Hochkonjunktur für Zuchthaus

Aber für jeden gefangenen Jllegalen stehen zehn neue auf!

Augenblicklich ift in Hitler- Deutschland Hoch= tonjunktur in politischen Prozessen. möglichen Gerichtsarten verhängen andauernd über ,, Illegale" barbarisch hohe Strafen. Sie sollen sühnen", abschrecken, bessern. Es hilft nichts. Für jeden, der im Gefängnis oder im Zuchthaus schmachtet, stehen zehn neue mutige Kämpfer gegen den Hitlerismus auf. Alle Emsigkeit der Gestapo   nützt nichts mehr. Deutschland   ist von einer Flut von illegaler Literatur überschwemmt. Die freiwilligen Spizel sind nicht mehr so eilig bei der Hand wie noch vor ein paar Monaten. Das brüchige System tann mit aller seiner Gewalt den Weg des Widerstandes nicht mehr versperren.

Berndt, der der Beihilfe schuldig befunden wurde, kam mit 1 Jahr 2 Monaten Gefängnis davon.

Dabei berichtet die gleichgeschaltete Presse:

Hin und wieder liest man in Polizeimeldungen oder Be­richten aus Gerichtsverhandlungen, daß ein unbelehrbarer Hezzapostel roter Couleur versucht hat, Hesschriften aus Emigranten Druckereien zu verbreiten. Zu dem kleinen Kreise solcher Unbelehrbarer gehörte auch der frühere kommunistische Funktionär Franz Renker, der es noch im Herbst 1933 unternahm, im Bezirk Prenzlauer Berg  eine illegale Nachfolgegruppe der Kommunistischen Partei aufzuziehen. Renker stellte seine Wohnung als Vertriebs­stelle für illegale Druckschriften zur Verfügung. Durch geheimnisvolle, natürlich unter falschem Namen, fommende und gehende Kuriere erhielt er das Material". Seine Auf­an geeignete Vertrauensmänner weiterzuleiten.

Vor dem Berliner  ..Volksgerichtshof  " gabe war es, die erhaltenen hochverräterischen Heßschriften

Vier führende Funktionäre der Roten Hilfe

Berlin  , 19. Sept. Vor dem Volksgerichtshof   wurde heute wieder ein Hochverratsprozeß gegen Kommunisten ver­handelt. Die Anflage richtete sich gegen vier führende Funk­tionäre der Roten Hilfe", von denen der 45jährige Arthur Dombrowski schon mehrfach wegen Vergehen gegen das Republikschutzgesetz und Vorbereitung zum Hochverrat vor­bestraft ist. Der Mitangeklagte Werner Jurr hatte ver­sucht, von Stuttgart   aus in Württembera die Organisation der Roten Hilfe" wieder neu aufzubauen.

Zur Aushebung der getarnten Hauptgeschäftsstelle der Roten Hilfe" Berlin   führte eine im März vorigen Jahres bei der Polizei eingegangene Anzeige, daß sich in den Räumen des Mentor- Verlages für Pressefotografie, Unter den Linden 16, Mar Hölz aufhalte. Das traf zwar nicht zu die Polizei machte aber bei der Haussuchung die Entdeckung, daß die im Dachgeschoß des Hauses liegenden, von dem An­geklagten Erich Didzuhn gemieteten Räume( Didzuhn war der Inhaber des Mentor- Verlages) die illegale Zentrale der Roten Hilfe" befand. Sie dienten führenden Funktionären als Schlupfwinkel und waren dazu besonders geeignet, da sie über verschiedene Sicherungen durch Klingel­und Summeranlagen und über drei Geheimausgänge ver­fügten. Durch sie waren auch die Mitangeklagten Rhodin und Jurr zunächst geflüchtet, als die Polizei zur Aushebung des illegalen Büros schritt.

Die Angeklagten wurden der Vorbereitung zum Hoch­verrat teilweise in Tateinheit mit Pressevergehen für schuldig erflärt. Die Angeklagten Erich Didzuhn und Rolf Rhodin erhielten je zwei Jahre und der frühere fommunistische Redakteur Arthur Dombrowski ein Jahr neun Monate Gefängnis. Der Angeklagte Werner Furr wurde zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

..Hetzschriften

aus Emigrantendruckereien"

Ein im Moabiter   Kriminalgericht tagender Straffenat des Kammergerichts verurteilte wegen Vorbereitung eines hoch verräterischen Unternehmen s bzw. Beihilfe dazu die früheren Kommunisten Franz Renfer zu 3 Jah­ren, Erwin Buze zu 23, und die Ehefrau Renker zu 2 Jahren Ruchthaus. Ein vierter Angeklagter, Hermann

Die Urteilsbegründung nagelte die verwerfliche und gemeingefährliche Handlungsweise der Angeklagten fest. Wer noch in diesem Jahre, heißt es in der Begründung, zu einer Zeit, in der jeder vernünftige Volksgenosse sich davon überzeugt hat, daß der national sozialistischen Regierung gerade das Wohl der minderbemittelten Volksschichten a m Herzen liegt(!) sich zu derartigen Handlungen hin­reißen läßt, den kann nur die volle Strenge des Gefeßes treffen. Also mußte für Renker, das Haupt der Zersetzungs­gruppe, die Höchststrafe von 3 Jahren 3uchthaus aus­gesprochen werden."

