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Berlin habe darum Belgrad wirtschaftliche Vorteile und Handelserleichterungen gewährt. Die deutschen Zeitungen hätten das jugoslawische Volf in allen seinen Vorzügen gerühmt. Gerade am Mittwochmorgen habe die Berliner Presse noch diesen Versuch einer Annäherung gefeiert.
Barthou nun habe folgende Aufgabe lösen wollen: er habe Frankreichs neue italienische Politik mit seiner alten Bolitif gegenüber Jugoslawien und der Kleinen Entente in EinElang bringen wollen. Sein Ziel set gewesen, gewissermaßen ein Dreied Rom - Belgrad - Paris herzustellen, das ine der Hauptgrundlagen der europäischen Sicherheit hätte sein
fönnen
Mit Alexander I. und Barthou sei dieser Versuch der Annäherung unter den Schüssen des Mörders gefallen. Die Menschen, so schließt Paris- Midi" fallen, die een bleiben. In Belgrad und in Paris werden andere Staatsmänner versuchen, die Fäden der so tragisch unterbrochener Berhandlungen wieder aufzuwickeln.
In demselben Sinne schreibt in dem gleichen Blatt Henry Berenger , der Vorsitzende der Auswärtigen Kommission des Senats, der erklärt, Jugoslawien und Frankreich werden das Programm ausführen, daß ihre Toten ausgearbeitet hätten. Das sei die einzige Ehre, die ihrer würdig sei, die einzige Siegespalme, die ihre Gräber schmüden könne.
Jean Fabry, der ehemalige Kriegsminister, meint im Intransigeant" nach den Wiener Ereignissen, vor den Echwierigkeiten, die die Saarfrage in sich berge, set der Berlust zweier Menschen schwer, die so reiche Erfahrungen
In einem Leitartikel, der dem Attentat gewidmet ist, schreibt
der„ Temps",
der dem Quai d'Orsay besonders nahesteht, folgendes:
Man möge sich über eins nicht täuschen. Das Attentat, das geftern in Marseille ausgeführt wurde, tann tiefgehendste politische Rückwirkungen haben. Es werden die ganze Wachfamkeit und der gute Wille der Regierungen erforderlich sein, um die Eventualitäten zu vermeiden, die als direkte und indirekte Folgen des tragischen Endes des Königs Alexander und Louis Varthous entstehen könnten.
Am Schluß des Leitartikels erklärt der" Temps":" Die Politik Vartheus, das ist die Politik der Regierung der Republif in ihrer Gesamtheit, das ist die Politik Frankreichs . Diefe Politik wire mit der gleichen Klarheit und der gleichen Festigke: fortgesetzt, wie sie der verstorbene Außenminister geführt hat. Insbesondere in dieser Stunde, wo das Attentat von Marseille die Geister und Herzen in Unruhe verseßt und
Geschick des jugoslawischen Königs. Tief erschüttert hat hier der Tod des französischen Außenministers, bereitete sich doch Rom schon vor, Barthou mit Sympathie und Begeisterung zu empfangen. Die gesamte Presse drückt nicht nur die Trauer Italiens über den Doppelmord aus, sondern stellt fest, daß es sich hierbei um eine Herausforderung der euro päischen Zivilisation handele.
Die Zeitungen gaben in Sonderausgaben der Bevölkerung Kenntnis von dem blutigen Verbrechen, dem König Alexander und Barthou zum Opfer gefallen sind. Der„ Völ tische Beobachter" rühmten den toten König als einen sicheren Bürgen des europäischen Friedens. Er betont, Barthous Standpunkt dem dritten Reich" gegenüber habe oft Anlaß zur Kritik gegeben, aber jetzt dürfe man sich mit solchen Gedanken nicht befassen. Angesichts eines solchen Verbrechens müsse man den Opfern Achtung bezeugen. Nicht anders äußern sich die„ Deutsche Allgemeine Zeitung", die Berliner Börsen- Zeitung", die Germania " und der Lokalanzeiger". Der letztere bemerkt dazu noch, so oft Barthou Gelegenheit gehabt habe, habe er sich gegen Deutschland gewandt. Aber jezt angesichts des Todes misse man alle Feindschaft vergessen. Das„ Berliner Tageblatt" rühmt Barthous Persönlichkeit als die eines großen Politikers, aber auch eines vornehmen Schriftstellers und bestechenden Redners.
die im Gange befindlichen Verhandlungen umgeworfen bat, Noch Unruhe in Spanien
ist es notwendig. daß die französische Politit sich in ihrer ganzen Stärfe offenbart, die der Friedenswille einer großen Nation erfordert, die niemals ihre Pflicht gegenüber sich selbst und gegerüker den anderen vernachlässigt hat. Das wird die schönste und beste Ehrung für den großen Franzosen sein, der bei Erfüllung seiner Pflicht gefallen ist."
