15

JANUAR

FürDEUTSCHLAND gegen HITLER  

Massenkundgebungen der Einheitsfront

Terroristische Gegenstöße

Täglich sprechen die Redner der Einheitsfront zur Saar­bevölkerung. In jedem Ort, auch den kleinsten, wird vor­gedrungen. Ueberall sind die Versammlungen glänzend be sucht. Besonders eindrucksvolle Kundgebungen gab es am Samstag und am Sonntag, aber gleichzeitig ist auch der gegnerische Terror wieder gewachsen. Man versucht, durch Drohungen aller Art, auch durch Tätlichkeiten den Besuch unserer Versammlungen zu verhindern und wenn das nicht gelingt, sie zu stören.

Nicht nur wurden unsere Anhänger auf dem Wege zum Versammlungslofal angehalten und aufgefordert, zurückzu­kehren und im Falle der Nichtbefolgung der Warnung be­schimpft und beleidigt, es wurden sogar tätliche Angriffe auf die Versammlungslokale durchgeführt.

In Elversberg beispielsweise war der große Versamm lungssaal weit überfüllt und es mußten die Nebenräume auf­geschlossen und zur Verfügung gestellt werden. Kaum war bies geschehen, so wurde von den Angehörigen der braunen Front ein Steinbombardement ausgeführt, dem Fenster­scheiben zum Opfr fielen. Desgleichen wurde eine Tränen gasbombe geworfen.

In einem andern Orte zog der Gemeindevorsteher von Haus zu Haus und warnte die Bewohner vor der Teil­nahme. Er erklärte, daß zwei Mitglieder der braunen Front genaue Kontrolle über jeden ausüben würden, der es wagen würde, sich zur Versammlung der Einheitsfront zu begeben. Eine besonders eindrucksvolle Kundgebung fand in Merch­meiler statt. Da der Versammlungsraum überfüllt war, mußte eine Parallelversammlung anberaumt werden.

In Saarwellingen   waren alle Zufahrtsstraßen mit An­hängern der braunen Front besetzt, die alle Besucher be­schimpften und belästigten. Ganz besonders unangenehm wirkte die Tatsache, daß der Saal in schifanöser Weise erst unmittelbar im Zeitpunkte des Versammlungsbeginns ge= öffnet wurde.

Wenn die Behörde nicht in der Lage ist, die Versamm­lungen und die Besucher zu schützen, sind im weiteren Ver­Taufe des Abstimmungsfampfes Zusammenstöße unvermeid­lich, da dann die Einheitsfront mit entsprechenden Gegen­mitteln auftreten muß. Bisher hat sie sich auf die Zusiche­rungen der Abstimmungskommission verlassen.

Donnerstag: Saalbau Saarbrücken  

Große geschloffene Rundgebung am 22. November, 19 Uhr, im Saalbau Saarbrücken. Es sprechen: Dr. Völflein, Gustav Regler  , Dr. Gonter, M. Schneider, Dr. Drucker und Erich Weinert   zum Thema: Die Saarabstimmung und der Friede.

Alle Friedensfreunde und friegsgegnerischen Organisatio nen find zur Mitwirkung herzlich eingeladen.

Das Initiativfomitee:

Ingenieur Peid; Rechtsanwalt Wertheimer; Hausfrau Anna Wilfe; Beigeordneter Brok­meter; Schriftsteller W. Franke; Rentner C. Müller; Dr. med Haan; Kaufmann R. Scholz; Augenarzt Karl Schneider.

Hitlerismus

gegen Katholizismus

Die Festtage der christlichen Kirche aber traten an die gleichen Tage wie das Urvolk sie feierte, ob dies nun das Fest der Fruchtbarkeitsgöttin Ostara war, das zum Auf­erstehungsfest, oder das Fest der Wintersonnenwende, das

zum Geburtstag Jefu wurde. So ist die katholische Kirche  in wesentlichen Formen Nordeuropas   auch nordisch- rajjig

