Offener Brief
Erzellenz!
an den deutschen Justizminister Dr. Gürtner, Berlin Grauenvolle Menschenschinder im Konzentrationslager
Längs dem nördlichen Teil der holländischen Ostgrenze zieht sich auf deutscher Seite jenes unfultivierte Emsland zwischen Papenburg und Lathen , zu dessen Kolonisation vor einigen Jahren der frühere fatholische Regierungspräsident Dr. Sonnenschein Osnabrück Mitglied des Herrenflubs und Freund des Herrn von Papen, einen umfangreichen Plan ausgearbeitet hat. Damals sollte dieses große Projekt im Rahmen des sogenannten„ Freiwilligen Arbeitsdienstes" durchgeführt und dieses Land einer fruchtbaren Bewirtschaftung erschlossen werden, damit nicht länger der Blick der auf hochkultiviertem Boden schaffenden Niederlän= der auf dieses unter gleichen geografischen und klimatischen Bedingungen dennoch als öde Wüste liegende„ Muffrika" spöttisch zeigt.
Ein löbliches Beginnen!
Doch inzwischen haben sich die Kulturaufgaben des„ Freiwilligen Arbeitsdienstes" erheblich geändert, wie der Vorbeimarsch von 52000 Mann dieser bestausgebildeten Infan= terie vor dem Herrn Reichskanzler auf dem Nürnberger Parteitag der NSDAP . beweist.
Das Bedürfnis nach Kultur im allgemeinen und nach Bodenkultur im Emsland im besonderen ist geschwunden. Brauchte doch das neue Reich ein deutsches Sibirien , in das es seine unbequemen politischen Gegner verbannen konnte. Dieses Sibirien ist dort entstanden, kaum einige Steinwürfe von der holländischen Grenze entfernt. Für meine Landsleute dort an der Grenze ist wenn sie zu den Wachtürmen der Konzentrationslagern hinüberschauen, auf denen farabinerbewaffnete Posten nach Flüchtlingen auf der Lauer liegen aus dem Spottwort Muffrifa" ein grauenerregender Begriff der Schmach und Schande geworden. Und mehr noch als ehedem geht ein Wort um, das nicht mehr allein auf den Boden, sondern auf ein ganzes Staatssystem bezug hat und die deutlichste Grenzmarkierung beim richtigen Namen nennt: Dort, wo die Kultur endet, beginnt Deutschland ."
Dieses Gebiet untersteht verwaltungstechnisch Herrn Lube, Oberpräsident von Hannover . Er ist identisch mit dem Chef der SA. , dem Nachfolger des am 30. Juni 1934 so plötz= lich verschiedenen Herrn Reichsministers Ernst Röhm .
Die Staatlichen Konzentrationslager". wie ihr offizieller Titel lautet, unterstehen seit der Verschmelzung des preußischen mit dem Reichsjustizministerium, wie alle Strafvollzugsbehörden, Ihrer Verantwortung, Herr Minister. Sie haben auch die Gelegenheit der Einweihung des Horst- WesselDenkmals im September dieses Jahres in Papenburg be= nußt, um Ihrer Aufsichtspflicht zu genügen. Es ist nicht meine Aufgabe, mit Ihnen, Herr Minister, darüber zu rechfen, wie Sie es mit Ihrer Aufsichtspflicht vereinbaren, an den Einweihungsfeierlichkeiten dieses Denkmals unter Vermeidung jeder Berührung mit den Konzentrationshäftlingen teilzunehmen. Ich weiß auch nicht, wie weit es der Wunsch der Lagerleitungen war, Ihnen den Anblick der geschundenen Kreatur Mensch zu ersparen, wie weit es Ihr eigener Wunsch war, einem solchen Zusammentreffen aus dem Weg zu gehen oder wie weit sich in dieser Frage die Wünsche der Lagerleitungen mit den Ihrigen auf gemeinsamer Basis gefunden haben.
Ich weiß nur eines, doch dies mit um so größerer Bestimmt: heit: daß selbst auf die Gefahr hin, aus Rache zu Tode gemartert zu werden, sich Häftlinge gefunden hätten, die Ihnen, Herr Minister, bei einer Begegnung ihr grauenvol= les Marterdafein ins Gesicht geschrien hätten.
