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Fretkell
Demipre
Nr. 154 2. Jahrgang
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Samstag, 7. Juli 1934
Chefredakteur: M. Braun
Aus dem Inhalt
Mordliste des Blutsäufers
Das ,, Komplott" Schleichers
Seite 2
Englands Empörung
Seite 3
Göcing- das heißt Krieg
Seite 4
An die Herren Mörder!
Im Namen des deutschen Volkes fordert die„ Deutsche Freiheit" Rechenschaft
Wann endlich wird die schon am Montag dieser Woche für diesen Montagabend amtlich in Aussicht gestellte Liste der im Zuge der Säuberungsaktion" Er: mordeten veröffentlicht.
Wann wird amtlich mitgeteilt, in welcher Todes= art und durch welche Gruppen Mordknechte in jedem einzelnen Falle die Tötung verübt worden ist?
Wann wird eine genaue a mtliche Darstellung der nach= weislich ohne jedes Gerichtsverfahren erfolgten Erschie: Bung des Reichskanzlers a. D. General von Schleicher bekannt gegeben?
Wann erfolgt eine amtliche Erklärung, wie es möglich war, daß ein schwer bewaffneter Trupp, der angeblich im Auftrage des preußischen Ministerpräsidenten Göring gehandelt hat, die unbewaffnete fräntliche Frau von Schleicher niederschießen mußte?
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worden ist, das die Vollstreckung der Todesstrafe anordnete. Wo bleibt die amtliche Meldung, wer die Todes= urteile unterzeichnet hat und damit die Verant= wortung für die Tötungen übernimmt? Wo bleibt der amtliche Nachweis, daß zwischen dem unmittelbaren Vorgänger Hitlers , dem Reichskanzler a. D. von Schleicher und einer auswärtigen Macht hoch und landesverräterische Pläne bestanden
haben?
Wo bleibt die amtliche Auskunft, welche deutschen Persönlichkeiten in dieses Komplott mit dem Ausland verwickelt waren?
Warum hat die Reichsregierung amtlich der gesamten deutschen Presse untersagt, über den Protestschritt der drei Mächte Frankreich , England und Nordamerika zu berichten?
Wann kommt eine amtliche Aeußerung, warum es not Reichsaußenminister Dr. Neurath fremden Regierungen
wendig war, in Gegenwart des 12jährigen Kin= des ein Salvenfeuer auf die Eltern Schleicher zu eröffnen und allein schon durch diese grauenhafte Bestialität den deutschen Namen zu schänden und die ganze Kulturwelt ge= gen unser Vaterland aufzuregen?
Warum ist den nächsten Angehörigen der Er= mordeten verweigert worden, die Leichname vor der Beisegung noch einmal zu sehen? Warum werden die Gräber ängstlich geheimgehalten? Warum werden Todesanzeigen für die Ermordeten amtlich verboten?
Warum fehlt jede amtliche Stellungnahme zu den in ganz Deutschland verbreiteten und allgemein geglaubten Be= hauptungen, daß die Opfer, darunter Greise von über 70 Jahren, grauenhaft mißhandelt, gefoltert, geschändet wor= den sind?
Ist es richtig, daß mehrere Ermordete, darunter gläubige Katholiken wie der Ministerialdirektor Dr. Klausener, gegen den Willen ihrer entsegten Angehörigen und im Widerspruch mit den Geboten der katholischen Kirche ein: geäschert worden sind? Wissen die Herren Mörder, daß überall im Reiche erzählt und geglaubt wird, die Einäicherung jei zur Vertuschung 5er an den Lei chen sichtbaren Bestialitäten geschehen?
Wo bleibt das amtliche Material über die„ Ver= schwörung" und die„ Komplotte"?
Wo bleibt die amtliche Auskunft, was jedem einzelnen Getöteten vorgeworfen, was ihm nachgewiesen worden ist?
Wo bleibt die amtliche Mitteilung, daß bei einem der Nichtnationalsozialisten, die nicht der Hitlerschen ParteiMordjustiz unterstanden, eine gerichtliche Unters suchung und überhaupt so etwas wie ein Gerichtsver: fahren stattgefunden hat?
Wo bleibt für jeden einzelnen Fall der amtliche Nachweis, daß irgendwo und irgendwie ein Urteil gefällt
Warum wird dem deutschen Volfe unterschlagen, daß der mitteilen ließ, daß die Behauptungen über das Komplott mit dem Auslande Schwindel sind? Wann endlich wird sich die Reichsregierung amtlich äußern zu dem ganzen ungeheuerlichen, in feinem Kultur: lande je erlebten Mordfest, für das sie durch ihre Selbst amnestie die Verantwortung übernommen hat?
Die ganze deutsche Presse ist gefesselt oder unterwirft fich aus Todesangst einer Verschwörung von Mördern und Ver= leumdern.
Wir, die wir als Deutsche noch die Möglichkeit zur freien Rede haben, erfüllen unsere Pflicht, indem wir als Stimme der deutschen Nation Anklage erheben und Rechen schaft fordern.
Mögen die Mörder antworten, wenn sie können. Wir wissen, daß heiße, leidenschaftliche, zu allem entschlos: sene Rachegefühle in unserem Volte erwacht sind.
Wir wissen von Männern, die eben noch unsere politischen Todfeinde waren, die sich in ihrem verstiegenen nationalromantischen Sozialismus weltenweit von uns getrennt fühlten, wir wissen, daß solche Männer beginnen, die Feme gegen rechts zu organisieren, die sie einst gegen links ausgeübt haben.
Allen diesen Männern rufen wir zu: die Rache gehört dem deutschen Volk!
