Staatsnotwehr oder Mord?

Anklageschrift gegen den Reichskanzler und den Reichsjustizminister

von Hans Kilian  

Das deutsche   Reichskabinett hat am 3. Juli 1934 ein Gesetz ,, über Maßnahmen der Staatsnotwehr" erlassen, dessen einziger Artifel lautet:" Die zur Niederwerfung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni und am 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens."

Das in Deutschland   herrschende, von wenigen gefeßlichen Ausnahmen durchbrochene Legalitätsprinzip schreibt die Ver­folgung strafbarer Handlungen von Amts wegen vor. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Handlung strafbar ist, sind gesetzlich ausschließlich die Strafverfolgungsbehörden und die Strafgerichte berufen, die in jedem Fall des Ver­dachts einer strafbaren Handlung die Verpflichtung zur An­flageerhebung und, im Falle der Ueberführung, zur Ver urteilung haben. Eine Korrektur dieses Prinzips stellt ledig­lich das Gnadenrecht dar, das der Regierung für Fälle, wo positives Recht und Rechtsidee in Wiederspruch miteinander geraten, die gesetzliche Möglichkeit der Beseitigung von Strafverfolgung oder von Verurteilung gibt. Dieses Gnaden recht ist in der deutschen   Gesetzgebung in Form der Nieder­schlagung von Strafuntersuchungen, der Amnestie und der Einzelbegnadigung gegeben. Das Hitlerreich hat das gesamte Begnadigungs- und Niederschlagungsrecht durch Gesetz vom 16. 2. 1934 dem Reichspräsidenten   übertragen und durch das gleiche Gesetz bestimmt, daß Amnestien nur durch Reichsgesetz erlassen werden können. Daß die Beur­teilung der Frage, ob eine bestimmte Handlung strafbar oder ,, rechtens" ist, einem Gesetze vorbehalten wäre, das ist weder in der deutschen   Verfassungs- und Strafgesetz­gebung, noch in der eines zivilisierten Staates vorge­sehen. Ein solches Gesetz hat in Wirklichkeit den Rechts­charakter einer Amnestie, es bedeutet das Eingeständnis, daß die Handlung strafbar war. Wäre sie das nicht ge= wesen, dann brauchte man sich auch nicht in der Form der Legalisierung zu amnestieren.

Dieses Eingeständnis, daß das Handeln der Hitler­regierung aus einer großen Zahl von Verbrechen be­stand, entspricht durchaus der Rechtslage. Wirkliche Staatsnotwehr verschaffte schon nach bisherigem Recht dem Täter ohne weiteres Straffreiheit, und zwar ohne jeden gesetzlichen Akt der Legalisierung". Das Reichsgericht hat in seinen Entscheidungen in Strafsachen Bd. 61, S. 254, Bd. 62, S. 46, Bd. 63, S. 224, Bd. 64, S. 101 den Begriff der Staats­notwehr dahin anerkannt, daß zur Beseitigung eines über­gesetzlichen Notstandes" Handlungen, die sonst einen straf­baren Tatbestand verwirklicht hätten, straflos begangen werden dürfen. Es hat solche Staatsnotwehr" angenommen, wenn die Handlung erforderlich", d. h. das einzige zur Verfügung stehende Mittel der Abwehr" war. Um diese An­nahme zu rechtfertigen, mußt erstens ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die Staatsgewalt vorliegen und zweitens durch ihn Verhältnisse geschaffen sein, die anders als durch Rechtsverlegung überhaupt nicht zur Durchsetzung der angegriffenen Staatsgewalt und Rechtsordnung führen fonnten. Es liegt auf der Hand, daß nach dieser Lage der Rechtsprechung das Vorgehen gegen Röhm und Genossen, ganz besonders aber das gegen Schleicher, Strasser, Edgar Jung   und gar das gegen den ehemaligen Generalstaats= fommissar von Kahr feineswegs Staatsnotwehr war. Weil die Regierung Hitlers   das wußte, hat sie ihr Vorgehen zur Staatsnotwehr erklärt. Dies wäre völlig überflüssig gewesen, hätte wirklich Staatsnotwehr vorgelegen.

