Stimmungsbilder aus dem Reiche 1652

Beobachtungen aus der Arbeit von Illegalen ma

In den jüngsten Wochen sind uns eine ganze Anzahl Be­richte von illegal im Reiche arbeitenden Freunden zuge­gangen. Es sind dokumentarisch belegte Angaben mit ge­nauen Namen. Leider können die meisten nicht veröffentlicht werden, weil auf die Verfasser geschlossen werden könnte. Wir bringen nachstehend einige Probestücke, aus denen wir alles entfernt zu haben glauben, was die Verfasser belasten

fönnte.

Aus einem großen Lebensmittelbetrieb

Nazi- Betriebsrat verteidigt Jüdin

Hier lehnte die gesamte Belegschaft ab, in Zukunft bei Ver­sammlungen der Gauredner der NSBO. teilzunehmen, da sie von Feld-, Wald- und Wiesenreferaten genug habe und endlich mal über ihre Betriebs- und Lohnfragen diskutieren wolle. Der Zellenleiter steht auf seiten der Belegschaft. Die verschärfte Opposition datiert etwa seit Weihnachten, wo eine Gratififation von ganzen drei Mark gezahlt wurde. Au ch NS Arbeiter erklärten, es habe sich gegen früher gar nichts geändert. Ein alter SA.- Mann rief aus, er wolle diesen Rummel nicht mehr mitmachen, wenn die Partei nicht bald zeige, daß sie auf seiten der Arbeiter stehe. Die Erregung machte sich in Aeußerungen Luft, man müsse die Firma durch schluddriges Arbeiten, Ueberheizen der Kessel usw. schädigen. Ein Arbeiter erflärte, er werde sich in Zukunft den zu wenig bezahlten Lohn durch Mundraub aus den Betriebsvorräten zurückholen. Einer Jüdin wurde die zuständige Gratififation nach 15jähriger Betriebszugehörigkeit verweigert. Der Nazi- Betriebsrat

Er­

verteidigte die Rechte der jüdischen Arbeiterin mit der Gr flärung, die reichen Juden, z. B. die Firmeninhaber, würden nicht betroffen, man verfolge nur die armen. Ein Einspruch beim Treuhänder fiel zugunsten der Arbeiterin aus. Andererseits aber fand dieser Tage ein Referat über Blut und Scholle" in der Betriebszelle begeisterten Beifall. Der NS. - Betriebsrat brachte nach dem Referat aus eigener Initiative Betriebsangelegenheiten zur Sprache und wandte sich besonders starf gegen Üeberstunden. Die Belegschaft, die gar nicht mehr gewöhnt war, über Betriebsangelegenheiten zu verhandeln, war über die bloße Tatsache, daß endlich ihre rigenen Dinge zur Sprache fämen, erfreut und beruhigt. Der Betriebsrat forderte, die Ueberstundenarbeiter sollten mit SA- Hilfe aus dem Betrieb entfernt werden. Große Diskussion, die sich unter SA.- Hilfe noch auf der Straße fortsette.

Aus einer großen Druckerei ,, Gib mir die Hand, Kamerad..."

Eine sehr sonderbare Geschichte passierte bei der Vereidi­gung des SA.- Sturmes. Eine große feierliche Vereidigung auf dem Hose. Ein besonderer Sturmführer aus einem anderen Stadtbezirk wird eingesetzt. Nach der Feier ließ der Sturmführer den ganzen Sturm noch einmal auf dem Hof antreten, schritt die Front ab und sah sich seine neuen Kämpfer an.

Dann fragte er: Na, wo wart Ihr denn nur alle vor dem 5. März?" Allgemein verlegenes Schweigen. Wer war im Bismarckbund, Jungdo, Stahlhelm oder einer ähnlichen Organisation?" Jezt meldet sich freudestrahlend ein SA. Mann. Nun der Sturmführer:" So, also im Bismarckbund warste, na, das ist ja recht nett, bei diesen reaktionären Halunken hast Du Dich rumgetrieben. Na warte, Bürschchen, wirst bei uns viel lernen müssen." Alles andere grient.

Dann: Wer war im Reichsbanner?" Wieder melden sich einige. Sturmführer: Was, das ist noch viel schlimmer. bei der Reichsbande ward Jhr, schämt Ihr Euch nicht, dicke, fette Bonzen zu beschirmen. Na, Ihr seid ja schöne Arbeiter."

