Knox über den Terror der ,, deutschen Front"
( Fortsetzung und Schluß)
( Siche auch die Nummern 253, 254, 255, 256)
Weiter oben war zu ersehen, welchen Druck die„ deutsche Front" auf die saarländische Geistlichkeit ausübt. Wie man sieht, ist dieser Druck nach Meinung des Regierungsrats von Köln
Beeinflussung saarländischer Beamten Stoln nicht ſtart genug
Tatsächlich haben die zwischen der deutschen Front" und den deutschen Behörden bestehenden Verbindungen die Einmischung der letzteren in Angelegenheiten des Saargebietes erleichtert, dies umso mehr, als die„ deutsche Front", wie oben dargelegt bei den Beamten der Regierungsfommission sehr viel unerlaubte Mitwirkung gefunden hat.
Herr Watermann scheint es ganz natürlich zu finden, jaarländische Beamte zur Mitarbeit aufzufordern. Er schreibt am 12. Juni 1934 folgenden Brief an Herrn Hard:" Seit mehreren Jahren sinden auf meine Veranlassung in Bonn in den Herbstferien 14tägige Turnfurse für Lehrer und Leh
Die eben erwähnte Zeitung beschäftigt ihn sehr. Am 19. Juni 1934 schreibt er nochmals an Herrn Hard:„ Auf Ihr gefl. Schreiben vom 2. dieses Monats betr die„ Neue SaarPost" teile ich mit, daß ich Ihre Absicht, in den Orten, wo die„ Neue Saar- Post" besonders stark vertrieben wird, Kundgebungen zu veranstalten mit dem Thema:„ Katholizismus und Rückgliederung". durchaus billige. Auch würde ich es für sehr zweckmäßig halten, wenn Sie persönlich die Techanten des Saargebietes in dieser Angelegenheit aufsuchen würden."
Staatsrat erklärt, von einem Beamten der Saarbahnen, der sein volles Vertrauen besitzt, erfahren zu haben, daß die Regierungskommission entschlossen sei, das Disziplinarverfahren. gegen S. zu beschleunigen, das zu dessen Verurteilung führen werde. Infolgedessen, schreibt er weiter,
,, wäre es vielleicht nach dem augenblicklichen Stand der Dinge nicht ratsamer, die Beurlaubung von Dr. S. nach der Eisenbahndirektion des Saargebietes aufzuheben und ihn nach dem Reichsgebiet zurückzurufen?"„ Ich bin der Ansicht, daß es zur Zeit besser wäre, wenn wir Herrn Dr. S. einer disziplinarischen Bestrafung der Regierungstommiffion entziehen würden."
Herr Sarter antwortet Herrn Spaniol am 19. Juni 1934. Er beruhigt ihn: das Disziplinarverfahren werde gut noch Monate in Anspruch nehmen; es fönnte keinesfalls zu einer
verinen aus dem Saargebiet statt. Auch in der Zeit vom Der unzuverlässige Ortsgruppenführer Entlassung führen. Selbst, wenn ein solcher Ausgang eintrete,
2. bis 15. August dieses Jahres joll wieder ein solcher Kursus stattfinden. Die Vorbereitung und Auslese hatte bisher immer Dr L., weshalb ich ihn auch jetzt wieder darum ge= beten habe. Ich habe ihm jedoch nahegelegt, die Sache im Einvernehmen mit Ihnen durchzuführen. Vielleicht können Sie sich deswegen auch mal mit Dr. in Verbindung setzen." Dr. L. ist ein hoher Beamter der Zentralverwaltung der Regierungsfommission( Abteilung Schulwesen). Herr Hard ist ein dieser Verwaltung unterstellter Lehrer. Herr Water: mann hat demnach lange Jahre hindurch und noch im Juni 1934 sich eines Beamten des Saargebietes zu Propa: gandazweden bedient.
