Gift als politisches Kampfmittel?" Ihr Götzenanbeter"!

Räubergeschichten oder...?

Reipzig, 16. März. In einem am Donnerstag vor dem 4. Strafsenat des Reichsgerichts eröffneten Hochverrats­prozeß soll jetzt der Beweis erbracht werden, daß die Kom­muninen nicht davor zurückgeschreckt wären, auch Gift als politisches Rampfmittel zu verwenden. Der Haupt­angeklagte in diesem Verfahren ist der Schleifer Hillgraf. Das Gift wurie am 11. März vorigen Jahres im Keller der Wohnung des Anstreichers Supper gefunden, bei dem Hillgraf ein Zimmer als Untermieter hatte. In einem Schuh­farton waren 3,5 Kilogramm Cyanatrium verpackt, außerdem Kupfervitriol. Bei der Haussuchung wurden ferner Schwefelsäure, Salpetersäure, chemische und phyfi­talische Instrumente, Treibriemen und Schleifsteine zutage gefördert. Als Erklärung für den Besitz des Giftstoffes gab Hillgraf noch fünf weitere Kommunisten vor dem Reichs­zu machen, eine Galvanisteranstalt habe neu einrichten wollen. Nachdem das Gift in dem Keller von Huppert ver­steckt worden war, wurde es tagelang von einem Rom­munisten an den anderen weitergegeben; es wurde vorübergehend in Gastwirtschaften aufbewahrt und in Aschengruben versteckt. Aus diesem Grunde haben sich neben Hillgraf noch fünf weitree Kommunisten vor dem Reichs gericht zu verantworten, die als vorübergehende Verwahrer des Giftes in Frage kommen. Der Verlauf des Prozesses soll zeigen, wieweit diese Angeschuldigten über den Verwen dungszweck des Cyannatriums Kenntnis hatten. Ein Sach­verständiger wird darüber gebort werden, welche Wirkung das Gift auf Menschen hat; nach bisherigen Gutachten sollen die vorgefundenen Giftmengen ausreichend sein, um 18 000 Menschen ju vergiften. Zu dem Prozeß find 20 Reugen geladen.

Ein Sachverständiger

Er kennt Dachau  

Aus Regensburg   wird gemeldet: Der 20jährige per heiratete Hilfsarbeiter Sebastian Sarti müller it in Schußhaft genommen worden, weil er über das Konzen trationslager Dachau Greuelnachrichten verbreitet hat. Hartlmüller war im Vorjahre längere Zeit im Konzen­ trationslager Dachau   untergebracht gewesen.

Riesen- Razzia

auf den Rhein- Herne- Kanal  

Düsseldorf  , 14. März( Inpreß). Auf allen Schiffen des Rhein- Herne- Kanals von Duisburg   bis Dortmund  - einer Strecke von 50 Kilometer hat die Geheime Staatspolizei  eine Riesenrazzia. nach Waffen und verbotenen Schriften durchgeführt. Es wird behauptet, daß eine Anzahl von Waffen und illegalen Schriften beschlagnahmt worden set. Gegen 12 Rahnschiffer, die bei dieser Aftion verhaftet wurden, soll ein Hochverratsverfahren eingeleitet werden.

Französische   Verfassungsrevision

Zwei Kammerausschüsse

Paris  , 16. März. Die Kammer hat ohne Debatte be. schlossen, zwei neue Ausschüsse au bilden, von benen fich der eine mit der Verwaltungsreform befassen und aus 44 Mitgliedern bestehen soll, während der andere, der nur 38 Mitglieder umfaßt, mit der Vorbereitung einer Verfassungsreform beauftragt ist. Es handelt sich bei dieser Entscheidung zunächst nurum eine grund fäßliche Bereitschaft, die verschiedenen Vorschläge zur Verwaltungs- und Verfassungsreform einer gründlichen Prü fung zu unterziehen. Schon der Umstand. daß die Bildung der beiden Ausschüsse ohne Aussprache beschlossen werden fonnte, zeugt davon, daß die Kammer bei ihren Beschlüssen nicht der Auffassung war, umstürzende Maßnahmen einzu leiten. Das französische   Parlament wird heute in die Oster ferien gehen, die dieses Jahr wahrscheinlich etwas länger als üblich dauern werden. Der Termin für den Wieberzu sammentritt des Parlaments ist noch nicht festgesetzt, jedoch rechnet man mit Anfang Mai.

