Fröhlich Pfalz"

Rekordsüffel und Bonzenbraus

Die Zahl der Kritiker wächst im gleichen Tempo wie die äußerlich scheinbare Eroberung der ganzen Bevölkerung für das dritte Reich". Es ist erstaunlich, was trotz der scharfen Bespißlung der Bevölkerung alles folportiert wird und wie gering eigentlich im Verhältnis hierzu die Verfolgungen sind. So wird es zum Beispiel unter tausenden Menschen herumgesprochen, daß der bekannte Sonderfommissar Dr. Caspary, der ein leidenschaftlicher Alkoholiker ist, über Neujahr 24 Stunden hintereinander gesoffen haben soll, daß er am Schluß seine Füße in Sekt gebadet und mit seiner Dienstpistole die Wirtschaftsbeleuchtungen abgeschossen hätte. Er soll wiederholt in seiner Besoffenheit Ohrfeigen von sei­nen Anhängern erhalten haben, wofür er sich dann durch umso schärfere Verfolgung der Marristen rächt. Mit der größ­ten Entrüstung werden die Fälle weiter erzählt, welchen Lugus die neuen Bürgermeister, Partei und Gewerkschafts­beamten treiben, wie sie ihren Frauen Pelzmäntel kaufen, sich Autos anschaffen und mit Verachtung auf die gewöhn lichen Leute herabschanen. Ein enttäuschter Bädermeister, der eins der ersten Parteimitglieder war, wurde wegen seiner öffentlichen Entrüstung über dieses schändliche Treiben der neuen Emporfömmlinge schon sieben Mal verhaftet und ver­warnt. Die Gewerbetreibenden sind besonders auch darüber empört, weil man ihnen Nichtfachleute als Vertreter ihrer Interessen vor die Nase gefeht hat. Sie führen ihre mife rable Lage zum Teil auf die schlechte Vertretung ihrer Inter­effen durch die Fachschaftsleiter zurück. Daß natürlich die schlechten Löhne und Unterstützungen der Arbeiter erheblichen Anteil haben an den geringen Geschäftsumfäßen, ist bereits von zahlreichen Gewerbetreibenden begriffen. Die Wirte lei­den außerdem noch unter der starten Inanspruchnahme ihrer ehemaligen Gäste durch die SA.

Führer und Gefolgsmann

Das neue Arbeitsgefeß bat natürlich große Entrüftung unter den Arbeitern hervorgerufen. Auch den Nazis will es nicht einleuchten, daß ausgerechnet der Unternehmer, der doch nur darauf aus ist, die Arbeiter zu bedrücken, besonders da, wo der Kleinbetrieb vorherrscht, nun der Führer des Be­triebs fein soll. Das fönnen die armen Teufel vor den hämi schen Fragen der Marristen nicht verteidigen, und es bedarf wohl feiner weiteren Maßnahmen mehr, um den Leuten zu beweisen, daß fie schmählich betrogen wurden. Nach der an fangs noch herrschenden ehrlichen Meinung, die gewaltsam eingefeßten Gewerkschaftsfunktionäre fönnten Mißstände in den Betrieben abstellen oder willkürliche Lohnsenkungen ver­hindern, herrscht bereits allgemeine Gleichgültigkeit und es besteht an der Gewerkschaft nur noch insoweit. Interesse, als die zustehenden Unterstübungen abgehoben werden. Da die Gelder für andere Zwecke verpulvert wurden und der un­gebeure Beamtenstab die eingehenden Gelder völlig ver­schlingt, muß um jeden Pfennig Unterstützung schwer ge= fämpft werden, wobei es sehr oft vorkommt, daß feine Aus­zahlungen stattfinden können, weil feine Mittel von Berlin  gekommen find. Ein Arbeiter, der längere Zeit wegen Be­leidigung der Reichsregierung im Gefängnis war, nahm fürzlich wieder die Arbeit auf. Bet der geforderten Arbeits­Teistung hat er 1930 noch 60 bis 80 Mart verdienen können. Jezt ist der Affordsas so gesenkt, daß er bestenfalls noch 24 Mart verdienen fann. Er beschwerte fich deshalb beim Leiter der Fachabteilung, wo ihm erklärt murde, wir können in diesem Fall nichts machen. Es handelt sich um einen Be­trieb, der sich im Aufbau befindet und in dem deshalb Ein­" griffe verboten find. Klagen am Arbeitsgericht gibt es nicht mehr, es wäre auch gefährlich, den Versuch zu machen.