Am gleichen Tage schreibt er übrigens ebenfalls an Herrn Hard in einer ähnlichen Angelegenheit. Es handelt sich um Ferienkurse an der Universität Marburg , die besonders für Pehrer vorgesehen sind, welche zu diesem Zwecke besondere Stipendien erhalten. Bisher war die Auslese durch Dr. B. getroffen worden. Sie war indessen sehr schlecht vorgenom= men. Für 1934 sind einige Stipendien für Saarländer in Höhe von je 125 Maif bewilligt. Herr Hard wird gebeten. fich mit Schulrat M. in Verbindung zu setzen, an den die
Universität Marburg unmittelbar geichrieben habe, um die
Teilnehmer auszusuchen: es sollen nur die besten Leute vorSchulrat M. zugeleitet. Schulrat M. wie auch Dr. B. aber find Beamte des Saargebietes.
geschlagen werden. Abschrift des Schreibens wird Serrn
Herr Watermann hält sich für ermächtigt, Herrn Pirro Saarländer zur Uebernahme politischer Funktionen zu benennen. Es handelt sich darum, einen Leiter für die deut che Jugendfront" zu finden. Er schlägt einen Beamten der Regierungskommission und einen anderen Kandidaten vor.
Der Druck auf die Geistlichkeit
Unzählig sind die Einmischungen des Herrn Watermann in das politische Leben des Saargebiets. Nur einige charakteristriche Beispiele seien herausgegriffen. Dieser deutsche Beamte überwacht ebenfalls die katholischen Geistlichen des Saar : gebiets. Er schreibt am 12. März 1984 an einen Dechanten des Saargebiets:
„ Wie ich höre, hat Kaplan F... in S.... am vergangenen Sonntag auf einem fatholischen Jugendabend seine Fest: ensprache in einem derart gehässigen Ton gegen das neue Deutschland gehalten, daß die Zuhörer annehmen konnten, die Rede eines Emigranten oder Separatisten zu hören.... Ich wäre Ihnen für eine geil. Stellungnahme dankbar." Abschrift dieses Schreibens sendet er an die„ deutsche Front". Er entrüstet sich, de eine neue katholische Zeitung in der Lage ist, die Gottesdienstordnungen mehrerer Pfarrgemein >* n zu veröffentlichen, die er einzeln aufführt. Könnte von dort aus," so schreibt er an Herrn Hard,„ auf diese Pfarrämter nicht eingewirkt werden, daß dies unterlassen wird?"
Ein Schreiben älteren Datums das an Herrn Spaniol unterm 2. August 1933 gerichtet ist, verdient in Anbetracht jeiner Bedeutung zitiert zu werden. Das Schreiben ist sehr lang und betrifft einen Beamten einer Genossenschaftsbank. Herr Watermann gibt über seine Person die schlechtesten Auskünfte Er habe nämlich in der Krisenzeit 1931 zur Ret tung dieser Bank versucht, sich in Frankreich Geld zu be= schaffen, und habe sich zu diesem Zweckt nach Paris - übrtgens ohne Erfolg begeben.
Genaue Einzelheiten beweisen, daß der Betreffende und seine Brüder, von denen einer Beamter des Saargebiets ift, Gegenstand einer scharfen Ueberwachung waren. Obgleich er Ortsgruppenführer der NSDAP . sei, schließt Herr Watermann, sei es angebracht, ihm gegenüber sehr zurückhaltend zu sein. Sollte ein Referent für das Genossenschaftsbankwesen geiucht werden, jo möge man Herrn Schaub dazu ernennen, gegen den die Regierungsfommiffion ein Disziplinarverfahren eingeleitet habe.
Unverschämte Einmischung in ein Disziplinarverfahren
Es scheint überflüssig, die Reihe der Beispiele fortzuseßen. Die ständige Einmischung der deutschen Behörden in jaar ländische Angelegenheiten dürfte genügend erwiesen sein. Doch die folgenden Tatsachen müssen noch herausgestellt werden:
Der Präsident der Eisenbahndirektion in Trier , Dr. Sarter, ist von der Deutschen Regierung zum Kommissar für die Rückgliederung des Saargebietes in Eisenbahnfragen be stellt. In dieser Eigenschaft hält er sich für befugt, in ein von der Regierungsfommiffion gegen einen Beamten der Eisenbahndirektion des Saargebietes eingeleitetes Difzi plinarverfahren einzugreifen.
