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„ Rüstungen für den Saarputsch"
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12900000 Reichsmark für die militärische Ausbildung der saarländischen Legion Die Regierungskommission erneut an den Völkerbund
Saarbrücken , 3. September 1934. Zum zweiten Male wendet sich die Regierungsfommission an den Völkerbund mit einer Eingabe wegen des von der braunen Front und Hitlerdeutschland aufgezogenen freiwilligen Arbeitsdienstes für die Saarjugend. Vor aller Oeffentlichkeit wird flargelegt, daß fich die Reichsregierung offiziell durch den Staatssekretär Hierl, Hitlers Vertrauten, in den Saarabstimmungskampf hineinmischt und Tausende junger Leute für den Abstimmungskampf drillt. Das arme Hitlerdeutschland gibt für diesen freiwilligen Arbeitsdienst der Saarjugend nur die Kleinigkeit von 12 900 000 RM. aus. Nimmt man hinzu, was darüber hinaus an Propaganda- Geldern für den Saarfampf bereitgestellt wird, so gewinnen Schachts bewegliche Klagen ein eigenartiges Geficht. Man könnte von betrügerischem Bankrott reden.
Im übrigen wird Hitler noch die Frage beantworten müssen, warum der freiwillige Arbeitsdienst ausdrücklich außerhalb der entmilitarisierten 3one durchgeführt wird.
Der Präsident der Regierungskommission des Saarge: bietes hat an den Generalsekretär des Völkerbundsrates ein Schreiben gerichtet, das in der Ueberseßung folgendermaßen
lantet:
Herr Generalsekretär!
17. Auguft 1934.
Die Regierungskommission hatte die Ehre, in ihrem Schreiben S. G. Nr. 7014/34 vom 3. August 1934 die ernste Aufmerksamkeit des Rates auf fürzlich im Saargebiet vor= gekommene Ereignisse zu lenken, welche ihr Veranlassung gegeben hatten, eine Durchsuchung der Geschäftsstelle des von der„ Deutschen Front" unterhaltenen Frei willigen Arbeitsdienstes( FAD.) anzuordnen.
Die noch nicht abgeschlossene Durchficht des beschlagnahmten Materials war nur dazu angetan, die bereits gegen die " Deutsche Front" und einige ihrer Organisationen erhobenen, in dem vorerwähnten Schreiben kurz zusammengefaßten Anklagen zu verschärfen. Mehrere Schriftstücke laffen erkennen, daß Beamte der Regierungsfom: mission zur Begehung von Handlungen oder Unterlassung gewiffer Verfolgungen infolge von Interventionen veranlaßt worden sind, welch lettere nichts anderes als Be= stechungs- oder Druckversuche sein können. Andere liefern den Beweis, daß Organisation oder Beauf tragte der Deutschen Front" in ständiger Verbindung mit den verschiedenen Dienst: stellen oder Behörden des Reiches stehen und deren Einmischung in saarländische Angelegenheiten fördern. Außerdem finden sich Beweise für sehr zahl= reiche Verstöße gegen das Strafgefeß, die zum größten Teil unter die mit Wirkung vom 11. 6. 1934 durch die Regierungs: fommission gewährte Amnestie fallen. Diejenigen Schrifts stücke, die Angelegenheiten strafrechtlicher Natur betreffen, welche sich nach diesem Zeitpunkt ereignet haben, werden den zuständigen Gerichtsbehörden- in dem Maße, als die Sichs tung fortschreitet- zugeleitet.
Die Regierungskommission behält sich vor, dem Rat aus führlichen Bericht über diese verschiedenen Punkte zu ers statten, sobald die Prüfung der in ihre Hände gefallenen Aften beendet ist. Ste beschränkt sich vorerst darauf, die Aufmerksamkeit des Rates auf das Gebaren des Frei willigen Arbeitsdienstes( FAD.) zu lenten, der eine Abtei lung der„ Deutschen Front" bildet.