Stavisky in Belgien  

Belgischer Exminister schwer kompromittiert

Brüssel  , 15. März. Die Nachricht aus Paris  , daß der belgische Senator und ehemalige Kultusminister Ro bert Petitjean, der der Liberalen Bartei angehört, gleich falls im Scheckbuch Stavishys aufgeführt ist, hat im bel gischen Parlament Aufsehen erregt. Bor längerer Zeit war der Name Petitjeans schon einmal flüchtig im 3u­

Beispielloser Vorgang in der Berliner  St.- Hedwigs- Kirche- Die Presse schweigt

In Berlin   gab es vergangenen Sonntag im Anschluß an die Fastenpredigt in der katholischen Kirche St. Hedwig eine Sühneandacht, die die Gläubigen in außerordentliche Erregung verfegte, zumal aus diesem Anlaß der Bischof Dr. Bares mit allen Priestern des Domkapitels persönlich ers schienen war. Was war geschehen? Am 1. März trat während der Frühmesse in der genannten Kirche ein junger Mann auf den zelebrierenden Priester zu, gerade als er die bl. Sommunion außteilte.

Es tam zu einem beispiellofen Auftritt. Der junge Mensch versuchte dem Geistlichen den Kelch zu entreißen. Im Handgemenge, an dem sich zahlreiche Gläubige beteiligten, fiel der Kelch mit Inhalt zu Boden. Der Ans greifer ergriff die Hoftie, zerdrückte sie in der Hand und stieß gotteslästerliche Schimpfworte aus, unter denen der Ruf: Schnelleichter wurde er zu neun Monaten Gefängnis ver­" Ihr Gözenanbeter" noch der mildeste war. Vor dem haftet. Er berief sich zur Begründung seines Vorgehens u. a. auf Rosenbergs Buch Der Mythus des 20. Jahr= hunderts...

Selbst in den schlimmsten Wirren der Revolutionstage

von 1918/19 hat sich ein derartiger Vorgang niemals ereignet. Niemals hat es ein gottloser Spartakist gewagt, einen Priester in dieser Weise zu attackieren. Der Vorfall beweist, wohin die Erziehung führt, die die Nazijünger im Zeichen der Lehren Rosenbergs und Reventlows genießen. Ueberflüssig zn sagen, daß die gesamte deutsche Presse den Vorfall vers schwieg. Welch eine Sensation wäre ein solches Ereignis in den Jahren von Weimar  " für sie gewesen!

Schulte und faulhaber

S

Der Zorn gegen Kardinal Faulhaber   hat, wie wir jüngst berichteten, dazu geführt, daß seine Schrift Judentum, Christentum, Germanentnm" von der Fachschaft des Frei­burger Buchhandels zurückgezogen und die noch vorhandenen Exemplare en den Verlag zurudgeschickt wurden. In den Notizen der deutschen   gleichgeschalteten Blätter sah es so aus, als ob es sich um einen freiwilligen Entschluß gehandelt hätte. Was aber war in Wahrheit geschehen? Das Mann­heimer Hakenkreuzbanner" berichtet es. Die Freiburger Hitlerjugend habe eingegriffen, ibre Abgesandten zu den Buchhändlern gesandt und sie davon überzeugt, daß ein der= artiges Buch heute nicht mehr zeitgemäß ist, weil es eine einzige Lüge darstelle". Daraufhin mußten sich die Buch­händler verpflichten.... fiehe oben. Das Mannheimer   Nazi­blatt fügt hinzu, daß die Freiburger Hitlerjugend   damit ein Beispiel für ganz Deutschland   geliefert habe. Die deutsche  Jugend ist nicht gewilt, ihre Vorfahren beschimpfen zu laffen und sorgt für Abstellung solcher Uebel."

Kurz, es wird offen zugegeben, daß man die Freiburger Buchhändler unter braunen Druck gesetzt hat.

Darrer predigen im Braunhemd Ein kennzeichnendes Verbot

Der medlenburgische Oberkirchenrat hat den ihm unterstellten Geistlichen, soweit sie der SA. oder SS.  angehören, gestattet, bet Feldgottesdiensten und anderen von der NSDAP  . getragenen gottesdienstlichen Veranstaltungen im Braunhemd oder in ihrer Dienstuniform zu predigen.

Nach einer amtlichen Mitteilung wurde der Pfarrec

Freiburger Hitler- Jugend terrorisiert die Buch- Georg Raffler von Stadl bei Landsberg am Lech wegen

händler

Ueberall gehen die Auseinanderseßungen zwischen Ratholizis­mus und Nationalsozialismus   weiter. Ein neuer Hirten­brief des Kölner Kardinals Schulte, der von allen Kanzeln seiner Erzdiözese zur Verlesung fommt, wendet sich gegen " gewisse Bücher und Zeitungen, welche die Religion des Lehren als kezzerisch verurteilen. Hasses und des Blutes predigen". Die Kirche müßte diese

feiner ablehnenden Einstellung zum nationalsozialistischen Staat und seinen Symbolen, die er wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, in Schubhaft genommen.

