Braune Fackeln und graue Not

Die Aussichten für das tausendjährige dritte Reich"

Eine Aufstellung der Zeitschrift ,, Vue"

Eine der sichersten Kennzeichnungen über die wirkliche. Situation des deutschen Arbeiters unter dem Regime Hitlers ist ohne Zweifel ein Vergleich zwischen den Löhnen der Arbeiter und den Lebensmittelpreisen vor und nach Hitlers Regierungsantritt. So wie anderseits ein Vergleich zwischen

Vor dem Hitlerregime verdienten alle diefe hier an: geführten Kategorien von Arbeitern rund 25 Prozent mehr mit Ausnahme der Lehrer, deren Gehalt nicht wesent: lich verändert ist.

ben obligatoriichen Abzügen, die sich sowohl die Arbeiter der Die Pflichtabgaben

Privatindustrie wie die Staatsbeamten vor und nach dem 30. Januar 1933 gefallen lassen müssen.

Dafür folgende Beispiele:

Privatindustrie:

Ungelernte Arbeiter( Tagelöhner) verdienten vor Hitler 27 Mt.( 162 Fr.) pro Woche, nach Hitler 20 Mt.( 120 Fr.) pro Woche. Mithin heute weniger 72 Fr. pro Woche.

Spezialarbeiter:

Vor Hitler 48 Mf.( 288 r.) pro Woche, nach Hitler 25 bis 30 f.( 150 bis 180 Fr.) pro Woche. Within heute weniger 108 bis 138 Fr. pro Woche.

Spezialisierte Metallarbeiter:

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da

Vor Hitler 86,40 f.( 518,40 Fr.) pro Woche, nach Hitler

48,20 bis 48,97 Wit.( 259,20 bis 295,76

224,60 Fr. weniger.

Brauereiarbeiter:

Ohne Rücksicht auf die starke Reduzierung der Gehälter müssen sich alle Arbeiter der Privatindustrie und der öffent­Itchen Betriebe einen automatischen Abzug der Pflichtbeiträge gefallen lassen. In Höhe des Arbeitslohnes eines Arbeits­tages pro Woche. Dieser Pflichtbeitrag soll dienen für die Sozialversicherungen der Arbeitsfront, für die Luftvertei­diguna usw.

Dazu einige Zahlen: 2 bis 4 Mf. für Sozialversicherungen, 50 bis 75 Pig. für die Arbeitsfront, 50 Pfg. wöchentlich für die Männer und 1 Mf. monatlich für die Frauen für die Luftverteidigung plus verschiedener Sammlungen, Kolleften usw., die immer obligatorisch find.

Mit 60 Jahren beziehen die alten ausgedienten Arbeiter nur noch 50 Mt. Versicherungsgelder gegenüber 65 Mt. vor Sitler.

r.) pro Woche. Within Die Lebensmittelpreise

( nach den Löhnen der Firma Kindl in Neukölln - Berlin , Jägerstraße, wo 600 Zeute beschäftigt find).

Vor Hitler 45 f. 270 Fr.) die Woche, nach Hitler 33 Mf. ( 198 Fr.) die Woche, mithin 72 r. weniger pro Woche. ( Der Arbeiter, der diesen Lohn verdient, ist verheiratet und Vater von fünf Kindern.)

Für die erwählten Kategorien ist der Unterschied im Ge­holt unerhört groß. Er übersteigt in vielen Fällen 50 Pro­zent des Lohnes, was die Arbeiter vor Anbruch des dritten Reiches", als in Deutschland die Zeiten auch schon sehr schlecht waren, bezogen. Aber zu dieser skandalösen Gehalts­verringerung kommt nun noch, wie man aleich sehen wird, ein sehr starker Zwangsabzug für Abgaben, die die Arbeiter leisten müssen.

Staatsarbeiter und-beamte:

Es verdient heute ein städtischer Straßenfehrer in Berlin 120 M( 720 Fr.) im Monat mit Frau und Kind.

Ein Lehrer verdient 200 bis 250( 1200 bis 1500 Fr.) im Monat. Unter dieses Gehalt fallen auch Lehrer an höheren Schulen. Die Schulamtsbewerber dagegen verdienen am Anfang ihrer Karriere nur 150 Mt. pro Monat( 900 Fr.).

Ein Hilfsbriefträger verdient 26 bis 27 Mt. die Woche, also 156 bis 162 r., ein festangestellter Briefträger hat 139 bis 145 Mark pro Monat( 734 bis 870 Fr.).