Die Weltmeinung über das Verbrechen
Die Nachricht von der Marseiller Tragödie wurde hier mit ungeheurer und schmerzlicher Erregung empfangen. Tiefe Trauer und Bestürzung erwedte sie in den politischen Kreisen. Die Times" spricht von dem Schrecken. den das Doppelverbrechen dem Kulturgewissen Europas eingeflößt babe. König Alerander habe seine letzte, so tragisch geendete Meise zu dem Zweckt unternommen, um mit seinen fransöfischen Verbündeten die Bedingungen einer Besserung der Beziehungen zwischen Jugoslawien und Italien zu besprechen. Das sollte die Einleitung für die französis.bitalienische Verständigung sein, von der so viel abhänge. Man fönne verschiedener Meinung darüber sein, ob der von Barthou eingeschlagene Weg wirklich der befte zur Befriedung Europas sei und im Interesse Frankreichs liege, aber man fühle sich mit Frankreich aufs Engste nerbunden, bei dem Gedanken, daß die europäische Diplomatie in so grausamer Weise Barthou in dem Augenblicke entbehren müsse, wo er sich bemüht habe, die Schwierigkeiten zu beseitigen, die seit langem zwischen seinem Lande und Italien beständen.
Aehnlich äußern sich die anderen englischen Blätter. Genf , 11. Oktober.
In Völkerbundstreisen, die König Alexander und Barthou ganz besonders schäßten, herrscht tiefste Bestürzung. Ihr BerTuft wird von allen Friedensfreunden aufrichtig betrauert. Prag , 11. Oftober.
Der Eindruck von den Meldungen aus Marseille war hier ungeheuer. Die gesamte Presse schreibt, die Tschechoslowaken hätten ihre besten Freunde verloren. Die Kleine Entente fei in Trauer versetzt und Europa müsse in diesen kritischen Stunden den gewaltigen Verlust zweier großer Staatsmänner beflagen, die nur den Frieden hätten sichern wollen.
Der braune Stiefel
Fortiebung von Seite 1.
Es ist schwer, die Dienststellung der deutschen Wissen schaft klarer zu umreißen. Jm Grunde hat sie ihren Betrieb eingestellt. Das Ende des Theorienstreites das bedeutet das Ende jeder geistigen Auseinandersetzung, das Ende des Ringens um Erkenntnis außerhalb des politischen Zwecks. Im Theorienstreit ist die deutsche Forschung groß geworden, in ihm haben sich die Köpfe gequält, um der Wahrheit willen. Aus der Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft und aus derjenigen der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen wissen wir um die schöpferische Kraft des„ Professorenneides". Ohne ihn wäre die deutsche Universität in der fatten Geborgenheit absoluter Wahrheiten bersunken und hätte sich in bloßem Lehrbetrieb verausgabt. Dabei soll nicht gesagt sein, daß in der alten Universität alles in bester Ordnung war: hier gab es immer Streber mit Beziehungen und glücklichen Heiraten, Schablonenlehrer und Wiederholer jahrzehntealter Kolleg hefte. Aber dort, wo rege Geister aufeinanderprallten und sich um Theorien stritten, da wurde immer wieder der ermattende Boden deutscher Wissenschaft erneuert und erfrischt.
Das ist nun vorbei. Jetzt herrscht die blanke Dede, nicht nur der kommandierten politischen Gesinnung, sondern auch der reinen Zweckwissenschaft. Das Denken und feine Resultate dürfen künftig nur eine Erkenntnisquelle und nur ein Ziel haben: Dienst am dritten Reich". Heute mit dem Tornister, morgen auf dem Ratheder. Und es gibt in der weiten Runde kaum einen Hochschullehrer, der feine Knechtung anders abreagiert, als durch leisen Spott oder durch ungefährliches Zähneknirschen.
