Frankreichs Innerpolitische Krise ungelöst drar die aus Deutschland   vertriebenen

Entscheidung noch in dieser Woche?

A. Ph. Paris  , den 5. November 1934. ( Von unserem Korrespondenten) Man fann wohl heute sagen, daß die Krise, in der sich

das Kabinett Doumergue   befand, am Samstagvormittag im Kabinettsrat beigelegt wurde, um dann gleich wieder von neuem zu beginnen. Denn darüber ist sich hier mit der Bresse auch die gesamte Oeffentlichkeit klar, daß die Lösung, die im Kabinettsrat gefunden wurde, keine endgültige Lösung, daß sie nur eine Verlegenheitslösung war. Die sechs radifalsozialistischen Minister haben Doumergues ver­fassungsänderndes Projeft abgelehnt, die Mehrheit der Minister hat sich damit einverstanden erklärt. Damit ist vor aller Welt deutlich gemacht, daß eine Homogenität in der Regierung nicht vorhanden ist. Man hat einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden, indem man sich dem Vermittlungs­vorschlag des Außenministers Laval   anschloß. und danach haben die radifalsozialistischen Minister, also Herriot   und feine fünf Freunde, in der Regierung völlige Handlungs­freiheit erhalten.

Am Dienstag werden die Kammern zusammentreten und Senat und Kammer werden einen Gesetzentwurf vorfinden, in dem von ihnen die Zustimmung zu drei Zwölftel des Budgets gefordert wird.

Es ist nicht sicher, ob die Regierung diese Zustimmung ers halten wird. Die Entscheidung darüber wird voraussicht: lich am Mittwoch oder Donnerstag fallen.

feststeht, so müßte der Senat sich mit einer Auflösung der Rammer einverstanden erklären. Mann fann daran zwei­feln, daß er dies tut, weil ja gerade aus dem Senat der größte Widerstand gegen die von Doumergue   geplante Ver­fassungsreform fommt.

Ein Umstand spricht allerdings sehr stark dafür, daß im Tezten Augenblick noch der Sturz Doumergues verhindert wird. Die französischen   Parlamentarier stehen unter einem sehr starten außenpolitischen Drud, der mit jedem Tag größer wird, mit dem wir uns der Saar­abstimmung nähern. Das Verhältnis Frankreichs   zu Deutschland   erfährt im Augenblick eine sehr starte Be­lastung. Abgeordnete und Senatoren kennen die Gefahren, die von außen drohen, sie wollen deshalb den inneren Frie­den, wollen eine starke Regierung, die in der Lage ist, jeden von außen kommenden Druck abzuwehren. Auf der anderen Seite fürchten sie, durch ihre Zustimmung zu einer Ver= fassungsreform, die Minister und Staatspräsidenten mehr Machtfülle verleiht, dem persönlichen Regime zum Schaden des Parlamentarismus den Weg zu ebnen. Denn letzten Endes geht es in diesem innerpolitischen Kampfe, den

Studenten

London  , 6. Nov. William Eber, Lord Cecil   und Professor Chaim Weizmann   unterzeichneten den folgenden Aufruf: 1700 Studenten wurden gezwungen, ihre Studien aufzut­geben und Deutschland   zu verlassen; diese nicht wegen be= gangener Verbrechen, sondern wegen ihres rassischen Ur­sprungs oder ihrer politischen Anschauungen. 90 Prozent dieser Studenten sind Juden. Sie sind jetzt Flüchtlinge ohne Heimat und ohne Zukunft, falls sie nicht ihre Ausbildung beenden können. Der Internationale Studentendienst steht in Verbindung mit 1594 solcher Studenten in etwa der Hälfte der Länder der Welt; er hilft ihnen mit Rat und Geld, ihre Ausbildung zu vollenden, damit sie sich ein Leben auf konstruktiver Basis ausbauen können.

lichkeit dieser Arbeit an, wir haben für dieselbe Summen Wir, die Unterzeichneten, erkennen den Wert und Tring­gezeichnet und bitten die Leser dieses Aufrufs, unserem Beispiel zu folgen.

Spenden find zu richten an den Schahmeister des Inters national Student Service, Prof. Ernest Bater, 3, Endsleigh Street, London   W. C.   1.

Frankreich   jetzt durchlebt, nicht um die Frage: für oder BRIEFKASTEN

gegen Doumergue, sondern um die Frage: Demokratie oder persönliches Regime.

