Die nationalsozialistische Bewegung wurde von Anfang an auf dem Fememordgedanken systematisch aufgebaut und jeder, der in die SA. eintrat, afzeptierte stillschweigend den
11 der Organisation Consul : Berräter verfallen, der Feme ". Unter der Parole, daß das Prestige der SA. und der Bewegung um jeden Preis erhalten werden müsse, fand jeder in der SЯ. es als selbstverständlich, daß zwischen Licht und Dunkel die harmloseren Verräter mit einer gehörigen Abreibung und die gefährlicheren Verräter mit Todesangst eingeschüchtert oder aber umgelegt wurden.
Und so wurde der sogenannten Nachrichtenabteilung( Spio: nage) als ganz selbstverständlich das Recht eingeräumt, dieses ungeschriebene Gesetz zu kontrollieren und nötigenfalls zu vollstrecken. Man hütete sich wohlweislich, den Truppsührern zur besonderen Verwendung genaue Mitteilungen zu geben, man gab einen Wint, blinzelte dem Truppführer zu, der wußte Bescheid und führte den Auftrag aus.
Aus der Praris:
Der Führer des Nachrichtertrupps der Standarte 81 ist der Sturmführer Steinbacher, Frankfurt a. M., Klingerstraße 23. In seinen Händen laufen alle die Fäden wirklicher und an= geblicher antifaschistischer Bestrebungen zusammen. Eine sorgfältig geführte Kartei aller im Standartenbezirk Verdäch= tigen, eine genaue Nachweisung ihrer politischen Vergangenheit, ihre Fotografien, usf., befinden sich in der früheren Elisabethenschule, dem jetzigen Standartenheim Börsenstraße. So stellt diese Instanz eine politische parteiamtliche Kontroll= stelle etwaiger Feinde" des Systems dar. Die einzelnen Abteilungen umfassen Kommunisten, Sozialdemokraten, Sonftige linke Splittergruppen, Schwarze Reaktionäre( ehemalige Offiziere), Radikale Splittergruppen von rechts, Juden usf.
Am 5. 8. 1938 tam der Sozialwart der Standarte 81, Rudin, mit dem ehemaligen Sozialwart Gietl zu dem Nachrichtentrupp 81 und überbrachte ein per Post bei Gietl eingelaufenes Flugblatt, in dem u. a. veröffentlicht wurde, daß in Breslau die Polizei acht SA. - Leute erschossen hätte. Sofort wurde der Kontrollapparat in Bewegung gesetzt und der Verdacht fiel auf den ehemaligen Oberleutnant Karl Haberkorn', der in den Karteien als start rechtsradikal vermerkt war, obwohl Haberkorn seit 1930 aktiv in der SA. tätig war. Haberkorn führte damals den Sturm 30/81 und wurde in der ganzen Standarte gefürchtet, weil er als ehemaliges Mitglied der Organisation Consul als äußerst gewalttätig bekannt war. Zudem besaß er( aus früheren intimen Dienstleistungen in dieser Eigenschaft) einflußreiche Freunde( in der Umgebung Röhms), die ihn nötigenfalls decken konnten. Der Truppfährer Ludin gab dem Sturm= führer des Nachrichtentrupps Steinbacher den bekannten Wink und erklärte, daß von oben die Beseitigung Haberkorns gewünscht würde, da Haberkorn den Austraa habe, den Gruppenführer, Polizeipräsident Beckerle, und den Standartenführer Wehner umzulegen, weil Beckerle und Wehner den vorhergehenden Polizeipräsidenten von Frankfurt am Main General v. Westrem, durch groß angelegte Intrigen von seiner Stellung geschafft hätten. Da von dem Nachrichtensturm die Verbindung Haberkorn mit den oberen Dienststellen gefürchtet wurde, ging der Nachrichtenführer Steinbacher folgenden Weg:
Am 7. Auguft wurde der Befehlsvervielfältiger Robert Schlimgen, SA.- Mann( früber Kommunist) von der Straße weg verhaftet, auf die Standarte 81 verbracht und dort sofort granenhaft verprügelt und mehrfach mit dem Leben bedroht, indem man ihm die Revolver an die Stirn setzte und mit Er= schießen bedrohte. Man warf ihm vor, hochverräterische Flugblätter hergestellt und verbreitet zu haben. Da Schlimgen sich feinerlei Schuld bewußt war, beteuerte er seine Unschuld. Von neuem fielen die von dem Nachrichtensturm gestellten Bestien über ihn her und schlugen ihn nieder. Schon glaubte man mit der Prozedur zu weit gegangen zu sein, da holte der Scharführer Doll einen Eimer Wasser und schüttete ihm denselben über. Daraufhin gab Schlimgen wieder schwache Lebenszeichen. Er wurde in den Keller der Elisabethenschule( dem Standartenheim) gebracht, wo man ihn