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Kein Vogel hat gehungert

Die Winterhilfe wurde damals ins Leben gerufen mit dem Motto, fein Deutscher   darf hungern oder frieren. Jetzt ist es ein geflügeltes Wort geworden, fein Vogel in Deutsch­ land   habe gehungert. Jeder Krämer hat nämlich seine ver­

Lügengebäude eines ehrgeizigen Strebers, der Direktor wer­den wollte und der es auch geworden ist, brach zusammen. Das war eine zu harte Probe für das Prestige der Macht­haber. Sie machten dem Oberbürgermeister die schwersten Vorwürfe, weil er ihre Infamien nicht gedeckt hat, worauf er gesagt haben soll, der Wahrheit die Ehre. Die Beamten wurden gezwungen, einen Protest gegen ihren Vorgesezten, den sie alle gerne hatten, wider Willen zu unterschreiben, was natürlich die Pensionierung zur Folge haben mußte, die dann mit Gesundheitsrücksichten begründet wurde.

Unter vier Bewerbern tobte ein scharfer Stampf, in dem der Arzt Dr. Ramm, der Inhaber von 15 Stellen und Ein­tommen, siegte. Damit er seine horrenden Einnahmen als Arst behalten kann, ließ er sich formell zum Ehrenbürger­meister wählen, wobei aber zu bemerken ist, daß noch zwei hauptamtliche vorhanden sind, aber auch feine juristische Vor­bildung befißen, wie dies früher die Nazis zwecks Be­tämpfung des Partelbuchbeamtentums verlangten. Jezt gibt es nur noch Parteibuchbeamte, andere können sich schwerlich halten. Selbstverständlich wird jeßt wieder stark daran er­innert, daß dieser Dr. Ramm sich während der Besatzungs­seit ein französisches Auto faufte, um bei den Franzosen gut angeschrieben zu sein. Er fuhr es bis ein Jahr vor der Machtergreifung und bewährte sich dadurch vor Ausweisung und anderen Unannehmlichkeiten, mit denen damals auf­rechte Menschen au rechnen hatten.

Eintopfschwindel

Der Eintopfschwindel wird immer mehr als große Be­lästigung empfunden. Aber es ist alles jo organisiert, daß fast niemand mehr entrinnen fann. In den Städten müssen alle Beamte, Lehrer und sonstigen Funktionäre antreten zum Sammeln. Sie haben genaue Listen über alle Einwohner ihres Bezirks, in welche die Beträge eingetragen werden. Wer beim erstenmal eine Mart gezeichnet hat und später weniger geben will, wird sofort auf das Unschickliche seiner Handlung aufmerksam gemacht. Niemand möchte natürlich in Ungnade fallen und gibt deshalb widerwillig. Dabei sind natürlich die Aermsten wieder am stärksten belastet. Niemand tann entrinnen und auch den Sturzarbeitern und Arbeits­losen wird klar gemacht, daß auch die kleinste Gabe für den Spender" von Nußen sein tann. Dabei findet der Einwand, daß fast kein Arbeiterhaushalt am Eintopftag etwas einspart, weil ja nie 50 Pig. pro Kopf ausgegeben werden dürfen, also dauernd noch weniger als Eintopftag herrscht, feinen Anklang. Wo der Terror nicht so start ist, fommt natürlich auch nicht viel bei der Sammlung heraus. So wurden 3. B. in Binningen  , das durch seine hohe Zahl von Neinstimmen am 12. November berühmt wurde, bei der letzten Sammlung nur 40 Pig. abgeliefert.

