Für Deutschland   13. Gegen Hitler!

SAAR BEILAGE

JANUAR

DEUTSCHE FREIHEIT

Garantien für die jüdische Minderheit

Genf  , 2. Off. In Zusammenhang mit der Sondersizung des Rates des Völkerbundes zur Erörterung des Saar­Problems, die für November einberufen werden soll, ver­lautet hier, daß das Saarland   nie ein Teil Hitlerdeutsch­lands werden wird, wenn die deutsche Regierung sich nicht bereit erklärt, die Rechte der Juden dort zu garantieren.

Die Jüdische Telegraphen- Agentur erfährt, daß der Rat beabsichtige, die Frage des Schutzes der Juden in der Saar  zu einer der Hauptfragen zu machen. Graf Aloisi, der Vor­sitzende des Dreierfomitees, das der Völkerbund zur Be­handlung der Saar  - Frage ernannt hat, wird an die deutsche Regierung die Frage richten, ob sie beabsichtige, die Rechte der Juden in der Saar   zu garantieren, falls das Ergebnis der Volksabstimmung vom Januar 1935 das Saargebiet wieder mit Deutschland   vereinigen würde. Wenn die Ant­wort der deutschen   Regierung nicht definitiv den Willen zur Gewährung vollen Schutzes für die Juden des Saarlandes zum Ausdruck bringen wird, wird wie verlautet- der Bölferbund eine Resolution annehmen, in der es zur Be­dingung gemacht wird, daß die Vereinigung des Saar­gebietes mit Deutschland   selbst wenn die Volksabitim­mung für Hitler- Deutschland aussiele völlig davon ab­hängen soll, welche Garantien Deutschland   geben wird, die jüdische Bevölkerung in der Saar   zu schüßen. Bekanntlich werden jetzt schon zwischen dem Vorsitzenden des Ausschusses für Saar  - Fragen Baron Aloisi und dem deutschen   Gesandten in Bern   Weizsäcker   Verhandlungen über die Saar  - Frage geführt. Die Jüdische Telegraphen- Agentur erfährt auch, daß der

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Oberlindober- Rummel

Völkerbund   die ihm vom Joint Foreign Committee des Board of Deputies of Britisch Jews und vom Comité des Delegations Juives unterbreiteten Memoranda betreffend den Schuß der jüdischen Rechte in der Saar in der außer­ordentlichen Sizung des Völkerbundsrates im November behandeln wird.

Ein Sonder- Memorandum über das jüdische Problem im Saargebiet wurde auch von Dr. Segal, dem politischen Ver­treter der Revisionistischen Erekutive, Graf Aloisi, über­geben. Das Memorandum bringt die Hoffnung zum Aus­druck, daß der Völkerbund alle nur möglichen juristischen Maßnahmen ergreifen wird, damit ein spezieller Paragraf, der den legalen Status und die politischen Rechte der Juden in der Saar   garantiert, vorgesehen wird, ungeachtet deffen, wie das Ergebnis der Volfsabstimmung ausfallen wird.

Soweit die Meldung aus Genf  . Wer wird zweifeln, daß Hitler alle Garantien" gewährt? Und wer wird zweifeln, daß er jede Zusicherung bricht? Und wie will der Völker­ bund   den Mann des 30. Juni zwingen, seine Zusagen zu halten?

Wenn die Welt ruhig zusieht, daß Hitlerdeutschland " geheim" aufritstet, wird sie schwerlich Sanktionen zugunsten einiger tausend Juden im Saargebiet ergreifen.

Es gibt nur eine Garantie gegen Hitlers   Barbarentum: man muß ihm durch die Abstimmung am 13. Januar den Weg ins Saargebiet versperren.

Das Geständnis des Reichsführers"

Am Sonntag fand in Zweibrücken   der zweite saardeutsche Kriegsopfer- und Soldatentag statt. Ueber 20000 Saar­deutsche- so berichtet hocherfreut die braune Presse maren herbeigeeilt, um gemeinsam mit den Brüdern aus dem Reich ein überwältigendes Treuebekenntnis zum Führer und Reichskanzler abzulegen." Schon wieder einmal sind also viele tausend Saarländer   mit der Registermark nach dem Reich gefahren. So geht es Woche für Woche. Immer neue Tausende werden nach dem Reich abkommandiert und da wundert man sich im Saargebiet, daß hier das Geschäft im Einzelhandel zurückgeht.

