Unter Zwang!

London  , 4. Mai.  ( Inpreß.) Der Berliner   Korrespondent des Daily Expreß  " meldet seinem Blatt, daß der Mai- Auf­marsch der zwei Millionen ein anderes Aussehen habe, wenn

Racheprozeß für Horst Wessel  

man hinter die Szene blicke. Während im vorigen Jahr die Köpfe müssen rollen

Menge, erfüllt von neuer Hoffnung, sich aus freiem Willen versammelte, war es diesmal notwendig, sie zu dem Aufmarsch zu zwingen. Einige Firmen fündigen an, daß jene, die an dem Aufmarsch nicht teilnahmen, ür den 1. Mai ihren Lohn nicht gezahlt bekommen; andere, daß die Fehlenden entlassen werden."

Die Berliner   Handgranate

Und andere Geschehnisse

Berlin  , 4. Mai. Das Verbot der Grünen Post" auf drei Monate gilt allgemein, wenn es nicht abgekürzt wird, als das Ende dieser Wochenschrift und als ein vernichtender Hieb gegen den Ullstein- Verlag. Der Hauptschriftleiter der Grünen Post", Ehm Welt, ist festgenom men und in ein Konzentrationslager ge= bracht worden.

Die im Auslande verbreiteten Meldungen, daß Ernst Heilmann   und Leuschner frei seien, werden hier nicht geglaubt. Beide sozialdemokratischen Führer sind noch ein­gesperrt.

Der Handgranaten- Anschlag gegen den Berliner   Gruppen­führer Ernst am 21. März Unter den Linden ist noch immer nicht aufgeklärt und eine neue amtliche Meldung verdichtet noch das Dunkel. Es wird nämlich bekannt gegeben, daß es sich überhaupt nicht um einen Terrorakt, sondern um einen harmlosen Vorgang handele. Die Handgranate sei von einem Wirrfopf" geworfen, der keine Mitschuldigen habe. Aller­dings sei er kommunistisch verheßt. Und wegen dieser Harm­losigkeit waren 30 000 Mark Belohnung ausgesetzt! Und man läßt sich die Gelegenheit entgehen, dieses Attentat als neuen Beweis für die Mordwut des asiatischen Bolschewismus" auszuwerten!

Berlin  , 4. Mai. Die Ermordung Horst Wessels wird, wie schon angekündigt, erneut die Gerichte beschäftigen. Die Staatsanwaltschaft hat nunmehr Anflage wegen gemeinschaftlichen Mordes gegen die Mittäter der Horst- Weffel- Mörder, den 31jährigen Peter Stoll, den 27jährigen Sally Epstein   und den 32jährigen, 13mal vorbestraften Hans Ziegler   erhoben.

Wie mitgeteilt wird, waren die Ermittlungen nach den Mittätern um so schwieriger und zeitraubender, als die im ersten Verfahren abgeurteilten Täter aus Angst, erneut Fe­langt zu werden, in ihren Aussagen sehr zurück­haltend waren und versuchten, die Tateinzelheiten zu ver­schleiern. Ferner wurde die Aufklärung auch dadurch erheb­lich erschwert, daß die Genauigkeit der Zeugenaussagen in­folge der Länge der inzwischen verflossenen 3eit in bezug auf verschiedene Einzelheiten stark beeinträch tigt ist und daß der seinerzeit zu sechs Jahren und einem Monat Zuchthaus   verurteilte Haupttäter Albrecht Höh= ler während der Strafhaft verstorben ist( d. h. im Keller ermordet worden ist. Red. d. D. F.). Von den im ersten Prozeß Verurteilten haben inzwischen die Brüder Walter, Max und Willi Jambrowski, Walter Junek und die frühere Wirtin Horst Wessels, Frau Salm, ihre Straftaten verbüßt. Max Jambrowski und Frau Salm wurden 1933 in ein Konzentrationslager gebracht. Jezt befinden sich noch die damaligen Angeklagten Rückert, der sechs Jahre und einen Monat Zuchthaus erhalten hatte, und Josef Kan­

dulski, der zu fünf Jahren und einem Monat Zuchthaus ver­urteilt worden war, Die Brüder in Strafhaft. Jambrowski und Frau Salm sind noch in Schutzhaft. Wie erinnerlich, wurde Horst Wessel   am Abend des 14. Januar 1930 in seiner Wohnung bei der Witwe Salm in der Großen Frankfurter Straße von Mitgliedern der Bereit­schaft 2 der Sturmabteilung Mitte, einer getarnten Fort­setzung des Roten Frontfämpferbundes", überfallen und ermordet. Höhler hatte aus seiner Wohnung eine Parabellumpistole mitgebracht und sich zusammen mit 10 bis 12 Mann, unter denen sich die jetzt Angeklagten Stoll, Epstein und Ziegler befanden, zur Wohnung Horst Wessels begeben. Höhler, Rückert, Jambrowski und Kandulski waren nach oben gegangen und im gleichen Augenblick als Horst Weffel auf Klopfen hin seine Tür geöffnet hatte, hatte Höhler den Todesschuß auf Wessel abgegeben.

