Furcht vor der kommenden Revolution

Fortseßung von der ersten Seite

dern sie zu der vorher stets angekündigten antifapita listischen weitertreiben will. Man ist empört, daß in den fünfzehn Monaten des dritten Reiches" weder die Macht des Kapitals gebrochen, noch das gesellschaftliche Gesicht des Landes wesentlich verändert worden ist. Dazu fommt gerade bei den militanten Vorfämpfern die schwere Enttäuschung ihrer Erwartung, nach Jahren der Verfolgung, teilweise selbst des Pensionsentzuges für ihre Verdienste mit höheren Stellen in der Reichswehr   belohnt zu werden.

Währer ie Bürogeneräle" all die Zeit sich von der Re: publik bezahlen ließen, während der nun auch zum General gewordene Göring in den Jahren der Kämpfe in Ober: schlesien  , Bayern  , im Ruhrgebiet  , in Hamburg  , Bremen  , Sachsen  , in Schweden   war, blieben die Freikorpsführer unter Druck.

Sie alle, wie Kapitän Ehrhardt- der noch am meisten gleichgeschaltet ist Stegemann, v. Pfeffer- Salomon, Bischoff, Papst, Heydebreck usw. stehen nun abseits, sind höchstens, mie Paul Schulz  , mit Aufseherposten im Luft­schutz oder bei SA.- Reserven abgespeist und erwarten von dem Siea einer zweiten Revolution die Erfüllung ihrer Hoffnungen. Zugleich mit diesen Vorfämpfern sympathi­sieren die literarischen Wortführer Brüder Jünger, Schauwecker, Reck- Malleczewen u. a. mit dem antikapitalistischen Drängen.

Gerade die Volkstümlichkeit von Paul Schulz   dürfte auf ihn als den zuerst zu Verhaftenden hingewiesen haben. Da­mit will die kapitalistische Richtung Schmidt- Thyssen­Göring der Opposition zeigen, daß sie auch vor der Un­schädlichmachung eines der um die Partei verdientesten Männer nicht zurückschreckt. Diese Verhaftung soll die

Unzerreißbares französich- polnisches Bündnis"

Eine Erklärung Pilsudskis

DNB. Paris  , 24. April. Der zweite Tag, den Außen­minister Barthou   in Warschau   zubrachte, hat nach dem Urteil der französischen   Sonderberichterstatter den ersten günstigen Eindruck noch verstärkt. Marschall Pilsudski, so schreibt der Havas vertreter, habe zweifellos dem französischen  Außenminister das Urteil Becks über die Notwendigkeit der Unzerreißbarkeit der Beziehungen zwischen Paris   und Warschau   bestätigt. Polen   habe sich bemüht, seine Be­ziehungen zu seinen unmittelbaren Nachbarn zu bessern. Des­halb habe es zunächst mit Sowjetrußland verhandelt und fürzlich mit dem nationalsozialistischen Deutschland   ein Ab­fommen abgeschlossen. Aber die Unabhängigkeit seiner Politik werde durch diese Initiative in keiner Weise berührt. Die polnische Oeffentlichkeit habe es in letzter Zeit gewiß nicht an Kritik am Völkerbund fehlen lassen, aber die führen­der Kreise würden anscheinend nicht so weit sehen, sich vom Völkerbund zurückzuziehen.

" Petit Parisien" und" Deuvre" lassen sich von ihren Sonderberichterstattern melden, Marschall Pilsudski habe so­gar die Versicherung gegeben, daß das deutsch  - polnische Ab­fommen feine Geheimflauseln enthalte und seit seinem Abschluß feine politische oder diplomatische Verhand lungen zwischen den beiden Ländern stattgefunden hätten. Der Marschall habe- so das Deuvre"- mit einer gewissen Ironie durchblicken lassen, daß Frankreichs   feste Haltung Deutschland   gegenüber nur zwangsläufig vorübergehend sein würde". In der Umgebung Pilsudskis   mache man fein Hehl daraus, daß man nicht geneigt sei, noch weiteren An­schluß an Rußland   zu suchen. Dabei sprächen nicht etwa ge= fühlsmäßige Erwägungen mit, sondern der Marschall glaube nicht an die Stärke und an die Dauer Sowjetrußlands. Herriots Ere Nouvelle" schreibt u. a.: Die Beständigkeit der französischen   Außenpolitik, der Friedenspolitik, fann als ge­sichert gelten.

Die Rüstungskrisc

707

ganze unerwünschte Richtung einschüchtern. In seiner Französischer Vorstoß in Geni- Ein deutscher   Spezialbeauftragter

Rede r den Diplomaten und Auslandsjournalisten hat Röhm sehr scharf antikapitalistisch gesprochen. Er und natürlich Göbbels   merken, wie der Wind geht, und werden sich beeilen, den Anschluß nicht zu versäumen."