Ein Postmechanifer oder Telegrafenmechanifer verdient 240 bis 270 f.( 1400 bis 1620 Fr.) im Monat( davon werden für Uniform und Pensionen 35. bis 40 Mf. zwangsmäßig abgehalten.)

Straßenbahnschaffner( Anfänger) verdient 24 bis 25 Marf( 144 bis 150 r.) pro Woche, ein Straßenbahnführer 32 bis 35 Mf.( 162 bis 180 Fr.) pro Woche.

Untergrundbahn-, Autobus- und Eisenbahnschaffner bzw. -führer haben ungefähr dieselben Löhne wie die Straßen bahnangestellten.

Wenn....?

Angesichts des unstreitbaren und allgemein fühlbarem wirtschaftlichen Niedergangs in Deutschland ist Goebbels Propaganda auf eine neue Ablenkungsmethode verfallen: Man dürfe nicht einfach fragen, was sei, sondern: wie viel schlimmer es geworden wäre, wenn Hitler nicht zur Macht gelangt wäre.

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Damit ist man beim Unbeweisbaren: Allerdings liegt lie Antwort nahie, daß es schlimmer kaum hätte kommen kön­nen, wahrscheinlich aber weniger schlimm gekommen wäre. Doch bleiben wir in der Wenn"-Betrachtung und nehmen wir einmal an: Es wäre eine der früheren Regierungen am Ruder geblieben, hätte aber genau die gleichen wirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen, zu denen jetzt Hitler sich gezwungen sieht.

WESTLAND

Unabhängige deutsche Wochenzeitung

erscheint in Saarbrücken jeden Freitag. ,, Westland" behandelt in unparteiischer Weise politische, kulturelle und wirts schaftliche Fragen. Besondere Aut merksamkeit widmet es der deutschen Entwicklung. Die nationalsozialistische revolutionäre Uebergangszeit will es begreifen und nicht bejammern helfen Deshalb späht ,, Westland" nicht An­griffspunkte" aus, sondern sucht ein umfassendes Bild zu geben Es wendet sich an den selbständig denkenden Leser, der mit ihm die Wahrheit für die schärtste Waffe des politischen Kampfes hält.

Aus der neuesten Nummer:

Nachruf auf Fritz von Bose Die Rüstungsinternationale

Der Vierjahresplan Hitlers großer Bluf Wer schüßt die Saarjugend? Unmögliche Arbeiterpartei Mobilisierung der Arbeitslosen

Die regelmäßige Zustellung

erfolgt durch die Westland- Verlags. G. m. b. H Saarbrücken 3+ Brauerstraße 6-8+ Telefon 21014

Wir geben nachstehend eine Preisliste von Lebensmittel für den allernotwendigsten Gebrauch. Wir geben in dieser Liste die augenblicklichen Preise und die Preise vor dem Hitlerregime.

Ein Pfund Butter heute 1,60 bis 1,80 f.( 9,60 bis 10,80 Fr.), vor Hitler 0,90 bis 1 Mf.( 5,40 bis 6 Fr.).

Ein Kilo Brot fostet heute 44 Pfa.( 2,64 r.), vor Hitler 44 Pig.

Ein Pfund Margarine heute 66 Pfg. bis 1 f.( 3,96 bis 7,20 Fr.), vor Hitler 28 bis 60 Bfg.( 1,68 bis 3,60 Fr.). Ein Pfund ett erster Qualität heute 95 Pig.( 5,70 Fr.), vor Hitler 45 Vig.( 2,70 Fr.).

Ein Pfund Fett erster Qualität heute 1,20 Mf.( 7,20 Fr.), vor Hitler 0,60 f.( 3,60 Fr.). 3weieinhalb Kilo Kartoffeln heute 0,70 Mf.( 4,20 Fr.), vor Hitler 0,45 Mf.( 2,70 Fr.).

Ein Pfund Fleisch heute 0,80 bis 1,30 f.( 4,80 bis 7,80 r.), vor Sitler 0,60 bis 1 f.( 3,60 bis 6 Fr.).

Ein Pfund Mehl hente 0,22 bis 0,26 Mf.( 1,32 bis 1,56 Fr.), vor Sitler 0,18 bis 0,24 f.( 1,08 bis 1,44 r.). Ein Pfund Zuder heute 0,39 Mf.( 2,34 Fr.), vor Hitler 0,32 f.( 1,92 r.).

Ein Kohlfopf heute 15 bis 20 Pfa.( 0,90 bis 1,20 Fr.), vor Hitler 8 bis 10 Pia.( 0,48 bis 0,60 Fr.).