Denn mit dieser Entscheidung soll die Regieruna Doumer- Renaudels Befürchtungen

que das Vertrauen befundet werden, das sie ermächtigt, meitere drei Monate zu arbeiten. Die Aussprache über die­sen Gefeßentwurf wird in beiden Parlamenten sehr lebhaft werden und wir werden Zeugen von parlamentarischen De­batten sein, wie sie auch in Frankreich   nicht alltäglich sind. Die Entscheidung selbst liegt bei den Radikalsozialisten. Lehnen diese, wie dies im Augenblick den Anschein hat, die Zustimmung zu dem Drei- Zwölftel- Budget ab, so ist, da die regierungsfeindliche Haltung der Sozialdemokraten und Kommunisten feststeht, das Schicksal des Kabinetts Doumer­ gue   besiegelt. Es gewinnt aber nicht den Anschein, als ob sich der Ministerpräsident sofort geschlagen geben würde. Es verlautet, daß er den Staatspräsidenten ersuchen würde, die Kammer aufzulösen und allgemeine Neuwahlen auszuschreiben.

Gesetzt den Fall, daß Präsident Lebrun einem solchen Er­suchen stattgeben würde, was ebenfalls durchaus noch nicht

Juden und Emigranten

9736 Flüchtlinge von Hicem befördert

Blum warnt

Paris  , 5. Nov. Der neosozialistische Abgeordnete. Renau= del hat in einer Rede zu Toulon   die innerpolitische Lage sehr düster beurteilt. wenn sich etwa die Kammer den Re­formplänen Doumergues widersetze. Er fürchte, Doumergue werde seine Verfassungsreform durchführen, auch wenn die Rammer nicht mitgehe und dann könnten sich sehr ernste Er­eignisse entwickeln, wenn die Massen sich dagegen erhöben.

Léon Blum.   der Führer der sozialistischen   Kammer­fraftion, warf in einer Versammlung zu Bordeaux   die Frage auf, ob Frankreich   noch die Bezeichnung Republik  " verdiene, wenn Doumergues Pläne sich durchsetzten. Doumergue   sei ein Wegbereiter des Faschismus.

Vom 1. Januar bis 30. September 1934 wurden 4311 Flüchtlinge gemäß Uebereinkommen mit den Hilfs= fomitees von Sicem befördert. und zwar 2013 aus Frank reich, 808 aus Belgien  , 641 aus Holland  , 345 aus der Tschecho­

Der Verband der Emigrationsgesellschaften Hicem( Hias slowakei, 282 aus Desterreich, 72 aus dem Saarland  , 61 aus Jca Jmigdirec) teilt der JTA. mit:

In den ersten acht Monaten 1934 blieb die gewöhnliche jüdische Auswanderung, nicht inbegriffen die deutsch  - jüdische Emigration, auf dem gleichen Niveau wie Januar= August 1933. 2745 Auswanderer begaben sich in verschie= dene Ueberseeländer, davon 968 nach Palästina, 948 nach Süd­amerifa, 336 nach Nordamerifa, 293 nach Südafrika  , 174 in andere Ueberseeländer, 26 nach Australien  . Dies Ergebnis muß im Hinblick auf die immer sich verschärfenden Maßnah­men fast aller Regierungen der Einwanderungsländer gegen neue Einwanderer als befriedigend angesehen werden. Die Sicem Büros in Polen  , Litauen  , Lettland   und Rumä nien hatten sich mit 16 000 Auswanderungswilligen zu be= faffen, intervenierten in 9500 Fällen bei verschiedenen Be­hörden, Konsulen usw., beschafften den Emigranten 5250 Pässe und Visen und ermittelten unter 2700 diesbezüglichen Gesuchen und genauen Adreffen von 1450 Verwandten von Auswanderern, während 985 Ermittlungen noch im Zuge find. Jeder Emigrant wurde bei der Landung im betreffen­den Uebersee- Hafen von einem Hicem Beamten emp­fangen und befreut.

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Für die deutsch   jüdischen Flüchtlinge wurde folgendes unternommen:

,, Deutsche Freiheit"

Abonnementspreise:

im Zustell Monat gebühr Dollar 1,-0,50 Peso 3,-1,- 5,30 15,- Kr. 3,70 2,30 sh 4,- 1,10 fr. Fr. 12, 12,-3,75

Amerika

Argentinien  

Belgien  

belg. Fr.