Und nun zum Kriegsopfertag selbst. Der Reichsführer der Kriegsopfer mit dem schönen Namen Oberlindober, hat in 3weibrüden eine große Rede gehalten. Diesem Raziführer ist eine fleine Entgleisung unterlaufen. Er sagte: Es ist vermessen, heute zu sagen, daß wirtschaftliche Notwendigkeiten eine andere Entscheidung des Saargebietes erzwingen, als die Entscheidung für das Deutschtum und für das deutsche  Volk, denn jene Wirtschaft, meine Kameraden, ist bedingt durch die Kräfte, die in dieser Wirtschaft lebendig sind. Und wenn sich in der jaarländischen Wirtschaft die Arme deutscher  Männer regen, wenn deutscher   Geist diese Wirtschaft zur Blüte und zur Entfaltung bringt, so werden diese Motoren der Wirtschaft stillstehen in dem Augenblick, in welchem die lebendige Verbindung zu dem gesamten deutschen   Volksför­per abgerissen wird."

Hitler- Lockvögel

Unter Lockvögel" versteht man im Einzelhandel solche Waren, die im Schaufenster unter dem Einkaufspreis aus= gestellt werden, um auf diese Weise das Publikum zum Kauf zu verlocken. Dieser eines ehrbaren Kaufmanns" unwürdige Anreißermethode bedient sich heute das Hitlerregime, um die Saarbevölkerung zu bluffen. Allmählich sehen auch die ge­rissensten Agitatoren der braunen Front selbst ein, daß man allein mit der Parole die Stimme des Blutes" die Saar­bevölkerung für sich nicht gewinnen kann. Man muß schon den Saarbewohnern etwas Konkreteres bieten.

Vor einiger Zeit machte man zu diesem Zweck eine große Reflame für die Ferngasversorgung. Die braune Presse an der Saar   überschlug sich, um auszumalen, welch wunderbare Aussichten dem Saargebiet durch die Ferngas­versorgung winfe. Nun ist es aber still geworden um dieses Projekt, denn die antifaschistischen Blätter konnten ganz ein­deutig den Nachweis erbringen,

daß die Ferngasversorgung ein glatter Betrug ist, daß sie zwar Kommerzienrat Röchling  , der hinter diesem ganzen Projekt steckt, große Verdienste abwerfen wird, daß sie aber dem Saargebiet nur Nachteile bringen muß, weil die Ferns gasversorgung einen Teil der Kumpels und der Gas: arbeiter brotlos machen wird.

Nun hat man sich lange den Kopf zerbrochen, wie man eigentlich die Saarbevölkerung neuerdings täuschen könnte. Endlich ist man auf eine geniale Idee gekommen. Das Deutsche   Nachrichtenbüro verbreitete in diesen Tagen folgende Meldung:

München  , 27. Sept. Die Reichsregierung sowie die preußische und bayerische Regierung haben in großzügiger Weise beschlossen, die Ostertalbahn bis an die Saargrenze zu bauen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß die Bahn innerhalb des Saargebiets sofort nach der Rückgliederung fortgesetzt wird. Die genannten Regierungen werden mit aller Beschleunigung eine Gesellschaft zum Bau und Be­trieb der Ostertalbahn nach dem Vorbild der preußischen

An Drohungen von nationalsozialistischer Seite, die auch in diesem letzten Satz ganz unverblümt enthalten sind, haben wir uns schon so daran gewöhnt, daß wir uns lediglich darauf beschränken, diese neue Verlegung der Abstimmungswahl­kampagne zu registrieren. Bemerkenswert ist es, daß dieser Oberlindober glatt zugibt, daß die wirtschaftlichen Not­wendigkeiten, die Aufrechterhaltung des bisherigen Zustan= des erfordern. Die Rückgliederung bedeutet wirtschaftlichen Zusammenbruch. Das gesteht nunmehr auch der Ober: lindober, und mit ihm die ganze branne Gesellschaft ein. Bisher hieß es immer, daß derartige Behauptungen Rügen der Marristen" seien. Aber die Wahrheit kann auf die Dauer eben nicht verheimlicht werden. Und nun müssen sie selbst zu= geben, daß die Rückgliederung dem Saargebiet einen schweren Schlag versehen wird.