Dann weiter: Und wo warst Du, mein Sohn?" SA.­Mann: Ich war nicht politisch organisiert."" Aha, warst nicht organisiert. Bist ja ein verflucht vorsichtiger Mann, hast die andern die Kastanien aus dem Feuer holen lassen und jetzt kommst Du zu uns, wo die Sache nicht mehr brenzlig ist, na warte, Bürschchen, wirst Dein blaues Wunder erleben."

Schließlich fragte der Sturmführer mit erhobener Stimme:

Wer war bei der Kommune?" Es meldet sich ein Mann, etwa 40 Jahre, sehr bepackter Herr. Sturmführer: Hier, gib mir die Hand, Kamerad, Du bist der einzige Kerl unter diesen Scheißfliegen. Die SA. und die Kommune, das sind die einzigen, die wußten, was sie wollten. Alles andere war Mist..."

Möglicherweise war dies ein Rockversuch, um frühere Kom­munisten festzustellen, es meldete sich aber feiner mehr.

Die enttäuschten Mittelschichten ,, Haben die Nazibonzen noch nicht genug?"

Vor allem ist Unzufriedenheit bei den Bauern. In den Landkreisen, in Pommern , aus den ostpreußischen Dörfern, aber besonders auch aus Süddeutschland wird allgemein be= richtet, daß die Kleinbauern alles andere als nazibegeistert seien. Im Gegensatz zum Vorjahr ist wachsende Enttäuschung, ja Verbitterung zu bemerken. Sie sind gegen die Erbhöfe, die nur den Großen helfen, gegen den Beimischungszwang und andere Verordnungen. Aber allgemein wird gesagt, daß die Aeußerungen sehr zurückhaltend find.

Oder die Aeußerung eines deutschnationalen fleinen Kapi­talisten: Sehen Sie mal nun schon die Sammelbogen für die arbeitslose SA. Nur immer: Gebt, gebt, opfert. Da heißt es immer: der Mann hat ein Geschäft, der fann spenden. Wenn aber nichts einfommt und nichts mehr verdient wird mit dem Kram, dann muß ich doch sagen, es ist genug. Ich gebe nun nichts mehr, mir ist es gleich, es muß doch mal anders kommen, die Welt steht doch nicht still."

In Berlin- Tempelhof flebten eines Morgens Plakate über den Winterhilfsaushängen: Ha ben die Nazi­bonzen noch nicht genug?"

Auch bei den Intellektuellen wachsen fritische Stimmungen. Als ein Dozent eines Universitätsinstituts seine Antritt vorlesung hielt, wurde er, wie üblich, mit dem deutschen Gruß empfangen. Der Professor sagte daraufhin: " Ich begrüße den deutschen Gruß, weil er deutscher Gruß ist. Ich lehne ihn jedoch als Gruß einer Partei ab. Man muß zwar der NSDAP . allerlei Verdienste zuer­tennen, nichtsdestoweniger, ich fann einen Parteigruß nicht anerkennen und erwidern."

Bei Künstlern, Ingenieuren, Aerzten usw. ähnliche reser­vierte Stimmungen. Die Göbbelssche Kraft- durch- Freude"- Kulturpropaganda blieb vollständig wirkungslos in diesen Schichten.

Am heftigsten ist die Oppositionsstimmung in flerifalen Kreisen. Darüber ist aus dem Kirchenkonflikt Näheres be­fannt. Es kommt heute bereits vor, daß nicht nur fatholische Pfarrer, sondern auch Pastoren in überfüllten Kirchen Predigten halten, wo sie das Regime heftig angreifen. Man spreche von Frieden in der Welt und man habe nicht einmal den Frieden in Deutschland , noch weniger in der Wilhelmstraße.

Romantische Jugendkritik Bündische und andere Jugend

In der Hitlerjugend bildet sich immer mehr und mehr em oppositioneller Flügel heraus, der zwei Stüßpunkte hat. Die früher bündische Jugend", einen Teil der früheren bürger­lichen Jugend und die Jugend der katholischen Verbände. Diese bündische" Jugend steht bewußt im Gegensatz zu dem Kurse der Reichsjugendführung, der auf eine vollkommene Militarisierung der Jugend unter dem Kommando der HJ. hinausläuft. Hier handelt es sich noch nicht um eine organi­fierte Opposition, aber um eine innerlich verhältnismäßig feste Strömung, die der Ansah einer Gruppierung werden kann. Sie hat heute schon Ausläufer bis in die SS ., in der ein großer Teil der Führer aus der bündischen Jugend hervorgegangen ist. Man befindet sich im Stadium des Sich­suchens und Findens. Ausläufer gehen aus der Partei. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Amiswalter fommt aus dieser Gruppe.