bedingt. Das Groteske an dieser Tatsache ist nur, daß fie aus der Not eine Tugend zu machen sucht, und Reichtum seelischen Lebens ausgerechnet sich zugute schreibt. Allen Ernstes erklärt der firchliche Zwangsglaubensiaß jede natio nale Farbigkeit hätte Raum in der Kirche, alle verschiedene Frömmigkeit stehe unter ihrer Obhut; nirgends sei die persönliche Freiheit des religiösen Ausdrucks" so geschützt, wie in der katholischen Kirche  ( Adam). Das ist natürlich eine Umfehrung aller nur zu deutlich sprechenden Tatsachen. Von Bonifatius" über Ludwig den Frommen  ", der alles Germanische mit Stumpf und Stiel auszurotten bemüht war, über die neun Millionen verbrannter Kezer zieht sich bis zum vatikanischen Konzil, bis auf heute, ein einziger Ver­juch einen unerbittlichen geiffigen Einheitsglauben( Uni­tarismus) durchzusetzen, eine Form, einen 3wangs­glaubenssab, eine Sprache und einen Ritus. Einheitlich für nordische Menschen, Levantiner, Nigger, Chinesen und Eskimos zu verbreiten.( Man vergleiche den eucharistischen Rongreß zu Chicago   1926, wo Niggerbischöfe die Meise zele­brierten.) Seit 2000 Jahren empört sich das ewige Blut aller Rassen und Völker dagegen.

Nicht Militär, sondern Polizeitruppen"

Paris  , 20. Nov. Außenminister Laval hat in einem Rund­schreiben, das er vor acht Tagen den diplomatischen Vertretern Frankreichs   im Ausland zustellte, den in­ternationalen Charakter der Saarfrage her­vorgehoben, der auch der einzige Grund ist, weshalb Frank­ reich   direkte Verhandlungen mit Deutschland   in der Plebiszit­frage als ungehörig betrachtet. Wenn die Regierungskom­mission von Saarbrücken   gemäß den Beschlüssen des Völker­bundsrates von 1925 und 1926 an den französischen  Schuh appellieren sollte, so würde die französische   Regie­rung danach trachten, nur Polizeitruppen( Gendar­merie und Mobilgardisten) zu verwenden. Eine bindende Erklärung, auf keinen Fall zu Bestandteilen der Armee zu greifen, fann angesichts des möglichen Umfangs der Zwischen­fälle allerdings nicht übernommen werden. Frankreich   beweist durch diese Haltung zweierlei: 1. daß es feinerlei Sonderabsichten in der Saar   verfolgt, und die Generäle, welche Deutschland   immer als Inspira­toren einer französischen   Prestige- und Expansionspolitif hinstellt, nicht die gefürchtete Rolle spielen können; 2. daß Laval für die nationale Empfindlichkeit des deutschen   Vol­fes Verständnis zeigt und den Aufmarsch von Heeres­formationen, welcher an die Ruhr, erinnern würde,

vermeiden will. Gewisse diplomatische Kreise verkennen nicht, daß der Gedanke, französische Soldaten als Ordnungs­stifter zwischen hitlerisch und antihitlerisch gesinnten Saar­deutschen auftreten zu sehen, für das deutsche National­gefühl etwas Aufreizendes hat.

Da gleichzeitig die internationalen Verpflichtungen Frank­ reichs   aus dem Völkerbund seit dem Rückzug Deutschlands  aus Genf   in der gleichgeschalteten nationalsozialistischen Presse gar keine Erwähnung finden, ist die Rede davon, daß Laval vom Völkerbundsrat eine öffentliche Bekräftigung der Beschlüsse von 1925 und 1926 verlange, als Antwort auf die juristischen Einwände der deutschen   Note vom 9. November. Wenn der nichtdeutschen Welt die Rechtslage völlig klar erscheint und Frankreich   dieser Bestätigung nicht bedarf, so denkt Laval an eine wohltuende Rüdwirkung int deutschen   Volf selbst, dem ein solcher Att in Genf   durch die Presse nicht verschwiegen werden könnte. Von rechtsstehen­der Seite wird zwar eingewendet, daß Frankreich   durch einen solchen neuen überflüssigen Appell an den Völker­bundsrat in den Schein geraten könnte, als zweifle es selbst an seinem Rechte und fühle sich ohne neue kollektive Ver­antwortung nicht start genug, um seine Pflicht zu erfüllen.

Korrupte Hitlerbonzen

Ein Führer der ,, deutschen Front"

Vom Vorstand der Allgemeinen Ortsfranfenfasse Saar brücken wird folgendes mitgeteilt: Es ist dem bisherigen Geschäftsführer A. Bauermann möglich gewesen, durch Sen Mißbrauch seiner Amtsbefugnisse sich widerrechtlich einen Betrag von 50 000 Franken ans Kaffenmitteln anzueignen und zu veruntreuen. Die Art seines Vorgehens war plump und von vornherein dazu verurteilt, binnen ganz kurzer Zeit entdeckt zu werden. Die betriebsorganisatorische Einrichtung unserer Kasse läßt eine Verschleppung oder Verschleierung rechtswidriger Berihelungen aussichtslos erscheinen. Die vor­liegende Verfehlung ist in ihrer Art nur einmal möglich. Grund zur Beunruhigung liegt nicht vor. Außerdem hat Bauermann Gelder einer Arbeitsgemeinschaft ( Vereinigung der Ortskrankenkassen des Saargebiets), die er persönlich verwaltet hatte, in Höhe von 78.000 Franken ver: untreut. Bauermann ist mit sofortiger Wirkung seiner Dienste enthoben und am Montagvormittag verhaftet worden.