Die Anklage wirft den jetzt Angeklagten vor, daß sie be­wußt und gewollt mit den Haupttätern zusammen­gearbeitet hätten. Epstein habe unmittelbar am Aus­gang des Mordhauses gestanden. Der Einwand von Zregler, er sei vor dem Schuß fortgelaufen, sei nach Auf­fassung der Staatsanwaltschaft unglaubwürdig. Alle Beteiligten hätten sich über die Folgen des Ueberfalls flar sein müssen und sie hätten auch zweifellos gewußt, daß die Täter Waffen mit sich führten. Daher sei gegen Stoll, Epstein und Ziegler Anklage wegen gemeinschaftlichen Mordes erhoben worden.

Feldpolizei gegen SA  .

Hier sind Geheimnisse, die zu verhüllen aller Grund vor- Unbotmässigkeit im Reiche des Mörders Heines liegen dürfte.

Ueber den Attentäter wird berichtet:

" Schulze ist ein hochgradig nervöser, den stärksten Stim mungsschwankungen unterworfener Mensch, dessen Ueber reiztheit einem ihm vor zwei Jahren behandelnden Arzt da= mals den Gedanken nahebrachte, seiner Frau seine vorüber­gehende Unterbringung in einer Irrenanstalt anzu­raten. Politisch aktiv betätigt hat sich Schulze, der früher jahrelang ein tätiges Mitglied der KPD.   gewesen ist, seit der nationalen Erhebung nicht mehr. Er hat aber in vertrauten Kreisen durch bis zum Ueberdruß der Zuhörer vorgebrachte fommunistische Reden erkennen lassen, daß er innerlich auch jezt noch kommunist ist."

Und wegen dieses angeblich Halbverrückten wird den füh renden Beamten wie folgt hohes Lob gespendet: Der Polizeipräsident von Levezom hat dem Leiter der von ihm bestellten Sonderfommission zur Ermittlung des Sprengstoff­unternehmens Unter den Vinden, Regierungsrat Lieber­ mann von Sonnenberg  , und seinem bewährten Mit­arbeiter Kriminaldirektor Trettin, seine vollste A ner= fennung zum Ausdruck gebracht für die hervorragende friminalistische Arbeit bei Ermittlung des Täters."

Geburt im Kerker Frauenschicksal in Deutschland  

Seit Mitte September 1933 befindet sich die antifaschistische Arbeiterin Fanny Blank im Frauengefängnis Eich a ch in Bayern  . Sie wurde bereits in schwangerem Zustande ver­haftet und in eine dunkle 3elle gesperrt. Die illegale Rote Hilfe Deutschlands   berichtet, daß diese junge Arbeiterin nun­mehr am 24. Februar 1934 im Rerker ein Mädchen geboren hat. Fanny Blank tann außer ihrer politischen Ueberzeugung feinerlei Delift vorgeworfen werden. Das weiß die Behörde auch ganz genau, denn bisher ist der Verhafteten noch keinerlei Anklagefchrift zugestellt worden. Einzig und allein ihre aufrechte antifaschistische Gesinnung ist der Grund, sie weiter im Gefängnis zu lassen und sie trotz der Geburt ihres Kindes zu martern. Die illegale Rote Hilfe Deutschlands  appelliert an die Weltöffentlichkeit, gegen diese Kulturschande Sturm zu laufen. Protestiert gegen diese Barbarei. Rettet Fanny Blank und ihr Kind. Befreit sie aus dem faschistischen Kerfer!

Eine dunkle Affäre

Die Enthüllungen über den Obersten Norris

Die Pariser   ,, Liberté" schreibt:

Die Informationen, welche die ,, Liberté" vorgestern über die Finanzaktionen des Obersten Norris veröffentlicht hat, haben ein starkes Echo gefunden. Wir haben den Beweis in den Erklärungen, welche uns die Agenturen übermitteln und die einerseits von Oberst Norris selbst, andererseits von der deutschen   Regierung kommen.

Die wirre Verteidigung Wreszynskis.