Diese Gelegenheit, Herr Minister, haben Sie versäumt. Ohne Ihr Zutun wurde das Versäumnis nur ein Aufschub von einigen Wochen. Das Glück dreier Todeskandidaten, die der Ihrer Amtsgewalt unterstehenden Hölle von Papenburg entronnen sind, zwingt Sie zu einer Stellungnahme vor der Weltöffentlichkeit über die Verbrechen, die in den Staatlichen Stonzentrationslagern begangen werden von SA. - Leuten, die zur Tarnung vor der Oeffentlichkeit die Uniform von Schutzpolizisten tragen und unter den 6000 Gefangenen und 1000 wachhabenden Schindern die einzigen und wirklichen Verbrecher sind.
Die drei Flüchtlinge, von denen nebenbei zwei Bürger des polnischen Staates sind, zählen 33, 25 ind 28 Jahre. Menschen, die in Deutschland nie politisch oder gewerkschaftlich organifiert waren und gerade deshalb von politischen Gruppen als Kuriere verwendet und ihre Wohnungen als Depotpläße für illegales Material benußt wurden.
Es wäre schade für Papier und Druckerschwärze, gegenüber einem heute in Deutschland amtierenden Minister an das nur in der Kulturwelt gültige Menschenrecht der freien Meinungsäußerung zu appellieren. Wirkungslos muß ein Appell an das Rechtsgefühl sein und bleiben gegenüber einem Regierungssystem, dessen Justizminister überschattet wird von der alleinverbindlichen und alleinverantwortlichen Person eines„ obersten Gerichtsherrn", der am 30. Juni 1934 seine Rechts"-Auffassung blutig demonstriert hat.
Nein, Herr Minister, ich appelliere nicht an Sie. Ich for: dere die Anklage vor den Schranken des Weltgewissens gegen den aus dem Führerprinzip" Verantwortlichen für folgende unmenschliche Barbareien:
Ein 21 jähriger Pole
Ein 21jähriger Pole, landwirtschaftlicher Arbeiter, wird wegen eines Briefes, den er nach einer andern Stadt zu bringen hat und dessen Inhalt er nicht fennt, als„ Hochverräter" zu 21 Monaten Zuchthaus verurteilt. Als nach der Weihnachtsamnestie" die kläglichen Reste der ersten Garnitur Mißhandelter entlassen werden, kommt, er mit einem Schub aus der Strafanstalt Brandenburg nach Lager V Neusüftrum. Zum Empfang werden ihm die Hände auf den Rücken gebunden und zwei Stunden lang hagelt es Fußtritte, austschläge, Kolbenhiebe und Stöße, bis das Opfer bewußt= Tos liegen bleibt. Dann nimmt man die Fessel ab und schmeißt ihn in Arrest. Es ist falt und man hat ihm die Kleider bis auf ein dünnes Hemd vom Leibe gerissen. So sißt er in der Zelle, ohne Essen, ohne wärmende Decke. Er will der weiteren Marterung entgehen, zerschlägt ein Fenster und versucht, sich mit den Glasicherben die Pulsadern aufzuschnei= den und an Brust und Bauch todbringende Schnittwunden beizubringen. Ga mißlingt. Morgens wird er der Wache vorgeführt. Das Blut an den Schnittstellen ist getrocknet, die Wunden sind verschürft. Ein SA- Mann in SchußpolizeiUniform nimmt einen Wattebausch und reibt die Wunde wieder auf, bis Blut au rinnen beginnt. Mit grinsendem Ge= ficht fragt er:
" Tut es weh?" " Ja"
Taraufhin drückt der noch feftor Gequälte merft, daß es dem Mann nur an die Schinderei anfommt und beantwortet die neue Frage, ob es schmerze, mit: nein. Der SA.- Mann schmiert dem Gefangenen nun Jod in die Wunde. Dann geht es zurück in Arrest. Am näch
sten Tag wiederholt sich die Prozedur. Nur daß die stinkende Fantasie des wachhabenden Sadisten eine neue Perversität ersonnen hat: diesmal reibt er dem geschundenen Opfer die
Wunde mit einer Bürste auf!
-
An diesem Tage soll der Gefangene trok seiner Wunden arbeiten, d. h. einen mit nassen Sand vollgeladenen Schubfarren auf sandigem Grund im Laufschritt einige hundert Meter weit schieben. Diese Methode ist an sozialdemokratischen Funktionären erprobt. Jedes Verringern des Tempo hat Kolbenhiebe der Wachmannschaft mit dem Karabiner in die Nieren zur Folge. Besonders sadistische Schinder machen sich auch ein Vergnügen daraus, die Gefangenen mit Bajonettstichen anzutreiben. Der junge Pole verlangt zum Arzt geführt zu werden. Herr Dr. Wagner behandelt ihn mit Fußtritten! Dann wird er 14 Tage lang in Ketten gelegt. Die Hände kommen dabei in Handschellen, die an eine etwa 40 Zentimeter lange Eisenstange aeschmiedet sind. Von dieser Stange geht eine Kette zu den Füßen, die von Fußschellen umschlossen werden. Das ganze Folterinstrument wiegt 38 Pfund und muß bei der Arbeit mitgeschleppt werden. Diese Behandlung ist kein Einzelfall. Er ist die Norm für die Straffompanie. Und zu ihr kann man für unbestimmte, monatelange Daner abkommandiert werden, nur weil man mit brennender Zigarette in den Schlafraum gegangen ist. So eraina es dem zweiten Polen , einem 25jährigen Mann. Er erhielt wegen dieses Verbrechens außerdem noch sieben Tane Ketten angelegt. Der Rufname für ihn war nur:„ PoTack!"
