Pariser   Berichte

dus anio buA

Richter, die ein Herz haben Arlette Stavisky darf ihre Kinder sehen

Dienstag abend wurde Frau Arlette Stavisky mit Geneh­migung des französischen   Justizministers aus dem Unter­suchungsgefängnis in eine Privatklinik in einem Vorort von Paris   überführt, um ihr dort Gelegenheit zu geben, ihre Kinder wiederzusehen, die von dem wahren Sachverhalt keine Ahnung haben. Die beiden Kleinen, Claude und Madeleine, glauben ihre Mutter schwer krank, und die Justizbehörde ist menschlich genug, diese Täuschung aufrecht zu erhalten, um die Seelen der Kinder nicht zu vergiften. So bekam denn Arlette Stavisky in einem Zimmer der Klinik eine Bein­bandage und blieb gegen ihr Ehrenwort, nicht zu fliehen, ohne Bewachung. Die Kinder kamen, und ihre erste Frage war, wann der Vater wiederkehren würde. Dann baten sie die Mutter inständig, doch nach Hause zurückzukehren, sie würde dort sicher schneller gesund werden. Die Kinder blei­ben mehr als eine Stunde bei der Mutter. Nachdem sie ge­gangen waren, hatte Frau Stavisky   einen Weinkrampf; so hatte sie das Wiedersehen erregt.

Hungerstreik des Rechtsanwalts

In die Staviskyaffäre ist neben vielen anderen Persönlich­keiten auch der Rechtsanwalt Guiboud- Ribaud verwickelt. Er sitzt nun schon geraume Zeit im Gefängnis und wurde zuerst durch den Rechtsanwalt Alexander Zevaes und jetzt durch die Herren Gautrat und Houedet vertreten. Da alle seine Ein­gaben gegen seine Verhaftung und den langsamen Fortgang der Untersuchung keinen Erfolg hatten, ist Guiboud- Ribaud vor sechs Tagen in den Hungerstreik getreten. Binnen ganz kurzer Zeit wird man versuchen müssen, ihn zwangsweise zu ernähren.

Die Eifersucht

Ein Eifersuchtsdrama, würdig der Feder eines Balzac, spielte sich Dienstag abend in der Hotelküche des Herrn

Die interessanteste Schrift des Tages:

Hitler   cast

Von KLAUS BREDOW  

Fragen Sie in den Kiosken und Buchhandlungen nach. Falls die Broschüre am Ort nicht zu haben ist, liefert die Buchhandlung der ,, Volksstimme", Saarbrücken  , Bahnhofstraße 32, gegen Voreinsendung von 3,90 französischen   Franken auf das Postscheckkonto Saarbrücken Nr. 619 Verlag der ,, Volksstimme", Saarbrücken  

kannten. Frau Debussy   war die getreue Mitarbeiterin ihres BRIEFKASTEN

Gatten. Sie hat nach seinem Tode sich ganz der Pflege seiner musikalischen Hinterlassenschaft gewidmet. Ihre Beisetzung fand Mittwoch auf dem Friedhof in Passy   statt. Deutscher   Klub

Am Samstag, dem 25. August, um 21 Uhr: Geselliges Bei­sammensein mit Tanz. Gäste sehr gerne willkommen. Gast­beitrag: 5 Fr. Der Deutsche   Klub ist der Treffpunkt aller Nichtgleichgeschalteten. Am Dienstag, dem 28. August, um 21 Uhr, spricht Herr Asjoma über Astrologie und über das Horoskop berühmter deutscher   Staatsmänner der Gegenwart. Gastbeitrag: 2 Fr.

