" Deutsche Freiheit", Nr. 179

Das bunte Blatt

Pariser Bilderb

Buster Keaton   auf der Terrasse- Der Held des Pedals Duell um eine schöne Kreolin

Wer neulich, so zwischen vier und fünf nachmittags über die Champs Elysees   ging, der konnte, während er an den vielen Cafes vorbeispazierte, eine fleine Ueberraschung er­leben. Wer saß da auf der großen Terrasse, tranf seinen Kaffee und blickte fast versonnen auf den Betrieb der Straße? War das nicht Buster Keaton  , der amerikanische Filmheld? Ja wirklich, das war er, dieser Schauspieler, dessen Ruhm sich darauf gründet, daß er niemals lacht und darum die andern zum Lachen bringt. Und wer hätte nicht schon über ihn gelacht, über dieses verknauscht ernste Gesicht, über diese kleine bewegliche Gestalt, über diesen sozusagen steinernen Humor, der manchmal gar nicht ohne Hintergrund mar!

Man hat ihn schon lange nicht im Film gesehen, wohl seit­dem die Leinwand sprechend geworden ist, und jetzt also ist er in Paris   angekommen, um nach langer Zeit wieder einen Film zu drehen. Er ist im Interesse der Reklame, natürlich ganz geheimnisvoll in Paris   eingetroffen, er ließ sich von feinem Reporter sprechen, und schon hatten sich die üblichen Legenden um ihn gebildet, daß er sich den ganzen Tag in einem Hotelzimmer einschließe, daß er nur immer in seinem Zimmer auf und ab laufe und nach Einfällen für seinen Film suche, solche und ähnliche Scherze wurden bereits in die Zeitungen lanciert.

Nun saß er also auf einer Terrasse, mitten auf der größten Straße von Paris  , und die zweite Ueberraschung war, daß eigentlich kaum jemand Notiz nahm. Er saß da, mit seiner Frau, ein Gast unter vielen. Der vernünftige Pariser macht den beliebten übermäßigen Rummel um die Filmstars nicht mit, und das mit einigem Recht, denn es gibt ja wahrhaftig auf dieser Welt noch andere, größere Helden, denen der Lor­beer des Ruhmes mindestens so zusteht wie den Herren der Leinwand.

Aber man erzählt sich doch bereits einiges über den Film, den Buster Keaton   in Paris   machen wird. Der Knalleffekt soll sein, daß er entgegen all seiner Gewohnheit diesmal

lachen wird, und der Film soll sogar Buster lacht" heißen. Man erzählt sich weiter, daß der gute Buster bereits vor Beginn des Films in ein dunkles Nez von Finan= zierungsgeschichten geraten ist. Geschichten, die ja leider in der Filmindustrie häufig vorkommen. Ein Geldmann des Films war abgesprungen, so heißt es, daher mußte rasch ein neuer gefunden werden, kurz der Tanz ums Geld ist im vollen Gange, bevor Buster überhaupt zum Lachen kommen soll.

Man hörte auch den Namen des Regisseurs, der Buster das Lachen beibringen soll, und da allerdings wird man mehr als skeptisch, ob diesem kaum durchschnittlichen Mann das Kunststück gelingen wird. Doch die Preisfrage, ob Paris   über Busters Lachen lachen wird, hat ja bis zu ihrer Lösung wohl noch etwas Zeit, die Pariser   jedenfalls wer den bestimmt ruhig darüber schlafen!

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Wenn schon von Helden die Rede ist, dann muß unbedingt bon Antonin Magne   gesprochen werden, denn dieser Rad­fahrer ist wirklich so etwas wie ein Held des Tages. Er hat die Tour de France  " gewonnen, diese große Radrennfahrt quer durch Frankreich  , und wer einmal erlebt hat, mit welcher fieberhafter Spannung Paris  , ja ganz Frankreich  alle Etappen dieser langen Sportreise verfolgt, der wird auch verstehen, daß der Sieger sich den Titel eines Helden sauer, doch zu Recht erworben hat.

täglich, fast stündlich durch das Radio und die Zeitungen in allen seinen Kurven registriert wurde. Vom Banfier bis Concierge, alles konnte faum die letzten Ausgaben der großen Boulevard- Blätter erwarten, mit denen die Händler abends laut schreiend durch die Straßen liefen und die das Tagesergebnis der Tour de France  " enthielten. Dieses Schauspiel wiederholt sich in jedem Jahre, die Jahre gehen, die Jahre kommen, die Zeiten ändern sich, aber unverändert bleibt diese große Radfahrt mit ihrem Drum und Dran.