Bevor man zu der Amnestierung in Form der Regali­sierung griff, hat sich die Hitlerregierung durch ihre Presse­organe mehrere höchst blamable Selbstbloßstellungen ge= leistet. Zunächst wurde erklärt, die Massakrierungen seien ,, st and rechtlich" gewesen. Es gibt aber in Deutschland  bis heute kein Reichsstandrecht. Nur einzelne Länder haben eine Art Standrecht, so Preußen im Gesetz über den Belage= rungszustand vom 4. 6. 1851, Bayern   im Kriegszustands­gesetz vom 5. 11. 1912. Die Justizorgane des Standrechts sind nach preußischem Recht die außerordentlichen Kriegs­gerichte als Sondergerichte, in Bayern   die Standge­richte nach dem Feuerbachschen Strafgesetzbuch von 1813. Eine Verreichlichung des Rechtes des Ausnahmezustandes" hat in Deutschland   weder vor noch nach der nationalen Revolution" stattgefunden: Vor dem Umbruch" benutzte man Art. 48 der Reichsverfassung als Mädchen für Alles, nachher gab man sich mit solchen Kleinigkeiten" überhaupt nicht mehr ab. Das Bestehen eines Reichsstandrechtes wäre aber die erste Voraussetzung seiner Anwendung ge= wesen. Die Hitlerregierung hat nicht erst behauptet, Landes­befugnisse der preußischen oder bayrischen Regierung ge­braucht zu haben. Die Behauptung wäre auch zwecklos ge= wesen, da ja diese Landesbefugnisse auf dem Gebiet des Ein­schreitens gegen strafbare Handlungen von Staatsanwalt= schaften und Gerichten auszuüben gewesen wären. Eine weitere Mindestvoraussetzung der Anwendung eines Stand­rechtes wäre dessen Verhängung durch Gesetz oder Verord­nung vor Ausführung der Maßnahmen" gewesen. Das in die Welt gesetzte Wort von den standrechtlichen" Er­schießungen war also ein plumper Schwindel.

Weiter erklärte man aber auch, es habe sich um kriegs­gerichtliche" Akte gehandelt und damit steht es nicht besser. Die militärische Gerichtsbarkeit besteht in Hitler  = deutschland   nach dem Gesetz über die Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit vom 12. 5. 1933 und nach der Militär­stra gerichtsordnung vom 4. 11. 1988 in Friedenszeiten nur bei strafbaren Handlungen von Militärpersonen, in Kriegs­zeiten außerdem bei solchen von Kriegsgefangenen und Aus­ländern. Sie ist nur in einem genau geregelten Gerichts­verfahren zulässig. Es ist daher auch ausgeschlossen, die Er­schießungen als friegsgerichtlich" zu bezeichnen.

Die Mitglieder der Reichsregierung, voran Hitler selbst, haben nach der Gesetzgebung des dritten Reiches" feiner Iei Justizbefugnisse, mit alleiniger Ausnahme des Reichsjustizministers. Sie sind weder als Strafverfolgungs­behörde, noch als Zivil- oder Militärgericht, noch als im

Kraftwagen wandernder Scharfrichter angestellt. Rechts­pflegehandlungen, die sie anordneten oder ausführten, waren daher Mord, soweit sie die Tötung von Menschen betrafen und nicht in gerichtlich anerkannter Ausübung des Staats­notwehrrechtes begangen waren.

