Das Welthilfskomitee

für die Opler des Hitlerfaschismus

Wie wir erfahren, hat das Welthilfskomitee für die Opfer des Hitlerfaschismus beschlossen, seine für die nächste Zeit geplante internationale Sekretariatssitzung, für die als Ta­gungsort ursprünglich Paris in Aussicht genommen war, auf Einladung von Freunden im Saargebiet, nach Saar­ brücken einzuberufen. Die bisherigen internationalen Kon­ferenzen des Welthilfskomitees, das im April 1933 gegrün­det wurde und dessen Vorsitzende Lord Marley und Prof. Langevin waren, find von 100-120 führenden Männern der Wissenschaft, Kunst, Politik und Wirtschaft und Vertretern der antifaschistischen Organisation besucht gewejen.

Als Tagesordnung dieser neuen Sizung stehen u. a. die Beschlüsse über die von verschiedenen Hilfskomitees in ein­zelnen Ländern bereits eingeleitete große Winteraktion für die Familien der politischen Gefangenen in Hitlerdeutsch­land sowie die Maßnahmen des Welthilfskomitees für die Unterstützung des Freiheitskampfes an der Saar gegen die Auslieferung an Hitler und für die Erfämpfung des Status

quo.

Pater Dörr gemaßregelt?

Material für die Abstimmungskommission

Der Pater Dörr, der am 26. August in Sulzbach ( Saar­gebiet) auf der sozialistisch- kommunistischen Einheits­front- Rundgebung eine Rede für den Status quo gehalten hatte, ist dem DNB." zufolge von seinen Oberen abberufen worden. Er hat das Saargebiet bereits ver­lassen.

Wenn die Nachricht zutrifft, handelt es sich um einen neuen firchlichen Eingriff in die Freiheit der Abstimmungsberech­tigten.

,, Das haben wir noch nicht!"

Aus dem Rheinland schreibt man uns:

Jetzt ist wieder die Zeit, wo besonders Gesangvereine aus dem Saargebiet ihre obligatorische Rheinreise machen. Kant da neulich eine saarländische Sängerschar zu uns an den Rhein und auch in unser Städtchen. Gar bald häuften sich die leeren Flaschen. Denn unser Wein schmeckt gut. Bei feuchtfröhlicher Stimmung wurde manches Rheinlied ge= jungen merkwürdiger Weise aber kein sogenannter natio­naler Gesang. In später Stunde kam auch so manches Ge­spräch in Gang, das vorher, wohl aus Vorsicht, nicht gewagt worden war. Natürlich spielte die Saarabstimmung eine Rolle dabei. Als so ein dreimal hitlerbegeisterter Saarländer lachend behauptete, die brauchen erst gar nicht abstimmen zu lassen, das Saargebiet haben wir heute schon in der Tasche, schnitt ihm ein alter Stadtvater, jelbst Nationalsozialist und fein Märzhase, mit einer Handbewegung das Wort ab, und sagte barsch: Das haben wir noch nicht!"

Dann löste der Wein weiterhin seine Zunge, und nun kam es wie ein Sturzbach herausgesprudelt: Die müßten ja von Sinnen sein, wenn sie in unseren Bankrott freiwillig hineinwollten." Weiter setzte dann der Alte seinen stillen Zuhörern, die sich über den Tisch beugten, auseinander, was die saarländischen Geschäftsleute zu verlieren hätten, wenn ste 1935 für Deutschland stimmen würden, und er meinte, die Krämer sähen, wenn sie vom Vaterland sprächen, immer nur den Geldbeutel an. Ich saß nicht gerade sehr tapfer dabei, denn ich fürchtete, daß jeden Augenblick der Herr Kreis­leiter der NSDAP . er hörte sich das an- von seinem Stuhle aufspringen würde, um zu rufen: Ihr seid alle ver­haitet, und kommt sofort ins Konzertlager! Run, nachdem mehr als vier Wochen vergangen sind, und nichts darauf ge= fommen ist, glaube ich erst, daß entweder der Wein das Ge­dächtnis des hohen Herrn getrübt hat, oder gar, daß auch in dieses Gehirn wieder ein Funke Vernunft eingefehrt ist. Rezteres will man nämlich seit kurzem schon bei so manchem Hitlerbegeisterten hierzulande festgestellt haben. Freiheit!

