Das Ende der Flottenkonferenz
Das Wettrüsten zur See beginni
Was man schon längst erwartet hatte, wird nun endlich offiziell bekannt gegeben. Die Vorbesprechungen für die nächstiährige Flottenkonferenz, die zwischen England, Amerika und Japan seit Ende Oktober stattgefunden haben, sind nunmehr auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Sir John Simon hat zwar in einer Rede den Eindruck zu erwecken versucht, als ob in einiger Zeit neue Besprechungen stattfinden würden, aber es hat doch den Eindruck, daß die Besprechungen endgültig gescheitert sind Wenn ein Teil der Londoner Presse auf Grund des offiziellen Optimismus hervorhebt, daß die drei Mächte nach wie vor Anhänger einer Begrenzung der Seestreitkräfte seien, so kann man dies lediglich als einen Versuch bezeichnen, die wirklich ernite Lage zu verschleiern. Selbst Premierminister Mac= Donal mußte in der legten Vollfigung zugeben, daß die Bertagung der Vorkonferenz den Grundsag der Rüstungsbeschränkungen zur See gefährde.
Die Konferenz mußte scheitern, nachdem der Vermittlungsversuch Englands zu keinem Erfolg geführt hat, und Japan hartnäckig auf seiner Forderung bestand. Der Ausgang der Konferenz war schon seit Wochen vorauszusehen, nachdem die japanische Regierung in aller Oeffentlichkeit
Im ungarischen Parlament
Antifaschistische Kundgebung
Budapest , 21. Dezember 1934. Der italienische Minister für die Korporationen, Asquini, der sich gegenwärtig in amtlicher Mission hier aufhält, hatte sich am Mittwochabend um 6 Uhr zum Parlament begeben, wo er von der Diplomatentribüne aus den parlamentarischen Verhandlungen beiwohnen wollte. In seiner Begleitung be= fand sich der italienische Gesandte in Budapest . Fürst Colonna.
Als beide die Tribüne betraten, erhob sich der sozialdemofratische Abgeordnete Buchinger von seinem Plaße zu einer antifaschistischen Kundgebung. Nach einigen erregten Worten rief er mehrere Male:„ Nieder mit Mussolini ! Nieder mit dem faschistischen Land! Es lebe die italienische Demokratie!"
Präsident Beffeneg läutete sofort mit der Glocke und rief Buchinger zur Ordnung, der den Saal verließ, während die anderen Parteien, und insbesondere die Mitglieder der Regierungspartei der„ Nationalen Einheit". gegen die Haltung ihres Kollegen protestierten.
Asquini und Fürst Colonna blieben noch einige Minuten auf der Tribüne, dann verließen sie ohne Zwischen= fall das Parlament.
Jevlitsdis Be'rauung
Die Pariser Presse über die Vorgänge in Jugoslawien
( Von unserem Korrespondenten)
Paris , 21. Dezember. Die Betrauung des bisherigen jugoslawischen Außenministers hat hier feinerlei Ueberraschung hervorgerufen. Man war sich von Anfang klar darüber. daß alle Bestrebungen, Jugoslawiens Außenpolitik in einer anderen als der bisher verfolgten Richtung zu orientieren, zum Scheitern verurteilt sein würden, und man weiß, daß Jevtitsch der eifrigste Vorfämpfer dieser bisher so erfolg= reichen Politik iit.
Man ist einmütig der Auffassung, daß es Jevtitsch gelingen wird, das Kabinett zu bilden, und man begrüßt seine Absicht, auch einzelne Oppositionsführer in die Regierung hineinzunehmen und deren Basis dadurch zu ver= breitern. Während die hiesige Rechtspresse dieser„ Natio= nalen Union" das Wort redet, äußert André Perour im Populaire" mancherlei Bedenken über die Stabilität eines solchen System zurückkehren, dem Jugoslawien seine demokratischen System zurückkehren, dem Jugoslawien feine Entstehung verdanke, und ohne daß es zusammenbrechen müsse.
Ueber die Vorgeschichte der jugoslawischen Regierungsfrise weiß Geneviève Tabouis im Deuvre" recht interessante Einzelheiten mitzuteilen. Danach habe VizePräsident Marinfovitch, Jevtitschs persönlicher Feind, habe bei dessen Rückkehr aus Genf eine Campagne entfacht, deren 3weck es gewesen sei, das im Streit gegen Ungarn vor dem Völkerbund Erreichte herabzusehen. Zu diesem Zeitpunft hat Kanya in Budapest seinen vertrauten Freunden gegenüber erklärt:" Laval wird nie nach Rom gehen, denn vor seiner Reise wird es in Jugoslawien zu ernsten inneren Berwicklungen kommen, die ihn daran hindern werden."