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Ein solches Staatsnotwehrrecht hätte Hitler  , wenn man sich ausschließlich an die amtlichen Darstellungen seiner Regierung und seiner Amtspresse hält, niemals gericht­lich zuerkannt werden können. Nach diesen Darstellungen hätten die Erschossenen hochverräterische Pläne projektiert, die noch nicht zur Ausführung gelangt seien, es hätten Besprechungen und Fühlungnahmen, darunter solche mit der Vertretung einer ungenannten aus= wärtigen Macht stattgefunden. Die Hitlerregierung hat nicht ernstlich behauptet, daß die Projekte in allergering­stem Umfang Umfang zur Ausführung oder gar zur Vollendung gelangt seien. Zur Niederschlagung der­artiger Handlungen eines Personenkreises, den die Hitlerregierung selbst als kleine Clique" bezeichnete, war eine Tötung ohne Gerichtsverfahren gewiß an sich schon nicht das einzige zur Verfügung stehende fichere Mittel. Es hieße der Hitlerschen Strafgesetzgebung ein sehr schlechtes Zeugnis ausstellen, wenn man dies be= haupten wollte. Die Hitlerregierung hat das deutsche Straf­recht und Strafprozeßrecht zur Bekämpfung politischer Delikte in der kurzen Zeit ihres Bestehens wiederholt in einer in Deutschland   nie gefannten drakonischen Weise ver­schärft. Sie erließ zunächst die Verordnung vom 28. 2. 1933 " gegen Verrat am deutschen Volk und hochverräterische Um­triebe"( RGBl.   I S. 85), sodann die Verordnung zur Be­schleunigung des Verfahrens in Hoch- und Landesverrats­sachen" vom 18. 3. 1933( RGBl.   I S. 131), weiter die Ver= ordnung zur Abwehr tückischer Angriffe gegen die Regie­rung der nationalen Erhebung" vom 21. 3. 1933( RGBl.   I S. 135), die Verordnung über die Bildung von Sonder­gerichten" vom gleichen Tage( RGBl.   I S. 136), das Gesetz über die Verhängung und den Vollzug der Todesstrafe" vom 29. 3. 1933( RGBI. I S. 151), das Gesetz zur Abwehr politischer Gewalttaten" vom 4. 4. 1933( RGBl.   I S. 162), die Verordnung über die Beseitigung der Sonderbehandlung der Ueberzeugungstäter im Strafvollzug" vom 25. 4. 1933 ( RGBl.   I S. 232), das Gesetz zur Abänderung strafrecht­licher Vorschriften" vom 26. 5. 1933( RGBl.   I S. 295), das Gefeß zur Gewährleistung des Rechtsfriedens" vom 13. 10. 1933( RGBl.   I S. 728), das Gesetz zur Aenderung von Vor­schriften des Strafrechtes und des Strafverfahrens" vom 24. 4. 1934( RGBl.   I S. 341).

Strafgesetz

Nach diesem wahren Ratarakt von verschärfungen, einer in der modernen Welt noch nicht da­gewesenen Mischung von blasser Furcht und brutalstem Diktatorenübermut waren u. A. mit der Todesstrafe bedroht: das gewaltsame Unternehmen einer gänzlichen oder teilweisen Einverleibung von Reichsgebiet in einen fremden Staat oder der Losreißung von Reichsgebiet; das gewalt= jame Unternehmen einer Aenderung der Verfassung; mit dem Tode oder mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren das gewaltsame Unter= nehmen, den Reichspräsidenten  , Reichskanzler oder ein Mitglied der Reichsregierung der verfassungsmäßigen Ge­walt zu berauben oder gewaltsam oder durch strafbare Hand­lungen an der Wirksamkeit zu hindern; die Verab= redung eines hochverräterischen Unternehmens; das In-. beziehungtreten mit einer auswärtigen Macht zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens; der Mißbrauch anvertrauter öffentlicher Macht, das An­werben von Mannschaften oder das Einüben von Waffen zu diesem Zwecke; mit Suchthaus bis zu zehn Jahren das Auffordern oder Anreizen zu einem hochverräte­rischen Unternehmen oder die sonstige Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens; mit Todesstrafe oder lebenslangem Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zwei Jahren die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, wenn sie durch Herstellung organisatorischen Zusammenhalts betätigt oder auf Ausschaltung der Reichs­ wehr   oder der Polizei oder auf Beeinflussung der Massen durch Verbreitung von Schriften, Schallplatten, bildlichen Darstellungen usw. gerichtet, oder durch das Unternehmen der Einfuhr von Schriften, Schallplatten oder bildlichen Tar­stellungen aus dem Ausland begangen ist. Neben diesen Strafen ist Geldstrafe in unbegrenzter Höhe" und bei Urhebern und Rädelsführern" auch Vermögenseinziehung angedroht. Man kann nicht sagen, daß sich das Hitlerregime durch diese vielfach geradezu wahnsinnigen Strafandrohungen ( z. B. Todesstrafe schon wegen des Unternehmens" der Ein­fuhr einer sozialdemokratischen oder kommunistischen  Zeitung!) nicht in mehr als ausreichender Weise im Wege der Straf- und Strafprozeßgesetzgebung gesichert hätte. Allein dieser Stand der Gesetzgebung machte gegenüber der kleinen Clique" die Statuierung einer Staatsnotwehr" gänzlich überflüssig.

