Spanien   voll Abscheu

Selbst deutschfreundliche Zeitungen

Mit Ausnahme des monarchistischen ABC", das Hitler  mit Orestes   vergleicht, hat die gesamte spanische Presse die Ereignisse in Deutschland   mit dem größten Abscheu hingenommen. Selbst das große germonophile katho­lische Blatt ,, El Debate", Organ der die zukünftige kleri­kale Diktatur vorbereitenden Partei des Gil Robles  , ist so empört, daß man sich wundert, daß der Vertreter dieses Blattes, der aus Berlin   telefoniert, noch nicht aus Deutschland   ausgewiesen worden ist.

,, El Debate" schreibt in ihrem Leitartikel:

" Vor allem entsetzt die beispiellose Härte der Unter­drückung. Sie ist so weit gegangen, daß, auch wenn man die Grenzen der behördlichen Macht noch so weit zieht, sie schwer zu rechtfertigen ist. Einmal, weil es sich nicht um eine wirkliche Niederschlagung eines Aufstandes han­delt; nirgends ist das angebliche Komplott wirklich zum Ausbruch gelangt. Nicht einer der Verschwörer" ist auch nur mit den Waffen in der Hand an getroffen worden. Die Polizeifräfte hatten nir gends einem Angriff Front zu machen, noch nicht einmal zusammen hat man die Verschwörer angetroffen.... Man muß hinzufügen, daß selbst die offiziellen Nachrichten nur allgemein von Verhütungsmaßnahmen" sprechen. Nichts­destotrotz wurde Röhm in seinem Arbeitszimmer, der elende Heines in seinem Bett getötet. Und 60 andere Führer der SA. sind erschossen worden, wie es scheint, ohne jegliche gerichtliche Untersuchung.

Die Unterdrückung ist also nur brutal gewesen. Man möchte gerne wissen, weshalb mit solcher Härte vor­gegangen wird. Wir finden dafür keine andere Erklärung als diese: Der Führer hat es für notwendig gehalten, vor seiner Bewegung seine Würde, die zu schwanken be­gann, zu rehabilitieren und zwar durch einen persönlichen Macht- Aft.

Die Hitler- Bewegung, die auf legalem Wege zur Macht gelangte, hat in manchen ihrer Maßnahmen mit Wohl­wollen betrachtet werden können, soweit diese Maßnahmen - mehr oder weniger autoritativ- dazu führen sollten, die Einigkeit des deutschen   Volkes in schwierigen Mo­menten herbeizuführen. Heute aber, wenn sie diese Macht mißbraucht in einer Art und Weise, die nur mit hellem Schrecken die deutschen   Ereignisse betrachten läßt, ver­dient sie nur härteste Verurteilung".

In Spanien   hat Deutschland   sich erneut einen großen Teil seiner Sympathien verscherzt. Der Spanier begreift die neuen Methoden" nicht. Auch diejenigen Leute, die früher die sogenannten Greuelmärchen der Emigranten­presse" für übertrieben" hielten, beginnen an ihre Auten­zität zu glauben. Das Traurige ist, daß die Schandtaten der Nazis auf das gesamte deutsche   Volk zurückfallen, man verallgemeinert eben: Wie kann sich ein anstän­diger Mensch so etwas gefallen lassen in Deutschland  scheinen ja nur noch Feiglinge, Sadisten und Invertierte zu hauſen", das ist die allgemeine Meinungsäußerung der spanischen   Mittelklasse.

zufrieden Hohe Strafen in Holland  

Kriegsminister Piétri zufrieden

Militärische Entente mit England

Paris  , 13. Juli. Der französische   Kriegsminister Pietri, der in London   Vorbesprechungen über die im nächsten Jahre abzuhaltende Flottenkonferenz hatte, erklärte dem Londoner  Vertreter der französischen   Agentur Radio, daß es sich in London   nicht um Verhandlungen, sondern um einen freund­schaftlichen Meinungsaustausch gehandelt habe. Man habe sich im wesentlichen darauf beschränkt, ein ungefähres Ar­beitsprogramm aufzustellen. Dabei sei festgestellt worden, daß die französischen   und die englischen An= schauungen in den hauptsächlichen Punkten übereinstimmten. Er fehre daher mit einem vor­züglichen Eindruck nach Paris   zurück.

Boris I.  