Und dazu gehört natürlich auch die Triumphfahrt des Siegers, der in diesem Jahre eben Antonin Magne   heißt. Die Einfahrtstraßen, auf der die lange Radfahrkolonne nach Paris   hereinfuhr, waren dicht umsäumt von Menschen, und als die Fahrer dann im Parc de Princes   die letzten

Sonntag/ Montag, 5./6. Auguft

Ich hab's gewagt...

Wenn jeder wagte, laut hinauszuschreien, Was tief im Herzen lodernd drängt und treibt, So könnten längst schon Deutschland   sie befreien, Das noch in blutgetränkten Händen bleibt!

Und wagte jeder, den des Unrechts Kraller Erwürgen fast, vom Joch sich zu befrein, Wie würden bald auf lichten Auen wallen, Die jezt mit Frieden sich und Glück entzwei'n...

Ist denn kein Hutten da, der auferstünde, Zu rufen laut wie einst: Ich hab's gewagt!"::? Auf daß Bestrafung werde größter Sünde: Verrat am Volf, der laut zum Himmel klagt!

Wo sind die kühnen, furchtlosen Befreier, Die Deutschland   retteten aus tiefster Schmach? O, lüftet der Vergangenheit die Schleier, Durch die das Licht aus dunklen Wolken brach! Helene Kordon.

Runden gewonnen hatten, da stieg der Jubel mächtig diesem Die Scheidungen in Hollywood  

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Monsieur Magne entgegen, dem Helden des Pedals, und die Ehrungen, die ihn am Abend und am nächsten Tage er­warteten, waren nicht minder groß. Er frühstückte mit vielen berühmten Leuten, er war Ehrengast auf den Re­daktionen fast aller Pariser   Zeitungen, er mußte Auto­gramme geben, die Strapazen der langen Fahrt waren gewiß eine Kleinigkeit, verglichen mit diesen Siegesfeiern! Doch Antonin Magne   zog sich bald zurück, auf ein kleines Häuschen in der Nähe von Paris  , und da wird er sich von seinem großen Ruhm erst einmal gehörig ausschlafen. Er hatte schnell genug bekommen von dem Siegestrubel, die Helden des Pedals sind doch bessere Stars!

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Und mitten im Sommer gibt es dann noch einige Auf­regung über ein Duell, das in einem Vorort von Paris  stattgefunden hat. Ein Bildhauer und ein Diplomat waren die Partner des Zweikampfes, aber über ihre Namen wird strengstes Stillschweigen bewahrt, wie überhaupt für uns alle Einzelheiten dieses Duells geheimnisvoll verborgen bleiben. Aber soviel konnte man erfahren, daß eine schöne Kreolin Anlaß dieses Duells gewesen ist, und daß der Kampf unter den üblichen Formalitäten vonstatten ge­gangen ist.

Aber man hat vor allem etwas über den Ausgang des Kampfes gehört, und das hat wirklich selbst im Zusammen­hang mit einem Duell etwas Versöhnendes. Nach dem Kampf, in dem der Bildhauer sogar verletzt worden sein soll, setzten sich die beiden Gegner zusammen mit ihren Freunden an einen Tisch und feierten bei einer Flasche Champagner Versöhnung  .

Duell mit Champagner, so dicht beieinander wohnen oft Feindschaft und Versöhnung, und man fragt sich nur, ob die schöne Kreolin auch ein Glas mitgetrunken hat

falschgeld mit Humor

Spectator

Die offiziellen Stellen der Schweiz   hatten fürzlich das Publikum aufgefordert, auf falsche Silberstücke von fünf Franken zu achten, die an einem schlecht geformten Buch­staben der Inschrift bemerkbar seien. Einige Tage nach diesem Aufruf lief bei den Schweizer   Behörden der folgende aus Turin   kommende Brief ein: Wir danken Ihnen vielmals für Ihren liebenswürdigen Rat; wir werden dafür Sorge tragen, daß unsere nächste Geldausgabe tadellos ist." Freilich mit Humor, die Herren Geldfälscher haben hoffentlich nur

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Die große Fahrt ist zu Ende, vorbei ist das Fieber, das Galgenhumor!

In den Ateliers von Hollywood   findet man die möglichsten und unmöglichsten Anschriften: Ruhe"," Bitte, die Füße reinigen"," Unsere Zeit ist kostbar" usw. Es fehlt jedoch ein Schild, das man in jedem Studio mehrmals anbringen sollte, mit der Aufschrift: Künstler, heiratet nicht!"