In den Weihnachtstagen fanden verschiedentlich Tagungen von bündischen Gruppen statt, so beispielsweise im Harz, wo etwa 150 jüngere Männer und Frauen zu einer sogenannten Schulungswoche sich trafen. Ebenso gab es ein Treffen der schlesischen bündischen Jugendführer im Riesengebirge . Ihre Herkunft aus der deutschen Freischar, dem Pfadfinderbund, den Resten der freideutschen Jugend usw. fennzeichnet die Zusammensetzung. Das Treffen fand auf tschechischem Gebiet statt, illegal. Es wurde erklärt, daß beim Grenzübertritt, wenn Polizei und HJ. davon erführen, damit zu rechnen sei, daß scharf geschossen werde. Solche Treffen gab es auch in anderen Teilen des Reiches. Die bündischen Gruppen sind in die HJ. übernommen worden. Diese hat sie nicht verdaut. Sie bestehen weiter und richten neue Heime ein. Da die HJ. feinerlei Kräfte für die Jugenderziehungsarbeit hat und auch immer mehr bürokratisiert wird, hoffen die Bündischen, sie bald von innen her zu durchdringen. Im Jungvolf" soll es weitgehend erreicht sein. Die Führer der einzelnen Bünde erlangten doch zahlreiche Ober- und Unterbannführer- Posten. Eine klare Konzeption gibt es bei ihnen nicht. Sie be­jahen vollkommen die NSDAP., aber es geschieht mit jener romantischen Kritik, die der alten Jugendbewegung eigen war, und die sich jetzt unter dem Druck des zentralistischen und militaristischen Apparates verschärft. Es kann durch systematische Arbeit ein sozialistischer Flügel entwickelt werden.

Großbürgerliche Widerstände Opposition ohne Einheitlichkeit

Sie fonzentrieren sich um die Spitzen der stärksten In­dustrien und Konzerne und der Junker. Es ist bekannt, daß die Reichsführung nicht wirklich gleichgeschaltet ist. In den engeren Büros der Dorpmüller- Clique wird intrigiert und behauptet sich ein deutschnationaler Widerstand. Noch im Januar hat Dorpmüller den Hitlergruß in der Reichsbahn­

oppositionelle Bestrebungen, Widerstände in der Jugend, Re­serven der Großbourgeoisie, Widerstandsnester im Staats­apparat usw. sind feineswegs ein Ausdruck einer flassen= mäßig einheitlichen Differenzierung. Es überwiegen eng beschränfte reaktionäre Sonderinter= essen im Bündel dieser oppositionellen Strömungen, die eine einheitliche Zusammenfassung ihrem Wesen nach nicht erlauben. Es ist nicht die geringste Zusammenfassungsmöglichkeit vorhanden, da das Regime seinen Machtapparat immer stärker ausbaut, die zentrale Polizeigewalt auf das Reich ausdehnt, die Kernschichten seiner Miliz, der SA. und SS. qualifiziert und auch, wenn nicht den Begeisterungsrausch der ersten Flitterwochen, so doch eine allgemeine Sympathie breiter Massen für sich zu er­halten versteht.

Von besonderer Bedeutung ist dabei der Ausbau und der Umbau des bisherigen Bürgerkriegsapparates auf einen reinen Kriegsapparat.

Der Terror

Der legale Terror wird fortgesetzt. Im Januar gab es wieder Massenverhaftungen, Schreckensurteil- Serien, Hin­richtungen.

In den Konzentrationslagern und Staatsgefängnissen werden die Martern fortgesetzt. Neu ist der Versuch, Ent­laffungen und schonendere Behandlung als Prämie für fyfte matische Angebereien zu gewähren. Nach Mitteilungen ver­schiedener aus den Konzentrationslagern und Gefängnissen Entlassener wird jest nach entsprechender Vorbereitung solchen zu Entlassenden mitgeteilt, die Bedingung ihrer Frei­lassung sei, daß sie binnen vier Wochen einen bisher nicht gefaßten Staatsfeind namhaft machen und so ihre Loyalität beweisen. Entsprechende Versuche dieser Art wurden viel fach beobachtet und auch gelegentlich durchkreuzt.

Die Abschlachtung der illegalen Reichsspitze der KPD., der Genossen Schehr , Schwarz, Steinfurt , im Walde bei Potsdam steht nicht vereinzelt da, immer noch werden frühere Marristen verhaftet, gemartert, ein Teil verschwindet spur­los, ein anderer Teil taucht wieder auf und verweigert nach dem überstandenen Schrecken die Mitteilungen über das Erlebte.