Ein 33jähriger Deutscher
Dem 33jährigen Deutschen , einem Angestellten, hat man bei einem nächtlichen Alarm die Hand abgetreten. Beim Alarm müssen die Gefangenen im Renntempo durch die schmale Schlafraumtür ins Freie und auf Befehl ebenso rasch zurück. In dem Gedränge hat man diesen Mann zu Boden gestoßen und ihm dabei die Hand durch Tritt gebrochen. Die Rennerei ist verständlich, wenn man weiß, daß rechts und links vom Eingang zum Schlafraum ein Wachposten steht, der wenn es ihm nicht schnell genug geht mit dem Bajo= nett auf die Gefangenen einsticht und so antreibt.
Webe dem. der sich über diese Mißhandlungen zu beschweren wagt! Die Gefangenen stehen derart unter Druck, daß ein menschenfreundlicher Medizinalrat aus Gelle, der vorübergehend Lagerarzt war, auf die Frage nach der Ursache solcher Stichwunden von einem Gefangenen die Antwort erhielt:„ Ich habe mich am Stacheldraht verletzt."
Andere Greuel
Erst auf Vorhalt, daß es sich doch nur um vier Bajonettstiche handeln kann, gab der Gefangene den wahren Sachverhalt zu.
Nach diesen Methoden sind im„ Totenlager V" viele sozialdemokratische und kommunistische Funktionäre behandelt worden. Einer von ihnen, Rechtsanwalt Dr. Litten( Berlin ), ist jetzt erst wieder aus dem Lazarett entlassen, nachdem er dort mit einer schweren Beinverlegung gelegen hat. Er war von einer Lore gefallen und diese fuhr ihm über die Beine. Besondere Schindereien behalten sich der Lagerleiter und sein Stellvertreter in ihren Büroräumen. vor. Dort hält einer dem Gefangenen die Pistole vor und der andere teilt dann Kinnhafen aus.
Wendling, einen sozialdemokratischen Funktionär, hat man langsam zu Tode geschlagen. Der Körper zeigte viele Wunden. Nieren und Lungen schlugen ihm die SA. in immer neuen Prügelszenen kaputt. Mit 40 Grad Fieber warf man ihn unter die falte Dusche. Die Wunden eiterten. Der SA.Mann, der den Sanitätsunteroffizier spielte, hat ihm die Wunden mit dem Bajonett aufgestochen! Wendling kam dann zwei Tage vor seinem Tode ins Krankenhaus nach Papen= burg. Die katholischen Schwestern protestierten gegen die unmenschliche Behandlung. Daraufhin holte die Gestapp zwei der A.- Burschen aus dem Lager.