in ein dunkles Abteilung schaffte. Dort verbrachte er volle acht Tage auf Säcken, ohne Klosett, nur ganz mangelhaft ver: pflegt, in vollständiger Dunkelheit. Starrend vor Schmutz und Dreck, an vielen kleineren und größeren, zum Teil eitrigen Wunden entzündet, ließ man ihn am 15. August 1933 eine Stunde aus dem Kerfer. Im Hof der Elisabethenschule kam der Nachrichtentrupp führer Steinbacher, eine sittlich verwahrlofte Verbrechernatur( Doppelgänger, auch äußerlich, von Göbbels ), auf den Schlimgen zu, redete ihn sehr freundlich an, anzugeben, von wem er den Auftrag habe, dieses Flugblatt herzustellen und ob er denn nicht endlich" bekennen wolle, daß er vom Haberkorn den Auftrag habe. Ihm wurde gesagt, man wüßte alles und er( Schlimgen) fei ein Esel, daß er das nicht gleich gesagt habe, denn er hätte teine Strafe zu gewärtigen, da er doch auf Befehl Haberkorns gehandelt hätte. Er, als Untergebener Haberkorns, hätte den Befehl doch ausführen müssen uff.
Der verdußte Schlimgen wollte dies anscheinende Mißverständnis aufklären und sagen, daß er ja gar nicht der Hersteller des Flugblattes sei. Auch von Haberkorn feinen Befehl bekommen hätte. Da fuhr ihn Steinbacher giftig an und sagte zu ihm:„ Wenn du schon wieder lügst, dann bist du in einer Stunde ein toter Mann" und mit Liſtigem Augenzwinkern fügte er hinzu: Begreifft du denn nicht, daß es nur um Haberkorn geht?" Da begriff, mit gesenftem Kopf, Schlimgen und beschuldigte Haberkorn und einen weiteren SA.- Führer des Hochverrats( auf dem die Todesstrafe ruht). Er erklärte eidesstattlich freiwillig" dieses Geständnis gemacht zu haben. Der mitbeschuldigte SA - Führer wurde ver= haftet, dem Beschuldigten Schlimgen gegenübergestellt und der zu Tode geängstigte Schlimgen bestätigte die Beschuldigung. Auch der verhaftete SA.- Führer, dessen Name später noch genannt wird, wurde in Dunkelhaft verbracht und mehrfach mit Erschießen bedroht, wenn er nicht Haberkorn beschuldige. Listiger wie der arme Schlimgen, verfaßte er eine doppelsinnige Erklärung und bekam das„ Ehrenwort" Steinbachers, daß er nach der Abgabe seiner Erklärung gegen Abend entlassen werden sollte, ja daß ihm eine Beförderung unbedingt sicher sei. Als der SA.- Führer auf die Sache einging und der Sturmführer Steinbacher, in dem guten Glauben einen Lumpen von seinem Schlage vor sich zu haben, offen zugestand, daß es nur darauf anfäme, glaubwürdiges" Material gegen Haberkorn in Händen zu haben, da bewirtete ihn der Kollege von der anderen Fakultät aufs Herzlichste und schärfte dem SA.- Führer noch einmal ein: unbedingt bei der gemachten Aussage zu bleiben, andernfalls fönne er ihm Brief und Siegel geben, daß er, der„ SA.Führer", umgelegt würde.
Gegen Abend wurde Haberforn verhaftet, d. h., nachdem der SA.- Führer ihn des Hochverrates beschatldigt hatte. Nun erst wurde das Dreigestirn: Schlimgen, Haberforn und der SA.- Führer der Geheimen Staatspolizei Frankfurt am Main übergeben. Sofort widerrief der Schlimgen seine Beschuldigungen, nachdem ihm von dem SA .- Führer der ganze Sachverhalt flar gemacht worden war, und weiterhin deutete der A.- Führer seine Beschuldigungserklärung, d. H. er wies nach, daß er eigentlich gar nichts gegen Haberkorn ausgesagt habe und beantragte sofort eine Tantersuchung des infrimierten Flugblattes, zum Beweis, daß dasselbe überhaupt gar nicht auf dem Apparat des Schlimgen hergestellt worden sei.