Angesichts der Größe und Schwere der Gefahr, welche die Tätigkeit dieses Dienstes für die Aufrechterhal tung der Ordnung im Saargebiet bildet, müßte die Regies rungskommission es als eine Verlegung ihrer Pflichten empfinden, wenn sie dem Rate nicht in extenso Abschrift der bezeichnendsten Schriftstücke mitteilen würde. Das von der Reichsleitung des Arbeitsdienstes verfolgte Ziel wird in einem vom 6. Oftober 1933 datierten Schreiben( Anlage X) wie folgt flargestellt:„ Ein Antrag wird an die Preußische Regierung und Reichsregierung dahingehend ergehen, der Reichsleitung zu ermöglichen, insgesamt rund 10 000 Saardeutsche zwischen 18 und 25 Jahren in den Deutschen Arbeitsdienft zu übernehmen( einschließlich der schon im Arbeitsdienst befindlichen) und sie über die Förderzeit hinaus bis in das Abstimmungsjahr 1935 im Arbeitsdienst zu belassen bis zu dem Zeitpunkt, da sie vom Saargebiet aus zurückge= fordert werden. Die jungen Leute sollen nach den hier vorliegenden Abfichten oftwärts der 50- Kilometer- Zone, oftwärts des Rheins und westlich der allgemeinen Linie StettinFrankfurt( O.)- Dresden in Lagergruppen verteilt unterge bracht werden und sollen außer dem allgemeinen Dienst, der im Arbeitsdienst vorgeschrieben ist, eine besondere Betreus ung und Unterrichtung für den Saarkampf erhalten."
Eine anderes, aus der gleichen Zeit stammendes Schrift: stück( Anlage 2) ergibt, daß der zum Unterhalt und zur be: sonderen Ausbildung dieser 10 000 jungen Saarländer während ein und einem halben Jahr für erforderlich erachtete Kredit auf 12 900 000 Mart veranschlagt wurde.
Ein weiteres neneres Schreiben, das unterm 6. Juni 1934 von der Arbeitsgauleitung Hannover an den SaarArbeitsdienst Berlin W 8, Charlottenstraße 55, gerichtet wurde, erwähnt, daß, nach einem Schreiben der Reichsleitung durch moralische Beeinflussung versucht werden sollte, die aardeutschen bis zur Abstimmung im Arbeitsdienst zu halten".( Aus der Anlage [ Unterbeilage Nr. 16 zur Anlage 3] geht hervor, daß dieser moralische Drud insbesondere in der Vorenthaltung des Arbeitsbuches besteht.)
Aus den vorstehend zitierten Stellen kann nur die nnansweichliche Schlußfolgerung gezogen werden, daß die gev: grafische Lage der zur besonderen Ausbildung der jungen
Saarländer im Hinblick auf den Saarkampf ausersehenen Lager derart gewählt ist, daß eine militärische Ausbildung dieser jungen Leute ermöglicht wird, ohne gegen den Artikel 42 und 43 des Versailler Vertrages zu verstoßen. Die Zahl von 10 000, die in dem Schreiben vom 6. Oktober 1938 angegeben wird, scheint zudem bei weitem überholt zu sein, und die Regierungskommiffion neigt nach den ihr zugegangenen Informationen zu der Ansicht, daß die Zahl der in den deutschen Arbeitsdienstlagern ausgebildeten jungen Saarländer , allerdings ein= schließlich der in der demilitarisierten Zone untergebrachten, 16 000 übersteigt.
Die Prüfung der beschlagnahmten Dokumente hat noch zur Aufdeckung weiterer schwerer Mißbräuche des Freiwilligen Arbeitsdienstes" geführt, und die Regierungsfommission sah sich gezwungen als erste Vorbeugungsmaßnahme angesichts derart ernster und folgens schwerer Gefahren, einen Verordnungsentwurf vorzus bereiten, durch welchen der Freiwillige Arbeitsdienst" im Saargebiet verboten wird und die jungen Leute, die ihm angehört haben, sowie diejenigen, die Mitglieder der früheren SA.- und SS.- Organisationen waren, verpflichtet werden, sich bei der Polizei zu melden, wobei die Möglich: feit einer besonderen Ueberwachung vorbehalten ist. Die Begründung zu diesem Verordnungsentwurf ist dem vor: liegenden Bericht beigefügt( Anlage 3 mit 18 Unterbeilagen, die gänzlich den beschlagnahmten Aften entnommen sind).
Diese Dokumente werden zweifellos genügen, um den Rat von dem Ernst der Lage zu überzeugen, auf welche seine Aufmerksamkeit in den vergangenen Monaten zu ver= schiedenen Malen durch die Regierungskommission gelenkt worden ist. Letztere fann nicht genug unter den augenblick: lichen Verhältnissen auf die dringende Notwendigkeit hin: weisen, die nachdrückliche Unterstützung des Rates bei den weisen, die nachdrückliche Unterstützung des Rates bei den Mitgliedstaaten des Völkerbundes zu erhalten im Hinblick auf die Einstellung der Polizei- und Gendarmeriekräfte unter den in der Entschließung vom 4. Juni 1934 vorgesehenen Be dingungen.