Ravaud in der Rue de Parme in Paris   ab. Der aus Martinique   Das Neueste

stammende Kellner Auguste Boudville hatte sich in die im gleichen Restaurant bedienstete Köchin Frau Adele Richard verliebt, die seine Gefühle erwiderte. Der Kellner aber glaubte, daß der Inhaber des Restaurants, Herr Ravaud, gleichfalls ein Auge auf die Köchin geworfen habe. Es kam daher zwischen den beiden Männern mehrfach zu Streitig­keiten, und im Verlauf eines solchen Streites warf der Wirt den Kellner heraus. Dieser, sinnlos vor Eifersucht, kehrte gegen 8 Uhr abends in das Restaurant zurück und forderte Frau Richard auf, Knall und Fall ihren Posten zu verlassen. Als die Frau sich weigerte, zog er ein Messer und verletzte Frau Richard an der Kehle. Sie wurde mit nicht sehr erheb­lichen Verletzungen in das Krankenhaus Bretonneau einge­liefert, während der eifersüchtige Liebhaber seiner Bestra­fung entgegensieht.

Ein Schwindler von Format Der Mann mit der ,, geheimen Mission"

Ein internationaler Schwindler ist endlich von der Schwei­ zer   Polizei verhaftet worden. Er hat eine bewegte Laufbahn hinter sich, und sein ,, Ruf" hatte sich bereits in allen euro­ päischen   Ländern verbreitet.

In Oslo   war er in einem ersten Hotel abgestiegen und hatte seiner Umgebung unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt, daß der Name, den er in das Fremdenbuch ein­getragen habe, nur ein Pseudonym sei. In Wirklichkeit sei er der berühmte französische   Flieger Assolant. Es war klar, daß die mit dem Vertrauen des Schwindlers Beehrten nicht reinen Mund hielten. Und so wurde ,, Assolant" nicht nur der Gegenstand lebhaftester Ovationen, die er dankend an­nahm, sondern seine Bewunderer beeilten sich auch, ihm große Summen zur Verfügung zu stellen. Leider aber wurden die schönen Tage von Oslo   jäh durch die Nachricht unter­brochen, daß der wirkliche Assolant in Madagaskar   gelandet sei. Der Schwindler aber konnte noch rechtzeitig das Weite suchen, wobei er vergaß, seine Hotelrechnung zu bezahlen. Er verlegte nun im Juli dieses Jahres das Feld seiner so erfolgreichen Tätigkeit in eines der ersten Stockholmer  Hotels. Dort stieg er unter dem Namen eines Grafen von Ravin und Herzogs von Renzy ab. Die bekannte schwedische Zeitung Daghens Nyether" beeilte sich, solch eine wichtige Persönlichkeit interviewen zu lassen. Sie brachte dies Inter­view, illustriert durch Fotografien der zahlreichen Schlösser und Besitzungen sowie der Sportpreise, die der ,, berühmte Sportsmann" gewonnen hatte, Fotografien, die der Schwindler nicht übersehen hatte, dem Journalisten als Beweis seiner Erzählungen vorzulegen. Aber das schwedische Blatt erkun­digte sich bei der französischen   Gesandtschaft über den Grafen. Da kam der Schwindel ans Tageslicht, und der ..Graf" verschwand und hinterließ den trauernden Gläu­bigen" nur zahlreiche ungedeckte Schecks.

Nun gab der Schwindler ein Gastspiel in Kopenhagen  . Dort gab er an, mit einer wichtigen geheimen Mission der französischen   Regierung für den Reichs­kanzler Hitler   beauftragt zu sein. Die Dänen aber waren vorsichtiger und klüger als die Norweger   und Schweden  . Hier konnte der Betrüger keine Lorbeeren ernten. Deshalb verlegte er das Feld seiner Tätigkeit zunächst nach Belgien  , wo er zahlreiche Schwindeleien beging, und zuletzt nach Lausanne  , wo ihn endlich sein Schicksal ereilte.

Madame Debussy

Frau Claude Debussy   ist Montagabend gestorben. Sie war die Nichte des großen Philosophen Osiris und in zweiter Ehe mit Claude Debussy   verheiratet, den die Deutschen   auch während des Krieges als größten lebenden Musiker aner­

FÜR EMIGRANTEN

Der französische   Botschafter in Berlin   Francois= Poncet   ist in Pariz   eingetroffen.

Wie gemeldet wird, ist der frühere französische   Minister: präsident Daladier   in Wien   eingetroffen. Er unternimmt eine Rundreise durch Desterreich.