Kürzlich war eine Sammlung für das Auslandsdeutschtum. Die Schulen wurden hierfür mobilisiert, so daß viele hundert Jungens und Mädels mit Armbinden und Sammelbüchsen die Straßen bevölkerten und niemand unbelästigt passieren ließen. Es war aber interessant festzustellen, daß es doch viele wagen bei solcher Gelegenheit, wo nicht eine Liste die Kontrolle ermöglicht, weiter zu geben, ohne etwas zu spenden. Das geschieht natürlich ohne jede Bemerkung.

Die arme Presse

Das allgemeine Zeitungssterben wird auch von der Mast preffe nicht verschwiegen. Die Sage fast aller alteingefeffenen Pokalzeitungen ist fatastrophal, auch bei uns. Da die Nazi­zeitung unter Anwendung von Zwangsmitteln bestellt wer= den mußte, das Einkommen aber gesunken ist, blieb nichts anderes übrig, als die Lokalzeitung abzubestellen. Sehr

interessant ist die Einstellung der Leser zu den gegenwärtig erscheinenden Zeitungen. Der Widerspruch zwischen Propa ganda und Wirklichkeit ist so fühlbar", daß die Zeitungen allgemein nicht mehr ernst genommen werden, besonders nicht unter den Arbeitern und unter den Enttäuschten, Die Richtigkeit des Sprichwortes, wer einmal lügt usw. hat große Bedeutung bekommen Man hat in Deutschland   oit das Ge­fühl, als ob die Wirkungen der verlogenen Propaganda überschäzt würden. Was vielleicht vielen als Zustimmung erscheint, ist nur äußerer Schein, widerwillig zur Schau ge­tragen. Im Umgang mit Menschen der verschiedensten Stel lung fann man sehr gut die Abneigung gegen den Propa­gandaschwindel ernst nehmen, und die Hauptgefahr liegt ja in der Kindererziehung und in der Gewöhnung bei längerer Daner dieses Gewalt und Schwindel Systems". Auf unsere Anhänger bleiben alle Beschimpfungen und Verleumdungen gegenüber ehemaligen Führern der Arbeiterbewegung oder gegenüber Mar Braun, der ja fast täglich besonders gemein befämpft wird, ohne die beabsichtigte Wirkung. Man kann sogar feststellen, daß sich mit dem Grad der Berleumdungen, die Beliebtheit steigert. Bei besonders plumpen Lügen wer­den regelmäßig sehr rasch die ausländischen Zeitungen in Umlauf gesetzt, in denen die Widerlegung zu lesen ist. Das ist im Grenzgebiet immer leicht möglich. Aber auch der Aus­landerundiunt wird trou scharfer Beobachtung viet gehört und das Gehörte wird fleißig weitergefprochen. So wir­fungsvoll der Rundfunk für die deutschen   Machthaber hin­fichtlich der Propagandamöglichfeit ist, so wertvoll ist aber diese Einrichtung auch für das geistig unterdrückte Volf, weil der Empfang verbotener Nachrichten glücklicherweise nicht verhindert werden kann.