Und wirklich stellten die Sachverständigen einwandfrei fest, daß das Flugblatt nicht von dem Apparat Schlimgens war. Weiter gelang es die künstlich zusammengetragenen Beweismittel" zu zertrümmern, so daß praktisch Schlimgen und Genoffen schon nach 3 Tagen hätten entlassen werden müssen. Aber Steinbacher gab nicht nach; denn ein freige= Iassener Saberkorn bedeutete: umgelegt" zu werden. Darum häuften sie Beschwerde auf Beschwerde gegen denselben und doch fam er feinen Schritt weiter. Da entschloß sich der hohe Rat unter Vorsitz des Polizei präsidenten Beckerle ( der angeblich umgelegt werden sollte), einen Geniestreich gegen Haberkorn zu führen. Man ent
ließ ihn aus der Schutzhaft, schickte ihm einen Haufen„ gutes Freunde", die ihre" Sympathie" ihm gegenüber ausdrückten und richtig: Haberkorn fiel darauf rein, drohte diesen Kreaturen, er wolle ihnen den Arsch aufreißen" und nun wurde er zum zweitenmal verhaftet wegen Meuterei und Aufwiegelei( worauf auch die Todesstrafe ruht) angeklagt.
Der SA- Führer war indessen nicht müßig gewesen. Er hat in einer umfangreichen Denkschrift der obersten S.Führung und zugleich dem Oberreichsanwalt flaren Wein eingeschenkt und ließ durch einen Verbindungsmann persön= lich die Darstellung übergeben. Die oberste SA.- Führung forderte von dem Oberreichsanwalt einen Bericht an und dieser, dadurch unsicher geworden, verfügte durch den örtlichen Richter die Freilassung des SA .- Führers. Um 10 Uhr des 30. 11. 33 entließ man den SA.- Führer, der sofort Frank furt verließ, um in München persönlich die unhaltbaren Untersuchungsmethoden unter Beweis zu stellen. Sofort nad dem Bekanntwerden der Haftentlassung des SA .- Führers rafte der gesamte Nachrichtensturm in Frankfurt herum, ut den mit gefährlichem Wissen belasteten SA.- Führer wieder einzufangen und dann umzulegen. Aber der war mit dem Dienstwagen eines Arbeitsdienstgruppenfommandeurs auf dem Weg nach München .
Auch Haberkorn war mittlerweile freigelassen worden, und in Heidelberg , vielmehr in Schriesheim . Bei einem Trupp führer der SS . trafen dieselben sich und verhandelten dort wegen der weiteren Maßnahmen um diese Eiterbeule. Sid tamen überein, in München das gesamte Material dent früheren Kameraden Bernhardt, der in der nächsten Um gebung des obersten SA .- Führers war, zu übergeben und unbedingt die Entlassung des Polizeipräsidenten Beckerle in Frankfurt , samt seiner creaturen, zu verlangen. Es wuria dem Polizeipräsident Gefangenenmißhandlung, Erpressun übelster Art, Artendiebstähle, Urkundenfälschungen, Meineid in der Mordsache Hans Handwerk usf., durch Urkunden, eidess stattliche Versicherungen und Zengenangaben einwandfrei nachgewiesen. Da das Material erdrückend war, wurde dasselbe dem Herrn Ministerpräsidenten Hermann Göring , deisen Untergebener der Polizeipräsident war, zugeleitet zun Stellungnahme.
Diefer tapfere Kamerad Bernhardt hat diesen Freund " fchaftsdienst mit seinem Leben bezahlen müssen, denn er wurde auf die vichischste Art am 1. Juli 1934 in München in der Pestalozzistraße verhaftet und erschossen.
Der Oberleutnant Haberkorn ist ebenfalls spurlos ver schwunden und der genannte SA- Führer ging rechtzeitig durch Verschworene" gewarnt, in einen spizzelsicheren Unter stand und dann über die Grenze.
Ich verfichere diese Angaben an Eidesstatt und bin bereit diese Angaben jederzeit vor Gericht zu beeiden. So sah das Material aus, das sich oben, in der A.- Führung und in allen anderen Einflußzentren angesammelt hatte und ich bin in der Lage, mindestens 60 derartige ungeheuerliche Fälle anzugeben.
Als in Frankfurt die Mordserie bekannt wurde, versteckten sich sowohl der Herr Polizeipräsident, wie der Herr Steinbacher und ungezählte andere. Die Halbgötter glaubten ihr letztes Stündlein sei gefømmen und empfanden es als ein Wunder, daß nicht die gefaßt wurden, die wirklich schuldig waren, sondern die, die aus einem letzten Rest von Gerech tigkeitsgefühl gegen das System Front machen wollten.