Allein im Jahre 1934 haben ihr gemeinsames Leben auf­gegeben: Sydney For und Charles Beahan, Gloria Stuart  und Gordon Newell, Kay Francis   und Kenneth Mac Kenna  , Jean Harlow   und Hall Rosson, Norma Talmadge   und Joseph Schenk, Joan Crawford   und Douglas Fairbanks   jr., Elissa Landi   und Cecil Lawrence und endlich Katharina Hepburn   und L. Ogden Smith.

Und. das sind nur die Namen der bekannten Stars. Man kann sich wohl denken, daß die weniger berühmten Künstler nicht nachstehen werden, ihre Vorbilder zu imitieren. Das gehört eben zu ihrem Dasein und... zu der für ihren Erfolg notwendigen publicity". Douglas Fairbanks   jr., den man nach den Gründen seiner Scheidung gefragt hatte, antwortete: " Ich puzzte mir die Zähne zu einer Zeit, die Joan Crawford  nicht paßte, und ihr warf ich vor, immer vergessen zu haben, Zucker in meinen Kaffee zu tun." Das sind alles nur Launen, aber bei den Hollywooder Scheidungen gibt es selten schwer­wiegende Gründe, und die ehemaligen Ehegatten bleiben auch nach ihrer Trennung fast immer gute Freunde.

Die wahrhafte Ursache dieser Epidemie, der wirklich Schul­dige: das ist das Studio! Das Leben eines Künstlers in Hollywood   ist unvergleichbar mit einem bürgerlichen Dasein. Wenn die Ehegatten beide im Atelier arbeiten, so sind sie nie zur gleichen Zeit frei, können nie ihre Ferien gemeinsam verbringen, und es stellt sich für sie dieselbe Frage, wie für eine am Tage beschäftigte Frau, die mit einem Nachtwächter verheiratet ist; sie können eben niemals zusammenkommen. Und dann ist das amerikanische Publikum sehr sensations­hungrig: begierig nach Standalen, verschlingt es die Film zeitschriften, die bis in die kleinsten Einzelheiten gehende und oft sehr ungenaue Details über das Leben der Künstler und ihre Intimitäten veröffentlichen und oft hat so eine " Ente" bestimmt schon zu ehelichen Mißstimmungen beigetra gen.

Wenn man die Häufigkeit der Scheidungen in Hollywood  in den letzten Jahren bedenkt, so muß man sagen, daß in der Mehrzahl der Fälle die Geschiedenen sich nichts weiter vor­zuwerfen hatten, und daß sie ihre Ehe eben nur als eine Aera in ihrer fünstlerischen Laufbahn betrachteten. Offen gesagt, warum haben sie dann aber wirklich geheiratet? Claude Arlen

IS

Unsere Töchter, die Nazinen

Roman von Hermynta 3ur Mühlen.

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Die Mutter des jungen Toten zeigte nur eine kleine menschliche Schwäche, die ich so gut begriff.

,, Wenn wir ihn nur nicht auf dem Friedhof begraben müßten," sagte sie mit erstickter Stimme. Wer weiß, wer neben ihm zu liegen kommt."

Auch ich hatte schon diesen Gedanken gehabt und erwiderte nun ein wenig schüchtern:

Ich will Claudia in meinem Garten begraben lassen. Sollen wir nicht die beiden, die zusammen gekämpft haben, die zusammen gestorben sind, Seite an Seite legen?"

Ich wußte wohl, daß man eine Erlaubnis hätte einholen müssen. Aber ich hatte im Morgenblatt der Zeitung eine Notiz gelesen, daß gestern die tapfern SA.- Leute von einer großen kommunistischen   Uebermacht meuchlings überfallen worden waren und in Notwehr zu ihren Waffen hatten greifen müssen. Die feige Bande," hieß es wörtlich, nahm Reißaus, sobald die SA. in die Luft zu schießen begann. Die Rädelsführer dürften über die Grenze geflohen sein."

Es würden bestimmt keine Nachforschungen nach den zwei Toten der großen Uebermacht" angestellt werden. Der Vater runzelte die Stirn.

für wenige Minuten auf dem Grabe aufpflanzte. Bisweilen erklang irgendwo in der Finsternis ein Schluchzen. Der Wind fäuselte leise in den Blättern, die kleinen Wellen des Sees schlugen sanft gegen das Ufer. Schwarz in der schwarzen Finsternis traten verschwommene Gestalten an das Grab, um Abschied zu nehmen. Auf dem Rasen waren die Schritte unhörbar. Es war, als ob alle guten Geister der Menschlich­leit und des Rechts geschwebt fämen, um den Garten zu segnen. Es wurden keine Grabreden gehalten, das wäre zu gefährlich gewesen, nur der alte Mann, der die rote Fahne gebracht hatte, sagte leise, als er sie aus der Erde nahm und wieder versteckte:

" Lebt wohl. Wir werden euch nicht vergessen."

