Für Deutschland   13.

SAAR BEILAGE

Röchlings kalter Wirtschaftsputsch

Nachdem der Völklinger   Rüftungsmagnat bereits vor drei Wochen den Ofen 3 stillgelegt hat, will er zum 11. November den Hochofen 1 ausgehen lassen. Nach Weihnachten   soll auch der letzte Ofen, der bis jetzt Spezialarbeiten machte, erfalten. Das Opfer, das damit Herr Röchling   seiner politischen Gesinnung und seinen wirtschaftlichen Spekulationen auf das " dritte Reich" bringt, ist sehr gering: die nationalsozialistische Regierung fann aus Devisenmangel ihre in letzter Zeit starf erhöhten Bestellungen nicht mehr bezahlen. Wohl ist der Absatz der Völklinger Hütte nach Frankreich   zurückgegangen, wohl ist das dritte Reich" in jenen Bestellungsausfall ein­gesprungen: aber solange es ihm unmöglich ist, mit den Franken zu bezahlen, auf die Röchling   immer noch nicht verzichtet, ist der Gewinn nur gering.

Die Auswirkung des Röchlingschen Wirtschaftsputsches auf die Werktätigen wäre allerdings furchtbar hart: etwa 2000 Mann würden von der Produktionsdrosselung des Ofens 1  betroffen, die Arbeiter am Elektrowalzwerk und am Hammer­wert, in der Stahlgießerei und im Elektromagazin, in der Vergüterei und der Elektrobearbeitungswerkstatt, Blockputer und Dreher, Kranfahrer und Reparaturschlosser würden aufs Pflaster geworfen.

Röchling   spielt mit seinen Arbeitern wie mit Marionetten. Ihm selber winkt ja auf jeden Fall Gewinn im dritten Reich", endgültig werden ihm die vom Reich gestundeten Steuern und Zölle abgestrichen.

Wir erinnern daran, daß vor kaum drei Monaten die braune Front in den französischen   Gruben einen Berg­arbeiterstreik organisieren wollte, um mit Heße, Demagogie und Aufpeitschung der Leidenschaften dem Saarvolf einen französischen   Feind vor Augen zu stellen. Am Geldmangel des dritten Reichs", das eine sehr große Streiffasse hätte auffüllen müssen, scheiterte jener Plan.

JANUAR

Gegen Hitler  !

Nochmals erinnern wir daran, daß Herr Röchling   schon einmal bedenkenlos feine Arbeiter auf die Straße geworfen hat, um einen Gewinn zu erpressen. Es war im Jahre 1924, als er mit der französischen   Grubenverwaltung, deren Kohle er zum Betrieb der Hochöfen braucht, verhandelte. Die Preise, die die Grubenverwaltung forderte, schienen Röchling  zu hoch und daraufhin trat er in den Abnehmerstreit, legte ohne weiteres seine Werke still. Alle seine Arbeitnehmer wurden gekündigt; fünfzig Tage lang mußten sie vor ver­schlossenen Fabriftoren stehen. Bis die Grubenverwaltung von jenem Streif ihres wichtigsten Abnehmers an der Saar  mürbe gemacht, einen niedrigeren Kohlenpreis zugestand.

Damals hat Röchling   seine Arbeiter zu seinem Privat­seine Arbeiter, seine Bolfsgenossen von der Sanr, für nußen fünfzig Tage lang ins Elend geworfen; heute will er

immer verelenden.

In einem solchen Fall muß die Staatsmacht dem Volk zur Seite stehen, um überhaupt gleiche Kampfesbedingungen, u111 soziales fair play zu ermöglichen. In der deutschen   Republif wurde im Jahre 1919 die sogenannte Demobilmachungs verordnung erlassen, die lange Zeit die volkswirtschaftliche und soziale Berechtigung jeder Werksschließung anerkennen mußte, jede Werksschließung genehmigen mußte. Sie hat erfolgreich gearbeitet.

Gegen die Pläne der braunen Wirtschaftsführer an der Saar   muß eine gleichartige Einrichtung der Regierungs­fommission sofort aufgebaut werden. Sie kann dem Saar­wirtschaftsputsch entgegentreten. Sie fann Verbrechen am arbeitenden Saarvolf verhindern.

Ausbeutertum und politisches Erpressertum enthüllen sich unter der Maske des Wirtschaftsführers. Gegen sie muß jeder, der Freiheit und Menschenwürde achtet, kämpfen.

Schutz für die jüdische Minderheit des Saargebiets

Eine mutige Erklärung des Saarbrücker   Rabbiners

Dr. Rülf, der Rabbiner von Saarbrücken  , setzt sich in einem Artikel mit den jüngsten Hezreden von Julius Streicher  , dem Intimus von Hitler auseinan der. Wir geben diesen mutigen Artikel wieder, durch den die ernste Frage über die Zukunft der jüdischen Minderheit an der Saar   aufgerollt und zu gleicher Zeit gezeigt wird, men man im Folterkammerstaat für die mutmaßliche Niederlage Hitlers   an der Saar   ver­antwortlich machen will.