Thronanwärter von Andorra  

Paris  , 13. Juli. Die kleinste Republik der Welt Andorra  ist ganz plöblich zu einem internationalen Streitfall gewor= den. Die Madrider   Blätter vom Donnerstag veröffentlichen jedenfalls den Aufruf eines gewissen Grafen von Orange, der sich zum Herrscher von Andorra   unter dem Namen Boris I. ausruft, sich den Titel eines Generalleutnants des Königs von Frankreich   zulegt und dem Bischof von Urgel als einem der Co- Prinzen von Andorra   den Krieg erklärt. Dieser Aufruf hat bisher allerdings nur auf die Lachmuskeln der zuständigen Stellen gewirkt.

Fünf Jahre Gefängnis für die Wahrheit

Berlin  , 13. Juli. Der 35jährige Ernst Reitmann ist von der 7. Straffammer des Berliner   Landgerichts zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. weil er Tag für Tag an seinem Arbeitsplaß gehässige Reden ge= gen den Reichsfanzler geführt habe.

Besonders wertvoll zum Verständnis der letzten Ereignisse in Hitler  - Deutschland  . Ungewöhnlich interessant und aufschlußreich

Konrad Heiden  :

Geburt

des dritten Reiches

Geschichte des Nationalsozialismus bis in die neueste Zeit Hier hat wohl zum erstenmal ein ent­schiedener Gegner des Nationalsozialismus versucht, Entstehung und Aufbau des nationalsozialistischen Staates so zu sehen, wie sie sind; also weder so, wie die meisten Gegner des Nationalsozialismus ihn am liebsten sähen, noch so, wie er selbst ge­sehen zu werden wünscht.

Es kam dem Verfasser in diesem Buch darauf an, in größtmöglichster nüchterner Klarheit die gewaltigste politische Sug­gestion zu schildern, die unser Zeitalter kennt.

Niemand wird künftig über das Problem des Nationalsozialismus mitsprechen dür­den, der dieses Buch nicht gelesen hat. Preis des 272 Seiten starken Buches: Kartonier! 25,- Fr. Leinenband 35,- Fr.

Buchhandlung der Volksstimme

Saarbrücken 3:: Bahnhofstraße 32 Neunkirchen:: Hüttenbergstraße 41

Amsterdam, 11. Juli. Jm Schnellverfahren sind am Mitt­woch in Amsterdam   die ersten Aburteilungen von Teilnehmern an den Tumulten erfolgt. Hierbei fiel die schnelle Urteilsfällung, die der Polizeirichter sofort im Anschluß an die mündliche Vernehmung aussprach, und die Härte der verhängten Strafen auf. So wurden zwei junge Leute, die lediglich nach einer Polizeipatrouille einen Stein geworfen hatten, der noch dazu sein Ziel verfehlte, zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewäh= rungsfrist verurteilt. Vier andere Festgenommene, die an Plünderungen von Geschäften teilgenommen haben, er­hielten die gleiche Strafe, die höchste Strafe, die der allein urteilende Polizeirichter überhaupt verhängen kann.

Der Reichslügenmeister

Paris  , 13. Juli.

Unter der Ueberschrift Ein Lügner von Beruf" schreibt Paris- Midi": Gewiß hegen die Franzosen feine besondere Sympathie für Herrn Goebbels  , wenn er den ausländischen Journalisten den Krieg erklärt, wobei man aber nicht verkennen dürfe, daß für einen deutschen   Patrio­

ten die durch die Ausländer gegen das Reich geschleuderten

Verleumdungen" verlegend wirken müssen. Sicher sei wohl, daß einzelne dabei die Grenzen des Ueblichen überschritten haben und wohl den Beinamen Lügner von Beruf" ver­dienen, den ihnen Herr Goebbels   angehängt habe.

Ein packendes Beispiel für einen solchen Lügner von Be­ruf sei folgendes: ein Oesterreicher, von Beruf Anstreicher, hat soeben ein recht häßliches Gemälde von all denen ent­worfen, die gestern noch die allmächtigen Herren in Deutsch­ land   waren. Indem er keinerlei Bedenken hatte, das Scham­gefühl seiner Leser zu verletzen, schleuderte dieser improvi­fierte Journalist" die gemeinsten Schmähungen gegen die Führer, die von der ganzen deutschen   Jugend verehrt wor= den waren.

Als frecher Lügner, der er ist, versicherte er, daß diese Menschenfänger nur daran dachten, aus dem Vollen zu leben, und aus der Parteikasse die Gelder schöpften, die sie für ihre Orgien nötig hatten. Er zögerte nicht, den natio­nalsozialistischen Stabschef zu beschmußen, in dem er die üppigen Mahlzeiten der braunen Führer dem Elend des deutschen   Volkes gegenüberstellte.