Die streifenden Drucker und Seger von Dublin   haben das von den Verlegern gemachte Angebot einer Lohnerhöhung von 4 Shilling 6 Pence in der Woche abgelehnt, Dublin  bleibt also bis auf weiteres ohne Zeitungen.

Die amerikanischen   Marinebehörden haben wiederum 23 Kriegsschiffe in Auftrag gegeben und die Pläne für die Kiel­legung von 19 Kriegsschiffen vorbereitet.

600 amerikanische Farmer aus dem Tal des Salt River haben in einem ultimatum die dortigen japanischen Ansiedler aufgefordert, bis Samstag das Tal zu ver laffen.

Aus Trier   wird gemeldet: Beim Zubruchgehen einer Strecke in den Schiefergruben bei Thomm   wurden zwei Grubenarbeiter getötet.

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E. M.  , Basel  . Wir drucken Ihren sonderbaren Bericht ab: Auf der Heimfahrt mit einem Autobus in die badische Nachbarschaft wurden wir von einer Truppe Leute angehalten. Am Boden saß ein altes Mütterlein, welches nicht mehr gut laufen konnte und müde war. Die Leute baten uns, die Alte bis an einen bestimmten Ort mitzunehmen. Wir waren bald einig und das Mütterlein, welches sich inzwischen bereits auf das Trittbrett gesetzt hatte, durfte mit­fahren. Bald war eine rege Unterhaltung im Gange, deren Mittel­punkt die alte Frau war. Sie verstand sich darauf, den Fahrgästen in zuverlägiger Weise die Vergangenheit zu schildern und größere Ereignisse vorauszusagen. Einige politisch neugierige Herren frags ten das Mütterlein, was denn mit Hitler   geschehe? Ja, fie verstehe nichts von Politik, aber so sicher wie wir in diesem Auto einen Toten mitführen würden bis zur Grenze, so sicher werde Hitler  erschossen. Uebrigens sei sie jegt an Ort und Stelle. Sie bat anzu­halten und stieg aus. Zurück ließ sie eine bedrückte Gesellschaft. Die Skeptiker lachten über diesen Aberglauben, die andern fragten sich: Wer ist der Tote von uns, bist du es oder ich? Wir fuhren in dieser Stimmung der Grenze immer näher, die Frage wurde immer lauter. Plöglich wurden wir pon einem deutschen   Polizisten angehalten. Ein Schweizer   Motorradfahrer war mit einem Auto zusammengestoßen. Der Verlegte, welcher schwer verwundet war, bat uns, ihn in ein Schweizer   Spital mitzunehmen; auf jeden Fall wolle er in der Schweiz   sterben. Kurz vor der Grenze verschied dann der Verunglückte und mußte, in Deutschland   zurückgelassen werden. Jeder kann von diesem Begebnis halten was er will, und doch ist es für die heutige politische Stimmung ein interessanter Beitrag."

Petersen- Schüler, Genf. Sie sind entsetzt über das neue Buch Ihres Lehrers: Die Sehnsucht nach dem Dritten Reich   in Sage und. Dichtung". In einer langen Reihe von Gestalten aus deutscher Dich tung und Politik werden die folgenden als Pioniere des National­fozialismus aufgezählt: Luther, Herder  , Klopstock, Schiller  , Goethe, Hölderlin  , Kleist, Grillparzer  , Hebbel  , die Romantiker, Nietzsche, Raabe, Fontane  , Stephan George  ". Jeder dieser Männer würde feine rubige Stunde im fühlen Grabe haben, vernähme er die Worte dieses Petersen. Denn jeder wäre in seiner Weise ein Kronzeuge gegen die braune Barbarei. Da haben Sie nun drei Jahre zu Füßen dieses Literaturhistorikers gesessen und haben seinem pathetischen Idealismus geglaubt. Als Hitler   erschien, fragte man den Petersen und es kam der Tartar zum Vorschein. Wir sind nicht so enttäuscht wie sie, weil wir uns von diesen klingenden Schellen, die jeweils im aktuellen Winde bäumelten, nie täuschen ließen.