In der Dunkelheit drückten fremde Hände die meinen; ich konnte die Gesichter nicht unterscheiden, aber ich wußte, daß ich zu ihnen gehörte. Und als der alte Mann zu mir trat, ihn erkannte ich an dem gebeugten Rücken und den schlep= penden Schritten, sagte ich:

,, Wenn ihr mich braucht... mich und alles, was ich habe... Ich glaube, ich habe jetzt das Recht, von euch zu fordern, daß auch ich helfen darf."

Sie waren so gut zu mir, diese halb unsichtbaren Gestalten. Am meisten rührte es mich, als der Vater des jungen Toten mir zuflüsterte:

Ich bin Freidenfer, aber wenn Sie ein Gebet sprechen wollen..."

Ich möchte Sie nicht kränken," sagte er leise. Aber mein Ich konnte nur erwidern: Sohn soll nicht in geweihter Erde liegen."

Ich mußte lächeln.

Unsere Toten," meinte ich beruhigend, heiligen selbst die Erde, in der sie liegen. Wir brauchen keinen Priester."

Noch in der gleichen Nacht haben wir die beiden bestattet. Es war eine seltsame Leichenfeier. Kein lautes Wort wurde gesprochen. Aber ein Flüstern erfüllte den Garten. Und immer mehr und mehr Menschen kamen, eingehüllt in die schüßende schwarze Nacht. Ein alter Mann brachte unter jeinem Mantel verborgen eine fleine rote Fahne mit, die er

" Die ewige Gerechtigkeit schüße und hüte euch alle und befreie unser Land von dem Uebel."

Schatten huschten durch die Nacht. Der Garten wurde leer. Nur Frizz und Seppel blieben zurück und glätteten die Erde über dem Grab, damit keiner von den Feinden wisse, wo unsere Kinder liegen.

Am Morgen hätte niemand sehen können, daß unter der jungen Linde zwei Menschen begraben lagen. Aber ich wußte es, und ich blickte zu dem starken jungen Baum empor, der jeine duftenden fnoigenden Arme in den blauen Himmel

reckte, kühn und kräftig, als tönne fein Sturm und kein Bliz ihn vernichten...

Seit jener Nacht sind viele Tage verflossen. Die Linde hat das geheime Grab mit ihren Blättern bestreut, und die ver schwenderische Pracht des Sommers blüht im Garten..

Wir sind abgeschlossen von der ganzen Welt. Keine aus ländische Zeitung fommt in unser Land, wir dürfen nicht wissen, was geschieht. Aber wir wissen dennoch um das Grauen, das die Sommersonne verdunkelt. Wir wissen von den Gefolterten in den Konzentrationslagern, wir wissen von den Auf der Flucht" Erschossenen, von den Leichen, gemordet von unbekannten". Tätern. Wir wissen, was es bedeutet, wenn einer im Gefängnis Selbstmord begeht. Wir wissen, wenn ein Nichtarier in den Tod getrieben wird. Wir wissen, daß ehrliche Priester verschleppt werden. Wir wissen, daß ein Kampf gegen das kleine Desterreich eingesetzt hat, das sich nicht gleichschalten" lassen will.

Quälende Angst verpestet die Luft. Wenn Friz einige Minuten später heimkommt, wenn ich nicht weiß, wo Seppel ist, wenn Kati mich an einem Tag nicht aufgesucht hat... Wie entsetzlich waren die Nächte, da ich sie drei Tage lang nicht gesehen hatte, und weder Frizz noch Seppel etwas von ihr wußten! Ich ging stundenlang im Garten umher; ich wartete zitternd auf das furchtbare Geschrei, das immer etwas Böses verkündet. Ich eilte am zweiten Morgen in ihre Wohnung, aber sie war nicht da. Und ich durfte doch nicht nach ihr fragen. Ich wußte ja nicht, wem ich trauen konnte. Die wildesten Gedanken kamen mir: ich werde zu Hellsdorf gehen, werde ihn erpressen. Es gibt etwas in seiner Ver­gangenheit, das er verbergen will. Ich werde zu Frau Doktor Feldhüter gehen, sie ist eine Frau, sie muß Erbarmen haben. Mit Mühe hielten Friß und Seppel mich von diesen unübers legten Schritten ab. Endlich, in der Nacht des vierten Tages erschien Kati, müde, verstaubt, wie nach einer langen Wan­derung. Sie lachte mich aus, als ich ihr von meiner Sorge um sie erzählte.

" Wir fönnen doch nicht die Hände in den Schoß legen," sagte sie. Wir müssen arbeiten,"

Wortfehung folgt.)