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Noch mehr wir wollen jetzt nicht diese Schmutzereien noch einmal wiederholen, er ist so weit gegangen, gegen die Abgötter der Hitlerjugend   die schmierigsten Anklagen zu verbreiten. Er hat diese Führer abgemalt mit einem in

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Bestien drüben und hüben

Von Otto Bauer  

Hitler   hat seine Obersten ohne Gehör und Gericht ermorden lassen. Die Welt sieht sich schaudernd zurückgeworfen in die Zeiten Richards III. oder Jwans des Schrecklichen. Alle Kulturmenschen sind entsetzt.

Unter den Entsetzten fehlen auch die faschistischen Macht­haber Desterreichs nicht. Dollfuß   schreit, so weit komme man, wenn man sich auf nichts als auf die Gewalt stützt. Starhem­berg flagt, daß die Grundsätze des Rechts in Deutschland  nicht mehr gelten.

Indessen windet sich im Gefängnis des Landesgerichtes in Wien   ein Mann in Krämpfen- ein Mann, den und dessen Werk Europa   fennt. Der Mann ist Karl Seitz  , von 1918 bis 1920 Präsident der österreichischen Republit, später Bürger­meister des roten Wien  .

Seitz   ist ein franker Mann. Er leidet seit vielen Jahren an einem schweren, schmerzlichen Magenleiden. Sein Zustand hat sich im Gefängnis bedrohlich verschlimmert. Er hat sieben Kilogramm an Körpergewicht abgenommen. Er leidet an schweren Krämpfen, die seinen Körper schütteln. Die Fort gefährdet sein Leben. dauer der Haft, die nun schon beinahe fünf Monate dauert,

Was soll man mit dem Manne anfangen? Ihm endlich den Prozeß machen? Die Regierung wird es nicht wagen, Seih öffentlich auflagen zu lassen. Da würde die Welt allzuviel erfahren. Das würde eine noch ganz andere Weltsensation als der Reichstagsbrandprozeß. Seiß auf freien Fuß sezen? Unmöglich. Seiß ist der populärste Mann Wiens. Seine Po­pularität ist durch die tapfere Haltung in der Gefangenschaft noch größer geworden. Erschiene er auf der Straße, so wür­den sich Tausende ansammeln, um ihn zu begrüßen. Jeder Spaziergang würde zu einer Massendemonstration gegen das Regime.

So bleibt Dollfuß   keine Wahl: er kann Seit weder an­flagen lassen noch aus der Haft entlassen. Er muß ihn in der Untersuchungshaft zugrunde gehen lassen.

Allerdings gäbe es noch eine Möglichkeit, die erörtert worden ist. Man könnte den offenkundig haftunfähigen Mann in seiner Wohnung fonfinieren. Aber Dollfuß   haßt Seiß von früher her, wie boshafte Zwerge wohlgewachsene Männer hassen. Wozu sollte er ihm eine solche Begünstigung ge­währen?

Die faschistische Gemeindediktatur Wiens   hat die Miet­zinse für die 60 000 Mieter der von der roten Gemeindever­waltung erbauten Gemeindewohnungen erhöht. Die Mieter demonstrierten in Riesenversammlungen. In jeder dieser Versammlungen tosten minutenlang die Rufe: Hoch Seiß! Nieder mit Dollfuß  !" Das muß gerächt werden. Seiz muß im Gefängnis zugrunde gehen.

Entrüsten wir uns also über die Mörder in Berlin  ! Sie lassen ihre Opfer nachts von ihren Knechten überfallen und hinschlachten. Der milde, christliche, zivilisierte Faschismus in Desterreich tut so etwas nicht. Er läßt seine Opfer im Gefängnis langsam in Krämpfen zugrunde gehen.

Dabei fließt kein Blut. Die Hüter der europäischen   Zivili­sation bleiben beruhigt. Sie entsetzen sich über Hitler  . Sie helfen Dollfuß in Anleihekonvertierung und, politischer Unterstützung.

Das bedrohte Oesterreich  

Französische   Sorgen um seine Selbständigkeit

Der Intransigeant" nimmt zu dem neugebildeten öster­reichischen Kabinett Stellung und meint, Dollfuß habe des halb die wichtigsten Ministerien in seiner Hand vereinigt, um gegen die nationalsozialistischen Terroraktionen mit aller Macht einschreiten zu können. Mit Besorgnis ist das Blatt deshalb erfüllt, weil der österreichische Gesandte in Deutsch­ land   Dr. Tausch iz zum Unterstaatssekretär ernannt wor den sei, ohne daß man für seinen Berliner   Posten einen Nachfolger bestimmt habe. Wenn, wie auch daraus hervor gehe, die Beziehungen zwischen Deutschland   und Oesterreich immer gespannter geworden seien, so handele es sich feines­wegs um eine ausschließlich österreichisch- deutsche   Frage. Alle friedlich gesinnten Völker müßten sich gegen einen Standal wenden, wie das nationalsozialistische Terrortreiben in Desterreich ihn bedeutete. Dieses Treiben stelle eine flagrante Verlegung des Völkerrechts dar. Alle Nationen Europas  . seien interessiert an der Aufrechterhaltung der österreichischen Unabhängigkeit. Sie könnten nicht zulassen, daß Hitler ein fremdes Land unter Terror halte, weil dieses Land seine Unabhängigkeit nich opfern wolle.