Mit verdoppeltem Eifer widmeten sie sich nun der Verfolgung. Schnell wurden aus der berühmten Kartei etwa 200( von allen Sorten) herausgegriffen und so die Frank furter „ eiserne Gerechtigkeit" erneut unter Beweis gestellt. Und am 2. 7. 1984 schickte der so schwer belastete Polizeipräsident von Frankfurt dem„ obersten Richter" ein Dankestelegramm und versicherte seine Ergebenheit. Kein Wunder, das belastende Material ist sichergestellt, die Mitwisser zum Teil getötet und der Zusammenbruch wieder mal auf einige Monate hinausgeschoben.
Aus des dritten Reiches" Alltag
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Ein Sturmführer erzählt
Täglich finden sich bei uns Nationalsozialisten aus dem ,, dritten Reiche" ein, die entweder für immer oder nur vorübergehend dem Hitlerreiche und seinem Blutkanzler den Rücken gefehrt haben und die darauf brennen, den Bewohnern des Saargebiets eine Schilderung der fraurigen Zustände zu geben. Ein gestern erschienener Sturmführer berichtet folgendes:
Um es gleich vorweg zu sagen: ich schreibe als alter ehemaliger Nationalsozialist und SA .- Führer. Mein einstiger intensiver Rampf um den Sieg der nationalsozialistischen Bewegung erlegt mir heute, insbesondere nach den Ereignissen des 30. Juni die Pflicht auf, den Kampf gegen die Männer zu führen, hinter denen so viele prächtige Idealisten einst in gläubigem Vertrauen marschierten. Ueberwältigt von der Erschütterung der letzten Ereignisse und enttäuscht durch das tieftraurige Ergebnis eines so langen opferreichen Kampfes stehen heute unzählig viele drüben im Reich unentschlossen, aber voll erbitterter Abneigung den skrupellosen Machthabern gegenüber. Es ist unwahr, daß nur ein kleiner Preis ehrgeiziger Gesellen der Reichsregierung und insbesondere den ungeheuerlichen Methoden ihres Regimentes feindlich gesinnt sein soll.
Wahr ist vielmehr,
daß der größte Teil des Volfes, einschließlich ein großer Teil ehemaliger und bester SA.- Leute, den dringenden Wunsch nach einer Aenderung der unerträglichen Verhältnisse äußert. Es ist nur bezeichnend für die beispiellose Verbreitung des Spitzel- und Denunziantentums, wenn die überall und auf allen Gebieten ins unermeßliche wachsende Unzufriedenheit nur flüsternd und bei geschlossenen Fenstern- und dann auch nur den verschwiegenen Freunden und Be kannten mitgeteilt wird. Es sei darum hier meine Aufgabe, ein offenes Wort zu sprechen, um den Saarländern einen absolut wahrheitsgetreuen Einblick in die wirklichen Verhältnisse im Reiche zu geben.
Wenn man vom Reiche nach Saarbrücken hereinkommt ,, ist es interessant zu beobachten, wie sich die Zeitungen der verschiedenen Fronten gegenseitig der tollsten Verlogenheit bezichtigen. Auf der einen Seite unternimmt man fortwäh" end Griffe in die Lügenfiste der Sevaratistenpresse", um
seine Mitläufer mit solchen Griffen auch gleicherzeit gegen gefährliche Wahrheiten aus der„ Separatistenpresse" zu immunisieren. Auf der anderen Seite wirft man der gleichgeschalteten Presse ganz allgemein vor, daß fie fein wahres Wort herausbringe.
Dazwischen steht nun der bedanernswertie Lefer mit seis nem Wunsch nach Wahrheit und Klarheit. Fast könnte man belustigt sein über die flitige Handbewegung und die leichtsinnige Fronie, mit der die gesamte Presse der deutschen Front" um die wahrhaft katastrophalen Verhältnisse im Reiche herumgeht, wenn man nicht die tiefe Tragif begriffe, die angesichts dieser Tatsache alle diejenigen erfüllen muß, die wahrhaft ehrlich die Wahrheit zu erfahren wünschen, um am 13. Januar mit gutem Gewissen ihre Entscheidung zu treffen. Daß diefe Entscheidung eine eindeutige deutsche sein wird, ist wohl ohne Bedenken offenbar. Allein es geht am 12. Januar um die Entscheidung für oder wider den Nationalsozialismus; und aus diesem Grunde sollte mit einer fortwährenden Aufklärung über die tatsächlichen Verhältnisse im nationalsozialistischen Reich nicht zurückgehalten werden. Ich selbst habe lange Zeit um der Sache" willen geschwiegen, zog mich als Sturmführer der A. zu= rück und schwieg, auch wenn beste Menschen um der Sache" willen zu Grunde gingen.