Ein anderer Mord an einem Gefangenen wurde durch einen Bauern publik gemacht. Der damalige Lagerleiter Alfred Giese beteiligte sich selbst an der Verfolgung cines entsprungenen Häftlings. Die Häscher fanden ihn in der Scheune eines Bauern. Mit zwei Schüssen wurde er an Ort und Stelle erschossen. Dabei tötete die zweite Kugel außerdem noch ein Mutterschwein des Bauern. Die Lagerleitung verweigerte dem Bauern eine Entschädigung. Als dieser Anzeige erstattete, wurde auch der Mord aufgerollt. Dieser Giese verschwand dann. Er soll angeblich wegen Mordes und Unterschlagungen acht Jahre Ruchthaus erhalten haben. Die Gefangenen mußten für die SA. auch einen Sportplas bauen. Das war freiwillige Arbeit". Das heißt, wenn si morgens um 6 Uhr ihre magere Suppe und zwei Stück troffenes Brot verzehrt und einen halben Liter Kaffee als einzige„ Tagesverpflegung" gefaßt hatten, ging es zu neunstündiger, ununterbrochener Karrenarbeit in die Heide. Nach einer viertelstündigen Essenpause nach der Rückkehr um 5 Uhr
Schicksal des Standartenführers Uhl
In der„ Neuen Saar- Post"( Nr. 192) lesen wir: Unter diesem Titel wurde eine Broschüre herausgegeben, die in Europa viel verbreitet und beachtet wurde. Diese Broschüre enthält auch eine Anzahl Namen von Personen, die am 30. Juni 1934 erschossen wurden. Die Liste ist nicht vollständig. Insbesonders sehlte eine Person, die Hitler in seiner nachherigen Reichstagsrede bei Namen nannte. Es han= delt sich um Standartenführer Uh I, der nach eigener Angabe Hitlers in seiner Reichstagsrede dazu ausersehen gewesen sein soll, ihn( Hitler ) zu beseitigen. Wie dieser Mann zur Strecke" gebracht wurde, mögen nachstehende Zeilen zeigen. Am Tage des angeblichen Röhmputsches( 30. Juni 1934) war im Hauptquartier der angeblichen Verschwörer in Wies= see( bayerischen Alpen) alles in tiefstem Schlafe, während nach eigenen Worten Hitlers - am gleichen Morgen bei Anfunft Hitlers auf dem Flugplatz Oberwiesenfeld die fälschlich alarmierte SA . schon wieder einrückte. Wenn schon nicht verständlich ist, warum sich das Hauptquartier der angeblichen Verschwörer fast 100 Kilometer von München entfernt im Gebirge befindet und die Verschwörer selbst in der kritischen Nacht sorglos schlafen, so ist noch weniger verständlich, daß Standartenführer Uhl der doch die Hauptperson zur Beseitigung Hitlers gewesen sein soll sich in der bewußten Nacht auch etwa 100 Kilometer von München entfernt- aber in entgegengeschter Richtung in seinem Standorte Jugolstadt an der Donau aufhielt.
Uhl war also fast 200 Kilometer von Röhm entfernt und erfreute sich in dieser Nacht ebenfalls eines gesunden Schla= fes, denn er hatte sich am Abend vorher mit Freunden am Alkohol vergnügt und hatte für einen guten Schlaf die genügende Bettschwere. Röhm muß ein schlechter Soldat ge= wesen sein und ebenso Uhl, wenn sie sich in der Nacht, wo der Putsch stattfinden sollte, so weit vom Aktions- Zentrum ent= fernt hielten und sich ruhig zum Schlafen legten. Diese Tatsache wollte so manchem nicht einleuchten, auch nicht Standartenführer Uhl, als er am Vormittag des 30. Juni von einem Freunde aus seinem schweren Schlaf geweckt und ge= warnt wurde.
Hitlers SS. war bereits in Ingolstadt eingetroffen und suchte uhl. Man ahnte nichts Gutes und wollte ihm zur Flucht verhelfen. Ein Glück für Uhl, daß er diese Nacht nicht zu Hause schlies, sondern auswärts, denn sonst hätte er nicht mehr aufstehen brauchen. Nur mangelhaft befleidet, setzte sich Uhl in seinen Wagen, um fortzukommen. Aber schon war er von der Meute gesehen worden und es seßte eine wilde Verfolgungsfahrt ein, hatten sie sich doch schon vorher einige schwere Wagen für den Fall einer Verfolaungsfahrt requiriert. Uhl hatte einen starken Wagen und konnte Vorsprung gewinnen. Fast wäre er den Häfchern ausaekommen, es war sein Unglück. daß sein Wagen nicht die Kennzeichen seines Standortes hatte, sondern ein Hamburger Kennzeichen, wodurch der Wagen leichter zu verfolgen war. Nach langer Raad über Chausseen, Feldwege und durch Wald wurde er aeftellt und sofort aina eine wilde Schießerei auf ihn los, bis er schwer verletzt liegen blieb.
Es ist nicht wahr, daß Standartenführer UHI sich selbst erschossen hat wie man später glauben machen wollte, sondern der Schwerverletzte wurde, nachdem er wehrlos war, von der Meute Hitlers vollständig.cr= ledint". So haben Augenzeugen berichtet. Die Leiche des Ermordeten wurde in seinen Waaen geworfen und ein SF= Monn fuhr den Wagen fort. Wohin die Leiche gekommen ist, weiß man bis heute noch nicht, auch den Wagen Uhls hat man nicht mehr gesehen.
Die Gerechtigkeit im dritten Reich" hatte wieder einen Sieg errungen.
fam dann der Befehl zu einer zweistündigen, freiwilligen Arbeit" am Sportplatz und jenem Denkmal, das Sie, Herr Minister Dr. Gürtner, eingeweiht haben.