Pirmasenser

Glückstrahlend

I.

Pirmasenjer grüßen den Führer. Nachdem erst die Pir­majenser Jungmädels am Obersalzberg dem Führer glück­strahlend die Hand reichen durften, sind schon wieder Leute vom Berge Horeb vor dem Führer gestanden und haben ihm die Grüße der stolzen Stadt gebracht. Es war auf dem Tem­velhofer Flughafen, nachdem der Funkausstellungs- Sonder­zug rund 200 Pirmasenser in die Reichshauptstadt gebracht hatte. Neben der Besichtigung des modernen Flughafens ließen sich begreiflicherweise viele Pirmasenser die Freude nicht nehmen, einen Rundflug zu machen. Eben also famen wieder drei Damen und ein Herr vom Berge Horeb voll der schönen Eindrücke vom Flugfeld zurück, als SS. den weiten Raum absperrte. Bald hatten die neugierigen Pirmasenser es erfahren, daß der Führer, der von der Saarfundgebung von Koblenz zurückkam, in einer halben Stunde landen würde. Sie warteten, drängten sich dann nach der Landung an das im Schritt aus dem Gelände fahrende Auto heran und riefen ihm die Grüße von Pirmasens zu. Der Führer grüßte freundlich zurück und reichte jedem die Hand. Das war das größte Erlebnis in all den an schönen Eindrücken reichen Tagen in Berlin .

Aber keine Groschen

II.

Adolfs huldreichster Tag

( Karikatur aus ,, Daily Expreß ")

Sein Sangessieg vor den Meistersingern von Nürnberg

Szene: 3. Aft: Die Meistersinger von Nürnberg ". Auf Sieger zu: im Hintergrunde der drohende Winter und die der Ehrentribüne Schwerindustrie, Junker und Reichswehr , Wirtschaftsnot. auf der Festwiese die braunen Bataillone. Alles jubelt dem

BIG BUSINESS

NIKERS

F

GERMANY

Das Preislied

Sachs: 3um dritten, Zeuge wohl erfiest! Fabret fort, und schließt!

$

ADOLFS PRIZE

SONG

Adolf Ritter von Stolzing ( mit größter Begeisterung): Huldreichster Tag,

Dem ich aus Dichters Traum erwacht! Das ich geträumt, das Paradies, In himmlisch neu verflärter Pracht

Hell vor mir lag

Dahin der Quell lachend mich wies;

Die, dort geboren, Mein Herz erforen, Der Erde lieblichstes Bild, Zur Muse mir geweiht,

Französische

S

333

سکتا ۔

WINTER

ECONOMIC

PROBLEMS

SONG

3

$

www

Steune

So heilig hehr als mild, Ward kühn von mir gefreit, Am lichten Tag der Sonnen Durch Sanges Sieg gewonnen Parnaß und Paradies!"

Volk( sehr leise den Schluß begleitend):

Gewiegt wie in dem schönsten Traum, Hör ich es wohl, doch faß es faum! Reich' ihm das Reis!

Sein der Preis!

Reiner wie er zu werben weiß!

Die Meister: Ja, holder Sänger! Nimm das Reis! Dein Sang erwarb den Meisterpreis! Pogner: O Sachs! Dir danf' ich Glück und Ehr', Vorüber nun all Herzbeschwer!