Sie haben sich alles nehmen lassen. Sie duldeten, daß man ihnen die Gelehrtenrepublik ihrer Fakultäten nahm, mit selbständigem Vorschlagsrecht bei Neubesetzung von Lehrstühlen beim Minister. Sie haben sich damit abgefunden, daß im Senat der vom braunen Minister ernannten Rektor ihr„ Führer" ist, gegen dessen Entscheidungen sie kein Einspruchsrecht besigen. Aber das ist noch nicht das schlimmste. Diese durch die Zweifels. sucht echter Forschung gegangenen Gelehrten danken noch festlich und feierlich dafür, daß ihnen Adolf Hitler den Boden der Wissenschaft befruchtet hat, wie es in wieder holten Beschlüssen deutscher Hochschullehrer geschah. Sie banken der Rute, die sie züchtet, und nun gehen sie folg sam an die Arbeit, den freien Raum des Geistes mit brauner Tapete auszustatten.
Warum sie schwiegen, als ihnen Herr Dr. Frank den Kampf„ Mann gegen Mann" ankündigte, wenn sie nicht parierten, meiß man jeßt. Es war nur das Siegel unter bie längst erfolgte Rapitulation
Wien, 11. Oftober.
In der österreichischen Bundeshauptstadt hat die Schreckensnachricht außerordentliche Bestürzung hervorgerufen. Die österreichische Bevölkerung, in der die Erinne rung an den Tod von Dollfuß noch frisch ist, der selbst furz vor seiner geplanten Zusammenkunft mit Mussolini erBewegung aufgenommen. mordet wurde, hat die Trauerkunde mit ganz besonderer
Als in Rom die ersten Nachrichten aus Marseille eintrafen, herrschte dort ungeheure Aufregung. Man wollte zurächst die gegen sechs Uhr abends verbreiteten Meldungen gar nicht glauben. Welches auch immer die Empfindungen Italiens gegenüber Jugoslawien sein mögen jeder einzelne Italiener beklagt aufrichtig und tief das furchtbare
Der Streik dauert an
DNB. Paris, 11. Oft. Nach einer Mitteilung des spanischen Innenministeriums stellt sich die Lage in Spanien zur Zeit wie folgt dar:
In Madrid und einigen Provinzstädten wird weiter ge= streift, aber die Ruhe ist nicht gestört. In San Sebastian waren einige weniger bedeutsame Zwischenfälle zu verzeichnen. In Asturien rücken die Regierungstuppen methodisch vor und drängen die Aufständischen allmählich zurück. Die noch zu erreichenden Ziele sind die Einnahme der Vorstädte von Oviedo und der Bergwertszentren von Mieres und Olloniego. In Asturien haben die Aufständischen bei ihrem Rückzug elf Tote zurückgelassen. 300 Aufständische wurden gefangen genommen. Im übrigen Spanien herrscht Ruhe.
Das Standgericht in Barcelona hat sein erstes Urteil gefällt. Ein Major Bosch, der auf Seiten der Somaten stand, wurde zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt. Außerdem haben die Militärbehörden die Polizeischule geschlossen, die die katalonische Regierung in San Sebastian gegründet hatte.
Nach einer am Donnerstagfrüh vorliegenden Havasmeldung aus Madrid fam es trob aller Vorsichtsmaßnahmen nachmittags 2 Uhr wieder zu Schießereien zwischen Aufständischen und Polizei, vor allem in den Vorstädten von Maorid. Mehrere Personen sind verletzt worden. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen.
Das Geheimnis um den Täter
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Der Paß des Täters gefälscht- Zwei Mittäter entkommen Nicht die Tat eines Fanatikers, sondern ein wohlvorbereitetes politisches Attentat mit dunklen Hintergründen
Bei dem Mörder des Königs Alerander ist ein angeblich vom tschechoslowakischen Konsulat in Zagreb ausgestellter Paß auf den Namen Peter Kalemen gefunden worden. Nach die= sem Paß sollte der Mörder ein in Zagreb geborener und dort wohnhafter tschechoslowakischer Bürger sein. Im Laufe des gestrigen Tages wurde festgestellt, daß dieser Paß gefälscht ist. Das tschechoslowakische Generalfonsulat in Zagreb hat niemals einen Paß auf einen solchen Namen ausgestellt. Die Persönlichkeit des Mörders bleibt also vorläufig unbekannt. Es entsteht der Verdacht, daß die Hinweise auf die kroatische Herkunft abfichtlich geschaffen wurden, um eine Aktion der froatischen Nationalisten vorzutäuschen und von den anderen Spuren abzulenken. Ein Hotelbefizer aus Aix - en- Provenze hat den Mörder nach den in der Preise veröffentlichten Lichtseinem Hotel am Sonntagabend abgestiegen und hatte feine bildern als seinen Gast wiedererkannt. Der Mörder war in Eintragung in das Fremdenbuch immer wieder aufgeschoben. Seine zwei Begleiter haben sich als Egon Kramer, kroatischer Nationalität und als Sylvester Chalny, tschechoslowakischer Staatsangehöriger. eingetragen. Die beiden sind verschwunden. Das Attentat war also feine Tat eines einzelnen Fangtifers, sondern ein organisiertes Unternehmen, dessen Durchführung ohne Unterstübuna stärkerer Mächte unmöglich gewesen wäre.
