Pariser   Berichte

Die Beisetzung von Maltzahns

Auf dem Friedhof von Billancourt  

Auf dem Friedhof von Billancourt  , im Königreiche Re­ nault  , nicht weit von den Fabriken und unter den hohen Platanen, haben wir den Baron Maltzahn begraben.

Als der tote Sohn des preußischen Generals in dem ein­fachen Sarge vorbeigefahren wurde, bekreuzigten sich die Pariser  . Es war ein Mittag, und hinter dem Sarge her gin­gen die französischen   und deutschen   Freunde des Toten, sein Freund Grosjean, der den Lungenkranken aufgenom men und gepflegt hatte, der Dichter Ivan Goll  , Hugo Simon und seine Gattin, Magnus Hirschfeld  , der Schauspieler Wolfgang Zilzer  , der Berliner   Theater­direktor Barnowsky, Hans W. von Zwehl und viele andere. Der Vater des Toten, der im Weltkriege zum Ge­neral gewordene Oberst der Garde war nicht gekommen, er ist krank in Kissingen  , niemand von der Familie Malt­zahn war da, wir begruben ihn einsam und allein im Her­zen von Frankreich  , das er geliebt hat.

Rudolf Leonhard   sprach am Grabe. Er sagte, daß dieser junge Offizier, preußischer Ulanenleutnant, durch Else Lasker- Schüler   in die Kunst eingeführt worden sei. Er ward ein großer Vertreter des Theaters, ein Theater­Besessener, zuerst in Deutschland  , dann in Frankreich  . Die Dinge der Kunst waren die seines Fühlens, seines eigenen Wesens. ,, Dieser Mund, der so gerne plauderte, ist stumm, dieses Auge, das so gerne sah, ist gebrochen. Aber in vielen, die ihn kannten, lebt er weiter, sein Andenken macht ihn uns lebendig und unterstreicht uns mit einer seiner Gesten. Er war ein treuer Freund, und wir werden ihn nicht ver­gessen."

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Dann warfen die Deutschen   und Franzosen   Rosen in sein Grab.

Umbau im deutschen Verkehrsbüro

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zwar

Unsere dauernden Ermahnungen haben Erfolg gehabt. Das deutsche   Verkehrsbüro in der avenue de 1, Opéra hat endlich Farbe bekannt. Jetzt sieht man Dr. Goebbels   Spruch thronen: Wer die Zukunft hat, hat die Jugend", sollte man's eigentlich umgekehrt sagen, zwar ist es nicht von Dr. Goebbels  , aber immerhin, wir registrieren's. Ferner sehen wir Hitlern mit der Schaufel, das Ehrenmal in München  , Hitlern mit einer kleinen Alplerin und der­gleichen. Nun vermissen wir nur noch zu den schönen Bil­dern von Nürnberg   ein Konterfei des Streicher, im Interesse der Fremdenwerbung, dann sind wir mit dem Er­gebnis unserer Anfeuerungen zufrieden.

Das Kabarett der Cacahuèttes

Künstlerklub Paris- Wien  

Junge begabte Schauspieler haben sich zusammengetan und ein deutschsprachiges Kabarett in der Galerie La Boetie ( 83, Rue La Boetie, Nähe Champs Elysées  ) aufgemacht, das bemüht ist die besten Traditionen der deutschen Kleinkunst zu übernehmen. Das Ensemble tritt jeden Mittwoch, Sonn­abend und Sonntag um 9 Uhr abends auf und zeigt ein interessantes und abwechslungsreiches Pogramm mit Lotte Jaeger, Gerda Redlich, Lilli Palmer  , Irene Prador  , Max Fischer, Eric Niborg, Henri Hague und Leo Askenasy, der die Leitung des Kabaretts inne hat. Die Pariser   Montmartre­sängerin Fraxy bringt ihre Chansons und zwei Künstler wie Felix Bressart   und Kurt Gerron   haben sich dem Kollek­tiv zur Verfügung gestellt, um dessen Bestrebungen mit Sketchen und Einzelnummern zu unterstützen. Robert Thoe­ ren   konferiert. Tischbestellungen unter der Telefonnummer Elysées 45-97 sind zu empfehlen.

Die arme Midinette

Die Unsterblichen haben die arme ,, Midinette" immer noch nicht aufgenommen. Das so pariserische Wort hat he­reits die Gnade einer früheren Sitzung gefunden, aber jetzt ist das arme Mädchen doch nicht in das Wörterbuch aufge­nommen( Nur gut, daß es in der Literatur sowie auch im Leben, schon drin ist...).

