Mutter, dent' an mich!
Wer kennt sie nicht, die schmalen Kindergesichter, die sich an die Schaufenster pressen und mit hungrigen Augen die Herrlichkeiten verschlingen. Jeder möchte wohl bei ihrem Anblick in die Tasche greifen, um hier, wie im Märchen, Gaben ausstreuen zu können. Und doch gibt es noch viel ergreifendere Kindergestalten. Das find die, die das Wünschen schon verlernt haben, die mit ruhiger Sachlichkeit von Not und Elend erzählen, als wären sie davon gar nicht selbst berührt, obwohl sie mitten darin stehen. Ihnen kann die Wunderwelt des Märchens nichts bieten.„ Das ist ja alles Schwindel," sagte mir einst ein sechsjähriger Knirps, uns bringt boch feirer was, mir müssen hunger.1."
Ein erschütterndes Bild vertreibt da plöglich die gütigen Feen und hilfreichen Wichte. De: teine Mensch hatte bereits die Ertenntnis des Erwachsenen: Wenn du dir nicht selbst helfen fannst, so kennst du verhungern! Hören wir, wie Kinder selbst sprechen, wenn sie wünschen dürfen, die Kinder, die mit der Hungerpeitsche früh aus dem Kinderparadies vertrieben sind. sifo
Eine Anfrage in der 3. Klasse einer Volksschule Was wünschst du dir am meiste a?" ergab ein trostloses Bild. Bon 35 Kindern schrieben 15 feinen andern Wunsch als den, irgendein notwendiges Kleidungsstück zu erhalten. Hier einige
..Wunschzettel" für den Weihnachtsmann:
1. Ich muß unbedingt ein Kleid triegen, da ich schon von meiner Schwester die Sachen anziehe. Meine Kleider find alle schon entzwei. Manchmal trau ich mich nicht zur Schule hin, wen ich meinen schlechten Hänger anziehen muß."( Trude W..... 11 Jahre.)
2. Wenn ich keine Stiefel bekomme, so fant ich im Winter nicht zur Schule tommen. Denn es ist schon Flicken neben Flicken und nebenbei bricht's wieder."( Walter W...., 12 Jahre.)
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3. Ich muß ganz bestimmt einen Mantel haben, da ich einen habe, der nur bis zu den Hüften geht und bis ziemlich an den Ellenbogen. Da wir 5 Kinder sind, allen fehlt es an Kleidungsstücken und ich einen Stiefvater habe, der nicht für 7 Personen Effen und Kleidungsstüde faufen fann."( Lotte M...., 11 Jahre.)
4. Ich gebrauche sehr nötig ein Paar Strümpfe, weil ich nur ein Paar habe, das Paar, was ich habe, habe ich an. Meine Mutter möchte sie gerne manchmal waschen, aber sie tann sie nicht waschen, weil sie nicht bis zum andern Tag trocken werden; ich möchte doch nicht aus der Schule darum zu Hause bleiben."( Frih R.... 11 Jahre.)
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5. Ich muß unbedingt ein Paar Hosen haben, da ich jeden Tag im Badeanzug gehe und schon sehr friere.... Lotte F...., 12 Jahre.)
6. Mein Oberrod ist schon so entzwei und geflickt, so daß ich mich schäme nach Schule zu gehen. Meine Schwester braucht so nötig ein Paar Schuhe, darum muß meine Mutter erst für die forgen....( Paula 5...., 12 Jahre.)
... Und so fort. Ueberflüssig, ein Wort hinzuzufügen zu Diesen Wunschzetteln für den Weihnachtstisch". Doch, ein Wort noch, es scheint, als hätte sich der Helfer in der Not bereits eingebellt. Vor mir liegt ein Wahlaufruf, ich lefe:„ Wer die fechs Elendsjahre mit erlebt hat, seitdem unsere schwarzweißrote Bahne ausgetauscht wurde gegen die schwarzrotgelbe Trifolore der Demokratie.. und unser Wille ist fester denn je, ein Deutsch land zu schaffen, in dem wir und unsere Kinder wieder aufrecht und stolz unsere Pflicht tun wollen."