Kritik

an Frankreichs Saarpolitik

A. Ph. Paris, 14. September 1934. ( Von unserem Korrespondenten) Mit einer Schärfe, wie wir sie in der Saarfrage in der französischen Preise noch nicht beobachtet haben, fordert nun der" our" die französische Regierung auf, ihre Interessen im Saargebiet aufs äußerste zu verteidigen. Unter anderem wird bedauert, daß sich die französische öffentliche Meinung in ihrer ungeheueren Mehrheit nicht über die Bedeutung der Saarfrage flar jei Jahrelang sei eine Handvoll mutiger Franzosen, die das, was kommen würde, vorausgesehen hätten, von der Offentlichkeit nicht beachtet und von den französischen Politikern verspottet worden. Könne man we­nigstens hoffen, daß die Regierung besser vorbereitet sei, um einer Lage gewachsen zu sein die nicht nur delikat sei, jon­dern auch in den kommenden Monaten schnelle Entscheidung fordern werde? Man werde diese Entscheidungen in ent gegenkommender Weise treffen müssen, aber der nötige Nach­druck dürfe dabei nicht fehlen.

Der Verfasser des Artikels, der F. D. zeichnet, bedauert dann,

daß Frankreich keinen eigenen Saarfommissar ernannt hat, wie dies von deutscher Seite geschehen ist. Er belagt es, daß man den vor einigen Monaten gemachten Vorschlan, Tardien mit einem solchen Amt zu betrauen, nicht au ,: genommen hat.

Heute hätten 7 französische Ministerien mit den Saarange­legenheiten zu tun; daher komme es, daß, wenn sie sich damit beschäftigten, feiner da sei, der Entscheidungen treffe und die Führung habe. Dafür werden einige Beispiele angeführt... Im letzten Frühjahr habe ein einflußreicher Redakteur einer sehr franzosenfreundlichen Schweizer Zeitung an der Saar für sein Blatt Untersuchungen anstellen wollen. In Saarbrücken angekommen, habe er den Großindustriellen Röchling telefonisch um eine Unterredung gebeten. Kaum drei Stunden später habe Röchling den Journalisten im Auto nach Wölflingen bringen lassen, wo er von dem In­dustriellen recht freundlich empfangen worden sei, der genau die französischen Sympathien ieines Besuchers gekannt habe. Nachher sei dieser wieder im Auto nach Saarbrücken zurück­gebracht worden.

deutscher Seite angewandt worden seien, den bejagten Jour nalisten in seiner Vorliebe für Frankreich zu bestärken? Man werde vielleicht sagen, daß diese Dinge schon lange zurücklägen, und daß seit der Festießung des Abstimmungs­termins die Beamten besser ihre Aufgaben begriffen. Das sei möglich, aber nicht sicher, wenn man sein Urteil auf Grund zweier Tatsachen fälle, die kaum einige Tage zurück­lägen.

Im Hinblick auf die Saarabstimmung habe man vor drei Wochen alle Personen. registrieren müssen, die in Franf: reich lebten, aber zur Teilnahme an der Abstimmung be: rechtigt seien.

In einem Departement im französischen Westen habe nun jemand in der besten Absicht den Beamten sprechen wollen, der diese Eintragung in die Listen hätte vornehmen müssen. Er habe zur Antwort erhalten, der fragliche Beamte befinde sich im Urlaub; während seiner Abwesenheit sei aber niemand über die Angelegenheit auf dem Laufenden. Tatsächlich sei bei der Rückkehr des Beamten die Eintragungsfrist ver­sirichen gewesen, und Leute, die Frankreich günstig gestimmt seien, liefen jeẞt Gefahr, ihr Stimmrecht nicht ausüben zu fönnen. Jedenfalls aber habe der Beamte seine Ferien ge­habt, und das sei die Hauptsache, nicht wahr? fragt der Verfasser des Artikels im Jour".

Er berichtet dann einen anderen Fall, für dessen Richtia­feit wir ihm die Verantwortung überlassen müssen. Eine Amtsstelle, die dem Justizministerium unterstellt sei, habe eiligst die Namen und Adressen der Saarländer feststellen sollen, die nach dem Friedensvertrag Franzosen geworden seien.