Der forrupte Direktor Bauermann hatte sich schon sehr früh gleichgeschaltet. Er übte als führende Gestalt der deutschen Front" einen starken Gesinnungsdruck auf seine Beamten aus, die sich nicht mit gleicher Schnelligkeit zu Hitler befehren wollten. Er ist den Spuren seiner zahlreichen forrupten Peges im dritten Reich" gefolgt.

Die Presse der deutschen Front" an der Saar   entschädigt sich. Sie bringt lange Berichte über Korruptionsskandale in Frankreich  .

Maria Carsenius- Spitzel

Die Polizeidirektion Saarbrücken teilt mit: Der General advokat beim Obersten Abstimmungsgericht hat gegen die Stenotypistin Maria Carsenius, geb. 2. 8. 1898 in Aachen  , zuletzt wohnhaft Saarbrücken  , Feldmannstraße 129, Haft= befehl wegen Verbrechens nach§§ 92a und 92c erlassen.

Die junge Dame ist längst ins dritte Reich" geflüchtet. Sie empfängt dort die Ehren einer Emigrantin, mit der Aussicht, Nationalheilige des Saargebiets zu werden.

Nicht genügend Geld"

England verweigert Saardelegation die Einreise­

erlaubnis

London  , 20. Nov.( Inpreß.) Der aus einem katholischen, einem sozialdemokratischen und einem kommunistischen   Jung­arbeiter bestehenden Saar  - Jugenddelegation ist die Einreise nach England von den Einwanderungsbehörden mit der Be­gründung verweigert worden, daß die Delegation nicht im Besitz genügender Geldmittel sei. Das englische Jugend­fomitee gegen Krieg und Faschismus hat sich daraufhin so­fort bereiterflärt, für den Aufenthalt der Delegierten die Verantwortung zu übernehmen, doch blieb das Innen­ministerium ohne Angaben von weiteren Gründen bei seiner Weigerung.

Der Vorfall wird sowohl im Unterhaus, wo James Max­ ton   und Aneurin Bevan   ihn zur Sprache bringen werden, wie auch im Oberhaus, wo Lord Marley intervenieren wird, ein Nachspiel haben.

Alle Welt in Deutschland   spricht von korrupten Hitlerbonzen

Aus Deutschland   berichtet die gleichgeschaltete Presse: Ueber die Herkunft des Materials der deutschfeindlichen Propaganda im Auslande gab eine Sigung des Düsseldorfer Sondergerichts Klarheit. Der Verleumdung und üblen Nach­rede war der frühere Polizeibeamte Franz Wolff   angeklagt. Wolff hatte, wie die Beweisaufnahme ergab, dazu beigetra­gen, von Mund zu Mund die erlogenen Gerüchte von an­geblichen Riesenunterschlagungen des Essener Gaustabsleiters Fischer weiter zu verbreiten. Die Anschuldigungen gelangten ins Ausland und dienten sowohl dem Luxemburger   Sender wie auch der Saarzeitung" als Material für segberichte. Zunächst war erzählt worden, Gaustabsleiter Fischer habe 300 000 RM. unterschlagen und sei in Nürnberg   verhaftet worden. Inzwischen wollten Gerüchte wissen, daß sich die un­terschlagene Summe angeblich sogar bis auf 4 Millionen Reichsmarf erhöht hatte. Nicht weniger als dreimal hat man die Erschießung des Gaustabsleiters verbreitet, zweimal von jeinem Selbstmord berichtet. Erst bei seiner Rückkehr von einer mehrwöchigen Reise erfuhr der Gaustabsleiter von dem Lügenfeldzug gegen ihn.