Herr Streicher hat die jaarländischen Juden entdeckt. Mit derselben unverfrorenheit, mit der er behauptet, der Mar­seiffer Mord sei von Juden organisiert und ausgeführt, stellt er jetzt fest, es gäbe an der Saar   einen jüdischen Terror, die Juden veranstalteten verbrecherische Umtriebe", und ein bekannter antifaschistischer Politifer in Saarbrücken   sei ein ,, verfappter Jude".

Es ist bezeichnend, daß an der Saar   nicht einmal die nationalsozialistische Presse solche Behauptungen aufzustellen versucht. Selbst die unentwegten Nazis an der Sagr würden

drückung der Ueberzeugungsfreiheit und der Kampf gegen die Kirchen, auch nicht die wirtschaftliche Katastrophenpolitif. sondern die Juden des Saargebiets und ihre verbrecherischen Um­triebe" werden die Schuld aufgebürdet bekommen.

Das wird mit falter Ueberlegung bereits heute vorbereitet. Denn Herr Streicher ist ein vor­ausschauender Mann. Er hat ja auch seiner Zeit für den Fall, daß man mit der Abstimmungsfommission unzufrieden werden könnte, vorsorglich Miß Sarah Wam­ baugh   zur Jüdin gestempelt. Er muß rechtzeitig seine Juden zur Hand haben. Deshalb hat er jetzt die jaar­ländischen Juden entdeckt.

Wir wissen, daß wir mit den vorstehenden Zeilen feine Panifstimmung erzeugen werden. Denn wir Juden sind manches gewöhnt und auf manches gefaßt. Wir vertrauen auch auf den gesunden Sinn des überwiegenden Teiles unserer Mitbürger, die genau wissen, daß es hier an der Saar   feinen jüdischen Terror und feine jüdischen Umtriebe sames Symptom hinzuweisen und ihm eine Deutung zu geben, die auf Grund aller bisherigen Erfahrungen richtig ist. Denn Klarheit muß sein."

den Tobat für zu starf halten. Sie begnügen fich damit, gibt. Aber wir hielten uns für verpflichtet, aut ein bedent

scheinheilig zu versichern, den Juden passiere nichts". Aber daß die Juden ihrerseits das Land terrorifieren, das wäre ein Witz!

nein,

Wir blättern ein wenig in den Analen der letzten zwei Jahre, denken an das, was wir jeden Tag unausgesetzt er­leben, und fragen:

Wenn in Dillingen   in einem Cafe ein junger Mann, nur weil er Jude ist, ohne jeden Anlaß überfallen und blutig geschlagen wird;

menn Püttlingen   über Nacht mit Plakaten über­schwemmt wird Kauft nicht bei Juden!" und in Saarbrücken  dieselbe Mahnung auf fleinen Zetteln an die Schaufenster jüdischer Geschäfte geklebt wird;

wenn in ländlichen Bezirken die Frauenschaften ihren Mitgliedern verbieten, in jüdischen Geschäften zu kaufen und sich von jüdischen Aerzten behandeln zu lassen;

wenn an mehreren Orten Inhaber von Cafes und Restau­rationen die Juden bitten, ihr Lokal zu meiden, weil sie sonst den Boykott gewisser Kreise zu befürchten haben;

wenn jüdische Geschäftsinhaber in Saar­ brücken   Drohbriefe erhalten, weil sie dem Sport des Flaggens nicht huldigen;

wenn die Mauer des füdischen Friedhofs in Saarbrücken  mit einer riesigen Inschrift Judentod beseitigt Saarland& Not" besudelt wird;

wenn die Drangialierung füdischer Kinder in den Schulen derartige Formen angenommen hatte, daß die in solchen Dingen sonst sehr zurückhaltende Schulabteilung der Regierungsfommission mit einem ungewöhnlich scharfen Erlaß gegen solche Roheiten einschreiten mußte,

was ist das dann, jüdischer Terror oder Terror gegen die Juden?

Selbstverständlich verfolgen wir mit diesen Fragen nicht die Absicht, die Behauptungen Streichers, welche die Tatsachen auf den Kopf stellen, zu widerlegen". Mit dem Politifer Streicher gibt es für uns feine Diskussion. Wenn wir die schamlosen Aeußerungen zitieren, so geschieht es nur deshalb, weil wir auf ihre sehr bedrohliche symptomatische Bedeutung hinweisen wollen.