*

Wegen abfälliger Aeußerungen über Landes­bauernführer Körner- Piskowitz wurde der Gutsbesitzer Hensel- Piskowis in Schubhaft genommen.

Barcelona   ohne Strom

Die Elektrizitätsarbeiter streiken

dnb. Madrid  , 16. März. Aus Barcelona   wird gemeldet, daß die Bemühungen, eine Einigung zwischen den Arbeitgebern. und Arbeitnehmern im Elektrizitätsgewerbe herbeizuführen, fehlgeschlagen sind. Die Arbeiterschaft der größten Elektri­zitätswerke und des Gaswertes sind dort in der Nacht zum Freitag in den Streit getreten. Die katalanische Regierung hat zur Aufrechterhaltung dieser lebenswichtigen Betriebe Spezialisten der Armee und der Marine eingesetzt und damit zunächst wenigstens vermieden, daß diese Millionenstadt ohne Licht und Kraft bleibt. Hervorzuheben ist dabei, daß von den

fatalanischen Elektrizitätswerken nicht nur Katalonien  , son­dern außerdem noch ein großer Teil von Aragon   bis Sara­ gossa   abhängt. Gewalttätigkeiten und Störungen des öffent­lichen Berkehre haben sich bisher nicht eretanet, Gerüchte, wo­nach Frankreich   einen Sondergesandten in Katalonien   er­nannt habe; werden von jämtlichen zuständigen Stellen auf das energischste dementiert.

In Madrid   haben streikende Bauarbeiter wieder zwei Bomben an Neubauten zur Explosion gebracht, die aber lediglich Sachschaden angerichtet haben.

sammenhang mit dem Stavisky- Skandal aufgetaucht. Man hatte Petitjean schon damals geraten, sein Mandat niederzulegen. Tatsächlich ist er bis vor einigen Tagen auch nicht mehr im Senat erschienen. Der Thronwechsel und die anderen politischen Ereignisse der letzten Wochen hatten die Angelegenheit in Vergessenheit geraten lassen, und Senator Petitjean schien sich wieder ziemlich sicher zu fühlen, denn seit einigen Tagen nahm er wieder an den Parlamentsarbeiten teil. Die Einzelangaben über die Anzahl und die Höhe der Schecks, die Petitjean erhalten hat, haben noch keinen Aufschluß gegeben über die Art der Beziehungen, in denen der liberale Senator zu Sta visky gestanden hat. Es wird behauptet, daß er die Rolle eines Rechtsberaters Staniskys in belgischen Angelegen heiten gehabt habe. Petitjean bestreitet nicht, die Schecks, die sich auf 200 000 belgische Franken belaufen, erhalten zu haben. Es wird angenommen, daß Petitjean bis zur Aufklärung der Angelegenheit sein Mandat niederlegen wird.

Man hatte Petitjean schon damals geraten, ſein Mandat Das Neueste

Der Völkerbund als Gläubiger

Länder, die sich vor den Beiträgen drücken

Stephane Lauzanne  , der Chefredakteur des Pariser Matin" veröffentlicht in The Far Eastern Review, Schanghai  "( die Auslese) eine Statistik, die von einer wenig bekannten Seite des Völkerbundes berichtet:

Den Völkerbund hat man oft mit einem großen inter­nationalen Klub verglichen, in dem die Mitglieder sich treffen, miteinander plaudern, Ansichten über Tagesereignisse aus­tauschen und gelegentlich Geschäfte zum Abschluß bringen. Es besteht mindestens ein Unterschied zwischen dem Völkerbund und einem Klub, nämlich der, daß ziemlich viele Mitglieder es unterlassen, ihre Beiträge zu zahlen. In einem gewöhn lichen Klub führt dies zu der höflichen Aufforderung, daß Austrittsgesuch einzureichen. In Genf   jedoch werden die Namen der fäumigen Rahler nur auf eine Liste geießt. Im Jahresbericht des Rölkerbundssekretariats für das Jahr 1983 sieht diese Liste wie folgt aus:

Staaten

Geschuldeter Betrag in Goldfr. 29.561 910 794

Albanien  

Bolivien

Chile

448 809

Dominikanischer Freistaat.

24 032

Guatemala  

Haiti  

Honduras  

Kolumbien  

Ruba

Piberia

Nikaragua  

84 022 28.686

264 827

43 408

311 654 85 012 244 842

Staaten Panama  Varaguay

Peru Salvador

Ungarn Uruguay

Geschuldeter Betrag in Goldfr.