Abschrift dieses Schreibens wurde Seiner Erzellenz Baron Aloisi, Vorsitzenden des Ratsausschusses, übersandt. Genehmigen Sie usw.....
gez. G. G.& nog
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Saarländer Gerechtigkeit widerfahren wir wollen hier tun, was wir können- so muß uns auf der anderen Seite geholfen werden, daß wir es fönnen, und deshalb bitte ich sehr ergebenst, unseren Antrag von seiten der Landesleitung Saar aus beim Reich und Preußen zu unterstützen.
Mit dem Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung verbleibe ich mit Seil Hitler !
Anlage 2:
Die Reichsleitung des Arbeitsdienstes Nr. APA. 1610/33 Mbg. Bd.
gez. Unterschrift.
Berlin NW. 40, den 13. 10. 1933. Scharnhorststraße 35.
An die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Saargebiet
Saarbrüden Waterloostraße 11a.
Sehr geehrter Herr Staatsrat!
Ihr Brief vom 1. Oktober 1933 an Herrn Reichsarbeitsminister Seldte ist von diesem an mich zuständigkeitshalber abgegeben worden.
Ich erlaube mir, Ihnen in Anlage Abschrift meines Antrages an den Herrn preußischen Innenminister und den Herrn Reichsinnenminister zu übersenden, aus dem Sie ersehen wollen, daß von hier aus alles getan wird, um eine umfangreiche Aufnahme von Saarländern in den Arbeitsdienst zu ermöglichen.
Ich teile Ihnen mit, daß ich vorsorglich außerdem eine Verfügung erlassen habe, laut der diejenigen saarländischen Arbeitswilligen, die im Dienst stehen, vorläufig nicht zur Entlassung kommen, wenn sie die Förderzeit hinter sich haben bzw. das 25. Jahr erreicht. Ich hoffe, daß ich auf Grund der Verhandlungen diese Verfügung bald in eine ständige abändern kann, die ihre Geltungsdauer bis zur Abstimmung behält.
Sehr dankbar wäre ich, wenn Sie in Ihrer Eigenschaft als Landesführer des Saargebietes meine Anträge beim preußischen Innenminister und Reichsminister Ihrerseits Heil Hitler ! unterstüßen wollten.
Anlage 8.
Dem Schreiben sind drei Anlagen beigefügt, von denen die dritte wiederum 18 Unterbeilagen enthält. Anlage mit den 18 Unterbeilagen sind bereits in der R2. d. AD. Presse veröffentlicht worden. Anlage 1:
Die Reichsleitung des Arbeitsdienstes
Nr. APA. D. 1648/38 Mbg. R.
Berlin NW. 40, 6. Oftober 1933. Scharnhorststraße 35 Fernsprecher D 1 Norden 0011
Der Leiter des Auffiärungs- und Presseamts beim Staatssekretär für den Arbeitsdienst. An die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterparcei Saargebiet, z. H. Herrn Landesführer und Preußischer Staatsrat Spaniol Waterloostraße 11a. Saarbrücken
Sehr geehrter Herr Staatsrat !
Im Anschluß an Ihr Schreiben vom 9. 9. an die Reichsleitung des Arbeitsdienstes erlaube ich mir, da der Herr Staatssekretär zur Zeit dienstlich abwesend ist, sehr ergebenst mitzuteilen, daß von hier aus nach Rückkehr des Herrn Staatssekretärs ein Antrag an die Preußische Regierung und Reichsregierung dahingehend ergehen wird, der Reichsleitung zu ermöglichen, insgesamt rund 10 000 Saardeutsche zwischen 18 und 25 Jahren in den Deutschen Arbeitsdienst zu übernehmen( einschließlich der schon im Arbeitsdienst befindlichen) und sie über die Förderzeit hinaus bis in das Abstimmungsjahr 1935 im Arbeitsdienst zu belassen bis zu dem Zeitpunkt, da sie vom Saargebiet aus zurückgefordert werden. Die jungen Leute sollen nach den hier vorliegenden Absichten ostwärts der 50- Kilometer- Zone oftwärts des Rheins und westlich der allgemeinen Linie Stettin Frankfurt( Oder)-Dresden in Lagergruppen verteilt untergebracht werden und sollen außer dem allgemeinen Dienst, der im Arbeitsdienst vorgeschrieben ist, eine besondere Betreuung und Unterrichtung für den Saarkampf erhalten. Da naturgemäß diese Sondermaßnahme für die betr. Arbeitsgaue eine erhebliche Störung des regelrechten Aufbaus und Dienstbetriebes mit sich bringt und außerdem eine sehr ernste finanzielle Belastung des Arbeitsdienstes durch diese Maßnahme eintritt, die der Arbeitsdienst bei seinem überaus geringen Etat allein nicht tragen kann, werden Reich und Preußen gebeten werden, für diesen Sonderfall Sondermittel zur Verfügung zu stellen. Da über die Höhe der Summe die Entscheidung des Herrn Staatssekretärs noch aussteht, möchte ich diese Summe noch nicht nennen unter 10 Millionen Mark wird aber die Reichsleitung nicht gehen können.