*

Oberleutnant Schulz ist einer der Gründer und Führer der schwarzen Reichswehr  " gewesen. Neben dem jezigen Polizeipräsidenten Heines, dem Feldwebel Klapproth ist er am häufigsten als Fememörder genannt worden. Jm Gegensatz zu Heines, der sich rasch an die Futterkrippe drängte, ist aber Paul Schulz   im britten Reich" nicht zu Amt und Würden gelangt. Deffentlich aufgetreten ist er im letzten Jahre nur im Reichstagsbrandprozeß, wo er verhört wurde, weil er im Braunbuch als einer der Teil­nehmer an der Reichstagsbrandstiftung beschuldigt worden

war.

Seine Verhaftung zeigt, wie ernst die Rebellenstimmung in den Reihen der alten Vorkämpfer des Nationals sozialismus gediehen ist, soweit sie nicht durch öffentliche Aemter oder durch hohe Parteistellen saturiert werden konnten.

66

Ich ersuche Sie...."

Berlin  , 23. April.  ( Jnpreß.) Ueber die Methode, wie in Hitlerdeutschland die Begeisterung fommandiert wird, gibt cin Zirkular Aufschluß, das die SA. in Berlin   verbreitete: Sehr geehrter Volksgenosse! Am 30. Januar wurde all­gemein vermerkt, daß Sie feine Hafenkreuzfahne heraus­gehängt haben... Ich ersuche Sie, daß Sie Ihren Entschluß, eine Hafenfreuzfahne zu kaufen, so schleunigst wie möglich zur Ausführung bringen, da sonst die Gefahr besteht, daß Sie es wieder vergessen. Bei der nächsten Gelegenheit hoffe ich, auch bei Ihnen eine Flagge zu sehen." Dazu kommen noch Aufrufe, die wie folgt drohen: Wenn Beamte oder Per­sonen, die in Reichs- oder öffentlichen Diensten stehen, ihre Volksverbundenheit nicht finden können und der Aufforde­rung der Regierung( zum Flaggen) nicht nachkommen wollen, dann ist es bald an der Zeit, sich mit diesen Personen zu be­schäftigen."

Ausschluß und Amtsenthebung

Regensburg  , 23. April. Wie die Bayerische Ostwacht" mit­teilt, ist dem Tagblatt" in Abensberg   eine amtliche Auf­lagenachricht zugegangen, wonach der Verleger Joseph Kral von Abensberg   wegen parteischädigenden Verhaltens mit sofortiger Wirksamkeit aus der NSDAP  . ausgeschlossen wurde. Außerdem wurde Kral durch Anordnung des Be­zirksamts seines Amtes als Erster Bürgermeister enthoben.

3 Jahre Gefängnis

Für eine Randbemerkung

Das Sondergericht in Braunschweig   verurteilte den Redakteur des früheren sozialdemokratischen Volksfreundes" und früheren sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Otto Thielemann   zu drei Jahren Gefängnis. Thielemann, der sich seit dem vorigen Jahr in Schubhaft befand, hatte sich aus der Strafanstaltsbücherei ein Buch ent­liehen und darin einen auf 1918 gemünzten Satz mit einer Randbemerkung versehen, die sich auf die heutige Zeit bezog. In der Verhandlung erklärte er, er habe damit die Reichsregierung nicht gemeint. Der Zusag bezöge sich lediglich auf die Rechtsblätter, die die Sozialdemokratie für den Zusammenbruch der Front im Jahre 1918 verantwortlich gemacht hätten. In der Urteils begründung führte das Gericht aus, es bestehe kein Zweifel, daß der Angeklagte mit seiner Randbemerfung die national­fozialistische Regierung und die Parteistellen der NSDAP  .

London  , 24. April. Der diplomatische Korrespondent des Joachim von Ribbentrop  

" Daily Herald" schreibt zu der von Henderson vorgeschla­genen Verschiebung der Zusammenfunft des Präsidiums der Abrüstungskonferenz, daß die Anullierung der Sizung vom 30. April selbstverständlich sei, nachdem die französische   Regie­rung die unmittelbaren Verhandlungen so schroff abge­brochen habe. Denn die Aufgabe des Präsidiums sei aus­schließlich gewesen, den Fortschritt dieser Verhandlungen zu prüfen. Es sei fetzt wahrscheinlich, daß die französische   Ab­

ordnung bei Zusammentritt des allgemeinen Ausschusses eine Erörterung der Frage der deutschen   Aufrüstung beantragen werde. Es verlaute, daß das französische   Außenministerium eine Erklärung für den Ausschuß vorbereitet habe, in der Beweismaterial für eine ausgedehnte deutsche   Aufrüstung seit mehreren Jahren gegeben werde. Die Franzosen beab­sichtigten, den Ausschuß aufzufordern, die ganze Lage der Konferenz neu zu erwägen und zu beschließen, daß der Frage der europäischen Sicherheit" angesichts der Aufrüstung Deutschlands   der Vorrang vor jeder Abrüstungserörterung gebühre. Barthou   bemühe sich in Waschau, die restlose Unter­stützung des französischen   Standpunktes durch Polen   sicher­austellen.