Man meldet aus London  , daß der Berichterstatter des News Chronicle" den Obersten interviewt habe, der gegen die Indiskretion der französischen   Presse protestierte. Sein Mitarbeiter Wreszynski, der Generaldirektor der, Union  Bancaire Continentale" in Paris  , gewährte gleichfalls ein Interview und erklärte wörtlich:

,, Es ist etwa zwei Jahre her, seit der Oberst Norris und ich eine Methode gefunden haben, die deutschen   Kredite ,, aufzubauen". Oberst Norris war nach dem Kriege Lega­tionsrat der alliierten Regierungen und hatte in Europa  große Beziehungen. Seine Erfahrungen und diese Bezie­hungen, ergänzt durch meine Kenntnis des Finanzwesens, erlaubten es uns, riesige Geschäfte zu machen. Kunden baten uns, nach New York   zu kommen, und wir halfen amerikanischen Geschäftsleuten, die im Besit deutscher  Guthaben und Papiere waren, bessere Bedingungen als die üblichen zu erhalten.

Oberst Norris hatte weder Guthaben noch Bons. Er war nur der Treuhänder der Ansprüche seiner Klienten, die ihn nach einer bestimmten Frist für seine Tätigkeit be. zahlten. Unser Vorgehen war in keiner Weise unkorrekt; schließlich konnten wir keine Geschäfte ohne die offizielle Autorisation der deutsche nRegierung abschließen."

Wie die United Preß" erfährt, soll eine umfangreiche Reorganisation inerhalb der SA.  - Führung im Gange sein. Danach werde der Obergruppenführer Heines

der ostoberschlesischen Hitler- Jugend   aufgelöst worden ist, ein bedeutsames Licht.

in Zukunft nur noch das kommando in Oberschle Selbstmord eines SS.  - Führers

sien innehaben, während er bisher der oberste Führer der gesamten Ostprovinzen gewesen war. Im Zusammenhang mit diesen Gerüchten ist es interessant, daß am Sonntag in Breslau   eine neue Gliederung der SA.  , das schlesische Feldjägerkorps, vereidigt worden ist. Die Feldjäger sollen nach der nationalsozialistischen Schlesischen Tages­zeitung" überall eingesetzt werden, wo die Angehörigen von SA., SS.   und der Hitler- Jugend   den Augen ihrer unmittel­baren Vorgesetzten entzogen seien. Sie sollen das Kon= trollrecht über alle Personen haben, die entweder in Uniform sind oder nationalsozialistische Abzeichen tragen. Die Feldjäger sind zu vorläufigen Festnahmen berechtigt und können auch auf Anordnung der Polizei in den Orb Aus Nahrungssorgen

Berlin  , 3. Mai. Der frühere Polizeipräsident von Stettin  , Engel, der gleichzeitig den Rang eines SS.- Oberführers bekleidete, hat sich durch Selbstmord einer schwebenden Straf­untersuchung entzogen. Engel war von seinem Posten ab­gesetzt worden, nachdem Generalfeldmarschall v. Mackensen fich bei Göring   über die Gefangenenmißhandlun gen im privaten Konzentrationslager von Bredow bei Stettin   beschwert hatte. In der Folge wurde Engel ver= haftet und in das Untersuchungsgefängnis Berlin- Moabit übergeführt. Dort hat er sich nun in seiner Zelle erhängt.

Ord­

nungsdienst eingesetzt werden. Bemerkenswert ist, daß das Feldjägerkorps eine besondere Uniform trägt und un­mittelbar der obersten SA.  - Führung untersteht. Auf die Zu­stände, die anscheinend innerhalb der SA.   in Oberschlesien  herrschen, wirft die Tatsache, daß die Ortsgruppe Königshütte

Das Neueste

Times" zufolge besteht die aus Aden zum Schuße der britischen Belange in Hodeida abgesandte Verstärkung aus acht Militärflugzeugca und 4) bewaffreten Polizisten.

Am Donnerstag wurde das Gebiet von Wollendorf and Gönnersdorf auf der rechten Rheinieite unterhalb Renwies von einer Windhose heimgesucht. Das Dach der Turns halle und viele Wohnhäuser in Gönnersdorf   wurden ab= gedeckt. Von der Berghöhe senkte sich der Wirbel ins Rhein­tal und verwandelte sich über dem Fluz in eine Wafferhofe. Gewaltige Woflermengen wurden etwa 200 Meter in die uit geschleudert.

Der portugiesische Kolonialminister erklärte dem Renter vertreter in Lissabon  , daß die Nachricht von einem Plan, fünf Millionen Juden in Angola   in West= afrifa anzusiedeln, jeder Grundlage entbehre.

Unruhe in Berlin  .

Die Agentur Havas   erhält aus Berlin   folgende Mitteilung: ,, In offiziellen deutschen   Kreisen macht sich eine große Beunruhigung über die geheimnisvolle Affaire einer Börsenspekulation bemerkbar, die von einer rätselhaften Persönlichkeit, angeblich einem englischen Oberst namens Norris, durchgeführt wurde. Die Affaire läuft seit zwei Monaten, ohne daß irgend jemand weiß, um was es sich im Grunde handelt.

man

Oberst Norris hätte zu angeblich recht ungünstigen Kursen für Riesensummen deutsche Werte gekauft spricht von einer Million Pfund Sterling- und man weiß nicht, welche Zwecke er damit verfolgt. Man behauptet, es handle sich um eine Aktion von großem Ausmaß, die unternommen worden sei, um das Vermögen reicher jüdischer Familien aus Deutschland   herauszubekommen. Man findet schwerlich eine Erklärung für die Erleichterun­gen, die Oberst Norris gewährt worden seien und man be­hauptet, daß er sich in Deutschland   außerordentlich ein­flußreicher Protektionen erfreut habe.