In Essen  

Hochverratsprozeß gegen 65 Kommunisten

Effen, 18. Sept. Der 2. Straffenat des Oberlandesgerichts Hannover   verhandelte in Bielefeld   in einem viertägigen Hochverratsprozeß unter Ausschluß der Oeffentlichkeit gegen 65 Kommunisten, von denen ein Teil Frauent und Mädchen waren. Elf Angeklagte wurden wegen Mangel an Beweisen freigesprochen, zwölf Angeklagte er­hielten insgesamt 24 Jahre Zuchthaus, 42 weitere Angeklagte insgesamt 61% Jahre

mungen sei wewerveoronung und des Reichsfagdgesetzes. Also auch hier würde selbst bei Straferlaß die Erziehungs­maßnahme oder die zeitweilige oder dauernde Untersagung der Betriebsführung bestehen bleiben. Von besonderer Be­deutung ist noch die der nationalsozialistischen Grund­auffassung entsprechende Festlegung, daß die Allgemeinheit an der dauernden Verwahrung schwerer Verbrecher mehr interessiert ist als an der Bollstreckung von Freiheitsstrafen. Deshalb wird bestimmt, daß die Vollstreckung von Freiheits­strafen an Verurteilten, gegen die gleichzeitig eine Maßregel der Sicherung und Besserung verfügt wurde, bis zur Bes endigung der Unterbringung aufgeschoben werden soll, wenn es sich mit den Interessen der Strafrechtspflege verträgt.

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Mit anderen Worten: jede nationalsozialistische Instanz fann entscheiden, ob ein Begnadigter" weiter in Haft bleiben muß oder nicht. Denn die Entscheidung darüber richtet sich nach den Interessen der Allgemeinheit", über die die NSDAP  . bestimmt.

, Gesühnt"

Ein junger Katholik hingerichtet

Elbing  , 18. September. Heute früh kurz nach 5 Uhr ist hier der von dem Sonder­gericht in Elbing   am 4. Juli 1934 wegen Mordes an dem politischen Leiter Elsholz rechtskräftig zum Tode und z lebenslänglichem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ver­urteilte Gregor Meißner aus Gollmüz hingerich= tet worden.

Der Fall hat damals erhebliches Aufsehen erregt. Die nationalsozialistische Presse behauptete, Meißner habe Els­holz aus Rache" ermordet, weil er sich zum Wortführer antikatholischer Aftionen gemacht habe. Meißner sei Führer der örtlichen fatholischen Jugend gewesen. Spaltenlange Be­richte der braunen Presse schürten die antikatholischen Stim­mungen mächtig, und man schrie nach einem Sühneexempel.

Es ist prompt erfolgt. Meißners Kopf fiel auf dem Scha­fott. Nach den näheren Umständen wurde nicht erst gefragt. Straffrei sind Morde aus politischen Motiven nur im Zei­chen des Hakenkreuzes, rechtens" unter Verantwortung des Führers und Reichskanzlers. Dann sind sie sogar eine Säuberungsaftion, zu deren Ehre in protestantischen Kirchen Danfgottesdienst abgehalten wird.

Gefängnis. Die Strafen sind, wie in der Urteils Weißbuch über den 30. Juni

begründung erklärt wird, verhältnismäßig mild ausgefallen, weil nach dem Ergebnis der Verhandlung die Kommunisten des Bielefelder   Bezirks weniger fanatisch vorgegangen" seien als in anderen Bezirken, beispielsweise im Ruhrgebiet  .

..Gnade" und Erziehung"

Nach der Neureglung des preußischen Gnadenrechts sind jetzt auch die Ausführungsbestimmungen den neuen Grund­säßen angepast worden. Besonders wichtig ist dabei die Fest­stellung, daß das Gnaden recht sich nicht auf die durch Urteil angeordneten Maßnahmen der Sicherung und Besserung oder Erziehung erstreckt. Eine ausgesprochene Begnadigung befreit danach wohl von der weiteren Strafverbüßung, würde aber die angeordnete Sicherungsverwahrung usw. unberührt lassen. Das Sperrfristen für die Berufsausübung usw. nach den Bestim­

Die Liste der Erschossenen

Paris  , 18. Sept.( Inpreß.) Die Edition Carrefour   in Paris  läßt soeben ein Weißbuch über die Ereignisse des 30. Juni erscheinen. Nach der Schlächterei des 30. Juni hat Hitler  erklärt, daß die Liste der Erschossenen veröffentlicht würde. Zweieinhalb Monate sind seitdem verflossen, ohne daß diese angekündigte Publikation erschienen wäre.