Istambul  . Aus Ihrer neuen Heimat teilen Sie uns mit, daß die türkische   Regierung die vor einigen Monaten begründete anti­semitische Zeitung Milli Jnkilap", die eine bis dahin in der Türkei  unbekannte judenfeindliche Heße entfaltet hat, verboten hat. Gegen Herausgeber und Redaktionsmitglieder wurde ein gerichtliches Ver­fahren wegen Verhezung der Bevölkerung eingeleitet.

Freund L. Ja, wir haben gelesen, daß die kommunistische Zeitung in Saarbrücken   noch immer Auffäße bringt wie SPD.  - Führer als Zutreiber der braunen Mörderfront" und Hitler verhandelt mit EPD. Führern". Wir halten es für zwecklos, dagegen zu pole­misieren. Daß jemand solches Zeug glaubt, können wir uns nicht denken.

9. B. Sie teilen uns mit: Die Stadt Dorsten i.. hat den Frei­korps Lichtschlag und Löwenfeld, zum Dank dafür, daß fie sie aus den Händen der Spartakisten  " befreite, ein Denkmal errichtet; das Denkmal erhebt sich am Brückenkopf des Lippe- Kanals, von dem aus die Freikorps   ihren Angriff gegen Dorsten   begannen. Der Entwurf des Denkmals stammt von dem Düsseldorfer   Gartenarchitekten Josef Bür baum." Das kommende Deutschland   wird viel Ritsch wegzuräumen haben.

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Holland  ". Die Erörterung Ihrer zehn Punkte" in unserem Blatte ist unmöglich. Auch eine noch so ernste Untersuchung würde uns ein Verbot eintragen. Wir sind aber mit Ihnen der Meinung, daß hier ein ernstes sexualpathologisches und kriminalpsychologisches Problem vorliegt.

R. C., Mezz. Ihnen verdanken wir den Hinweis auf die Nummer der Fränkischen Tageszeitung" vom 24. Juli, die unter großer Ueberschrift eine Reportage bringt: Briefmarkenwertbeständig!" Demnach scheint auch Streicher schon unter die Miesmacher ge­gangen zu sein. Anscheinend will er die Millionen, die er durch pornografische Schriften erworben hat, gegen die drohende Inflas tion sichern.

Saladin  . Ihre ebenso reichhaltige wie bedeutende Zitatensammlung hat uns auch diesmal große Freude gemacht. Der Bielbelesene und viel Lesende stößt bei seiner Leftüre immer wieder auf erstaunliche Aktualitäten, und wir sind Ihnen und andern dankbar, menn fie uns eines Reichtums teilhaftig werden lassen, den selbst zu entdecken oder zu suchen leider die Zeit fehlt. Besonders gut gefiel. uns dieser Satz aus Edermanns Gesprächen mit Goethe", 3. Teil, 3. Mai 1927: Wir Deutschen sind von gestern. Wir haben zwar seit cinem Jahrhundert ganz tüchtig kultiviert; allein es können noch ein paar Jahrhunderte hingehen, che bei unsern Landsleuten so viel Geist und höhere Kultur eindringe und allgemein werde, daß sie gleich den Griechen der Schönheit huldigen, daß sie sich für ein hübsches Lied begeistern, und daß man von ihnen wird sagen fönnen, ca sei lange her, daß sie Barbaren gewesen."

A. O. K. Die vielen Scheine mit der Aufschrift ,, Witwe N  ..3" find mit vollem Recht für ungültig erklärt worden.

An mehrere. Ob durch die sogenannte Amnestie Hitlers   auch Juden befreit worden sind, wissen wir nicht. Es wird ihnen wohl nicht viel besser ergehen als den Margiften.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann is in Dub weller; für Inferate: Otto Rubn in Saarbrücken  . Rotationsbrud und Verlag: Verlag der Volksstimme Gmbs, Saarbrüden& Schügenstraße 5. Elleßfach 776 Saarbrüden,