Der Reichspropagandaminister Josef Göbbels   hält es heute für notwendig, zu erklären, daß er keinerlei Be­ziehungen zu dem Oberst Norris unterhalten habe, und daß er ihm weder irgendwelche Versprechungen gemacht noch ihm eine Unterstügung gewährt habe.

Das offizielle Communiqué beschränkt sich übrigens dar­auf, festzustellen, daß man sich sowohl in Deutschland   wie auch im Ausland fragt, was hinter dieser geheimnisvollen Angelegenheit stecken kann."

Die Antwort des Wortführers des Obersten Norris sollte uns nicht täuschen.

Denn eine Möglichkeit gibt es nur: Entweder hat ihm die deutsche Regierung die notwendigen Vollmachten gegeben, die Riesengeschäfte" durchzuführen, die man heute zugibt; oder die deutsche Regierung hat keinerlei Vollmachten ge­

Wie wir aus Oberschlesien   vernehmen, hat der frühere sozialdemokratische Polizeipräsident von Oppeln  . Ostrowski, zusammen mit seiner Frau aus Nahrungssorgen Selbstmord begangen.

Die portugiesische Regierung werde niemals Massenansied lungen in Erwägung ziehen. Dagegen werde sie Einzel­personen, die in Angola   oder einer anderen portugiesischen Kolonialbefizung einzuwandern wünschen, jede Erleichterung gewähren.

Riesenfeuer Riesenfeuer in Brooklyn  

DNB. Neuyort, 4. Mai. Im Dock der Barber Dampf­schiffahrtsgesellschaft in Booklyn brach am Donnerstag­abend ein Brand aus, der sehr schnell um sich griff und schließlich zu dem größten Feuer seit 20 Jahren in Brookin anwuchs. Der Feuerwehr, die auch mit Löschbouren anructe, war es nur nach großen Anstrengungen möglich, eine Aus dehnung des Brandes zu verhüten. Vier Ve: sonen fainen in den Flammen um, zwölf Feuerwehrleute wurden veclezt. Des Tock ist völlig ausgebrannt.

geben, und man muß sich dann fragen, wie Oberst Norris die ,, Riesengeschäfte" durchführen konnte, die ebendoch ge­tätigt worden sind.

Die wirre Erklärung der deutschen   Reichsregierung ist wenig befriedigend.

Es erscheint uns also unerläßlich, folgende Fragen zu stellen:

I. Für Rechnung welches Industrie- oder Bankenkonsor­tiums hat Oberst Norris mit einem Agio Börsenpapiere ge­kauft? Und warum wurden diese Käufe der deutschen   Wert­papiere getätigt?

II. Hat Oberst Norris nicht, grade wie es Kreuger liebte, deutsche Wertpapiere im Ausland und vor allem in Paris  ,, aufgeblasen", um mit fremden Spargeldern nach dem klassi­schen Vorbild eines geheimnisvollen Verkaufssyndikats Kreditgeschäfte zu tätigen?

Kreditgeschäfte, die einmal die Durchführung eines Han­delsdumpings erlauben und die es weiter gestatten, einen gemeinsamen Fonds zum Ankauf von Rohstoffen, chemischen Produkten oder Waffen zu schaffen.

III. Wiederholt Oberst Norris nicht das Mannöver, durch das es in den Jahren 1922 und 1925 ermöglicht wurde, die Sachlieferungen zu unterbinden, indem er die Privatgläubiger gegen die politischen Gläubiger Deutschlands   ausspielte: ver­sucht er jetzt nicht umgekehrt, die deutschen   Papiere auf den europäischen   Märkten aufzublasen", um den Privatgläubi­gern des Dritten Reichs Gewinnrealisationen auszuwerfen, die mit den Schulden des Dr. Schacht an sie bezahlt werden? Geldleistungen, die nach der Komödie der Sachleistungen den Vorzug hätten, den letzten Gläubiger Deutschlands   zu veranlassen, sich mittels ihres eigenen Geldes bezahlen zu lassen?

Ein höchst geschicktes Manöver wird hier übrigens durch eine Verschwörerbande durchgeführt, die schon lange genug Proben ihrer Tätigkeit gegeben hat.

Für heute wollen wir uns mit diesen drei Fragen be­gnügen.