London  , 24. April. Zum Londoner   Aufenthalt des italie­nischen Unterstaatssekretärs Suvich sagt der diplomatische Korrespondent der Morning Post": In der Abrüstungs­frage plant gegenwärtig weder die britische noch die italie­nische Regierung einen neuen Schritt. Die Franzosen wollten nichts mehr von Verhandlungen außerhalb Genf   wissen.

Berlin  , 23. April 1934. Der Reichspräsident hat Herrn Joachim von Ribbentrop  zum Beauftragten für Abrüstungsfragen er nannt.

Damit tritt einer aus dem Herrenklub in das Licht der Deffentlichkeit, nachdem er seit Jahren aus der Kulisse Poli­tif gemacht hat. Ihm wird nachgerühmt, daß er die Be­gegnung zwischen Adolf Hitler   und von Papen An­fang Januar 1933 im Hause des Bankiers von Schröder zu­stande gebracht hat. Die Reichsregierung läßt betonen, daß mit der Beauftragung Herrn von Ribbentrops durch den Reichspräsidenten feinerlei Aenderung oder neue Wendung in der deutschen   Abrüstungspolitik eintreten werde. Ribben­ trop  , der aus seiner früheren kaufmännischen Tätigkeit große ausländische Beziehungen befißt, solle neue Wege außerhalb des üblichen diplomatischen Ver­fahrens in der Abrüstungsfrage suchen.

DNB. London  , 24. April. Die Ernennung des Herrn von Ribbentrop zum Beauftragten für Abrüstungsfragen wird von verschiedenen Blättern als überraschend bezeichnet. Der Berliner   Times"-Korrespondent sagt, Herr von Ribbentrop sei neuerdings viel gereist und habe sich häufig in London  , Paris   und anderen Städten gezeigt, wo er mit Politikern, Diplomaten und anderen Persönlichkeiten Unterredungen gehabt hatte. In der Daily Mail" heißt es, die Ernennung jei etwas ungewöhnlich, aber es werde vermutet, daß Hitler  es vielleicht als notwendig empfinde, abgesehen von den amtlichen diplomatischen Wegen, auch eine selbständige Ber­bindung mit den ausländischen Staatsmännern zu haben. Der Berliner   Korrespondent des News Chronicle" spricht von einer großen Ueberraschung und von der Möglichkeit, daß der Reichskanzler versuchen werde, durch von Ribbentrop die Stockung in den Abrüstungsverhandlungen zu beseitigen.

Bomben in Salzburg  

Gerichtet gegen Fey- Vier Schwerverletzte Wien  , den 23, April 1934.

Wie erst jetzt bekannt wird, ereignete sich am Samstag im Salzburger   Festspielhaus bei einer Heimwehrversammlung, in der Vizekanzler Fey sprechen sollte und erst im letzten Augenblick durch den zweiten Bizebürgermeister von Wien  , den Heimwehrführer Lahr  , ersetzt worden war, ein Nazi­Sprengstoffanschlag. Als Lahr   das Wort ergriff, explodierte ein offenbar in einer Blumenvase auf der Brüstung ver­borgener Sprengkörper, der große Verheerungen anrichtete. Vier Personen wurden schwer, eine Anzahl andere leicht ver­letzt. Von den Wiener   Blättern berichtet nur die Neue Freie Presse" am Montagabend von dem Anschlag.

Wir erfahren über den Anschlag noch folgendes: Während der Rede Lahrs blizzte plötzlich auf der Bühne, von der der Redner sprach, und auf der auch Heimwehrleute standen, ein rotes Feuer auf, das bis in den Orchesterraum vorschlug, in dem sich eine Alpenjägertapelle befand. Zugleich hüllten schwarze Schwaden die ganze Bühne ein. Als sich der Qualm verzog, sah man, daß auf der Bühne meterlange Holztrüm­mer umber! n, untermischt mit Gips- und Mörtelteilen, die offenbar von der Hülle des Sprengkörpers herstammten. Drei Heimatscüßler, die sich dem Explosionsherd am nächsten befunden hatten, mußten schwerverletzt ins Kranken­haus gebracht werden. Auch der Kapellmeister hat schwere Verlegungen erlitten. Die Explosion ereignete fich in d m Augenblick, als Vizekanzler Fey, der im letzten Augenblick

gemeint habe. Es sei eine Unverfrorenheit erster Ordnung, Verboten

dak Thielemann troß seiner Schutzhaft seine staatsfeindliche Tatigfeit noch fortgesetzt habe.