Schon heute soll der Jude an der Saar   als Blizableiter und Sündenbod bereitgestellt werden. Wenn einmal die durch jahrlange Hezze aufge­peitschten Leidenschaften zur Entladung drängen, wenn diese verhetten Menschen im Augenblick der Entscheidung an dem Feind" ihr Mütchen fühlen wollen, dann sollen sie wissen, daß der Jude der Feind sei, den man strafen müsse. Der überheizte Kessel der politischen Massenleiden­schaften braucht ein Ventil. Dafür muß der Jude herhalten. Das gilt besonders für den Fall eines Mißerfol= ges der sogenannten deutichen Front". Dann wird nicht etwa die wahnmißine Gemalt= nims politif des gegenwärtinen die Schuld haben, auch nicht die grenenhaften Vorgänge des 30. Juni, auch nicht die Unter­

Wir unsererseits verlangen, daß der Völkerbundsrat in seiner nächsten Sitzung die Rechte der jüdischen Minderheit, im Falle der Rückgliederung, eindeutig sichert und dafür sorgt, daß den Hitler- Barbaren die Möglichkeit genommen wird, sich an der Saar   auszutoben.

Gleichzeitig appellieren wir an das Weltgewissen, zu ver­hindern, daß die wehrlose deutsche   Judenheit dem Hitler­Pöbel wieder zum Fraß hingeworfen wird, wenn Hitler an der Saar   geschlagen wird.

Trübselige Hitlerfahnen

Und es waren gar so wenig

9. November in Saarbrücken  ! Zu Ehren des Bürgerbrau= putsches, den Herr Adolf Hitler   am 9. November 1933 unter dem Ruf Maßkrug her" in München   veranstaltet hat, ist Flaggen befohlen worden. Die Fahnen sollen Trauer­wimpel tragen zur Erinnerung an die Freunde Hitlers  , die seine Phrase ernst nahmen Morgen ist Deutschland  frei oder ich bin tot" und vor der Feldherrnballe im Kugel­regen starben. Herr Hitler   selbst suchte hinter Toten und Verwundeten Deckung und beendete seinen ersten Revo­lutionsmarsch in der Villa einer seiner reichen Freunde.

Diese blamable Geschichte, die leider viel zu wenige kennen, sollte durch Flaggen gefeiert werden. Es gab einen bösen Reinfall. Ganze Straßenzüge waren ohne jede Fahne. Wo sich jemand entschloß, die Flagge der Mörder des 30. Juni herauszuhängen, hatte sie Seltenheitswert.

Warum das? Die Bevölkerung begriff diesmal, daß es sich um eine reine Parteierinnerung und feineswegs eine rühmliche handelte. Diejenigen, die dem Parteibefehl ent­sprachen, darf man wohl als treue Nazis ansprechen, und das sind die jämmerliche Beflaggung zeigte es cine sehr bescheidene Minderheit.

Saarbrücken   ist deutsch  , aber nicht nationalsozialistisch. Es ist für Deutschland  , aber nicht für Hitler. Nur die Furcht vor dem Terror dieser Minderheit, hinter der jetzt der ganze, mächtige Reichsapparat und ein sehr beträchtlicher Behördenapparat im Saargebiet steht, bringt die Saar­ länder   dazu, ihre sehr schwache Begeisterung für das dritte Reich", hinter Fahnen zu verstecken, und auch das nur dann, wenn unter der Parole Deutschland  !" geflaggt wird. Für die NSDAP  . hängt unter hundert Saarbrückern faum einer die heraus.

Das zu wissen, ich wichtig. Es zeigt, wie richtig, die Po­für. Teutschland! sung des 13. Januar ist: gegen Hitler  

Plötzlich

,, DEUTSCHE FREIHEIT"

Konkordat

Aus Furcht um die Saar  

Aus Rom   wird dem Temps" berichtet: Der deutsche Ges sandte beim Heiligen Stuhl, Herr von Bergen, wurde von der deutschen   Regierung beauftragt, dem Vatikan   Zus  ficherungen hinsichtlich der Lage der Saars Ratholifen zu machen. Die deutsche Regierung ist bereit, sofort in neue Verhandlungen über die Anwendung des Konkordats mit den deutschen   Bischöfen zu treten. Es scheint, daß Deutschland   höchste Anstrengungen macht, um einen Auss gleich mit der Kirche zu finden, besonders im Hinblick auf die Saar  , wo 75 Prozent der Bevölkerung fatholisch sind und das Problem der Rückgliederung zum Reich jetzt zur Erörterung steht.

*

Wir finden, daß diese plötzliche Bereitwilligfeit in Konfpr datsfragen zu plump ist, um auf die erwachten Katholiken an der Saar   Eindruck zu machen. Die Wegspur des Konfor­dats d Reiche zeigt einen Vertragsbruch neben dem andern. Jede neue Vereinbarung wird das gleiche Schicksal erleben, weil das dritte Reich" fein Rechtsstaat ist. Die Saar  - Katholifen werden auf neue Zügeständnisse feinen Pfifferling geben und sich hüten, sich mit Glauben, Kirche und Organisationen den Mythus  "-Diftatoren auszuliefern.