Ein Pfund Erbsen heute 35 bis 38 Pig.( 2,10 bis 2,28 r.), vor Hitler 18 Pfa.( 1,08 Fr.).

Ein Pfund Linsen heute 35 bis 45 Pfg.( 2,10 bis 2,70 Fr.), vor Hitler 22 bis 28 Pfg.( 1,32 bis 1,68 Fr.).

Ein Liter Milch heute 32 Pig.( 1,92 Fr.), vor Hitler 24 Pfg. ( 1,44 r.).

Die Kleidungsstücke haben ungefähr die gleichen Preise behalten. Aber die Arbeiter sagen mit Recht: Das hat feinerlei Bedeutung für uns, denn wir haben kein Geld, um Kleider zu kaufen.

Das Ergebnis der Vergleiche von Arbeiterlöhnen und Lebensmittelpreisen heute und vor dem Hitlerregime ist die Feststellung, daß die Arbeiter heute ihren Lebensstandard um wenigstens die Hälfte haben herunterschrauben müssen.

Wir fragen: Hätte dann die nationalsozialistische Presse auch diese Maßnahmen als höchste Weisheit und wirtschaft­liche Großtaten bejubelt? Oder: was hätte Goebbels ,, Au­griff" wohl geschrieben:

Wenn eine frühere Regierung den Devisendienst der Reichsbank bis auf einen mikroskopischen Rest verwirtschaf­tet hätte?

Wenn unter einer früheren Regierung die notwendigsten Rohstoffe infolge Devisenmangels nicht hätten eingeführt werden können?

Wenn unter einer früheren Regierung das Ausland we­gen Nichtzahlung deutscher Zinsen und Warenschulden zu einem Zwangsclearing gegen Deutschland geschritten wäre? Wenn eine frühere Regierung die schwebende Schuld in einem Jahr um vier Milliarden Mark vermehrt hätte? Wenn eine frühere Regierung alle Arbeiter unter 25 Jahren rücksichtslos von ihren Arbeitsplätzen entfernt hätte? Wenn unter einer früheren Regierung binnen achtzehn Monaten der Durchschnittslohn des deutschen Arbeiters um 25 bis 30 Prozent gesunken wäre?

Wenn eine frühere Regierung die Sozialrenten brutal gekürzt, die Unterstützungen zum größten Teil gestrichen hätte?

Wenn unter einer früheren Regierung die Verarmung des Mittelstandes der Kleinbauern usw. so rasch zugenommen hätte, wie in den achtzehn Monaten Hitlers?

Usw. usw.

Wir sind felsenfest überzeugt: Wäre all das, was unter Hitler wirtschaftlich eingetreten ist, unter irgend einer frü­heren Regierung geschehen, die Hakenkreuzpresse würde sich vor edler Entrüstung über solche Schand- und Miẞwirtschaft überschlagen, würde über die unfähigen Bankrotteure ge­tobt und sie unweigerlich als Henker und Verräter des deut­ schen Volkes bezeichnet haben.

Wenn... Und deshalb ist es sehr gefährlich für die Nazi­propaganda, mit diesem wenn zu operieren. Es prallt auf sie zurück! J. C.

Auch Winteräpfel!

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Durch eine Anordnung des Reichsbeauftragten für die Reglung des Absatzes von Gartenbauerzeugnissen wird auf Wochenmärkten, in Ladengeschäften und im Straßenhandel der Kleinverkauf, das Feilbieten und Feilhalten von Winteräpfeln bis auf weiteres ver­boten. Ausgenommen bleibt Fallobst, das deutlich zu kennzeichnen ist. Die als Winteräpfel in Betracht kommen­den Apfelsorten sollen unverzüglich von den Gebietsbeauf­tragten bekannt gegeben werden. Ferner erhalten die Ge­bietsbeauftragten die Ermächtigung, innerhalb ihres Gebietes Termine festzusetzen, vor denen Winteräpfel bestimmter wichtiger Sorten nicht geeerntet werden sollen.