Wie der als Zeuge vernommene Gaustabsleiter Fischer betont, seien gerade die erlogenen Berichte solcher großen Unterschlagungen geeignet, der Bewegung und der Sache des Winterhilfswerks   Schaden zu bereiten. Auch der Staats anwalt weist darauf hin daß durch solche Verleumdungen der Partei und ihrer Organisationen, Jugendbewegung und WHW.   sabotiert würden. Im selben Zusammenhang seien noch fünf weitere Strafverfahren anhängig. Mit Rücksicht darauf, daß in diesem Falle bereits die deutschfeindliche Pro­paganda im Auslande sich dieser Verleumdungen bemächtigt habe, beantragte der Staatsanwalt acht Monate Gefängnis. Das Sondergericht verurteilte den Wolff wegen übler Nach­rede und grobfahrlässiger Verleumdung zu sieben Monaten Gefängnis.

Welche Saar- Zeitung" gemeint ist, wird nicht gesagt. Ob der Luxemburger   Sender, der sehr zurückhaltend ist, die ,, Greuelmeldung" wirklich gebracht hat lassen wir dahin­gestellt. Kennzeichnend ist, daß jest im Reiche den Hitler­bonzen jede Korruption zugetraut wird, und daran ist weder der Luxemburger   Sender noch die Saar- Zeitung" schuld, sondern allein, der stinkende Nazisumpf.

Terror!

Altenwald. Die Einheitsfront hat für Winwoch, 21. No­vember 1934, nachmittags 3 Uhr, im Saale Kolling, Haupt­siraße, eine Mitgliederfundgebung angejeßt. Der Vorfizende der Einheitsfront, Distrift Altenwald, ist daher bei dem Wirt C. zwecks Ueberlassung des Saales vor längerer Zeit vorstellig geworden. Der Wirt hat dem Vorsitzenden den Saal zugesagt, und zwar ohne daß Saalmiete entrichtet werden brauchte. Einige Tage später wurde unseren Genossen die Mitteilung, daß 150 Fr. Saalmiete für 2 Stunden zu zahlen seien. Der Brief hatte folgenden Wortlaut: Auf Grund der Abmachung teile ich Ihnen mit, daß der Saal von 4 bis 6.30 Uhr Ihnen zur Verfügung gestellt wird. Als Saalmiete verlange ich 150 Fr. Nebenbei mache ich Sie darauf aufmerf­sam, daß der Saal geschmückt ist( durch die deutsche Front"). Für jede Beschädigung mache ich Sie verantwortlich." Nach Erhalt dieses Briefes tauchte sofort beim Einheitskomitee die Befürchtung auf, daß der Wirt Colling den Anzapfungen und Drohungen der braunen Front nicht standhalten wird. Daraufhin ist der Vorsitzende des Komitees bei dem Wirt vorstellig geworden, um die notwendigen Verhandlungen zu führen. Das Ergebnis der geführten Verhandlung war, daß eine Miete in Höhe von 150 Fr. schriftlich vereinbart wurde.

Alfred Rosenberg  , der vom Führer und Reichs. Mit Flüchtlingen" im Saargebiet Dieser Brief und die schriftliche Abmachung betreffend der

kanzler mit der weltanschaulichen Erziehung der Nation beauftragte Theoretiker des Nationalsozialismus in seinem Buche Der Mythus des 20. Jahrhunderts". Eine Wertung der seelisch- geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, 13.- 16. Auflage, Seite 168.

Das Buch ist von der nationalsozialistischen Regierung allen Lehrerbibliotheken als geeignet empfohlen und in vielen Fällen auch katholischen Büchereien zwangsweise eingegliedert worden,

Aus Ahlen   i. W. wird berichtet: Wegen des Verdachtes hochverräterischer Handlungen wurden die Maurer P. P.  und W. R vom Stockpiper ernent festgenommen und in das hiesige Gerichtsgefängnis eingeliefert. Sie sind dringend ver­dächtig, im Saargebiet mit flüchtigen kommunistischen   Funk­tionären zusammengetroffen zu sein und Handlungen be­gangen zu haben, die dem Reich zum Schaden dienen.

Saalmiete ist handschriftlich erledigt worden. Am 16. No­vember 1934 endlich ist dem Vorsitzenden des Einheits­fomitees ein eingeschriebener Brief, mit der Schreibmaschine angefertigt, mit der Unterschrift des Wirtes zugestellt worden. Dieses Schreiben sagt: Da bereits 98 Prozent der Ein­wohnerschaft von Altenwald der deutschen Front" angehört, ist es zwecklos, für die übrigen 2 Prozent meinen Saal der Einheitsfront zur Verfügung zu stellen. Auch fann ich mein Geschäft mir nicht durch diese 2 Prozent schädigen lassen."