Neu das Licht der Welt erblickt akademisch haben aber ,, rigoler", das bekannte Pariser   Lachen, ferner ,, riflard", der alte Regenschirm aus Großvaters Zeiten ,,, rictus" das Grinsen, und ,, nouveau riche  ", der neue Reiche. Hingegen ist samt der Midinette auch ,, rescapé", der ,, Drückeberger" und ,, Gerettete" fortgeschwommen.

Halsschmuck im Wasser

Die neueste Modetorheit im Pariser   Sommer sind Hals­ketten, die von den Schönen am Strand getragen werden sollen, zum Schwimmen, oder, fa sie wegen ihrer bemalten Zehennägel nicht hineingehen, in den Sandbänken von Deau­ ville   oder Biarritz  . Es sind Steine aus geschliffenem Glas mit Kugeln, die zur Hälfte mit Wasser gefüllt sind, und in denen kleine Fische schwimmen. Hoffen wir, daß die Kugeln nicht, gleich dem Glück von Edenhall, platen, und die Fische die Vedetten nicht beißen.

Vier Löwen zerreißen Ihn

London  , 8 Juni.

Infolge eigener Fahrlässigkeit ist in dem vor einiger Zeit eröffneten, wegen seiner landwirtschaftlichen Schönheiten be­rühmte Tierpark von Whipsnade bei London   ein Besucher von vier Löwen des Freigeheges angefallen und vor den Augen der entfesten Besucher in Stücke gerissen worden. Dem Betreffenden war von einem plöglichen Windstoß der Sut vom Kopf gerissen worden. Der Hut rollte in die Löwengrotte und in der Hoffnung, ihn doch noch wieder­erlangen zu können, fletterte der Mann an dem eisernen Abschlußgitter der Grotte in die Höhe. Dabei wurde er plötz= lich von vier Löwen angesprungen, die ihn mit ihren Pran­fen erfaßten und kopfüber ins Innere der Grotte zogen, wo sie ihn vierzig Meter weit schleiften, ehe sie sich daran machten, ihn zu zerfleischen. Die Wächter, die von Zuschauern alarmiert worden waren, bemühten sich vergeblich mit großen Stangen und mit Revolverschüssen die Tiere von ihrer Beute zu vertreiben. Das gelang erst, als jede Rettung zu spät war.

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Mylena", Saloniki. Ihre Mitteilung, daß es auch in Griechen­Iand neuerdings zu antisemitischen Ausschreitungen gekommen ist, haben wir erhalten Sie berichten u. a., daß auf dem jüdischen Friedhof in Castoria jüdische Grabsteine zertrümmert wurden. In jüdischen Häusern wurden die Fenster eingeschlagen. Mitglieder der antisemitischen Organisation E. E. E. marschierten durch die Straßen und riefen im Chor: Griechen, tötet die Juden!" Isaak Eliahu, Sohn des Präsidenten der Jüdischen Gemeinde in Castoria, wurde angegriffen und erheblich verletzt. Die Polizei verhielt sich passiv.

C. R., London  . Wir haben von den aus Anlaß des 69. Geburts­teges des Königs vorgenommenen Auszeichnungen nicht Kenntnis gegeben. Es nimmt nicht wunder, daß sich unter den Dekorierten und Geadelten auch eine Reihe jüdischer Engländer und palästinen­sischer Persönlichkeiten finden. Die traditionelle Toleranz des Empire gegenüber den Juden ist den Engländern bisher nicht schlecht bekommen.

V. C., San Franzisko. Die 2. Internationale hat in folgenden Ländern Organisationen: Argentinien  , Belgien  , Britisch- Guayana, Bulgarien  , China  , Dänemark  , Danzig  , Deutschland  , Estland  , Finn­ land  , Frankreich  , Großbritannien  , Holland  , Italien  , Jugoslawien  , Island  , Lettland  , Litauen  , Luxemburg  . Oesterreich, Palästina, Polen  , Portugal  , Rumänien, Rußland  . Schweden  , Schweiz  , Spa­ nien  , Tschechoslowakei  , Ungarn  , Uruguay  , Vereinigte Staaten von Amerika  .