Ich erlaube mir, Ihnen dies mitzuteilen, weil ich Sie bitten möchte, uns von Partei megen beim Reich( Reichsinnenminister) und bei Preußen energisch zu unterstüßen, daß unserem Antrage Folge gegeben wird. Die Reichsleitung ist durchaus bereit, den Erfordernissen des SaarRampfes in der allerweitgehendsten Weise nachzukommen, sie muß aber auf der anderen Seite ganz naturgemäß darauf sehen, daß ihr Dienst und finanzieller Apparat dabei nicht zu schweren Störungen fommt. Soll den Erfordernissen der
An die Herren
gez. Hierl.
Preußischen Minister des Innern, Reichsminister des Innern. Betrifft: Einstellung von Saardeutschen in den Arbeitsdienst.
Ich erlaube mir, nachstehendes ergebenst darzulegen: Es ist sowohl von seiten der NSDAP. , Landesleitung Saar , wie auch von seiten des Herrn Saarreferenten beim preußischen Ministerium des Innern die Forderung an die Reichsleitung des Arbeitsdienstes gestellt worden, über die schon mehrere tausend Mann zählenden Saardeutschen im AD. hinaus 5000 Mann in den AD. zu übernehmen.
Die Reichsleitung verkennt in keiner Weise die sehr ernsten staats- und nationalpolitischen Gründe, die zu dieser Forderung geführt haben; sie ist im Grundsaz. durchaus bereit, dieser Forderung nachzukommen. Andererseits muß die Reichsleitung darauf aufmerksam machen, daß ihr erhebliche organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten durch die Aufnahme von rund 10,000 Saardeutschen in den Arbeitsdienst erwachsen, denen eine besondere Schulung zuteil werden und denen der Verbleib im AD. über die bestimmungsgemäß festgelegte Förderungsdauer hinaus bis zur Abstimmung im Jahre 1935 gestattet werden soll. Die finanziellen Schwierigkeiten, die durch den dem AD. gestellten engen haushaltmäßigen Rahmen bedingt sind, dürften am zweckmäßigsten dadurch zu beheben sein, daß Reich und Preußen die Kosten für die Unterbringung von 10 000 Saardeutschen auf eineinhalb Jahr, die mit 12,9 Millionen Mark zu veranschlagen sind( vgl. Aufstellung in der Anlage), je zur Hälfte übernehmen. Diese Maßnahme erscheint um so mehr berechtigt, als es sich um die Verwirklichung staatspolitischer Interessen handelt, die zu den Aufgaben des Reichs und des Landes Preußen gehören.
Gedacht ist die Unterbringung de Saardeutschen in folgender Weise: Die jungen Leute( zwischen 18 und 25) werden durch die Landesleitung Saar der NSDAP. der Reichsleitung des AD. aufgegeben. Die Reichsleitung der AD. verteilt diese jungen Leute auf dem Raum ostwärts der 50- Kilometerzone oftwärts des Rheins und westlich der allgemeinen Linie Stettin - Frankfurt ( Oder )-Dresden gruppenweise. Sie werden in den einzelnen Bezirken in besondere Lager zusammengefaßt, die möglichst wieder enger zusammenliegen und denen, wie zwischen Landesleitung Saar und Reichsleitung noch endgültig zu vereinbaren, von der Landesleitung Saar besondere Lehrkräfte für die Einschulung für den Abstimmungskampf zur Verfügung gestellt werden. Die Lager werden den zuständigen Arbeitsgauvereinen auch verwaltungsmäßig unterstellt. Das Führerpersonal stellt der AD.
Ich glaube, daß mit diesem Vorschlag ebenso den Interessen des AD. wie den national: und staatspolitischen Erfordernissen des Saargebietes Gerechtigkeit widerfährt, wobei im gegenseitigen Einvernehmen eine gründliche Betreuung der anvertrauten jungen Saarländer erfolgen kann.
Da die Unterbringung der Saardeutschen außerordentlich dringend ist, bitte ich um boge Mitteilung, von welcher Stelle die bis zum Schluß des Etatsjahres erforderlichen Mittel von 4,3 Millionen RM. zur Verfügung gestellt werden.