Lange Gesichter der Innungskrauter

Großem Unwillen begegnen in den Kreisen der Gewerbe­treibenden die Zwangsmaßnahmen, um alles in 3mangs­inuungen zu erfassen. Die hierbei geforderten Beiträge sind außerordentlich hoch. Die Eintreiber müssen immer wieder die ironische Frage über sich ergeben lassen, was denn für dieses Geld geleistet wird. Kritiken darüber, daß alle Ar­beit in diesen Zwangsinnungen nur gegen Bezahlung er­folgt, meistens von Bollangestellten, werden nicht als un­richtig zurückgewiesen. Es wird vielmehr den Kritifern flar gemacht, daß jeder Verein, jede Organisation oder Innung bestrebt sein müssen, durch Ausschaltung ehrenamtlicher Ar­beit und durch Beschäftigung im Hauptamt die große Ar­beitsschlacht zur Ueberwindung der Arbeitslosigkeit zu unterstützen. Es werden also alle Handwerker, Krämer und Händler organisiert, um Posten zu schaffen für unzufriedene Nazimitglieder. Zu sagen haben diese Organisationen bzw. deren Mitglieder nichts und zu verlangen haben sie erst recht nichts. Für diesen Leerlauf müffen fie aber monatlich von 2 bis 5 Mark bezahlen, die teilweise von sehr fragwürdigen Gestalten eingetrieben werden und den schärfsten Widerspruch der Ausgeplünderten berorgerufen haben.

Hitler   im Konsumladen

Die Lage der Koniumvereine scheint allmählich fritisch zu werden. Jedenfalls werden aus der Pfalz   starfe Umsatz­rückgänge gemeldet. Das ist nicht nur auf den allgemeinen Raufkraftschwund, sondern auch auf das gesunkene Interesse der früheren Mitglieder zurückzuführen. Die Grießung alter Verkäufer und sonstiger Angestellten durch Nazistellenjäger, die Schmückung der Verkaufläden mit Hitlerbildern, hat die Rauftraftfreudigkeit bei den früheren Anhängern nicht ges steigert. Der Zwang gebietet wohl au faufen, aber es wird jezt auch viel in anderen Gefchäften gefauft, die jetzt zum Tell megen ihrer Unzufriedenheit mit Sitler Solidaritäts­gefühle bei den Konsumenten erwecken. Die unsachgemäße, verschwenderische Verwaltung der neuen Machthaber muß in absehbarer Zeit den Zusammenbruch herbeiführen, wenn nicht staatliche Subventionen fommen, zur Erhaltung der Pöstchen.

3 Millionen Dollar für jüdische Flüchtlinge?

schimmelte Ware der Winterhilfe gespendet, so bai bie Viele andere werden es mit Neid lesen

glücklichen Empfänger damit die noch glücklicheren Vögel füttern mußten.

Um die Wohlfahrtsempfänger zu zwingen, sich intensiver nach Arbeitsplägen umzusehen, wurde jezt die Arbeitszeit Guf 40 und 48 Stunden erhöht. Als Lohn gibt es nur die Unterstüßung, plus 2 Mart. Es gibt also viele Wohlfahrts­empfänger, die für 5 Mark 48 Stunden arbeiten müssen, Die Weigerung bedeutet den Verlust der Unterstützung, es sei denn, der Betreffende läßt sich in ein Arbeitslager einweisen, wo er dann wenigstens Rost und Uniform hat.

Ein von den Nazis eingeseßter Gewerkschaftsbeamter namens Feldmüller( nicht mit dem früheren tüchtigen Ge­werkschaftsführer gleichen Namens zu verwechseln) wurde entlassen, weil er fich von einem jüdischen Schuhfabrikanten mit einem Baar Schuhen bestechen Iteß.

Seit furzem find neue Gewerkschaftsbücher eingeführt, die auf ber Dede mit einem Hakenkreuz geziert find. Inwendig stehen einige Sprüche, wobei auch an einen Ausspruch Hit­lers erinnert wird, wonach der 2. Mai, also der Tag der Er­oberung" des deutschen   Arbeiters, zu seinen schönsten Er­lebnissen gehöre.