Nehmt der Nation den Tag ihres Gerichts nicht voraus! Schon hat innerlich das deutsche Volt in seiner großen Mehrheit das Urteil über die Mörder gesprochen. Das Volk wird die Urteile an den größten Massenmördern der Geschichte so vollziehen, wie es die Säuberung des deutschen Bodens, wie es die Wiederherstellung der Ehre Deutschlands erheischt.
Die Mörder werden in ihrem Blutsumpf erfaufen. Die Abrechnung naht und damit die Stunde der deutschen Freiheit!
Hitlers Blutmeer
Die größte politische Mordliste der neuesten Geschichte..
Immer länger, immer grauenvoller wird die Mordlift e. Selbst durch den eisernen Vorhang, den die Machthaber des„ dritten Reiches" zur Verdeckung der in diesen Tagen verübten Schandtaten herabgelassen haben, dringt unerbittlich die Wahrheit hier durch. Am Donnerstag veröffentlichte die„ Times", Englands angesehenftes Blatt, ein Telegramm ihres Münchener Korrespondenten, aus dem hervorgeht, daß in der bayrischen Hauptstadt eine Reihe von hervorragenden Persönlichkeiten ermordet wurde
Reichsgericht wegen nationalsozialistischer Agitation in der Wehrmacht zu Festungshaft verurteilt wurde und später zu Fortsetzung fiehe 2. Seite.
Die Hintergründe einer Aktion Von besonderer Seite wird uns aus Berlin ge schrieben:
So parador es klingen mag: nichts ist bezeichnender für die Kursänderung in Deutschland als das Verbleiben Papens in seinem Amte. Der Mann, dem Hausarrest auferlegt wurde und dessen nächste Mitarbeiter man ermordete, ist nach wie vor Mitglied der Reichsregierung, an deren Spitze Hitler steht. Er gedenkt lediglich, einen längeren Urlaub von dem gefährlichen Pflaster Berlins zu nehmen.
Um die Vorgänge zu begreifen, müssen wir zunächst im Auge behalten, daß mit der Durchführung der„ Säube rungsaktion" in Norddeutschland Herr Göring betraut war. Der benutzte die günstige Gelegenheit, um nicht nur mit den angeblichen Rebellen in der SA. aufzuräumen, sondern darüber hinaus an all denen sein Mütchen zu kühlen, die ihm aus irgend einem Grunde unbequem waren. So erreichte den General von Schleicher, den Katholikenführer Klausener und den Leiter der Berliner SA. Ernst, ihr Schicksal. Nebenbei: erinnert man sich wohl noch an den mysteriösen Bom benwurf Unter den Linden? Sollte er nicht eben diesem Ernst gelten, und murde nicht schon damals gemunkelt, daß Göring die Handim Spiele habe?
Gegen Herrn von Papen wagte der Talmi- General nicht mit denselben brutalen Mitteln vorzugehen wie gegen seine anderen Opfer. Aber er wollte ihn kompromittieren und kaltstellen, weil er seinem Ehrgeiz im Wege war. Besonders nach der Marburger Rede schien ihm der Vizekanzler in den Kreisen, auf deren Sympathien Göring selber den größten Wert legte, zu einflußreich zu werden. Er hatte das Ohr des Reichspräsidenten , und Junker, Großindustrielle und Reichswehr sahen in ihm ihren Vertrauensmann: Es galt, ihn zu diskredi tieren, und wahrscheinlich hat man wirklich in seinen Akten Dokumente gefunden, die auf gewisse Verbindungen mit monarchistischen Elementen in Deutschland und Desterreich schließen ließen. Papen hat bekanntlich mit seinen Akten immer Pech gehabt.
Nun hätte man annehmen sollen, daß Hitler so schnell als möglich seinen Vize= kanzler ausschiffen und ihn gar wegen Staatsverrates vor Gericht stellen würde. Dazu aber fehlt dem Führer der Mut. Er kannte zu genau die Kräfte, die dem Ver dächtigen den Rücken decken. Herr von Papen ergriff feinerseits die Jnitiative und reichte sein Entlassungsgesuch ein, doch er tat es in der sicheren Erwartung, daß es vom Reichspräsidenten nicht genehmigt wer den würde. Er hat sich nicht getäuscht; er behält sein Amt, weil Hindenburg und die Reichswehr ihn nicht missen wollen. Er ist trotz der ihm angetanen Schmach stärker als zuvor, zumal da ihm auch sein„ Freund" Schleicher nicht mehr gefährlich werden kann.
Göring ist für das Fehlschlagen seiner Hoffnungen mit dem Posten eines Reichsforstmeisters( eine neue Uniform!) getröstet worden, aber die richtigen Generäle sehen auf diese Karikatur eines Generals mit Mißtrauen und Verachtung herab.
Wenn es in Deutschland eine Verfassung gäbe, so müßte der entscheidende Saz lauten:„ Die Reichswehrbea stimmt die Richtlinien der Politik."
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In Marburg hat am Donnerstag ein Untergebener In der ,, FREIHEIT " und nur in der ,, FREIHEIT " des Reichspropagandaministers Dr. Goebbels , der Staatsrat Dr. Görlizer, gesprochen. Seine Rede war eine einzige Polemik gegen den Vortrag des Vizekanzlers von Papen, der an der gleichen Stelle gehalten worden ist
Unsere Auflage steigt weiter!
Der„ Times"-Korrespondent verzeichnet die Meldung, daß die Leiche des 72jährigen früheren bayrischen Ministerpräsidenten and Staatskommissars Dr. von Rahr Zunahme seit 2. Juli 150 Prozent Leutnants zusammen mit derjenigen des bekannten Scheringer gefunden wurde, der im Jahre 1930 vom
Es ist eine glatte Verdrehung, wenn zwischen uns und gewissen konservativen Debattierklubs nur ein Unterschied in der Taktik bestanden haben soll. Welten haben una