Er erfolgen noch wilde Aktionen, aber feltener als in der ersten Zeit. Solche Aktionen haben meist Rachebedürfnisse, aber auch Sonkurrenzgründe gegen mißliebige Rivalen zur Ursache. So wird z. B. berichtet, daß Anfang des Jahres die Druckerei der Fuldaer Zeitung" zerstört wurde. Die Zerstörung ging folgendermaßen vor sich: Es fuhr ein Auto der Reichsführerschule aus Hersfeld vor. Ein Leiter des Lagers ist Sohn des Konkurrenzunternehmens der Fuldaer Zeitung". Die Männer zerstörten die Druckerei, SA . ging vorbei, ohne etwas zu bemerken. Der Besitzer, selbst in der SA. organisiert, wandte sich an die Fuldaer Poli­zei, die an die Gestapo in Kassel verwies. Diese verbot dem Befizzer zu reden und ersuchte ihn, aus Fulda zu ver­schwinden, da man dort für sein Leben nicht bürgen könne. Am nächsten Tage Auflauf vor der zerstörten Druckerei mit gemachtem Volkszorn und Schimpfreden gegen die schwarze Gefahr. Zwei Tage später wurde die Zeitung, die ohnedies nicht erscheinen fonnte, wegen Gefährdung der Ordnung ver­boten. Die Versicherungsaesellschaft Alliance zahlte sofort die gewünschte Versicherungssumme. Auf die Beschwerde bei der Berliner Gestapo des Besizers wurde der Führer der Hersfelder Schule nach Königsberg strafverseßt, die Zeitung blieb verboten.

Sehr häufig sind ießt aufgeregte Fahndungen nach Zer­segungsstellen in den Naziorganisationen. So wurde z. B. in Berlin - Pichtenberg ein Sturmlofal gefchloffen und der ganze Sturm festgenommen, weil angeblich Schießübungen nach einem Hitlerbild gemacht worden sein sollen.

In Hamburg gab es Massenverhaftungen, weil die Führer. diskreditierende Hitlerbilder in Umlauf gebracht haben follen. In Berlin wurde ein Plafat tonfisziert, da angeblich im Bild die Formel Tod der Hitlerjugend " in den Anfangs­buchstaben als Muster eingezeichnet gewesen sein sollen. Solche plötzlich auftauchende oit massenpsychotisch wirkende Alarmfälle mehren sich. Sie sind nur der Ausdruck des cäfaristischen Verfolgungswahnes der herrschenden Ufur­patorenschicht, noch fein Symptom wirklich um sich greifenden Verschwörertums dagegen.

Die Verhaftungen bei den verschiedenen illegalen Organt­sationen der alten Parteienreste und neuer Gruppen er­reichten im Januar nach einer Uebersicht mehrere tausend Fälle.

direktion abgeschafft. Aehnlich sind die Widerstände bei der Arbeitsdienst und Jugenderzichung

Spiße der J. G. Farben, bei Siemens und anderen großen Konzernen.

Vielfach suchen die Betriebsdirektoren Kontakt mit den

alten Vertrauensleuten aus der Zeit des demokratischen Re- Tolle Zustände 100 c

gimes zu halten. Im Reichslandstand werden die entlassenen deutschnationalen Leiter und Direktoren wiedergeholt. Stellenweise lehnen sie sabotierend die Wiederaufnahme der Arbeit ab. Von Teilen der Großbourgeoisie wird die mon­archistische Propaganda mit finanziert, jedoch ist die breite Gegenagitation des Regimes im Januar vor allem aus den Bedürfnissen der Ablenkung gegen die Widerstände, die das Arbeitsgesetz hervorgerufen hat, zu erklären. Immerhin gab es heftige Zusammenstöße mit dem monarchistischen Teil des alten Offiziersforps. Erinnert sei an die Vorfälle bei der Versammlung des Kyffhäuserbundes in Berlin . Die Ver= sammlung wurde von SA. gesprengt. Es tam zu heftigen Zusammenstößen und Schlägereien. Die Ereignisse führten zu Verstimmungen bei der Reichswehrspiße und zu einer Verstärkung der Stahlhelm- Oppofition, wo diese noch in ge­geschlossenen Kaders vorhanden ist, wie beispielsweise in Mitteldeutschland im Gebiet von Halle- Merseburg. Dort Herrschen dauernd große Spannungen zwischen SA. und Stahlhelm. Prügeleien, Grußverweigerung sind an der Tagesordnung.