Ebensowenig aber wäre ein Staatsnotwehrrecht abzuleiten aus den rein tatsächlichen Machtverhältnissen zur Zeit der Maßnahmen". Der Hitlerregierung war es nach ihren eigenen Angaben gelungen, den kleinen Kreis der Frondeure im Wege der schlagartigen Ueberraschung zu verhaften. Hatte sie ihn aber erst in Haft, dann war er im Hinblick auf sein angeblich beabsichtigtes hochverräterisches Unternehmen unschädlich gemacht. Die noch darauf folgende Tötung war im Hinblick auf die große Speise­farte von Strasbestimmungen, mit denen die Verhafteten beim Nachweis wirklicher Verfehlungen vom Leben zum Tode befördert werden konnten, nicht das einzige Mittel der Abwehr, sie war also nicht erforderlich" im Sinne der Rechtsprechung, demnach auch nicht legal. Man hat diese illegalen Afte nicht mehr, wie bisher, schamhaft als Er­

schießungen auf der Flucht" oder mit ähnlichen Ausreden gerechtfertigt, sondern zur Terrorwirfung das offene Ein geständnis der gesetzlosen Füsilierung für erforder lich gehalten.

Auch der dümmste Hitleranhänger wird beispielsweise nicht glauben, daß der Hochbetagte ehemalige bayrische General staatskommissar von Kahr, ein im Privatleben stehender pen­sionierter Beamter, mit Röhm und Genossen, die ihn auf das giftigste haßten, irgendwie konspiriert habe. Auch diesen glatten Meuchelmord hat derselbe Gürtner als Staatsnotwehr erklärt, der im November 1923 als bayrischer Justizminister Herrn von Kahr dienstlich unterstellt war und in seinem Namen die justizmäßige Niederschlagung des Hitlera putsches zu leiten hatte. Dieser gänzlich verkommene Mensch, dessen Mangel an Pflichterfüllung in erster Linie das Durch­dringen der hitlerischen Hochverratsbewegung in Deutschland  zuzuschreiben ist, hält, nachdem er für seine Treulosigkeit gegenüber der beschworenen Weimarer Verfassung und für seine vielen gesezwidrigen Liebesdienste gegenüber den Hochs verrätern im dritten Reich" das Trinkgeld eines ministes riellen Schattendaseins erhalten hat, nicht nur seine angebliche juristische Autorität über diese Verbrechen, er erklärt sogar, sie seien die Pflicht" der Hitlerregierung gewesen. Er verrät damit nicht nur das deutsche   Volt, sondern auch seine eigene dienstliche und persönliche Vergangenheit. Den schließlich war es eine Strafanstalt des Herrn Gürtner in der Hitler wegen vollendeten Hochverrats saß.

Bei soviel Zynismus wäre es eigentlich faum zu verstehen, warum Gürtner- Hitler eine Deckung der Maßnahmen" durch ein getarntes Amnestiegesez für erforderlich gehalten haben. Strafrechtlich war das von ihrem Standpunk nicht nötig. Daß Hitler und seine Kreaturen für die Daucv seines Regimes gerichtlich nichts zu befürchten haben, ergib sich schon daraus, daß da, wo kein Kläger, auch kein Richter ist. Daß sie glaubten, dieses Gesetz werde ihnen für de Fall des Aufhörens des Hitlerregimes etwas nüßen, it doch kaum anzunehmen. Offenbar hat das Gesetz neben dev propagandistischen Inlandswirkung zunächst den Hauptzweck, 8ivilrechtsansprüche der Hinterbliebe nen abzuschneiden. Hierfür genügte es nicht, daß die Hands lungen straffrei waren, denn dies hätte ihre zivilrechtlicje Unerlaubtheit nicht geändert. Eine solche scheidet für die Gerichte des dritten Reichs" nur aus, wenn die Handlung ,, rechten 3" war. Zum Mord gesellt sich also der Rechts= raub gegen die Familien der Opfer.