Der Völkerbund sei zur Intervention berufen. Warum tue Dollfuß   nicht die nötigen Schrittee, um den Völkerbund zum Eingreifen zu veranlassen? Er solle nicht auf diejenigen hören, die sich nicht trauen, die Verantwortung zu über­nehmen oder die ein Interesse daran haben, daß Oesterreich sich alles geduldig gefallen lasse.

Dreck getauchten Pinsel wie sie die heranreifende Jugend BRIEFKASTEN

verðarben, die ihnen als Garde diente und wie sie ihren ungeheuren Einfluß benutzten, um diese jungen Leute zu schänden.

Man müsse wirklich schlechten Glaubens sein, wenn man leugnen wolle, daß diese abscheuliche, pamphletische Kund­gebung des Reichsfanzlers ein. furchtbares Echo gefunden und ganz Deutschland   ungeheuer diskreditiert habe.

Wenn deshalb, so schließt der Artikel, Herr Goebbels   jetzt die Ausweisung dieses berufsmäßigen Lügners fordert, der Adolf Hitler   heißt, dann können wir diese Forderung nur billigen.

Braune Literatur

wird beschlagnahmt

Am Mittwoch sind die drei größten illustrierten Zeitungen der NSDAP.  , die Braune Post"( mit etwa einer Million Auf­lage), Der SA.- Mann"( die offizielle Zeitung für die SA  .) und die Leipziger Illustrierte Zeitung  " beschlagnahmt wor= den, weil sie auf Anordnung des Herrn Goebbels am Vor­abend des 30. Juni einigen jetzt ermordeten nationalsozia= listischen Führern begeisternde Artikel widmeten und weil sie weder die Zeit noch die technischen Mittel hatten, diese Lob­gefänge wieder verschwinden zu lassen. Und uns will man weismachen, ohne irgendeinen Beweis, daß wirklich ein Komplott bestanden habe.

Werbt für die Deutsche Freiheit"!

Th. R., 3ng. Sie schreiben uns: Ich habe Sie einst kritisiert, weil sie die Kirche gegen Hitler   in Schutz nahmen und habe es lange nicht begreifen können. Heute sehe ich, Sie hatten recht. Gegen ein Gift wie Hitler   ist alles recht, selbst ein Gegen gift, das mir an sich nicht symphatisch ist. Jetzt ist es so, daß überall, wo man Widerstand erstehen lassen fann, man alles tun muß, die Träger des Widerstandes zu erhalten. Ich werde Sie also deswegen in Zus  funft nicht mehr mißverstehen." Ihre wachsende Erkenntnis freut uns. Wir übrigens möchten die Religionen nicht schlechthin als Gegengift" bezeichnen. Daß es in den Kirchen trostlos aus­sieht, können Sie immer wieder bei uns lesen.

Europäische Hefte" Nr. 13 soeben erschienen: Wilt Schlamm: Lebt Hitler  ? Bernhard Menne  : Am Vorabend bei Krupp  . Das Ausland spiegelt sich selbst. Mar Bergner: Einige Folgen. Heinrich Mann  : Propaganda. Walter Grohmann: Ein österreichisches Schicksal. No­tizen, Umschau. Europäische Hefte", Redaktion und Verlag Prag II, Vodickova 34.

Aus Fürth  ". Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das war uns entgangen. Es ist uns schon aus Rücksicht auf unsere Magen­nerven nicht zuzumuten, die ganze Streicherpresse von Anfang bis zum Ende durchzulesen. Also wir haben übersehen, daß Julius Streicher   dem Kulturverein von Fürth   ein großes Bild mit der eigenhändigen Widmung gestiftet hat: Ohne Lösung der Juden­frage keine Erlösung des deutschen   Volks. Streicher." Dem Kulturverein!- Man erinnert sich an das Wort des Mephisto­ pheles   in Goethes Faust: Auch die Kultur, die alle Welt beleckt, hat auf den Teufel sich erstreckt."

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Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler; für Inserate: Otto Kub n in Saarbrücken  . Rotationsbrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH, Saarbrüden& Sügenstraße- Sließfach 776 Saarbrüden

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