29 940

112 302

2 217 632

30.002

64 178

292 700

Wenn unsere Addition richtig ist, handelt es sich um 17 Länder, die insgesamt 5 Millionen Goldfranken schulden. Dabei ist die Liste nicht einmal vollständig. China   sollte auch in der Lifte vertreten sein, denn es schuldet dem Völkerbund rund 9 Millionen Goldfranken. Nach vielen Verhandlungen erflärte es sich bereit, jährlich 400 000 Goldfranken abzu zahlen. Die erite Zahlung wurde lestes Jahr geleistet. Der Simmel möge erlauben, daß ein gleicher Betrag in diesem Jahr gezahlt werde! Besonders amüsant ist die Tatsache, daß wir auf der Liste die Namen derer finden, die den Völker­bund mit ihren Beschwerden und Streitigkeiten am meisten behelligen. So tit China  , der schlechtefte Rahler unter den Mitgliedern des Bölferbundes, auch beifen Sieblingsfind. Ebenso ist Ungarn   eines der unzufriedensten Mitglieder des Klubs. Es nimmt an jeder Debatte teil, vergißt aber, fich an den Kosten der Debatte zu beteiligen, und schuldet dem Schatzmeister rund 65 000 Goldfranken. Ghenfo verfäumen es Paraguay   und Bolinien, die sich an den Völkerbund wenden, menn ein Krieg sie bedroht, dem Wölferbund zu antworten, wenn der Friede wieder hergestellt ist und man sie höflichst ersucht, ihren Sched einzusenden

Prälat Kaas ist vom Papst zum Wirklichen Apostolischen Protonotar ernannt worden.

Die erste Dreierbesprechung in Rom  , die über zwei Stunden dauerte, hat infofern ein bemerkenswertes Ere gebnis gehabt, als die Abreise von Dollfuß   und Gömbös   auf Samstagnacht verschoben wurde. Der Grund hierzu ift, daß angeben. man übereingekommen ist, auch politische Erklärungen abs

Auf Beranlassung des franzöfifchen Innenministers hat die Pariser   Polizei eine Broschüren- Sendung beschlagnahmt, bie unter dem Titel Dimitroff  " für die Kommunistische Partei   bestimmt war und in einer dem kommunistischen   Ge schmad entsprechenden Weise den Leipziger Prozeß behandelte. Diese Broschüren sollen angeblich in deutscher Sprache ab gefaßt sein. Die Polizei hat ebenfalls eine Sendung anderer lager Sonnenburg behandeln. Broschüren beschlagnahmt, die das Leben im Konzentrationss

Im Verlaufe einer am Donnerstagabend von der Koms munistischen Partei abgehaltenen großen Bersammlung in einem großen Pariser Saale ichoß sich ein italienischer Staatsangehöriger eine Kugel in den Kopf. Er hatte zwei Ausweistarten bei sich, die eine auf einen italienischen, die andere auf einen französischen   Namen, Der Grund zu der Tat ist unbekannt.

Der Haushaltsvoranschlag für das britische Heer wurde vom Unterhaus ohne Abstimmung angenommen. Im Ober­hans fand am Donnerstag eine neue Abrüftungsaussprache ftatt.

Der diplomatische Mitarbeiter des Daily Telegraph  " hört, daß die drei Regierungen der Kleinen Entente   gegenwärtig darüber beraten, ob sie der Sowjetregierung die offizielle An= erfennung gewähren wollen.

Am Mittwoch gegen 19 Uhr gelang es, auch die Leiche der im Kleinen Walsertal verunglückten Stifahrerin zu bergen. Es handelt sich bei den drei auf so tragische Weise umê Leben Gekommenen um brei Hörer der Technischen Hochschule Dresden im Alter von 20-24 Jahren, die in Winterurlaub in Niezlern weilten.

Wie aus Mostan gemeldet wird, erklären die amtlichen russischen Stellen, daß die Meldung des Daily Telegraph  ", wonach die Sowjetregierung bestrebt sei, einen neuen Batt über gegenseitige Unterstügung und Zusammenwirkung ab: zuschließen, der dem Nichtangriffspaft anzuschließen wäre, nicht den Tatsachen entspreche.

Zur Rettung der schiffbrüchigen Polarfahrer des vor brei Wochen untergegangenen Schiffes" Tichelinskin" find bisher folgende Kräfte eingesetzt worden: 3 Flugzeuge auf Cap Wellen, 1 Flugzeug auf Gap Sewerny, 2 lungseuge, die über Neuvorf nach Alaska   gebracht wurden. Aus Chabarowit tommen 3 Flugzeuge. Ferner sind die Dampfer Stalingrad  " mit 2 und Smolens" mit 5 Flugzeugen unterwegs. Ein drittes Schiff Sowjet" bringt 4 Motorfchlitten an das Polareis, bie neben den Hundeschlitten bie Rettung ers leichtern sollen. Angenblicklich find alle erfahrenen Volars flieger der Sowjetunion   für die Rettung ber Tichelinstins Mannschaft tätig.