Es habe sich wohl der Mühe gelohnt; denn es habe sich um mehrere hundert Abstimmungsberechtigte gehandelt, deren Stimme Frankreich sicher sei.

Jahrmarktfreuden sind seit dem vergangenen Samstag den großen und den fleinen Pirmasensern beschieden. Man muß sagen: Allerdings in einem recht bescheidenen Rahmen. Schaugeschäfte, wie sie früher den Markt als ganz selbstverständlicher Hauptbestandteil in Massen bevöl­ferten, sieht man faum mehr. Drüben auf dem Meßplatz fri­stet ein einziges Attraktionsunternehmen" sein fümmer­liches Dasein. Kümmerlich deshalb, weil dem Ruf zur Kasse!" verhältnismäßig Wenige Folgen leisten. Dieses Stückchen Romantik aus vergangener Zeit hat das Ende des zwanzig­ſten Jahrhunderts erwürgt, buchstäblich an die Wand ge­drückt, man hat den Sinn, das Verständnis, die Zeit für Fahrendes ist gleichfalls weniger solche Dinge verloren. vorhanden, Ein paar Karussells, eine Schiffschaukel, und aus damit! Fast ein wenig wehmütig denkt man an die vielerlei amüsanten, wahrhaftig auch für die alten Esel" noch ami­glanz der Jahrmarktstadt sich darboten und zum Versuchen zösischen Beamten eingefunden, wo er den Zweck direkt für diese bedauerlichen Vorkommnisse verantwortlich santen Dinge, die auf diesem und jenem Gebiet im Lichter einluden. Die Kleinen aber kommen faum mehr auf ihre seines Besuches erklärt habe. Er habe eine gute halbe Stunde sei, schließt der Artikel. Es gebe nur einen Verantwortlichen,

Rechnung. Auch für sie versinkt die Zeit der Märchenseligkeit langsam, aber unwiederbringlich. Und das ist eigentlich

Am nächsten Tage habe sich derselbe Journalist, wieder zu Informationszwecken, im Büro eines hohen fran­

im Vorzimmer warten müssen, dann habe der wahrscheinlich stark beschäftigte Beamte irgend einen Sekretär geschickt, der habe kurz und bündig erklärt, er habe den Beamten selber sprechen wollen und gehe nun, des Wartens müde, wieder

In aller Seelenruhe habe der Beamte, dem man die Situa­tion auseinandergesetzt habe, erwidert, es sei ihm beim besten Willen unmöglich, die Feststellungen vor Ablauf meh­rerer Tage zu machen. Angesichts seiner Gleichgültigkeit und der Dringlichkeit hätten sich Privatpersonen bereit erklärt, diese Arbeit auszuführen, und dank ihrem Eifer seien die notwendigen Feststellungen innerhalb weniger Stunden ge­macht worden.

Man solle sich nicht über diesen oder jenen empören, der

einen einzigen: die Regierung, die nichts vorhergesehen habe, und die, nachdem sie sich durch die Fristen habe überraschen Anweisungen zu geben und über ihre strikte Ausführung zu wachen.

schade. Kleine Buden sieht man eine ganze Menge, meist auf au seiner Stelle den Besucher habe abfertigen sollen. Dieser lassen, sich nicht die Mühe nehme, ihren Beamten genaue

das leibliche Wohl und den Gaumenfißel abgestellt. Auch das ist, wenn man will, ein Zeichen dieser Zeit. Die Groschen sigen nicht mehr so loder in der Tasche.

( Beide Berichte aus einer Nummer der Pirmasenser Beitung".)

weg.

Müsse man hinzufügen, daß die Methoden, die gegenüber dem Schweizer Journalisten von französischer und von

Es werde nur noch lehrreicher sein, wenn man diesem Schlendrian die Methoden und das Verfahren gegenüber­ſtelle, dessen sich die Reichsregierung bediene,