SA. stiehlt alles

Bielleicht kann auch einmal geschildert werden, wie bei der festen großen Razzia gegen den Marrismus, der den Macht­habern trotz seinem wiederholten Tob immer noch große Sorge macht, vorgegangen wurde. Bewaffnete Trupps um­zwingelten einige Wirtschaften, drangen überraschend ein und visitierten sämtliche Gäfte. Für die Frauen wurden Schwestern aus dem Krankenhaus geholt. Dann wurden sämtliche Gäste notiert und aufgefordert solange im Lokal zu bleiben, bis entsprechende Anweisungen tommen. Dieser Bwangsaufenthalt dauerte bis morgens 6 Uhr. Wer nicht verhaftet wurde, konnte zuhause feststellen, daß eine Haus fuchung vorgenommen war. Dabei wurden bei einer armen Famlie 60 Mark gefunden, die zur Anschaffung eines Kinder­wagens und anderer Notwendigkeiten gespart waren. Die SA. nahm das Geld mit unter der Begründung, es handle fi bestimmt um unerlaubte gesammelte Marxistengelder.

Ehrenmann als Ehrenbürgermeister

Die vielbeachtete und vielbesprochene Pensionierung des Oberbürgermeister Geheimrat Strobel von Pirmasens, der 28 Jahre mit großem Erfolg an der Spize der Stadt stand, hat folgende Ursachen:

Es war den Nazis von vornherein unangenehm, daß dieser fest in seinen liberalen Traditionen verwurzelte Mann sich nicht so vollständig gleichschalten ließ, wie man dies wünschen mußte, Uebrigens hatte man sich ja auch die Zusicherung geben lassen, daß er nach spätestens einem Jahr einem Nazi Stellenanwärter den Platz räumen werde. An Busammenitüßen und Meinungsverschiedenheiten mit den ebenso anmaßenden wie unfähigen Machthabern in Kommiß­stiefeln fehlte es nicht. Aber das Ergebnis der Gerichtsver­handlung gegen den schamlos verdächtigen Direktor des Elektrizitätswertes brachte den Bruch. Der Oberbürger­meister schilderte als Beuge die Verdienste des Direktors, der aus einem schlampigen Betrieb einen Musterbetrieb auf­gebaut hatte und der Stadt viele Millionen Reingewinn ein­brachte. Der Direktor wurde freigesprochen, das ganze

Neuyork, 13. März.( 3TA.) Das American Joint Distri­bution Commitee und die Leitung des American Palestine Campaign veröffentlichen gemeinsam einen Appell an das amerikanische   Judentum zur Ausbringung von drei Mil. lionen Dollar in diesem Jahre, die zur Seßbaftmachung jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland  , hauptsächlich in Palästina, verwendet werden sollen. Beide Körperschaften arbeiten bei dieser Aktion einträchtig zusammen. Das Ab­kommen wurde nach mehreren gemeinsamen Beratungen schließlich durch das Eingreifen des Hochkommissars des Völkerbundes für Hilfe an die Flüchtlinge aus Deutschland  , James Macdonald, der jetzt wieder in Amerika   weilt, ge­troffen. Macdonald appellierte sehr warm an die Führer der beiden Körperschaften, sich zu einer gemeinsamen An­strengung zusammenzuschließen, wobei er seine persönliche

Hilfe bei der Durchführung der Kampagne in weitestem Maße zusagte. Die Attion wird demnach in enger Mitarbeit mit Macdonald vor sich gehen.

Die Verkündung des Drei- Millionen- Dollar- Droves durch Joint Distribution Committee und American Palestine Campaign wird begleitet von einem tiefempfundenen Appell des Hochkommissars James Macdonald, der die jüdische Be­völkerung der Vereinigten Staaten   zu einem großzügigen Opfer zugunsten ihrer verfolgten und entrechteten Brüder auffordert. Der Appell Macdonalds schließt: Nur wenn uns großzügige private Beiträge zur Verfügung gestellt werden, fönnen wir, denen die Aufgabe obliegt, neue Heimstätten für die Flüchtlinge, für sehntausende unschuldiger und hilfloser Verbannter, zu finden, dieser unserer Aufgabe gerecht werden."

Es geht wieder los!