Präses ins Gefängnis

Der Bezirkspräses der Katholischen Arbeitervereine   und frühere Landtagsabgeordnete Johann Lohr hatte im April vorigen Jahres in einer geschlossenen Versammlung der Vorstände der Münchener fatholischen Arbeitervereine ,, unwahre und abträgliche Aeußerungen gegenüber den Maß­nahmen der Regierung geäußert, die geeignet waren, das Ansehen der Reichsregierung schwer zu schädigen". Lohr   er­hielt seinerzeit einen Strafbefehl über 150 Mart an Stelle einer verwirften Gefängnisstrafe von 10 Tagen. Da der Präses hiergegen Einspruch einlegte, fam die Sache vor das Strafgericht München- Au. Das Gericht erkannte auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat; der Staatsanwalt hatte zwei Monate Gefängnis beantragt.

München  , 28. April. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit hat die Polizeidirektion München das Tragen von einheitlicher Aleidung, von uni­formähnlichen Bekleidungsstücken sowie von Abzeichen, durch die die Zugehörigkeit zu einer katholischen Jugend- oder Jungmänner- Organisation zum Ausdruck gebracht wird, ver­boten. Zuwiderhandlungen werden mit Haft bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft. Das Verbot tritt sofort in Kraft.

Berlin  , 23. April. Die Vorführung des amerikanischen Films Männer um eine Frau", der schon einige Zeit in Ber­ liner   Filmtheatern gelaufen ist, ist jetzt von der Filmober. prüfstelle endgültig verboten worden. Es handelt sich um einen Film, in dem neben Garnera und Dempsey auch der jüdische Boger May Baer als Hauptdarsteller auf tritt.

abgesagt hatte, hätte sprechen sollen. Bei der sofortigen Unter­suchung durch die Kriminalpolizei wurde ein fast völlig zer­störtes Uhrwerk gefunden.

Wien  , 23. April( Inpreß). Die fürzliche Frauendemon­stration vor dem Bezirksgericht in Knittelfeld  ( Steiermark  ) bat zur Entlassung von 25 Schutzbündlern geführt. In den letzten Tagen erfolgten neue große Frauendemonstrationen in Wiener- Neustadt  , die ebenfalls die Entlassung der poli­tischen Gefangenen forderten.

Wien  , 23. April( Inpreß). Ueber die Zustände in dem Gefängnis St. Pölten  , in dem nach Pressemeldungen fürz­lich eine Revolte ausbrach, teilt ein soeben entlassener Schutzbündler mit: In Wilhelmsburg   allein wurden nach der Niederwerfuna des Februaraufstandes über hundert Arbeiter verhaftet, wovon sich heute noch 52 im Kreisgefäng­nis St. Pölten   befinden. Während des Verhörs wurden die Gefangenen von der Gendarmerie blutig geschlagen und fürchterlich mißhandelt. Viele mußten tagelang ohne Essen und aus vielen Wunden blutend, in einem falten Raum zubringen. Man schlug die Gefangenen beim Verhör mit einem daumendicken Rohrstock und mit einem Gummi­fnüppel zehn- bis zwanzigmal auf die Außenflächen der Hände; hatten sie nicht gestanden", so wurden sie auf einen Tisch geworfen, mit Riemen feitgeschnallt und mit Gummi­fnüppeln traftiert. Oft bekamen die Schußbündler bis zu hundert Hieben."

Das Neueste

Der Abgeordnete Vienot hat dem Ministerpräsidenten Doumergue   mitgeteilt, daß er als Vertreter Frankreichs  auf der Abrüftungskonferenz zurüdtrete.

Anläßlich eines Besuches des füdfranzöfifchen Kriegshafens Toulon   hat Kriegsminister Pietry erklärt, er beabsichtige, dir Verteidigungsanlagen des Kriegshafens weiter auszubaue auch halte er eine Modernisierung der franzöfifchen Hotte f notwendig.

Ans Preßburg   wird gemeldet: Bei einem Brande in Bab im Komitat Arva wurden 180 Hänser vernichtet. Drei Menschen fielen den Flammen zum Opfer.

Aus dem Bergwert Senige bei Serajewo find bisher 109 Leichen geborgen worden.

Der internationale Expreßang Loredo- MeritoiStadt ist entgleift. Elf Reisende wurden schwer, 26 leicht verlegt. In Aintichau ist ein Militärzug entgleist. Nach den bisher vorliegenden Meldungen wurden 29 mandschurische Soldaten getötet.