Aber, da er mit wirtschaftlichen Argumenten nichts an­fangen fann, fordert der Oberlindober die Saarländer   auf, deshalb für Hitler zu stimmen, weil dies die Stimme des Blutes" erfordere. Auch das ist ein Fehler, daß der Reichs führer" an die Stimme des Blutes erinnert; denn die Stimme des Blutes der Tausenden von deutschen   Männern und Frauen, die in den Folterkammern der A., SS.   und der Gestapo   geflossen ist, schreit zum Himmel und ruft zur Vergeltung.

Kleinbahnen bilden. Diese wird mit dem Bau der Bahn so bald wie möglich beginnen."

Der Sinn dieser Anfündigung als Rockmittel für die Ab­stimmung tritt zu deutlich in Erscheinung. Ausgerechnet genau bis an die Grenze soll der Schienenstrang geführt werden. Dieser Plan, dessen Durchführung im übrigen feineswegs feststeht, ist also zu recht durchsichtigen Zwecken angekündigt worden.

Dasselbe muß auch von den Plänen gesagt werden, die für eine erhöhte Abnahme der Saarfohle bestehen. Bekanntlich gehen nur 10 Prozent des gesamten Saarkohlenabsatzes nach dem dritten Reich" und so droht dem Saarfohlen­bergbau im Falle der Rückgliederung ein Zusammenbruch. Um nun den saarländischen Kumpel irrezuführen, und ihm eine paradiesische Zukunft zu ver­sprechen, werden jetzt Mitteilungen über Verhandlungen in Berlin   verbreitet, die angeblich den Zweck haben, die saar­ländische Kohle nach der Rückgliederung im dritten Reich" aufzunehmen. Es soll ein System geschaffen werden für den Fall, daß Frankreich   nach der Rückkehr des Saargebiets zu Deutschland   auf die Verwendung von Saarfohle weitgehend verzichtet.

Demnächst werden wir also die freudige Nachricht hören, daß die Saarkohle selbstverständlich einen erhöhten Absatz im ,, dritten Reich" finden wird. Ein jeder weiß, daß man ein tünstliches Absatzgebiet nicht schaffen kann, und wenn man auch wirklich vorübergehend der Saarfohle noch weitere 10 Prozent ihres bisherigen Absatzes zubilligen wird, so wird damit erstens einmal das Saarfohlenproblem doch nicht gelöst denn wohin soll dann der immer noch ver bliebene größere Rest der Saarfohle gehen -, zweitens aber wird ja dieser Lockvogel nur bis zum Ab­stimmungstage seine Gültigkeit haben. Nach dem Tische wird man es anders lesen. Dafür werden die Kohlenbarone des Ruhrgebiets, die immer schon aufs schärffte die Saarfohle bekämpft haben, Sorge tragen. Die Herren von der Ruhr haben nicht umsonst ihre guten Be­ziehungen zu Hitler   und Göring  .

Der kleine Jakob Und der Staatsmann Barthou  

Die sogenannte deutsche Front" schwimmt in Geld. Man zieht es den Sozialrentnern und Kriegsbeschädigten im Reiche ab und gibt es für Agitation ins Saargebiet. So kann man denn ein Telegramm von der Länge mehrerer Zeit­artikel an den französischen   Außenminister Barthou   schicken und diese geistige Leistung in vielen zehntausend Exemplaren auf die Straße werfen.

Das Telegramm ist zunächst ein feierlicher Schwur auf die verbrieften heiligen Rechte des Versailler Vertrages. Die Front, die sich schandenhalber deutsch  " nennt, gibt sich die erdenklichste Mühe, dem Franzosen   klar zu machen, daß im Falle einer Abstimmungsmehrheit für den Status quo unter gar keinen Umständen demokratische Rechte für die Saarländer   gewährt werden dürften. Es müsse unter allen Umständen die Diftatur der fremden Regierungskommission bleiben. So legt nämlich die sozusagen deutsche   Front" den Vertrag von Versailles   aus. Glücklicherweise sind Barthou  und andere ehemalige Kriegsgegner vernünftiger. Man wird die saarländische Versaillesschwärmerei zu den Aften legen. Anscheinend hat Herr Pirro die Schwäche des Herrn Hitler  für Frankreich  , die dieser seinem jüdischen Interviewer Sa­muel gebeichtet hat, etwas allzu weitgehend aufgefaßt.

