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2?. November 23. November Blätter zum Wahlkampf Die Krau und der Achtstundentag. Das Washington  «? Abkommen wurde, wie sich viele Frauen er» Innern werden, im Anschluß an die Interpellation der sozialdemo- tratischen Fraktion im aufgeflogenen Reichstag   in allen Zeitungen mehr oder minder ausführlich behandelt. Aber immer stand im Mittelpunkt dieser Dorste   lhmgen nur die wichtigste Frage dieses Abkommens, der Achtstundentag. Die sozialen Fragen und Borschläg«. die besonders die Frau betreffen, wurden von der Wichtig. keit der Arbeitszeitfrag« in den Hintergrund gedrängtl Für die wahlberechtigt« Frau, die am 7. Dezember auch ihr« Stellung zu diesem Abkommen in der Wahl darlegt, ist es aber wichtig, das Washingtoner Abkommen zunächst in seiner allgemeinen Bedeutung und dann in seiner besonderen für die Frau zu kennen. Das Washingtoner Abkommen gründet sich auf die Konferenz der internationalen Arbeitsorganisation, die im Oktober und No» vember in Washington   tagte. Der Zweck dieser Konferenz, der andere folgten, ist die internationale Regelung derArbeiter» schutzgesetzgebung, also Weltsozialpolitit. Dieser Gedanke an «ine Weltsozialpolitit ist nicht neu. Er wurde schon vor hundert Jahren von dem englischen Unternehmer und Sozialisten Owen»er- trreten. der im Jahre 1818 eine Denkschrift an die Regierungen der europäischen   und amerikanischen   Staaten und an die der verbündeten Mächt««inreichte. Nach dem französischen   Fabritanten Daniel Legrand, der in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahr- Hunderts für den internationalen Arbeiterschutz eintrat, setzte» sich schweizerisch« und deutsche Sozialpolititer für diese Idee ein. Der Weg ging dann über die in starker Entwicklung stehenden Gewerk- schaften, über den Pariser Sozialisten- und Arbeiterkongreß von 1889 fort bis zur Gründung des Internationalen Arbeitsamtes in der Schweiz  . Die Entwicklung hielt also Schritt mit der allgemeinen Entwick- lung einer Weltwirtschaft und tonnte einen fruchtbarm Boden erst dann finden, als die Demokratisierung in allen Staaten erfolgreich einsetzte. Die Vorschläge und Entwürfe dieser Konferenzen, die sich oft auf langen Untersuchungen aufbauen, werden dann dm einzelnen Regie­rungen zur Annahm« vorgelegt, bei der die endgültige Entscheidung liegt. Das ist in kurzm Zügen dl« Entwicklung! Bei uns hat also der Reichstag   zu entscheiden! Hier setzt die Tat der Frau ein, die befteimd« Tat zum Schutz der eigenen Klasse, zum Schutz de» eigenen Geschlechtes. Die Entscheidung ist jetzt am 7. Dezember in die Hand jedes Wählers, jeder Wählerin «elegl. Auf die Interpellation der Sozialdemokratie im verflossenen Reichstag, ob die Reichsregierung bereit sei, ihr« ablehnende Haltung gegenüber dem Achtstundentag aufzugeben und dem Reichstag sofort die Ratifizierung de» Washingtoner Ab» kommen» vorzulegen, führten die Dentschnationalen den Gegen- stoß zur neuen Knebelung de» Proletariats, zur neuen Ausbeutung und Knechtung in einem Gegenantrag, d i e V o r- läge di es« s Abkommen» zu unterlassen und die Mitgliedschaft Deutschlands   im Internationalen Arbeitsamt in Senf zu kündigen. Das war der Kur» des auffteigmden Bürgerblocks! Frauen, denkt daran! Ihr wißt nun. was alle VersprttHmigen, alle hochtönenden