Knox über die deutsche Front" Illegale Arbeit und Bespitzelung

deutschen

Genf, 10. November 1934. Dem Völferbund ist soeben eine neue Denkschrift des Präsidenten der Regierungsfommission, Knor, zugegangen. Sie enthält Beweise über die Jllegalität der Front", über den Terror dieser nationalsozialistischen Or ganisation und über eine Art von ihr geübter Geheimpolizei, die selbst Führer der deutschen Front" überwache. Außerdem stellt die Denkschrift fest, daß die saarländischen Behörden pon der deutschen Front" bespielt werden und Reichsbeamte sich unter Mitwirkung der deutschen Front" in jaarländische Angelegenheiten einmischen.

Der Saarausschuß in Rom  , dessen Beratungen heute zu Ende gehen dürften, wird wahrscheinlich eine nähere Begriffs= bestimmung des Status quo vorschlagen, die zwar feine aus­gearbeitete Saarverfassung enthält, aber flarstellt, daß die Bevölkerung zur demokratischen Mitwirtung berevaezvgen werden wird.

Vergeudung von Arbei.ergroscien Eine Warnung für die Saar  - Arbeiter

Unter der Ueberschrift Die Millionen des Dr. Len nder wie deutsche   Arbeitergelder verwendet werden" schreibt der Schweizer   christlichsoziale Gewerf, chafter":

Die Teutsche Arbeitsfront" ist ein 3wangsverein aller selbständig und unselbständig erwerbenden deutschen   Men­schen. Gegenwärtig zählt sie rund 23 Millionen Mitglieder, die einen monatlichen Beitrag von je ME. 1,30 bezahlen. Da­mit fließen dem Führer der Arbeitsfront, Dr. Ven, der ein­mal den nicht ganz arischen" Namen Levy besaß, jeden Mo­nat jo bare 30 Millionen Marf zu, denn die Beiträge nier­den gleich vom Lohn oder von der Unterstüßung abgezogen. Diesem Verein" der Deutschen Arbeitsfront  ( die bekanntlich die Nachfolgerin der ehemaligen Gewerkschaften sein sollte, in gewerkschaftlicher und beruflicher Hinsicht aber rein nichts tut) ist als Unterabteilung noch der Vergnügungsverein rast durch Freude" angegliedert, mit 8 Millionen Mitglie dern und weiteren 8 Millionen Monatsbeiträgen, so daß Dr. Ley als Führer" der Deutschen Arbeitsfront   monatlich über 38 Millionen Mark verfügt.

Der Arbeiter, der in einer Generfschaft ist, weiß, wohin seine Gelder fommen; er weiß, für was sie verwendet wer den: vor allem zu Unterstüßungszwecken bei Arbeitslosigkeit, Not, Wanderschaft, Umzug, Krankheit Tod usw., dann aber auch für Zwecke der Arbeiterbildung, für Lohnbewegungen ujw. Der Arbeiter in der Gewerfichaft befommt alle Jahre im Verbandsorgan oder in einem gedruckten Jahresbericht die finanziellen Vehältnisse seines Verbandes zu sehen; er erhält Aufschluß über den hintersten Rappen und seine Ver­wendung.

Der Arbeiter in der Deutschen Arbeits­ front   weiß nichts. Er weiß nur, daß die Arbeitsfront feine Unterstützungen zahlt, daß sie keinerlei gewerkschaft­liche Aufgaben erfüllt und nicht erfüllen fann, meil in allen Betrieben der Unternehmer der absolute Führer" und die Arbeiterschaft die Gefolgschaft" sind. Er weiß aber nicht, was die Arbeitsfront, was Dr. Ley alle Monate mit den 38 Mil­lionen Marf macht...

Die Deutsche Arbeitsfront   wollte die berufsständische Ord­nung in der Wirtschaft durchführen. Die Arbeiterschaft wurde eingegliedert, was durch brutale, gewaltmäßige Zertrümme rung ihrer Selbsthilfeorganisationen geschah; nicht eingeglie dert wurde bis jetzt die Schwerindustrie. Krupp von Boh len, der Leiter des größten deutschen   Judu­it riebetriebes, hat es, wie Thyssen, glatt ab= gelehnt, in der Arbeitsfront mitzumachen. Alles ist gleichgeschaltet in Deutschland  ; nur die Schwer­industri. und das Großkapital nicht. Tiefe Herren, welche den Nationalfozialismus feit ren finanziell unterstüßten, haben ihr ich iconi rodene gebracht Sie haben

im dritt. 9leich" wabit a tichts veriptelt. Adolf Hitler  macht Reden mud Sprüche, fie aber machen was fic wollen.