Wenn man daran denkt, wie eifrig die hitlerdeutsche Propaganda gerade in Belgrad arbeitet, dann wird man verstehen, daß nicht nur Herr von Kanya nicht gerade begeistert ist über die Lösung, die die jugoslawische Regierungsfrise durch ein Kabinett des franfophilen Außenministers Jevtitsch findet.
Schwierigkeiten bel Ciroën
Paris, 21. Dezember 1934, Die bekannten Automobilwerfe Citroen , die noch Anfang dieses Jahres eine bedeutende Erweiterung ihres Unternehmens in Paris vorgenommen haben, mußten nunmehr ihre Zahlungen einstellen. Die Firma Citroen hatte in den Ießten Monaten mit größeren Absaßichwierigkeiten zu fämpfen gehabt, und dementsprechend sind die Papiere dieses bedeutendsten französischen Unternehmens an der Pariser Börse schon seit einiger Zeit start gefallen. Die Firma versuchte, größere Kredite zu erhalten, aber die diesbezüglichen Verhandlungen sind gescheitert.
erklärt hat, daß sie das Washingtoner Flottenabkommen fündigen werde. Nun wird jetzt aus Tokio offiziell ge= meldet, daß die japanische Regierung den Mächten, die das Washingtoner Flottenabkommen unterzeichnet haben, am 27. Dezember eine Note überreichen werde, in welcher sie das Abkommen kündigt.
Gleichzeitig wird eine neue Reglung des japanischen Marineministers, Admiral Ojumi, bekannt. der betonte, daß die für die japantiche Flotte vorgesehene Mittel genügten, um Amerifa gegenüber das Gleichgewicht zu halten. Die Verstärkung der Unterseeboote und nötigenfalls auch der großen Kreuzer werde sich nach der Erhöhung dieser Einheiten richten. Damit gibt der japanische Marineminister offen zu, daß das Scheitern der Londoner Flotten besprechungen zu einem Wettrüsten der beteilig= ten Mächte zur See führen wird. Das Washingtoner Abkommen läuft zwar automatisch noch zwei Jahre weiter, aber dies wird wohl keinen Einfluß auf das Seewettrüsten haben. Hingegen steht es noch nicht fest, ob Amerika innerhalb dieser Frist zur Befestigung verschiedener Stützpunkte im Stillen Ozean schreiten wird, was nach dem Washingtoner Abkommen bisher verboten ist.
Hitlers Außenpolitik vor wichtigen Entsche dongen
( Von unserem Korrespondenten)
Paris , 20 Dezember. Pavals Rede vor dem Senat findet die Zustimmung der gesamten Deffentlichkeit. Einmütig stellt man noch einmal fest, daß dank seinem Eingreifen in der Saarfrage eine Entspannung herbeigeführt und ein Konflikt zwischen Jugosla wien und Ungarn verhindert wurde. Man hat nichts da= gegen einzuwenden, daß Laval baldige Gespräche mit Berlin in Aussicht stellt, und man hebt allgemein die starke Posotion hervor, in der sich Frankreich bei diesen Verhandlungen durch sein in Genf getroffenes Abkommen mit Sowjetrußland befindet, das beiden Vertragspartnern verbietet, Son= derabkommen zu schließen. Damit ist das ist die übereinstimmende Meinung der gesamten Presse- Franfreichs Weg für die Verhandlungen mit Deutschland vorgeschrieben. Deutschland ist jetzt vor die Frage gestellt, ob es den Ostpakt, den es im Jahre 1934 abgelehnt hat, im Jahre 1935 unterschreiben, ihm beitreten will.