Dänemark  England Frankreich  Holland

Italien

Luxemburg

Neubelgien

( Eupen- Malmedy  )

Oesterreich

Palästina

Polen

Rumänien

Rußland

Saargebiet

Schweden

Schweiz

Spanien

fl. 1,50 0,40 Lire 10,5,- belg. Fr. 15,- 5,30 belg. Fr. 12,- 5,30

( verboten)

sh

( verboten)

Tschechoslowakei  

-

1

4,-1,10

-

Lei 90,30,-

Rubel 1,

-

fr. Fr. 12,- 7,50 Kr. 2,60 1,70 schw. Fr. 2,40 0,80

Peseta Kr. 30,

6,-

2,-

-

5,50

Bei Zusendung unter Kreuzband durch die Post sind die Portogebühren vom Besteller mit dem Abonnementsbetrag zu entrichten

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Paris

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der Schweiz  , 46 aus Polen  , 26 aus Spanien   und Portugal  und 17 aus verschiedenen anderen Vändern. Von diesen deut­ schen   Auswanderern wurden 1171 nach Palästina, 114 nach Nordamerika   und Kanada  , 812 nach Brasilien  , 67 nach Argen­ tinien  , 47 nach anderen Ländern Süd- und Mittelameritas, 17 nach Südafrika  , 13 nach China   und den Philippinen und 4 nach Persien   befördert; 650 wurden in europäischen   Län­dern zur Ansiedlung oder Berufsumschichtung plaziert, wei­tere 146, die aus den Ländern, in die sie geflüchtet waren, ausgewiesen wurden, in benachbarten europäischen   Ländern untergebracht. 1270 deutsche   Juden wurden auf ihren Wunsch in ihre Heimat zurückbefördert. Seit Beginn der Aktion zu= gunsten der deutsch  - jüdischen Flüchtlinge( 15. Mai 1933 bis 30. September 1934) wurden 9736 Flüchtlinge von Hicem befördert.

Die nötigen Gelder wurden von JCA., American Joint Distribution Committee, Central British Fund und Komitee zur Liquidierung des Nationalen Französischen Ko­mitees zur Verfügung gestellt. Anglo- i cem in London   hat im Jahre 1933 926 und vom 1. Januar bis 30. September 1934 592, insgesamt also 1518 deutsch  - jüdische Flüchtlinge be­fördert. Insgesamt haben Hicem und Anglo- icem jeit Beginn der Aktion 11 254 deutsch  - jüdische Flüchtlinge be= fördert.

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Pariser Berichte

Deutscher Klub

Am heutigen Dienstag, dem 6. November, um 21 Uhr, ist im Deutschen   Klub wieder eine politische Aussprache, heute abend über das Thema: Innenpolitisches die Kriegsteilnehmervereinigungen.

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Gäste willkommen. Eintritt für Mitglieder frei, für Gäste 2 Franken.

Die Adresse des Deutschen   Klubs lautet: Salons le Péri­ style  , 31 bis, Rue Vivienne, Paris   2e( Métro Bourse).

An mehrere. Der vor einigen Tagen in Genf   verstorbene Dr. Oskar Cohn   gehörte einst zu den parlamentarischen Führern der deutschen   Sozialdemokratie. Dr. Csfar Cohn wurde 1869 in Gutten­ tag  , Kreis Lublinis, geboren. 1897 ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin   nieder. Nach dem Machtantritt Hitlers   mußte er, gegen den die Nazipresse viele Jahre lang eine blutige Hege betrieb, um sein Leben zu schüßen, in die Emigration gehen. Bereits in jungen Jahren schloß sich Oskar Cohn   der Sozialdemokratie an, in deren Führerschaft er bald aufrüdte. Von 1912 bis 1918 vertrat er den Wahlkreis Nordhausen   im deutschen   Reichstag. Als Kuriosität soll erwähnt werden, daß 1912 die Junkerschaft des Nordhausener Wahl­freises die Parole an die Konservativen ausgab, für den Juden und Sozialisten Cohn zu stimmen, um den bürgerlich- liberalen Gegen kandidaten zu Fall zu bringen. Bei allen folgenden Wahlen aber wurde Gohn mit einer überwältigenden Mehrheit sozialdemokras tischer Stimmen gewählt. Als 1916 sich die Sozialdemokratie spaltete, bekannte sich Ostar Gohn gleich seinem Freunde Hugo Haase  , dem späteren Volksbeauftragten, der ebenfalls Jude war, zur Un­abhängigen Sozialdemokratie. Während des Krieges führten Gohn und Haase einen energischen parlamentarischen Kampf gegen die Propaganda und die Annexionspolitik der deutschen Obersten Heeresleitung, deren verhängnisvolle Folgen er von Anfang ant erkannte. Nach der Revolution gehörte Gohn der Regierung als Staatssekretär des, Reichsjustizamtes an, dann wurde er Mitglied der verfassunggebenden deutschen   Nationalversammlung, die ihn in den Untersuchungsausschuß zur Prüfung der Ursachen der deutschen  Niederlage entsandte. In den Nachkriegsiahren zog sich Oskar Cohn  nach und nach aus dem allgemein- politischen Leben zurück, ließ sich nicht mehr in die parlamentarischen Körperschaften wählen, sondern wandte sich in wachsendem Maße jüdischen Angelegenheiten zu. Saarkommissar Bürdel. Die Sozialistische Warte  ", 7. Heft, Paris  , Malakoff( Seine  ), 6 Villa Sabot, teilt unter der Ueberschrift: Ge­sindel sieht Dich an!" über Sie mit:

,, lleber Herrn Bürdel, den für das Saargebiet neu ernannten zuständigen Gauleiter der NSDAP.  , hat am 29. Januar 1932 ein Nazi- Stadtrat Jakobs in Pirmasens   erklärt, daß er wieder­holt Gelder für seinen persönlichen Gebrauch unterschlagen, daß er mit französischen   Regiebeamten in Rodalben   Trinkgelage ver­anstaltet hat und gleichzeitig Mitglied der nationalsozialistischen und der separatistischen Partei in der Pfalz   mar."

Die ebenfalls in Paris   erscheinende Weltfront" des Henri Bar­ busse   erzählt in ihrer ersten Novembernummer

mie Josef Birdel, als er noch Lehrer in Neustadt   an der Haardt mar, nach Pudwigshafen zum Chef der Surete generale( Fran­ zösische   politische Geheimvolizei) in der besetzten Pfalz   zu Mon­fieur Joulin fuhr. Er hatte mit ihm eine längere Aussprache und Lehrte   als Spitzel der Surete nach Neustadt   wieder zurück."

Die Weltfront" fährt fort: Im Jahre 1930 fand in Neustadt  ein Prozeß statt, der sich gegen verschiedene Personen der Bane rischen Volkspartei wandte, die gegen sich selbst Klage angestrengt batten, um lügenhafte Beschuldigungen der Nazis zu widerlegen. Die Nazis pflegten damals als beliebtes Agitationsmittel gegen die Politiker der Bayerischen Volkspartei   den Vorwurf zu erheben, sie seien im Jahre 1923 Separatisten oder Begünstiger des Separa­tismus gewesen.

Er

In dem Prozeß wurde Bürdel als Zenge vernommen. mußte unter Eid die Erklärung abgeben, daß er als Spitzel bei der Surete generale fungiert hätte. Diefe Behauptung, vorher erbracht und unter Beweis gestellt, unterstrich Bürcel durch seine eigenen Aussagen als wahr."

Dazu fönnen Sie unmöglich schweinen, Herr Saarkommissar. Was haben Sie gegen diese schweren Beschuldigungen vorzubringen?

Für den Gefamtinbalt verantwortlich: Johann Biz in Dud weiler; für Inferate: Ctto Kuhn in Caerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Rolfestimme GmbH. Saarbrüden& Schützenstraße 5. Echließfach 776 Saarbrüden.

Sensationelle Neuigkeit!

Soeben erschienen:

Die Memoiren

des Stabschef Röhm

1. Teil: Die Vorgeschichte

Geschichte der Reichswehr  . Geschichte der NSDAP  . Hitler   persönlich. Röhm   persönlich.

2. Teil: Die Memoiren des Stabschef Röhm

Soldat, Krieg, Zusammenbruch. Kampf gegen die Republik  .

3. Teil: Der Weg zur Macht

Das Boxheimer Dokument- Neuaufbau der SA.

4. Teil: Dokumente

Frmordung in Wiessee.  dorff

Interview mit Ludens

Die Liebesbriefe Röhms.

Preis: Kartoniert Fr. 14,-

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