Phrasen in Wahlaufrufen und Versammlungen be- deuten, wenn sie in die Tat umgesetzt werden sollen. Di« bürgerlichen Parteien wollen Euch schutzlos machen! Di« Sozialdemokraten und die freien Gewerkschaften bereiten den Voltsentscheid über di« Ratisikation zum Washingtoner Abkommen vor! Der Kampf geht um die A b l« h n u n g oder Annahme. Der Weg ist gewiesen! Frauen, Wählerinnen, denkt daran! Sabotiert nicht Eure eigenen Interessen! Uhr könnt es verhindern, daß Eure Männer 10 und 12 Stunden, wie es die Bürgerlichen wollen, Fronarbeit für hungerlöhne ver- richten müssen und dann müde und stumpf keinen Sinn mehr für das Familienleben haben können I Ihr könnt es verhindern, daß Eure Gesundheit in 19» und 12stündig«r Arbeitszeit, die das lockende Ziel aller gewissenlosen Ausbeuter ist, In dumpfen Fabrikräumen Schaden nimmt. Kämpft um Euer menschenwürdiges Dasein, da» in diesem Abkommen einen sicheren Anfang findet. Aber Ihr kämpft nicht nur für die Arbeitszeit, Ihr kämpft nicht nur für den Achtstundentag, Ihr kämpft auch für Euren eigenen Schutz und das Leben Eurer Kinderl Das Abkommen will den Wöchnerinnenschutz in weiterem Maße, als es bisher in Deutschland   durch Gesetz festgelegt ist. Es sagt in seinem Entwurf, daß die in Gewerben beschäftigte Frau be- rechtigt sein soll, sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Ge- burt eines Kindes die Arbeit auszusetzen. Während dieser Zeit soll sie vor Entlassung geschützt sein und ausreichende Anterstühung aus ösfenllichen Mitteln oder im Wege der Versicherung erhalten. Unsere Gesetzgebung schützt di« Frau r. u r a u s acht Wochen und auch nur in Höhe des unzureichenden Krankengeldes, das nur für Arbeitstage gezahlt wird. Am Sonntag und an anderen Feier- tagen ist di« Wöchnerin also ohne Unterstützung und muß das Wenige für dies« Tage aufheben! Der Schutz der Wöchnerin ist aber nicht nur ein Schutz für di« Mutter, sondern auch für das Kind. Um das Wohl ihrer Kinder zu kämpfen ist aber die erst« Pflicht der Mutter! Wählen ist nicht nur ein Recht der Frau, sondern ein» Pflicht! Richtig wählen heißt aber nicht nur wirtschaftliche Jnter- essen vertreten, sondern auch soziale. Sozial« Ideen, sozial« Ziel« führen zur Solidarität der Frau, di« uns allen noch so sehr sehit, zu der wir uns aber erziehen müssen! Frauen, wahre Solidarität ist der Sinn de» Sozialismus, ist ein hohes Ziel, dos Ihr am 7. Dezember verwirklichen könnt. Und wenn Ihr Euch zum Sozialismus bekennt, bekennt Ihr Euch auch zur Solidarität über die Grenzen des eigenen Landes hinaus, dann bekennt Ihr Euch zur Befreiung des internationalen Proleta- riats. Die Frauen anderer Länder werden aus Eurer Entschluß- kraft Mut schöpfen zur eigenen Befreiung. Mit dem Sieg der Sozialdemokratie in Deutschland   verhelft Ihr auch anderen zum Siegel Vergeht das nicht! Am 7. Dezember gilt es! Die Sozialdemokratie will di« Annahme de» Washingtoner Abkommen», sie will c» für Euch! Ste kämpft mit den Mitteln der Vernunft, nicht mit denen der Phrase wie di« Kommunisten, für ein großes Sozialprogramm. Sie hat das Wahlrecht in Eure Hand gelegt, sie hat Euch den Weg und das Ziel gezeigt. Sie kämpft für Cure Rechte, für Eure Würde als Menschen, als Frauen, a<» Mütter! Zeigt, daß das Wahlrecht von Euch genutzt wird! Parole ist: Lifte 1, Sozialöemokratisthe Partei!