Heute führe ich weder als kritikaster noch als Miesmacher die Feder, sondern lediglich aus tief innerer Sorge um das Schicksal so vieler prächtiger deutscher Menschen und aus dem Wunsch, das Saarvolk vor einer schweren Gefahr und einer ungeheuerlichen Enttäuschung zu warnen.
Ich darf mir das Recht zum schreiben nehmen, weil ich es mir einst im Kampf Schulter an Schulter mit meinen Sameraden im Braunhemd unter Opfern an Freiheit und Blut erworben habe. Der Umstand, daß man, besorgt um die Freiheit und Gesundheit der Angehörigen und Freunde im Reiche, anonym zu schreiben gezwungen ist, dürfte einigermaßen den Terrorismus von drüben kennzeichnen. Nicht aus Feigheit und Sorge um meine Person verschweige ich meinen Namen, sondern allein aus der Geroißheit,
daß Angehörige und Freunde im Konzentrationslager oder in sonst einer Gefängniszelle für die Verbreitung der Wahrheit durch mich zu büßen hätten!
Ich weiß, daß man in der deutschen Front" gegen solche Behauptung wie gegen eine Greuelhezze aufbegehren wird. Aber das geschieht nur noch hier im Saargebiet; im Reich schweigt man schon beim Bekanntwerden immer neuer Fälle, fieht sich stumm an
und hofft nur selbst ungeschoren durchzukommen( was für anitändine Menschen äußerst schwierig ist). Warum ich nicht im Reiche spreche? Es gibt hier in der Tat noch Leute, die so fragen und die damit beweisen, wie fremd sie der braunen Wirklichkeit gegenüberstehen. Ihnen darf ich aber erwidern, daß ich als Nationalsozialist einst die Gefängniszelle gespürt habe und ich es meinen ehemaligen Gefährten ersparen möchte, mich nun von ihnen selbst hineinstecken zu lassen. Und außerdem: in meiner damaligen Haft wurde ich bestens behandelt, während man heute von sadistischem Gesindel es sich gefallen lassen muß, übel zugerichtet zu werden. Mir find etliche ganz
tonkrete Fälle
bekannt! Nicht allein unpolitische Zivilpersonen oder„ Reaktionäre, sondern selbst SA.- Leute werden solcher Austreibung der bösen Geister" unterzogen. Diese Dinge sind alltäglich und können jeden Tag jedem einzelnen passieren, der fich nicht gut genug auf eine übergroße Vorsicht versteht. Die fast täglichen Sammlungen erregen schon längst größ ten Unfrieden. Was an„ freiwilligen" Spenden verlangt wird, kommt einer ungeheuren Steuererhöhung gleich. Als solche werden diese Spenden selbst schon von eingefleischten Pgs. bedrückend empfunden. Der Spende zu entgehen ist größtenteils unmöglich. Mir ist bekannt, daß ein alter Mann, der in unbeschreiblich frecher Weise zum Geben aufgefordert wurde und der deshalb seine Weigerung aussprach, wenige Augenblicke später in Haft abgeführt und elend zugerichtet wurde! Außerdem ist mir bekannt, daß eine schwer arbeitende Frau auf ein winziges Sonntagsvergnügen verzichten mußte, weil sie aus Furcht vor der Liste" am Morgen die legten Groschen in die Sammelbüchse drohender SA.- Leute geworfen hatte. Dieser letzte Fall sei nur zur Demonstration der allgemeinen Verängstigung angeführt. Es ist wirflich so weit, daß die Leute gezwungen sind, den Herren Pgs. und A.- Leuten gegenüber ein freundlich wohlwollendes Geficht zu zeigen,
nm nicht in den Verdacht zu geraten, ein„ Boltsfeind" zu fein!
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Das ist die Freiheit!
Allerdings eine Freiheit, wie sie viele alte Mitfämpfer, die heute längst nicht mehr im Braunhemd stecken. nicht geahnt haben. Freiheit und Brot!" Wo das Brot gegessen wird konnte das Volk am 30. Juni erfahren. Mit verhaltenem Groll sehen die unzähligen Betrogenen die elegantesten