Er schreibt dieserhalb am 19. Juni 1934 folgenden Brief an Herrn Pirro:
" In der Anlage sende ich Ihnen Abschrift eines Schrift: wechsels betr. den Regierungsrat Dr. S. zur Kenntnis: nahme. Wie früher Herr Staatsrat Spaniol als Führer der NSDAP , des Saargebietes in der Frage. die ent: scheidenden Erklärungen abzugeben hatte, so find für mich heute nur Ihre Erklärungen als Leiter der deutschen Front" makgebend. Ich bitte Sie daher freundlichst, zu der Frage S. Stellung zu nehmen, damit ich diese Stellung: nehme meiner Hauptverwaltung weitergeben kann. Ich werde nach Rückfunft von meiner Reise Gelegenheit nehmen. diese und einige andere Fragen mündlich mit Ihnen zu erörtern."
Diefem Schreiben ist eine Erklärung des Herrn Spaniol vom 14. Juni 1934 an Herrn Sarter beigefügt. Der preußische
würde das nicht der deutschen Sache nur nüßen fönnen? Das sei eine Frage, deren Beurteilung er der deutschen Front überlassen müßte. Würde weiter eine Rückberufung des S. aus dem Saargebiet nicht so ausgelegt werden können, als wenn man das Vorgehen des S. mißbilligte, welches Anlaß zu dem Verfahren gegeben hatte, ein Vergehen, das doch vom deutschen Standpunkt durchaus berechtigt wäre? Im gleichen Aftenstück befindet sich ein ausführlicher Bericht des. Dr. Sarter an den Generaldirektor der Reichsbahnverwaltung in Berlin . Er enthält eine vollständige Darlegung der Angelegenheit S. und eine Bewertung der mit der Turchführung des Disziplinarverfahrens beauftragten ,, X.", schreibt er, ist ein deutscher Beamter der Regierunasfommission, dessen politische Einstellung nicht bekannt ist.“ Er bemerkt weiter:
„ Die Verdienste des S. um die nationalsozialistische Erhebung im Saargebiet sind dort so bekannt, daß ich darauf nichts mehr zu berichten zu müssen glaube. Ich bitte daher, den Regierungsrat Dr. S. im Zuge der Aktion zur Berück= sichtigung nationalsozialistischer Kämpfer sogleich zum Oberregierungsrat zu ernennen Es erscheint mir dies gerade mit Rücklicht auf das eingeleitete Disziplinarver= fahren erforderlich."
Ein skrupelloser Postenjäger
Die von den deutschen Behörden ausgesprochenen Beförderungen der dem Saargebiet zur Verfügung gestellten deut schen Beamten geben ein Druckmittel für die deutsche Regierung ab. Ein Beispiel hierfür war auch der vorgeschilderte Fall. Aus den beschlagnahmten Schriftstücken ergibt sich ein weiteres Beispiel, das den Rektor Hard betrifft, von dem bereits des öfteren die Rede war, und den die deutschen Behörden quafi zum Schulrat ernannt haben( 20. Juli 1934). An Hand dieses Schriftstückes kann die Entwicklung einer wahren Intrigue verfolat werden: Vorstellungen des Herrn Pirro bei den Unterrichtsministerien Preußens und des Reiches, des Herrn Hard selbst bei den Herren Bürckel und Watermann, um die Ernennung des Herrn Hard zu erreichen und diejenige eines anderen Lehrers, Herrn O., zu vereiteln. Das gegen letteren vorgebrachte Argument gipfelt darin. daß er seiner Funktion als reisfulturwart der deutschen Front" non Herrn Hard selbst enthoben wurde. Dabei war dieser Beschlvi von Herrn Hord selbst getroffen worden, weil Herr ihm und seinen Mitarbeitern vor: ceworfen hatte, mit Bayern zu konspirieren"( d. H. mit Herrn Bürckel ). Das von einem Freunde des Herrn Hard unterzeichnete Schreiben ist an den Gaufulturwart der Pfalz gerichtet, dieser wird gebeten, auf Herrn Bürckel einzumirfen. Die Regierungsfommission alaubt durch die voronaeführten Auszüge die unerlaubte, in iüngerer Reit unter Mitwirfung der„ deutschen ront" criolate Einmischung deutscher Beamten in faarländisch legahan d wiesen zu haben.
Der verurtell e Bürgermeister Eine hochpolitische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
Unterhaltung im dritten Reich": Müller: Was, Sie sagen noch„ Heil Hitler"? Sie sind wohl von der Saar ? Schulze: Jawohl. Aber...