Frankreich wünscht keinen Vertrag allein mit Rußland , es will auch keine Entente allein mit Italien ; es lehnt ganz und gar irgend ein ein oder zwelseitiges Abkommen mit Hitlerdeutschland ab. Das Endziel der französischen Außenpolitik ist, Europas Frieden durch ein Neß von Verträgen zu sichern, in die letzten Endes alle europäischen Mächte ein= bezogen werden sollen. Darum steht für Laval nicht die
Deutsche Sparsamkeit
Und Heldenkeller im Führerhaus
Auf einer Kundgebung der deutschen Arbeitsfront " im Sportpalast sagte Staatskommissar Hinkel:
„ Wenn besonders kluge Geister mit dem Nationalsozialismus als solchem zufrieden wären, aber erklärten, daß man z. T. mit der Devisen- und Rohstoffrage nicht fertig würde, so sei ihnen nur entgegengehalten: wir haben im Kampf gelernt, ohne Geld, und ohne Propagandamittel unseren Kampf zu führen. Wenn jeder einzelne versuche, dem Vorbild des Führers auch nur ähnlich zu werden, dann werde man sich, wenn es die Welt so wolle, im nationalsozialistischen Deutschland eben nur
jedes dritte Jahr einen neuen Anzug leisten." Dieses Zitat entstammt einem Bericht des Berliner Tageblafts. Das gleiche„ Berliner Tageblatt" läßt sich aus München melden:
" Seit dem vorigen Jahr sind die Häuser und Gärten, die sich längs der Ostseite der Arcisstraße hinzogen, ver-. schwunden. Eine gewaltige Baulücke ist entstanden, in ihr sollen nun
die beiden Roloffalbauten der NSDAP., der Führerbau und der Verwaltungsbau entstehen. Beim Führerbau sieht man im Kellergeschoß heute bereits die Räume für die Küche und das Kasino für 600 Personen, beide von Tageslicht erhellt, fertiggestellt. In beiden Bauten sind selbstverständlich
die Luftschutzkeller mit besonderer Umsicht konstruiert, sie haben fünffach gegossene Betondecken von 2,5 Meter Dicke. Unterirdische, wegen des Grundwassers stark um= mauerte Tunnel werden vom Führerbau 9,5 Meter tief in der Erde zum Verwaltungsbau und zum östlich benach= barten Brauen Haus führen. Eine Fernheizzentrale, die sämtliche im Gebiet des Braunen Hauses liegenden Parteigebäude versorgen soll, wird in der Karlstraße gebaut werden; ihr werden hier demnächst noch einige Häuser Platz zu machen haben.
Am weitesten baulich fortgeschritten ist das Führerhaus, dessen Fassade, aus unterfränkischem Muschelfalt, stellen= weise schon steht Auch der Kongreßsaal, der 700 Personen fassen soll, deutet seine amphitheatralische Anlage heute schon an. Ebenso sieht man in einem der großen Treppenhäuser bereits die erste der tragenden Rundsäulen aus goldgelbein Juramarmor. Die Gesamtfront der beiden, 105 Meter voneinander entfernten Kolossalbauten mißt rund 250 Meter; ihre Höhe vom Boden bis zur Dachfante wird 19,5 Meter betragen, der umbaute Raum jedes Hauses 92 000 Rubikmeter. Bis jetzt wurden für beide Bauten verbraucht: 1320 000 Kilogramm Rundeisen, 600 000 Stück Klinkersteine, 630 000 Ziegelsteine, 4350 Tonnen Zement, 27 000 Rubikmeter Eisenbeton. Der Erdaushub betrug 62.000 Kubikmeter.
Und bis jetzt sind noch nicht einmal die Kellergescheße fertig! Des Volkes Not bauet den Führern Häuſer.
ein Ausgleich zwischen Berlin und Moskau .
Das wird die schwere Frage sein, die sich die Wilhelmstraße in der nächsten Zeit vorlegen muß Wünscht sie die Befreiung aus der Isolierung, in die sie durch Hitlers Schuld hineingeraten ist, wünscht Hitlerdeutschland wieder in den Kreis der internationalen Verhandlungen als entscheidender Fak= tor eingegliedert zu werden, dann muß es die Träume des Herrn Alfred Rosenberg Träume sein lassen, dann darf es in Zukunft nicht mehr heißen:„ Gen Often laßt uns retten!" Dann steht Hitlerdeutschland an einer Wende seiner Politif, die den Bankrott der nationalsozialistischen 3deen auch in der Außenpolitik besiegelt.
Ein 56jähriger Kaufmann aus Kanel war vor einiger Zeit in Schuß haft genommen worden, weil er als Nichtarier seit mehr als zwei Jahren zu einem arischen Mädchen in Beziehungen stand und mit diesem in einem gemie.eten möblierten Zimmer abgestiegen war. In dem jetzt durchgeführten Gerichtsverfahren hatten sich der Kaufmann und der Zimmervermieter unter der Anklage der Kup= pelei und der Anstiftung der Kuppelei zu verantworten Der Zimmervermieter wurde zu 50 Reichs mark Geldstrafe verurteilt, während der Kaufmann von der Anklage der Anstiftung zur Kunnelei freige= sprochen wurde.
Wie steht es um das Konkordat?
Die Verhandlungen stocken
Hin und wieder vernahm man etwas von neuen Kontor: datsverhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Delegierten des dritten Reiches". Jetzt aber scheinen fie völlig zu ruhen, und zwar im Hinblick auf die Saarabstimmung, die sowohl in Rom wie in Hitler- Deutschland für den Fortgang der Besprechungen entscheidend sein wird. Im Vatikan ist man mißtrauischer und vorsichtiger als je. Die deutschen Bischöfe, die am 29. Juni ein vorläufiges Abkommen mit den Delegierten des Reichsinnenministeriums unterzeichnet hatten, saben sich durch die Ereignisse des 30. Juni in einer überaus peinlichen Lage. In Rom hat man das Abkommen nicht ratifiziert. Jetzt werden die Bischöfe keine Verhandlungen ohne enges Einvernehmen mit dem Heiligen Stuhl mehr führen.