Erstaunlich ist an alledem nur das sichtliche Staunen der Welt, daß solche Dinge in Deutschland   geschehen, und daß sie durch Hitler   geschehen. Immer wieder hat die Legende, Hitler  sei besser, flüger, humaner, staatsmännischer als seine Leute, in der Welt außerhalb Deutschlands   und erst recht natürlich in Deutschland   selbst Gläubige gefunden. Diese sind das Opfer einer im höchsten Grade verlogenen Propaganda. Hitler   hat nach seinen eigenen Worten in Mein Kampf  " seine Propaganda auf das Niveau des mm sten Partei­angehörigen eingestellt. Er begann seine Karriere in Deutsch­ land   mit einer Gefängnisstrafe wegen Landfriedensbruchs, für die er Bewährungsfrist erhielt. Er wurde in der Folge wegen vollendeten Hochverrats verurteilt, wiederum aber int Bollzug durch frühzeitige Begnadigung und gesetzwidrige Nichtausweisung geschont, wiewohl ihm Bruch seines Ehren­wortes nachgewiesen war, ein Mittel, mit dem er auch in der Folge nicht sparte. Er lohnte die Milde des Staates durch hemmungslose Propaganda für den Umsturz der gesetzlichen Ordnung und durch provokatorische Auszeichnung politischer und krimineller Mörder. Er machte einen vertierten Ver­brecher, wie den Fememörder Heines, zum Gauleiter seiner Partei und in der Folge zum Reichstagsabgeordneten, zum Obergruppenführer und, zu seiner unauslöschlichen Schani, zum Präsidenten der Polizei einer deutschen   Großstadt vrt alter Kultur. Er berief den wegen Fememordes rechtsfräst g zum Tode verurteilten Oberleutnant Schulz in die Reichs leitung seiner Partei und ließ ihn in den deutschen   Reichstag wählen. Er nannte die Mörder von Potempa, deren viehische Roheit das Gericht in seinen Todesurteilen hervorgehoben hatte, sein Rameraden" und versicherte sie unbegrenzter Treue". Er durfte in der Weimarer Republik   ungestraft und ungerügt vor dem höchsten deutschen   Gericht mit Mord drohen, indem er von den in den Sand rollenden Köpfen" sprach. Er amnestierte, faum zur Macht gelangt, alles, was an Verbrechern gegen das Leben, an Sprengstoffverbrechern und sonstigen Kapitalverbrechern noch in Zuchthäusern und Gefängnissen saß, soweit die Betreffenden nur seiner Rich­tung angehörten. Er billigte im voraus und verherrlichte nach der Ausführung eine jede Roheit und Gewalttat, wenn sie nur seinen politischen Gegnern galt. Er unternahm nichts gegen die Menschenschinder und Mörder, die Hunderte und Tausende von Schußhaft"-Gefangenen marterten, erniedrig­ten und umbrachten. Er nahm seinen Gegnern jedweden Schutz und jedwede Garantie der Rechtsordnung, von der persönlichen Sicherheit über Ehre, Vermögen, Staatsange= hörigkeit war und ist kein Rechtsgut vor dem willkürlichen Zugriff seiner Horden sicher. Er beseitigte die Freiheit der Wissenschaft, des Lehrens und Lernens, der Kunstübung, der Presse, des Bekenntnisses, der Meinungsäußerung. Er ruinierte mitleidlos viele Tausende nur wegen ihrer Ab­stammung und vernichtete auf den verschiedensten Gebieten des Lebens geordnete Existenzen am Taufenden Band. Er nennt einen Lumpen vom Tiefstand eines Streicher seinen Freund.

Die Welt ist zu abgeftumpft, um sich jeden Augenblick des Höchstmaßes an Barbarei bewußt zu sein, das Hitler und sein Kreis verförpern. Erst die beispiellose Schändung von Recht und Sitte, die ihre leßten Maßnahmen" bewiesen, haben wieder eine gewisse aufrüttelnde Wirkung gezeitigt. Es ist dringende Pflicht, dafür zu sorgen, daß sie nicht so bald wieder der Lethargie des Alltages Plaß macht und daß die moralische Isolierung des dritten Reichs" in der gesamten Kulturwelt durch sie beschleunigt wird.

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