Neidhetze gegen die Juden

Durch das Deutsche Nachrichten- Büro wird folgende An­fündigung veröffentlicht:

Die nationalsozialistische Handwerks, Handels- und Ge­werbeorganisation( NS.- Hago) wird in diesen Tagen ge­meinsam mit dem Gesamtverband Deutscher   Handwerker, Kaufleute und Gewerbetreibenden( GHG.) in der Deutschen Arbeitsfront   mit einer Propaganda- Aktion größten Aus­maßes beginnen. Die Aktion hat den Sinn, Handel und Handwerk zu bester Leistung und vorbildlicher Bedienung anzuspornen. Das kaufende Publikum, das in höchstem Maße an dieser Attion interesstert ist, soll mit Anregungen und Vorschlägen bei der Durchführung helfen. Zu diesem Zwed werden furz vor Ostern an die Käufer Fragebogen zur Verteilung gelangen. Die NS.- Hago geht dabei von der Auffassung aus, daß der Kaufmann und der Handwerker wissen muß, daß er in den letzten Jahren viele Kunden auch deshalb verloren hat, weil man ihm ein mangelhaft sortiertes Lager, nicht ansprechende Bedie nung und manches andere vorwarf. Solche Mängel sind vielfach durch das Eindringen fach- und berufsfremder Per­sonen in Handwerk und Einzelhandel gefördert worden und haben auch dem Ruf des strebsamen und fachkundigen Kaufmanns und Handwerkers geschadet. Zur Durchführung der Propanda- Aktion werden Tausende von Schulungs­abenden im ganzen Reich von allen Berufen und Ständen veranstaltet werden. Die Tagespresse wird das ihre dazu tun, um die Aufmerksamkeit ihrer Leser auf diese- wirt­schaftlich gesehen- äußerst wichtigen Maßnahmen zu lenten und um alle Volksgenossen zur Mitarbeit aufzufordern."

Das liest sich ganz harmlos. Die Durchführung sieht aber laut der Afchaffenburger Zeitung" z. B. so auss

Die Aschaffenburger Zeitung" vom 9. März ver­öffentlicht unter der Ueberschrift Die Tat der Gemeinschaft gilt dem Aufbau. Frühjahrsoffensive des deutschen   Hand­werks, Gewerbes und Einzelhandels" einen Aufruf der NS.- ago- Kreisamtsleitung Aschaffenburg  . Jedes deutsche   Geschäft, jeder deutsche   Handwerfer, jedes deutsche Unternehmen habe an diesen Tagen die von der NS.  - Hago herausgegebenen Plakate an Giebeln und in Schaufenstern zum Aushang zu bringen, wenn es fich nicht gefallen lassen wolle, als Saboteur der Offensive des deutschen   Mittelstandes angesehen zu werden oder als jüdisches Unternehmen zu gelten. Kein jüdisches Ge­schäft habe das Recht, zum Einkauf für das heilige Osterfest, zur Kommunion oder Kon­firmation in Wort und Schrift zu werben. In Fragebogen an die deutschen   Hausfrauen würden diese um die Gründe gefragt werden, weshalb sie noch in Warenhäusern, jüdischen Geschäften usw. fauften. Da­durch werde es ermöglicht werden, diesem unverständlichen Ton eines großen Teils deutscher   Hausfrauen Einhalt zu gebieten. Im ganzen Kretsamtsgebiet der NS.- Hago würden Aufklärungsversammlungen für die deutsche Hausfrau stattfinden. Die gesamte Presse, Kinos, der Rundfunk usw, würden in den Dienst der Propaganda ge­stellt. Auch die Hitlerjugend und der BDM.   würden in die Propagandatätigkeit eingeschaltet. Diese würden auf den be­lebtesten Pläten in den Hauptgeschäftsstunden Sprech chöre bilden, in denen zum Ausdruck gebracht werden, daß Einkäufe nur beim deutschen   Einzelhändler, Handel und Gewerbe getätigt werden sollten.