Hier verzeichnet man sorgfältig die Fortschritte des„ Neuheidentums" im„ dritten Reich". Dabei ist man weniger interessiert an der„ Deutschen Glaubensbewegung" des Wotan Professors Hauer, sondern an Herrn Alfred Rosen berg . Erst neuerdings hat man seinen„ Mythus " zum offi
und Peers, die das Neuheidentum unterstützten. An der Spiße aller Gruppen stehe die Deutsche Glaubensbewegung", die nicht zu verwechseln sei mit den Deutschen Christen ", der Führer der ersteren sei Professor Hauer, prominente Mitglieder seien die Professoren Bergmann, Wirth und Günther, der berüchtigte„ Rassensorscher" der Nazis. Das Blatt nennt weiter als einen der Führer der Anti- Kirchenbewegungen den Grafen Reventlow, dessen Reichswart" eine Auflage von 23 000 Exemplaren habe; das Blatt von Dr. Mathilde Ludendorff„ Am heiligen Quell deutscher Kraft" habe heute eine Auflage von 34000 Gremplaren. Im Zusammenhang mit den ausgesprochenen Neuheiden- Bewegungen mit ihren 2-3 Millionen Mitgliederit können die Deutschen Christen " nicht außer Acht ge= Tassen werden. die mit allen Mitteln und staatlicher Unterstüßung versuchen, die ganze Macht innerhalb der Evangelischen Kirche an sich zu reißen, und die bekanntlich sich ebenfalls gegen das Evangelium wenden, indem sie fundamentale Stücke beseitigt wissen wollen.
ziellen Unterrichtsbuch in den Schulen proklamiert. Dieses Hindenburg und Ludendorfi
von Kirchen- und Papstfeindlichkeit diftierte Buch wird aber auch aus einem anderen Grunde sehr wichtig genommen. Man weiß, daß Rosenberg der weltanschauliche Leiter und Intimus des„ Führers" ist, der ihn mit der Kulturdiktatur beauftragte. So lange dieser Geist im„ dritten Reiche" gepflegt werde, gebe es, so meint man in Rom , gestützt auf Erfahrung, fein ernsthaftes Konkordat mit wirklichen Rechtsgarantien.
Der Inhaber des Unternehmens, Andre Citroen , suchte daraufhin Ministerpräsident landin und Finanzminister Germain- Martin auf. Die Besprechungen mit den beiden Staatsmännern bezogen sich auf die Möglichfeit einer staatlichen Subvention des Unternehmens, aber auch diese Verhandlungen haben für Citroen nicht das gewünschte Ergebnis achabt. Die Gesellschaft sah sich deshalb gezwungen, ihre Bilanz beim Seine Tribunal Der Führer" wider Chris'us zu hinterlegen und die gerichtliche Liquidation zu beantragen.
Man erwartet aus Rom eine große Weihnachts bot= schaft. Eingeweihte wollen wissen, daß sie in einigen Punkten, die die Beziehungen zum dritten Reich" berühren, sehr offenherzig und entschieden sein wird.
Da die Gefahr der Entlassung für mehrere tausend Personen besteht, so wird wahrscheinlich die Regierung, froßz Ablehnung des Subventionsantrages, versuchen, Mittel und Wege zu finden, um die Schließung dieses auch für die Landesverteidigung wichtigen Unternehmens zu vermeiden.
Der„ Manchester Guardian" befaßt sich in einem ausführ= lichen Artikel mit der„ Neuheiden"-Bewegung im„ dritten Reich", und teilt mit daß die Mitgliederzahl auf insgesamt 2 bis 3 Millionen geschäßt wird. Von der obersten Naziführung seien es vor allem Rosenberg, Darre, Schirach
Ein überflüssiges Dementi
Zu den die Oeffentlichkeit in zunehmendem Maß cr= regenden, tiefbedauerlichen literarischen A u s= einandersetzung über Vorgänge im Stab des Oberkommando? der VIII. Armee während der Schlacht. bei Tannenberg am 26. August 1914 stellt das Reichswehrministerium auf Grund einer im Reichsarchiv vorhand.nen, vom verstorbenen Herrn Reichspräsidenten und Genera!- feldmarschall am 9. März 1933 persönlich unterzeichneten Auszeichnung fest, daß damals zwischen ihm, dem Oberbefehlshaber, und seinem Generalstabschef, General Ludendorff , eine Meinungsverfchiedenheit über die Durchführung der Schlacht nicht bestanden hat.
Wie sollen„ Meinungsverschiedenheiten" bestanden haben, wenn Hindenburg geruhig zusab, wie Ludendorsi Schlachten schlug? Bei Tannenbera übrigens nach den Plänen seiner Vorgänger