Ohne Flegelei geht es aber natürlich nicht ab, wenn Knoten fich in europäische Verhandlungen einmischen. So unterstellt denn die deutsche Front" Herrn Barthou, daß er als fran­zösischer Minister unsere deutsche völkische Zukunft bestim­men" wolle. Der alte Herr, dessen politische Weisheit wir unseren deutschen   Staatsmännern wünschen, wird milde lächeln. Alle Welt weiß ja, daß er als zivilisierter Europäer die demokratische Selbstbestimmung der Saarländer   für die Zukunft ihrer Heimat sichern will, und zwar gegen jeden Terror. Darum geht es und freilich auch darum, daß nach dem 13. Januar nicht die siegende Mehrheit die unterlegene Minderheit foltern, morden, einsperren, ächten, schänden, be­stehlen und berauben darf, wie es unter dem Rufe Heil Hitler  !" seit 17 Monaten im Reiche geschieht.

Dieselbe deutsche Front", die Herrn Barthou   wegen seiner Rede für das Völkerrecht anrempelt, ließ zwei Tage früher durch die Saarbrüder Zeitung" verfünden, daß die Galgen­frist" für die margistische Presse nur noch bis zum 13. Januar dauern werde. Man muß dankbar anerkennen, daß die Her­ren in ihrer sinnlosen Wut herausbrüllen, was sie wollen: die Unterdrückung und Entrechtung jeder Minder­heit, den Terror als Staatsgrundsatz.

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Jakob Pirro   an Louis Barthou  ! Der Knüppel gegen das Florett! Der provinzielle Polterer gegen den weltmännischen Diplomaten wenn das nur nicht schief geht, Jakob Pirro  ! Der mehr ruhmredige als ruhmreiche Landesführer sollte sich daran erinnern, daß der alte franzosenfresserische Ernst Moritz Arndt   nicht nur Blut- und Eisengesänge gedichtet hat, sondern auch eine hübsche lage um den kleinen Jakob" mit der sorgenvollen Frage: Wo ist der kleine Jakob ge= blieben? Kleiner Jafob, fleiner Jakob, fomm zu Hous!"

Der Flaggenunfug

Die braune Front nimmt jede nationalsozialistische Kunds gebung zum Anlaß, um die Saarbewohner zum Flaggen zu zwingen. Mit den Hafenkreuzfahnen soll nach außen der falsche Eindruck erweckt werden, daß die Saar   braun sei. Auch das Erntedarréfest gab den braunen Drahtziehern an der Saar   erneut den Anlaß zum Flaggen. Die Blockwarte bekamen die entsprechende Anweisung und übten auf die einzelnen Mieter in befannter Weise einen entsprechenden Druck aus. Aber allmählich wird auch den Anhängern der braunen Front diese Flaggerei zu dumm. Damit erflärt sich auch die Tatsache, daß sie diesmal recht dürftig ausfiel.

Wie die wirkliche Stimmung unter den Deutschfrontlern angesichts des Flaggenrummels ist, zeigt auch folgendes Schreiben, das die Volksstimme" erhalten hat und dessen Original in der Redaktion des Blattes einzusehen ist:

Saarbrücken  , den 29. September 1934. Heute, Samstag, abend genau 5 Uhr laufen die Block­warts überall herum und fordern die Leute zum Flaggen auf. Ist das fein Terror, Indem ich Deutschfrontler bin, kommt mir diese gezwungene Flaggerei oben raus. Was sagt die Abstimmungsfommission dazu?

Ein Deutsch frontler.

Katholikenvermögen gestohlen

So geht es auch an der Saar  

Wie die Frankfurter Zeitung  " meldet, hat der badische Minister des Innern auf Grund des Gesetzes über die Ein­ziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens das Ver­mögen des Volksvereins für das fatholische Deutschland  " im Bereich des Landes Baden eingezogen, da es zu volks­und staatsfeindlichen Bestrebungen bestimmt gewesen sei.

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Diese Meldung versieht das Organ der braunen Front, die fatholische Saarpfalz" mit folgender Anmerkung: Es wäre eine Mitteilung darüber sehr am Playze, in­wiefern das Vermögen des Volksvereins volks- und staats­feindlich sein soll."

Das ist däucht uns, eine sehr überflüssige Frage. Sie setzt voraus, daß im Dritten Reich  " Recht und Gesetz bestehen. Das gleichgeschaltete Blatt jollte wissen, daß Hitler- Teutsch­land mit dem fatholischen Vermögen nach einer Rückglie­derung genau so an der Saar   verfahren würde.