Kleine Geschäftsleute in der Stadt sind auch stellenweise sehr aufgebracht. Seitdem wir die Hitlerregierung haben, ist es wie abgeschnitten mit dem Geschäft. Kein Mensch hat Geld. Unsere besten Kunden waren die besseren Arbeiter". Wenn mal einer Geburtstag hatte... heute fommt man her, fann nicht mehr als 50 Pfennig ausgeben. Kränze werden gar nicht mehr gekauft. Die Leute kommen und fragen: Wie teuer?" Und dann sagen sie: Nein, dann geb ich das Geld den Hinterbliebenen lieber so." Mein lieber Mann, wo sollen wir denn aber unsere Miete herbe­tommen? Was jagen Sie, es wird besser? Ich habe noch nichts gemerkt. Versteh die Leute nicht, die noch für Winter­Hilfe spenden. Alle Tage wird durch Radio angesagt, daß fonstwer Geld gestiftet habe. Sie sagen, wir sollen die Hoff- lichen, perfonellen und außenpolitischen Schwierigkeiten, nung nicht verlieren? Wir hoffen und hoffen, bis wir im Sarge liegen. Heute habe ich erst 1,50 Mart Kasse gemacht. Man setzt alles wieder zu Alles könnte in Gang fommen, wenn die hohen Zölle nicht wären, wenn die Arbeiter wieder verdienten, das ganze Arbeitsbeschaffungsprogramm ist ein Unfug. Es sieht ganz so aus, als wenn wir auf einen Krieg zusteuerten. Ich sage Ihnen, wir werden eine bitterböse Zeit durchmachen, der Herrgott möge uns beschützen. ( Typische Aeußerung eines fleinen Geschäftsmannes, wie man sie jetzt täglich überall hört.)

Reichswehroffiziere phantafieren von der baldigen Er­ledigung des Regimes, überschäßen sehr stark die wirtschaft­machen sich Allusionen über ein baldiges Abtreten des Natio= nalsozialismus und eine lebernahme der Regierung durch die Reichswehr und rechtsbürgerliche Kreise. Jedoch find diefe Strömungen troß der beftiaen Ronilifte mit dem Kyffhäuserbund und der vollständigen Liquidierung der felb­ständigen Stahlhelmorganisation eher schwächer als stärker

geworden.

Sehr wesentlich trägt dazu bei, daß das Regime immer zielbewußter und immer stärker die Vorbereitung seiner friegerischen Rüstungen betreibt, Kleinbürgerliche

h. b. Ueber die furchtbaren Zustände, die unter den beim sogenannten" reiwilligen Arbeitsdienst" beschäftigten Jugendlichen herrschen, geht uns aus Hamburg folgender Bericht zu:

Im Hamburger Staatsgebiet liegt die staatliche Siedlung Langenhorn . Diese Siedlung ist um geben von Moorgelände, welches vom Freiwilligen Arbeitsdienst " für ein Taschen­geld urbar gemacht werden soll. Die Jugendlichen, die dabei beschäftigt werden, sind 15 bis 20 Jahre alt. Das gezahlte Taichengeld ist derartig minimal, daß sich die jungen Leute auch das bescheidenste Vergnügen verfueifen müssen. Daher stürzten sie fich wie die Wilden auf die jungen Mädchen aus dem Orte. Bald wurde es ruchbar, daß selbst eine ganze Reihe der Allerjüngsten in geschlechtlichen Beziehungen zu diesen Mädchen standen. Die Folgen sind natürlich nicht aus­geblieben.

Von den Mädchen der nahen Siedlungsschule sollen sieben, die zu Ostern schulentlassen werden, schwanger gehen. Ein achtes, gleichaltriges Mädchen hat ein Kind geboren, für dessen Baterschaft nachweislich 18 Arbeitsdienstler in Frage kommen können.

Die Aufregung der Langenhorner Eltern und Erzieher ist natürlich sehr groß. Man läßt kein Mädchen mehr allein aus dem Hause gehen.

Not lehrt beten"

h. b. Nach einer langjährigen Pause wurde auf den Harz­gruben Bergwerkswohlfahrt und Hilfe Gottes in Bad Grund das sogenannte Montagsbeten wieder eingeführt. Dieses Montagsbeten, das früher von einem Vorbeter durchgeführt wurde, ist in der alten Form wieder aufgenommen worden.