Am Tonnerstag stand vor dem Obersten Gerichts hof in Saarlouis der Bürgermeister von Homburg , Dr. Hans Ruppersberg. Die Anflage lautete auf Neutralitätsverlegung in zwei Fällen. Er hatte am 12. Juni d. 3. in einem Brief an den katholischen Gesellenverein in Homburg auf einem amtlichen Briefbogen die Beteiligung an einem katholischen Gesellentaa abgelehnt und
angewandt. Einen Angriff wegen dieses Verhaltens in einer fatholischen Zeitung beantwortete er am 26. Juni mit einem 3eitungsartikel. in dem er sich als Anhänger der Bewegung bekannte, die für die Rückgliederung des Saar :
gebietes zum dritten Reich" ist. Auch diesen Zeitungsartikel unterzeichnete er mit„ Heil Hitler". Der Oberste Gerichtshof verurteilte ihn wegen Neutralitätsverlegung in zwei Fällen u einer
Gefängnisstrafe von sechs Wochen und vier Tagen und zu einer Geldstrafe von zweitausend Franken. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, daß die Einlassung des Angeklagten, er habe seine Aeußerungen als Privatperson und nicht als Beamter gemacht, unglaubhaft sei. Jeder Beamte habe die Pflicht, sich jeglicher Aeußerung zur Bolfsabstimmung in der Oeffentlichkeit zu enthalten. Und ferner müsse die Verpflichtung, daß Ami unparteiisch und neutral zu führen, streng eingehalten werden, auch wenn das eine gewisse Beschränkung bedeute. Die Mindeststrafe wurde nur deshalb ausgesprochen, weil Ruppersberg bisher noch nicht vorbestraft ist. Eine Bewährungsfrist wurde nicht erteilt.
Es heißt in der 18 Seiten langen Urteilsbegründung: „ Die Grußform Heil Hitler " ist eine Erfindung der deutschen Nationalsozialisten, die damit den Zweck verfolgten, die Anhänger ihrer Bewegung zu veranlassen, bzw. es ihnen zu ermöglichen, durch diesen Gruß ihre Zugehörig= feit bzw. Anhängerschaft zum Nationalsozialismus bei Begegnung mit anderen Personen nach außen sichtbar in Erscheinung treten zu lassen. Es liegt darin nach wie vor die Sundgebung eines bestimmten politischen Glaubensbefennt= nifes Auf alle Fälle wird dieser Gruß im Saargebiet- zum mindesten von einem Teil der Bevölkerung in diesem Sinne aufgefaßt. Dann wird festgestellt, daß es sich bei der Verwendung des Hitlergrußes durch den Angeklagten um
eine enable, durch di Rutralitätspflicht Ana'sschwindel
eines Beamten verletzt worden sei. Ter Angeklagte könne sich daher nicht darauf berufen, daß ihm durch den Friedensvertrag die deutsche Staatsangehörigkeit gewährleistet wor= den sei und er deshalb auch das Recht habe, sich des deutschen Grußes zu bedienen. Dann heißt es wörtlich u. a.:„ Die Berteidigung hat allerdings noch hervorgehoben, der Artikel habe sich gegen die in neuester Zeit im Saargebiet aufge= tauchte These eines befristeten Status quo gerichtet. Eine jolche Reglung habe der Friedensvertrag nicht. vorgesehen. Sie sei daher rechtswidrig und genieße nicht den Schutz der Neutralitätsverordnung. Es widerspreche auch, wie die Entstehungsgeschichte zeige, dem Sinn und Geist des Friedens
Das Polizeipräsidium von Saarbrücken teilt mit. Tie„ Wiener Reichspost" brachte vor einigen Tagen in einem größeren Artikel die Behauptungen, es bestünden Attentatspläne gegen den Präsidenten der Regierungsfommission und gegen den Inspekteur des saarländischen Polizeiwesens Ministerialrat Hemslen. Diese und andere Mitteilungen der„ Wiener Reichs= post",( die auch von gleichgeschalteten Zeitungen des Saargebietes übernommen worden sind), in dem gleichen Artifel sind unwahr. Mit Rücksicht darauf, daß diese falschen BeHauptungen auch in andere Blätter Eingang gefunden haben, wird die Unwahrheit der Behauptungen hiermit festgestellt.
vertrages, daß deutsche Staatsangehörige aus rein inner- Nur noch 60 Tage!
politischen Gründen sich für die Beibehaltung des Status quo bekennen. Diese Einwände liegen völlig neben der Sache. Es ist schlechterdings unerfindlich, wie die Verteidigung daraus ein Recht für den Angeklagten herleiten will, deshalb für die Rückgliederung Propaganda machen zu dürfen. In dieser lag aber das Unzulässige und daher Strafwürdige seines Tuns."