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Sozialdemokraten, nicht Kommunisten. Sie machen uns darauf aufmerksam, daß die Presse innerhalb, aber auch außerhalb Deutsch­ lands über alle Gegenbewegungen im Reiche dauernd unter der Stichmarke Kommunismus " berichtet. Dabei handelt es sich stets um den Ausfluß des Willens der Goebbelspropaganda, alles, was sich gegen Hitler stellt, als Kommunismus zu verschreien. Man hofft auf diese Weise sowohl die Spiegbürger im eigenen Lande als auch in der Welt davon zu überzeugen, daß nach Hitler nur der Kommunismus und das Chaos fommen können. Das ist selbst­verständlich absolut unwahr. Aus dem von Ihnen beigelegten Zeitungsausschnitt geht das besonders deutlich hervor. Tort ist 11. a. von dem Roten Stoßtrupp " und von der Karlsbader Propagandazentrale" die Rede. Der Rote Stoßtrupp ist eine Ver einigung von Sozialdemokraten, deren führende Männer und Frauen erst vor wenigen Wochen zu Zuchthausstrafen bis zu acht Jahren verurteilt worden sind. Und die Karlsbader Propa­gandazentrale? Das ist ebenfalls eine sozialdemokratische Einrichtung, wie vor allem daraus zu ersehen ist, daß dort das sozialdemokratische Wochenblatt Neuer Vorwärts" erscheint. Ihre Auffassung ist durchaus richtig: man muß dieser Lüge, die illegale Propaganda in Deutschland sei ausschließlich fommunistisch, entgegentreten, weil man sonst unfreiwillig ein Helfer von Hitler

wird.

Heil Hitler !" Sie teilen uns mit: In Saarbrücker SA. - und SS - Kreisen erzählt man sich neuerdings folgenden zeitgemäßen Scherz über Herrn Kommerzienrat Dr. Hermann Röchling aus Völklingen : Auf einem Morgenspazierritt kommt Herr Röchling an cinen Neubau vorbei und er ruft den dort beschäftigten Arbeitern ein lautes Heil Hitler " zu. Aber nur wenige der Arbeiter erwidern diesen Gruß, während alle anderen die Faust ballen und die Zähne aufeinanderbeißen. Lächelnd meint Röchling zu diesem Arbeiter­trupp: hr werdet das Heil Hitler " schon noch lernen, ich habe cs ja auch lernen müen!"

Rhing. Sie schreiben uns: Mitten auf dem Kölner Ring steht ein ziemlich geschmacklojes Denkmal des alten Kaiser Wilhelm , der hoch zu Roß einherreitet. Am Tage der Volksabstimmung des 19. August entdeckte die Polizei ein Pappschild, das dem alten Herrn um den Hals gehängt worden war. Darauf stand folgender Spruch: Lieber Wilhelm, steig hernieder,

werde unser Führer wieder. In diesen schweren Zeiten, laẞ Adolf Hitler reiten.

"

Man stellte eine hochnotpeinliche Untersuchung an, besonders in monarchistischen Stahlhelmkreisen. Sie blieb aber ergebnislos." Ronzentrationslager Brandenburg. Sie schreiben über Ihre Er lebnise: Nachdem ich im Keller gewesen war, wurde ich eine be kannte und gesuchte Persönlichkeit für die S.- Leute. Polnisches Schwein" und ähnliche Anreden galten meiner Begrüßung. Ich wurde auch zu den gröbsten Arbeiten bevorzugt herangezogen. Ta fic mich als Chemiker fannten, wurde mir off die Frage gestellt, ob ich wohl Giftgase für Polen " herstelle und nur nach Deutschland gefommen wäre, um diese Kunst der Deutschen zu erlernen? Auf meine Antwort, daß ich Pharmazeut sei und mit Giftgafen nichts gemein habe, meinten sie, da züchten Sie wohl Tuberkelbazillen, um uns Arier zu verseuchen?" Wir mußten in Brandenburg sehr geistreiche Gedichte und Merfworte lernen. Wir Juden mußten sie täglich unzählige Male aussagen:

Wir Juden sind die größten Schweine! Wir sind die größten Volksbetrüger! Wer hat Schuld am Reichstagsbrand? Nur wir Juden!

In unseren Büchern steht geschrieben,

Taß jeder bejjere Nichtjude totgeschlagen werden mus! Für jeden A.- Mann, den wir totgeschlagen haben, Bekamen wir hundert Marf in bar ausgezahlt, Die wir in Seft und Wein umgesetzt haben, Wofür das arme Volk leiden mußte!"

Ein Lied haben wir fingen müssen zur Melodie: Ich bin ein Preuße, kennst du meine Farben!" Das hatte folgenden Text:

Ich bin ein Jude, kennst du meine Nase? Im fühnen Bogen schwebt sie mir voran. Im Kriege war ich feige wie ein Hase. Jedoch im Schachern steh ich meinen Mann!

Ich bin ein Schwein, doch ich nichts vom Schwein! Ich bin ein Jude will ein Jude sein!"

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler; für Inserate: Ctto Kuhn in Eaerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrücken 3, Schüßenstraße 5. Echließfach 776 Eaarbrüden.

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