Das Kollektiv der Braunbuch- Autoren tritt nun mit der Liste der Erschossenen an die Oeffentlichkeit und deckt die Hintergründe der Röhm- ,, Revolte" und der Schleicher­Verschwörung" auf. Das Weißbuch über die Ereignisse des 30. Juni stüßt sich auf bisher unbekanntes, authentisches Material und gibt eine genaue Darstellung der Vorgeschichte der Juni- Ereignisse und ihrer Hintergründe.

"

Gleiche gilt für als Erziehungsmaßnahme angeordnete Zwei Jahre Zuchthaus  

Tausend Jahre

BERG

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EKT:

1982

UNIC

FABRU

BERG

BERCE

GOLDS

SEKT

» Tausend Jahre so weiter! Heil Hitler!«

Kritik an der Regierung ist Hochverrat

Raffel, 18. Sept. Der 35jährige Kommunist Ernst Faver aus Frankfurt   wurde vom Kaffeler Straffenat wegen Vor­bereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust ver­urteilt. Der Angeklagte besuchte seit November 1933 häufig ein Frankfurter   Rofal und unterhielt sich dort oft mit einem Kellner, bei dem er sich abfällig über die Regie rung äußerte und bemerkte, daß alles schon für einen Umschwung der KPD. vorbereitet sei. Im April 1934 gab er dem Kellner, einem alten SA.- Mann, eine illegale kom- munistische Druckschrift und sagte ihm, er möchte sie lesen und guten Bekannten und alten SA.- Angehörigen weitergeben. Diesen Zerseßungsversuch der SA. rechnete das Gericht dem Angeklagten besonders schwer an. Faber hatte auch zwei Reisen ins Ausland unternommen, doch konnte ihm in dieser Beziehung keine hochverräterische Handlung nachgewiesen werden.

4 Kommunistenführer entflohen

Stettin  , 19. Sept. Aus dem Gerichtsgefängnis Altdamm  bei Stettin   sind in der Nacht zum Dienstag die ehemaligen Kommunistenführer Erwin Tomkewiß, Friedrich Wezzel, Rudolf Rezlaff und Heinrich Matern entwichen. Gegen die vier schwebt ein Hochverratsverfahren Die Ge­richtsverhandlung war für den 2. Oftober angesetzt. Für die Ergreifung der Flüchtlinge hat der Regierungspräsident eine Belohnung von 3000 R M. ausgesetzt.

Gegen jüdische Kinder

Aus Württemberg   wird uns geschrieben: In ch= reren württembergischen Orten sind sämtliche jüdischen Kin­der aus der allgemeinen Volksschule herausgenommen und in unzulänglichen Räumen mit unzulänglichen Lehrkräften untergebracht worden. In einem Falle wurde ein Israelit aus Polen   als Lehrer bestellt, der noch ungenügend Deutsch spricht und unmöglich die Kinder erfolgreich unterri fann.

Häuptling der Judenbande

Erst heute erfahren wir von einem jungen Arbeiter, der von einer Wanderung aus dem Reich zurückgekehrt ist, von den Vorgängen, die sich vor einiger Zeit in dem kleinen, nahe der Saargrenze gelegenen Dertchen Freudenburg zuge­tragen haben. Dort wurde vom benachbarten Wald aus in die Synagoge hineingeschossen. Auf Anzeige wurde ein 17jähriger Nationalspzialist als Tä­ter ermittelt.

Daraufhin stellte sich der Gauführer Eibes aus Trier  bei dem Vorsitzenden der Synagogengemeinde mit der Frage ein, ob er der Häuptling dieser Judenbande" sei. Ehe der Angesprochene, ein Schwerfriegsbeschädigter, antworten fonnte, wurde ihm bedeutet, wenn er das Maul aufmache, werde man ihn gleich mitnehmen, und er solle sich einmal unterstehen, gegen den Täter etwas zu unternehmen.

Es versteht sich von selbst, daß daraufhin von jeder An­zeige Abstand genommen wurde. Die Einschüchterung geht sogar soweit, daß von Juden über derartige Vorgänge über= haupt nichts zu erfahren ist. Lediglich dank den empörten Schilderungen nichtjüdischer Bürger gelangen überhaupt Meldungen über derartige Vorgänge über die Grenze,