Visitenkarte"
Die Verbrecher haben dajur gesorgt, daß nach dem Attentat ein ganz bestimmter Eindruck über seine Urheber entstehen mußte. Der Mörder hat eine Art Visitenkarte mitgenommen. lischen Verbrechern zu sein. Van der Lubbe lief halbnackt im Das scheint überhaupt eine Methode bei den modernen poliReichstag herum, und troßdem fand man bet ihm auch eine Art Visitenkarte, auf Grund deren er angeblich als Kommunist identifiziert werden konnte. Der Mörder von Mar seille hat einen Paß gehabt, aus dem man sofort herauslesen sollte, daß er ein Kroate sei. Damit wäre eine naheliegende Aufklärung des Attentats gegeben: Ein fanatischer Anhänger der kroatischen Unabhängigkeit ermordete den König, den er für den Feind seines Volkes hält. Dieser Umstand, daß der Mörder ein tschechoslowakischer Staatsangehöriger sein soll. erschien aber sofort als höchst verdächtig. Es lag zu nahe anzunehmen, daß der Mörder den tschechoslowakischen Paß brauchte, um sich die Einreise nach Frankreich zu erleichtern.
Bei der Untersuchung der Leiche des Mörders hat man eine eigenartige Tätowierung festgestellt, und zwar einen Totenfopf mit den Buchstaben V. M. R. O. Diese Buchstaben sind die Initialien der sogenannten internen mazedonischen revolutionären Organisation". Diese Tätowierung gibt also eine ganz andere Spur als der Paß des Mörders. Es ist schon feftgestellt worden, daß der Paß eine Fälschung ist. Es wäre jest sehr wichtig feststellen zu können, ob die Tätowierung älteren Datums oder erst in der letzten Zeit gemacht worden ist. Im letteren Falle wäre wiederum eine bewußte Tarnung zu
vermuten.
Aix- en- Provence . Aus ihnen ergibt sich erstens, daß an der Sehr wesentlich sind die Aussagen des Hotelbesitzers ans Durchführung des Attentats mindestens drei Personen be teiligt waren. Einer der Begleiter des Mörders hat sich als Egon Kramer, 24 Jahre alt, geboren in Fiume , froatischer Nationalität. eingetragen. Das Wort Nationalität bezieht fich auf die Staatsangehörigteit. Gine froatische Staatsange hörigkeit gibt es nicht. Die Kroaten find Südflawen. War diese merkwürdige Eintragung die Folge von Unkenntnis der franzöfifchen Sprache oder war es Abficht, die kroatische serfunft zu botenen? Der andere Begleiter foll, wie der angebliche Kalemen, ein tschechoslowakischer Bürger sein. Der Eindruck, daß für die Verwischung der Spuren gründlich ge sorgt wurde, ist sehr start. Eine sehr wichtige Spur fann fich aus einem anderen Umstande ergeben. Der angebliche Kalemen fuhr mit seinem Paß von Jugoslawien über Desterreich und die Schweiz nach Frankreich . Der Paß enthält vier
Grenzvermerke. Von der jugoslawischen Grenzstelle in Maribor ( Marburg) vom 26. 9., von der österreichischen Grenzstelle in Spielfeld auch vom 26. 9. und dann ein schweizerischer und ein französischer Grenzvermerk, beide vom 28. September. Der Mörder hat sich also zwischen dem 26. und 28. September in Desterreich aufgehalten. Das scheint die Richtung zu sein, in der die Nachforschungen gehen müssen. Ueber den letzten Stand der Untersuchung informiert nachstehende Meldung:
Marseille , 10. Okt. Die Annahme, daß der Attentäter von Marseille einige Helfershelfer gehabt hat, scheint durch die Aussage eines Hotelbesizers aus Aix- en- Provence bestätigt zu werden, der am Mittwochvormittag folgende Aussagen machte: Drei Personen, darunter der Mörders des Königs Alexander, seien Sonntagabend in seinem Hotel abgestiegen. Der Attentäter, den der Hotelbefizer nach den in der Presse verbreiteten Lichtbildern genan wieder. erkannte, habe die Eintragung in das Fremdenbuch immer wieder aufgeschoben. Seine Gefährten hätten sich als Egon Kramer, 24 Jahre alt, geboren in Fiume , kroatischer Nationalität, und als Sylvester Ghalny, tschechoslowakischer Staatsangehöriger, von Beruf Kaufmann, eingetragen. Beide hätten angegeben, daß sie nach Paris wollten. Kramer soll nach den Aussagen der Hotelwirtin als erster im Hotel eingetroffen sein, Chalny und Galemen seien im Laufe der Nacht zum Montag nachgekommen und hätten sich als Brüder Kra. mers ausgegeben, Kramer habe Montagnachmittag das Hotel vers laffen, während seine beiden Gefährten dort die Nacht zum Dienstag verbrachten und sich Dienstagfrüh ein reichliches Frühstück geben ließen und überdies eine große Menge Alkohol zu sich nahmen. Der Attentäter soll Dienstagvormittag dann in der Hotelhalle die aufliegenden Zeitungen mit den Vorberichten über die Ankunft des Königs Alexander sehr eingehend gelesen haben. Er und sein Rame rad hätten noch das Mittagessen im Hotel eigenommen und seien gegen 13 Uhr fortgegangen mit der Erklärung, sie würden zum Abendessen zurück sein. Um 18.30 Uhr sei aber nur Chalny wieder im Hotel eingetroffen. Er habe seinen Kameraden entschuldigt, das Abendessen eingenommen, die Rechnung beglichen und sei dann vers schwunden.
In Paris find im Laufe des vormittags in südslawischen Emigrantenkreisen viele Haussuchungen vorgenommen worden, so u. a. bei dem früheren südslawischen Innenminister Pribitschewitsch, der Kommandeur der Ehrenlegion ist. Man hat bei ihm eine Menge von Schriftstücken beschlagnahmt, die der Staatsanwaltschaft übergeben wurden. Ein besonderes Augenmerk hat die Polizei auf das sogenannte füdslawische Komitee gerichtet, dessen Geschäftsräume durchsucht wurden, und dessen Mitglieder einem eingehenden Verhör unterzogen worden sind. Auch der Südslawischen Gesellschaft stattete die Polizei einen Besuch ab. Sie sprach ferner bei Wladimir Raditsch, dem Sohne des bekannten kroatischen Abgeordneten, der vor drei Jahren im südslawischen Parlament erschossen wurde, vor. Als die Polizei vor seiner Wohnung erschien, tauchten dort zwei südslawische Staatsangehörige auf, die sofort festgenommen wurden, weil sie sich im Besitz von Schußwaffen befanden. Die polizeilichen Ermittlungen find noch nicht abgeschlossen. Man dürfte erst im Laufe der kommens den Tage erfahren, ob die Nachforschungen in Pariser südslawischen Emigrantenkreisen wertvolle Anhaltspunkte ergeben baben.
Ungelöste Fragen
Der Pariser Temps" teilt folgendes mit: Die Beklei dungsstücke des Mörders waren neu und stammen aus einem großen Pariser Kaufhaus. Der Name Keleman sei nicht ein serbisch - kroatischer, sondern ein ungarischer Name. Der Vorname Petrus sei ebenfalls kein serbisch - kroatischer. Der Name Keleman sei der Polizei in Zagreb unbekannt. Dagegen hat aber die Polizei in Belgrad einen Zahnarzt Keleman, der in Zagreb geboren ist. verhaftet. Dieser Zahnarzt mohnt hen
feit längerer Zeit in Belgrad und man vermutet, daß es der
Bruder des Mörders sei. Nach Lage der Dinge ist man in der französischen Polizei überzeugt, daß der Paß des Mör ders gefälscht ist.