W. R. Saarbrücken  . Sie hatten bei einer Reise in einer süd­deutschen Stadt folgendes Erlebnis: Als Sie an dem Palais eines hohen Staatsfunktionärs vorübergingen, stand dort ein SS.- Mann Posten, den Sie als einen früheren Schulkameraden erkannten. Es fam zu einem kurzen. freundschaftlichen Gespräch. Sie fragten ihren Bekannten, was er denn hier tue, und er gab Ihnen zur Antwort: Das siehst Du doch; ich beschüße einen Faulenzer..." H. R., Basel  . Ihnen hat eine Notiz im Völkischen Beobachter" mißfallen: In der Großstadt kann man Negerpuppen in ver­mehrter Auflage und raffinierter Aufmachung zu sehen bekommen. Müssen wir uns das gefallen lassen? Lehret die Kinder die bunte Mannigfaltigkeit der deutschen   Stämme in Art und Tracht- aber verschont unsere Kinder in Zukunft mit Negerbabys." Wir wissen wirklich nicht, was Sie dagegen einzuwenden haben. Wahrschein­lich spricht der Völkische Beobachter" dem Rassenstolz der Neger gonz aus dem Herzen. Wir können uns vorstellen, daß sich jeder Raffer peinlich berührt fühlt, wenn er Negerpuppen in der Nach­barschaft von Hafenkreuzen sieht.

Proletarier". Auf einer Montagereise im Reich haben Sie mancherlei Erfahrungen gesammelt. Insbesondere schreiben Sie

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uns, daß es Hitler   nicht gelungen sei, in der sozialdemokratischen Arbeiterschaft Erfolge zu erzielen. Die geschulten Arbeiter sprächen alle voll Verachtung von dem regierenden Bonzen und Cliquen system. Das Horst- Wessel- Lied nenne man in den Betrieben ,, Wurstkejjel- Lied".

Wienerin. Herzlichen Dank. Wir bringen das Gedicht gern. Frei­lich haben wir einen Vers, der uns weniger gelungen schien, ge= strichen, wofür wir um Verzeihung bitten.

B. B. Paris  . Es ist nichts Neues, daß der Reichskanzler eine sozusagen auswechselbare Ueberzeugung hat. Das ist ja der Grund, warum er sich so dagegen wehrt, daß sein Buch Mein Kampf  " wortgetreu übersetzt ins Ausland kommt. Er läßt es für jedes Land besonders säubern und zurechtmachen. So z. B. hat Hitler  in der englischen Ausgabe die Ausführungen über die Juden, in der italienischen Ausgabe die Stellen über den Anschluß Oesterreichs  usw. streichen lassen. Nur die Deutschen   genießen das Buch in seinem vollen Reichtum.

H. R., Florenz  . Sie nennen uns mit genauen Angaben eine Stadt, in der neulich von einer Gruppe mit 60 SA:-Leuten nur 2 zum Dienst gekommen sind. Daraufhin sollten den Leuten die Uniformen abgenommen werden; sie weigerten sich aber mit dem Hinweis, daß sie die Uniformen von ihrem eigenen Gelde bezahlt hätten. Ob man die Uniformen mit Gewalt herausgeholt hat, fonnten Sie noch nicht erfahren.

Dr. T. H., Nancy  . Zu Ihnen haben bei einem Besuche in Ihrer deutschen Heimat Bauern sehr bitter über die Reichsregierung ge­sprochen. Ein Bauer hat nationalsozialistische Flugblätter hervor­gcholt und Ihnen nachgewiesen, was Hitler versprochen hat, und wie er sein Wort nun bricht. Hoffentlich haben die Bauern, die die Flugblätter nicht aufgehoben haben, im Gedächtnis behalten, wie sie belogen worden sind.

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Schanghai  . In China   gibt es eine Sozialdemokratische Partei, ober es ist wenig über ihre Arbeit zu erfahren. Aus einem Frage­bogen, den der europäische   Vertreter der Partei nach Einholung von Informationen in China   im Oktober einsandte, ergibt sich, daß die Partei am 30. Juni 1933 14 860 Mitglieder zählte, wovon 360 weibliche. Die Partei ist illegal, hält jedoch alle 6 Monate eine Konferenz ab und veröffentlicht eine Wochenschrift ,, Der Kampf". Europäisches Hefte" Nr. 7 soeben erschienen. Aus dem Inhalt: Willi Schlamm  : Das Saargebiet und die Zuversicht. Heinrich Mann  : Revolutionäre Demokratie. Gregor Bienstock: Problematisches Spm­jetrußland. Maurice Beyer: Die Tage von Toulouse  . Heinz Raabe: Brief an einen jungen Dichter. Mar Boegner: Die Finanzierung des deutschen Kriegs?

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