sonstige weltliche Betätigung katholischer Jugendvereine.

mishanzler von Papen ist seit Monaten tätig, um auf solchen Grundlagen eine Verständigung zwischen dem Papit und der Reichsregierung zustande zu bringen. Ministerialdirektor Buttmann aus dem Reichsinnen­ministerium, der früher schon über das Konkordat mit der Kurie verhandelt hat, ist mit einem Verständigungs­entwurf nach Rom abgereist. Ob er dort Entgegenkommen findet, steht dahin. Wie die Versetzung des Rosenbergschen Buches Mythos des 20. Jahrhunderts" auf den Index und der päpstliche Tadel der Uebersteigerung des Rasse­gedankens in Deutschland zeigt, ist die Stimmung im Batikan mißtrauischer und schärfer gegen Hitlerdeutsch­land als vor einigen Monaten. Das schließt nicht aus, daß doch eine Einigung zustande kommt, denn es ist fraglich, ob die katholische Kirche jetzt einen Kampf auf Leben und Tod wagen kann, zumal sie zweifeln muß, ob die Jugend schweren persönlichen Opfern bereit ist. Es ist also mög lediglich um der katholischen Jugendvereine willen zu lich, daß der Katholizismus seinen entscheidenden Kampf gegen den Nationalsozialismus vertagt.

In der evangelischen Kirche sind die Versuche, den Pfarrernotbund und seine Opposition durch Terror und durch ein Komplott des Schweigens in der deutschen Oeffentlichkeit zu erledigen, gescheitert. Der Reichsbischof Müller selbst, der Reichsleiter Kinder von den deutschen Christen " und einer der Haupthezer, der Pfarrer Tausch, mußten im Sportpalast zu Berlin von neuem zum Kampfe gegen den Pfarrernotbund rufen. Sie taten es nicht mit religiösen Mitteln, sondern mit übler Demagogie. Der Reichsleiter Kinder bestritt den Pfarrern, die ihr gutes Gehalt, ihre Pension und ein sorgenfreies Leben in den großen Pastoraten hätten, sich einen Not­bund zu gründen. Er verschwieg, daß es der Wille des Reichsbischofs und seiner Kreaturen ist, die evangelischen Pfarrer, die sich nicht fügen, in die materielle Not der Existenzlosigkeit zu stoßen. Von einer seelischen Not scheint dieser Reichsbischof und seine sonderbaren Mit­christen überhaupt nichts zu ahnen.

Man erfuhr aus seinen Reden, daß tausende evange­lische Pfarrer mit heißester Leidenschaft die Durchführung der selbstverständlichsten Grundsätze des dritten Reiches" bekämpfen". Dieser wichtige und große Teil der evange­lischen Kirche lasse die Verpflichtung auf Blut und Rasse nicht gelten und sabotiere mit allen Kräften die Ueber­führung der evangelischen Jugend in die Hitlerjugend. Das sei Reaktion. Mit diesem politischen Schlagwort treten die Führer der deutschen Christen" gegen die aus protestantischer Gewissensnot handelnden und kämpfen­den Pfarrer des Notbundes auf.

Der Kern dieser Auseinanderseßung ist immerhin das Aufeinanderprallen zmeier unversöhnlicher Welten inner­halb der evangelischen Kirche: eine materialistische rein faschistisch staatspolitische Bewegung in peräußerlichten kirchlichen Formen und ein Protestantentum aus alten religiösen Quellen, so verschieden diese auch sein mögen. Der Staat und sein nationalsozialistischer Bischof können diese evangelischen Christen mit Gewalt unterdrücken, aber ihre Glaubenskräfte nicht erschüttern. Die durch staatlichen Machtspruch aus 28 Teilkirchen zu einer Einheit zusammengeschlossene Reichskirche ist innerlich tief zer klüftet und vom Zerfall bedroht.

Katholiken in Protest

In den Kreisen katholischer west deutsche Akademiker zirkuliert ein Rundschreiben, das die ange­Fortsetzung siehe 2. Seite ordnete Auflösung der katholischen Studentenorganisationen