Das Urteil ist von begrüßenswerter Deutlichkeit. Es dürfte geeignet sein, viele Beamte des Saargebietes zur Neutralität zu erziehen. Gerade der letzte Bericht der Regierungsfommission an den Völkerbund hat in erschreckender Weise gezeigt, in welchem Maße die Beamten des Saargebietes die Ver= letzung der Neutralität als eine Selbstverständlichkeit betrach= ten und wie sie bereit sind, selbst Verbrechen zu begehen, um Hitler eine Gefälligkeit zu erweisen. Da bedeutet dieses Urteil einen Alarmschuß im letzten Augenblick.
Reidismark verweigert
Die Gleichgeschalteten für den französischen Franken
Nachdem vor furzem erst die gleichgeschaltete Konsumgenossenschaft„ Asko" im Saargebiet fundgetan hat, daß sie Reichsmark nicht mehr entgegennimmt, versendet jetzt die gleich geschaltete Saarbrücker gemeinnüßige Siedlungsgesellschaft m. b. H. an ihre Schuldner Rundschreiben des Inhaltes, daß Reichsmarkbeträge für die Verzinsung und Tilgung der Restfaufpreise von Einfamilienhäusern nicht mehr angenommen werden könne. Die bisherigen monatlichen Reichsmarf= beträge werden zum Kurse von 6,10 in Franken durch Boten abgeholt
Zur Bedeutung des Saarkampfes
Bernhard Manne schreibt in den„ Europäischen Heften", Prag :
Im Januar 1933 fanden Wahlen in Lippe- Detmold statt. Das ist ein deutscher Zwergstaat mit einer einzigen Kleinstadt und etwa hundert Bauerndörfern; seine Einwohnerzahl ist kleiner als die eines Berliner Vororts. Keine der deut schen Parteien nahm den Kampf um Lippe ernst außer den Nationalsozialisten. Ihre Wahlredner zogen in die winzigsten Dorfflecken; Hitler , Goebbels , Göring und Ley sprachen ost nur vor hundert Bauern. Die Presse der Linken glaubte den nationalsozialistischen Vorstoß mit dummen Wißeleien parieren zu können. Am Wahltag zeigte sich, daß der Rückgang der NSDAP., die im Herbst 1932 über dreißig Man= date verloren hatte, zum Stillstand gekommen war; mit diesem Argument brachte dann Papen die Regierung der„ natio= nalen Konzentration" zusammen. Aus den Dörfern von Lippe zog Hitler in die Macht.
Das neue Lippe- Detmold liegt an der Saar . Wieder ist ein Fleines Territorium das Kampfobiekt: fünfhunderttausend Deutsche stimmen ab nicht ein Prozent der Bevölkerung des Reichs. Aber sie geben ihr Urteil über vierundzwanzig Monate Hitlerherrschaft in Stellvertretung eines ganzen gefnebelten Volks, und die Welt wartet auf diese Entscheidung. Das verleiht dem Saarkampf eine unheimliche Bedeutung. Sein Ergebnis steigert sich ins allgemeingültiae: Ein mit übergroßer Mehrheit errungener Sieg des dritten Reichs" wäre die Rehabilitierung der Totalitätsansprüche des Hitlerregimes für eine ganze Epoche, eine Untermauerung seiner außenpolitischen Position. Erzwänge hingegen die vereinigte Linfe der Sozialisten, Kommunisten und rebellierenden Katholiken den Status quo, dann erhielte der Kampffader gegen Hitler eine pinchofonische und effektive Wirfunasbasis von größter Relenanz. Ein Sieg an der Saar wäre cir erster Schritt zur Emanzipation vom Gesetz der Niederlage. In sechzig Tagen, am 18. Januar 1935, soll diese Entschei dung fallen,"