Drei Gerettete
Die Personalien und präzisierten Angaben der drei Flücht linge, die Hollands rettenden Boden glücklich erreichten, will ich vorerst nicht preisgeben. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie die Hölle von Papenburg aussieht, dann haben diese Opfer ihn erbracht. Daß der Posten an dem DonnersDiese drei sind in Sicherheit. Für 6000 Menschen in sechs Lagern geht das Martyrium von Papenburg weiter. Zwei eben fertig gestellte neue Lager harren einer weiteren Belegschaft von 2000 Mann. Ihnen gilt unser Gedanke. Für fie erheben wir die Stimme.
100 zerschlagene, frante Gefangene haben zwei Stunden hinter einer Mauer beim Sportplay versteckt gestanden, da= mit sie Ihnen, Herr Minister, nicht unter die Augen kamen; bamit Ihre Feststimmung, Herr Minister, bei der Denkmalseinweihung nicht getrübt würde. Es müßte nichts, dieses Verbergen. Auch das Abnehmen der Ketten während des Fremdenbesuches" kann die grauenvolle Wirklichkeit nicht mehr vertuschen. Die Wahrheit dringt durch. Sie ist eine Anklage gegen ein System, dessen verantwortlicher Justizminister Sie, Herr Dr. Gürtner, sind.
Für Ueberzeugungstreue: 12 Jahre Zuchthaus!
Charakterfestigkeit gilt unter Hitler als strafverschärfend
Das„ Berliner Tageblatt"( Nr. 544) berichtet: Zum ersten Male hat das Volksgericht ein Urteil gesprochen, das auf den strafverschärfenden Bestimmungen des Schutzgesetzes vom 2. Mai dieses Jahres beruht. Angeklagt war der 25 Jahre alte Hermann Waldvoigt, ein Spizenfunktionär der KPD . Troß seiner Jugend war W. ein hoher fommunistischer Funktionär, der Jahre hindurch eine Hezarbeit als Bezirksleiter des kommunistischen Ingendverbandes in Niedersachsen betrieben hat. Im Jahre 1931 wurde er anf Befehl des Zentralfomitees nach Moskau gesandt und kehrte nach einhalbjährigem dortigen Aufenthalt nach Hannover zurück. Am 28. Februar 1933 wurde er dann als kommunistischer Funktionär in Schußhaft genommen. Weihnachten 1933 entließ man ihn aber wieder, nachdem er sich schriftlich verpflichtet hatte, in 3ufunst jeden Verkehr mit Angehörigen oder Anhängern der KPD. oder SPD. aufzugeben und sich jeder staatsfeindlichen Betätigung und politischen Propaganda, insbesondere jeder Teilnahme an hoch- oder landesverräterischen Umtrieben zu enthalten. Kaum war Waldvoigt aber in Freiheit, als er jeine Zerlegungstätigkeit wieder aufnahm. Der Senat sah jich veranlaßt, mit Rücksicht auf die besonders staatsgefährdende Betätigung dieses PD. Funktionärs unter Heranziehung der strafschärfenden Bestimmungen eine empfindliche Strafe zu verhängen. Waldvoigt wurde zu
zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Außerdem wurde er unter dauernde polizeiliche Aufsicht gestellt.
Vor dem 15. Straffenat des Kammergerichts Berlin hatten sich 13 Kommunisten zu verantworten, die der Vorbereitung zum Hochverrat beschuldigt waren. Sie hatten ihre Straftaten im Juni und Juli 1934 begangen und fielen daher unter die neuen erheblich verschärften Strafbestimmungen, die seit dem 1. Mai bei Hoch- und Landesverrat in Kraft find. Das Haupt der Bande, der 41 Jahre alte Otto Müller , hat aus Furcht vor Strafe Anfang dieses Monats im Gefängnis seinem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht, d. h. man hat ihn erhängt. Red. d. " D. F."). Unter Anleitung dieses Müller hat ein Teil der Angeklagten in großer Menge hochverräterische Druckschriften an die Bevölkerung verteilt. Das Urteil lautete gegen den 37 Jahre alten Wölf auf vier Jahre Zuchthaus, gegen den 58 Jahre alten Meinke und den 25 Jahre alten Kurzeg auf je drei Jahre sechs Monate Zucht= haus und gegen den 35 Jahre alten Sulkowski auf drei Jahre Zuchthaus, gegen den 42 Jahre alten Scharlank auf ein Jahr und neun Monate Gefängnis, gegen den 42 Jahre alten Freigang und den 40 Jahre alten Fiedler auf je ein Jahr sechs Monate Gefäng 11 i 3.