Mt Bertaub, ihr Männer und Frauen, die ihr euch selbst ,, monarchisch und völkisch, christlich und sozial" nennt, habt ihr auch schon das Mittel gefunden, das unsere Kinder wieder aufrichtet? Etwa die von rechts angekündigten„ Schutzölle" oder die der Arbeitern aufgezwungenen Lohnfämpfe, bei denen dann nach schwerem Ringen Wochenlöhne zustande kommen, die nicht für einen Einzelnen ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen, geschweige denn für eine ganze Familie?„ Uns gibt feiner was, wir müssen hungern," sagt das fechsjährige Proletarierkind. Und mit dem Hunger gemeinsam fann findlicher Frohsinn nicht ge= deihen. Gebt unsern Kindern erst einmal satt zu essen, nicht durch Wohltätigkeitssammlungen, sondern durch ausreichende Entlohnung ihres Ernährers, und ihr schafft ihnen, was für eure Kinder selbstverständlich ist, eine sorgenlose Kinderzeit.
,, Mutter, dent an mich," so ruft am 7. Dezember der Junge und das Mädel, ja, Mutter. Denk an dein Kind, wenn du an die Wahlurne trittst. Wähle nicht eine Partei, die dich erst hineinstößt in Not und Eiend und dann durch Wohltaten" gesammelt auf Wohltätigkeitsbällen! glaubt dich dumm machen zu können. Dein Kind fordert sein Menschenrecht. Gib es ihm, indem du Seite an Seite kämpfst mit deinen Klassengenossen in der Sozialdemokratischen Partei!
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Abendfeier
Mittwoch, den 26. November, abends 7 Uhr, in der„ neuen Welt", Hasenheide, Saalöffnung 6 Uhr Künstl. Leitung: Frl. Klara Krause:: Mitw.: Klara Krause'scher Frauenchor, Herr Theo Maret, Rezitationen:: Ansprache: Frau Adele Schreiber- Krieger
Programm:
1. 6 Lieder und Romanzen für Frauendor a cappella op. 14, Joh. Brahms a) Nun stehen die Rosen in Blüte
b) Am Wildbach die Weiden
c) und gehst du über den Kirchhof
d) Minnelled
e) Die Braut
f) Der Bräutigam
2. Ansprache: Mutter und Kind.
3. 5 Gefänge für Frauenchor o. 17, mit Klavierbegleitung. a) Zwiegefang
b) Jm Wasser wogt die Lilie
c) Brautlied
d) Sag' an o lieber Bogel mein e) Der Weiher
4. Rezitationen:
a) Den Frauen
b) Der Märtyrer
c) Logische Beweise d) Rangstreit der Tiere
e) Das Muster der Ehen
f) Fauftin
2) Freuden der Häuslichkeit
5. Fünf Boltslieder:
a) Jn stiller Nacht.
by All mein' Gedanken
c) Tanzlied. Madrigal a. d. 16. Jahrh.
d) Da unten im Tale
e) Reiten laffen.
Abele Schreiber- Krieger ... Robert Rahn
Klara Müller- Jahnke Dehmel Glaßbrenner
Leffing Leffing Leffing
Mosztowski
Joh. Brahms a. d. 15. Jahrh. Baldassare Donatt
gesezt v. E. Breiderhoff D. Nicolai
Am Klavier: Elfriede Diederich ( Die für die Abendfeier am 17. Ottober im Friedrichshain " verkauften Programme, auf die wegen Ueberfüllung fein Einlaß gewährt werden konnte, haben für diese Beranstaltung Gültigkeit) Einfriffstarten zum Preise von 30 Pf. find zu beziehen im Bureau des Bezirksverbandes, Cindenffr. 3, 2. Hof 2 Treppen, Zimmer 1.
Frauen, Ihr entscheidet: es geht um den Achtflundentag, um Mutter- und Kinderschuß! Wählt Lifte 1, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ! Werdet Sozialdemokraten!
Beitrittserklärung.
Hiermit erkläre ich meinen Eintritt in die Sozial
.)
An Beiträgen entrichte ich: Eintrittsgeld 50 Pfennig, Wochenbeiträge männl. 20, weibl. 10 Bf., Sa.
den.
Ich abonniere den Vorwärts" mit der illustrierten Sonntagsbeilage Bolt und Zeit", der Unterhaltungsbeilage Helmwelt" und der Beilage Frauenstimme" in Groß- Berlin täglich zweimal fret ins Haus. ( Monatlich 3.- Goldmart, wöchentlich 70 Golbpfennig.)
907.
Name:
.1924.
Wohnung:
Vor- und Zuname:
geb. am
Straße Nr.
qu.
Staatsangehörigkeit:
Stand:
vorn
Hof-Quergeb.-Seitenft.Er. links- rechts lints- rechts
Wohnung:
( Bei der Aufnahme ist sehr erwischt, daß außer dem Eintrittsgeld mindestens ble Vefträge für einen Monat[ 4 Wochen! gezahlt werden)
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