3tr. 3. Stater&oftunoft&eHaae <903. <« Die verhexte Stadt. In« Ociicrt«»t*»«»»«aaef«ftitftt*»en Hari Httlinger. Nach Ävanzigjähriger Abwesenheit sah > er seine Heimat wieher, diese Heimat, die er in der ersten Zeit seines Fernseins öfter als einmal eingottverfluchtes Kafstrnnest" ge­scholten hatte. und nach der er sich später doch ! manche» Mal so heiß gesehnt hatte, daß er ohne Besinnen eine TausentHollarnote ge- ' opfert hätte, nur um fünf Mimrten lang wie- ! der durch die Straßen bummeln zu können. Einfach scheußlich war es damals ge-- ! wesen, als er eines Morgens in Philadelphia i auf dem Fußboden bor feinem Bett erwacht war, weil er im Traum wieder den Sano- haufen im Garten seines Vaters mit hurti­gem Hosenboden heruntergerodelt war. Eine geschlagene Viertelstunde hatte er damals ,.nach dem Erwachen auf dem Bettvorleger ge- ? Hessen , die dicken Tränen kugelten über seine dicken Bäckchen in den struppigen Bart(denn i>er hatte keine Zuschauer und brauchte sich leinen Zwang anMtun), fei« pompöses ' Bäuchlein hob und senkte sich im Rhythmus des Schluchzen», und wer weiß, wie lange l er»och so gehockt hätte,« nicht die Haus- hälterin mit dem Morgenkaffee ms Zimmer ' getreten. Worauf Eduard einen Filzpantof- fel nach ihr warf und hierdurch sein seelisches i Gleichgewicht wieder herstellte. Ms Eduard Bohnkraut vor zwm«zig > Jahren als Zwischendeckpassagier nach Ame- » rika ausIewandert war, bestand sein ganzes I Reisegepäck in einer Pappschachtel und einem ' derben väterliche» Fluch. Der alt« Bohnkraut, i ei»«och drolligerer Sonderling als sein ein­ziger Sohn, hatte geschworen, er werde keinen s Pfennig mehr an die Gläubiger dieses Ben- s gel» bezahlen, ihm sei eS Wurst, was aus Z dem Mißratenen werde, der nur durch eine i Hexerei des Satans in seine Familie und so- s mit in die schöne dreistöckige Villa, Höhen- i straße 74, geraten sein könnte. Freilich hatte es Eduard ein bißchen toll t getrieben. Wäre das Sprichwort im Recht, demzufolge die Liebe und der Suff de» Meu- ? fchen ufsveiben, der damals noch schlanke t Eduard hätte längst bis auf die Nasenspitze 1 aufgerieben sei« müssen. Aber Sprichwörter diene« bekanntlich nur ' dem Zweck, allgemein anerkannte Unwahr» s beiten in eine handliche Form zu kleiden. Eduard landete, nachdem er seine Le­benserfahrungen um sämtliche Stadien der! Seekrankheit bereichert hatte, iy New Bork, und da er in etlichen Romanen gelesen hatte, daß man es in Amerika mit Leichtigkeit, vom Schuhputzer zum Milliardär bringt, beschloß er, Schuhputzer zu werden. Aber sei es nun, daß er die falschen Stie­fel erwischte oder daß er di« falschen Romane gelesen hatte, das Geschäft lohnte sich nicht. Er erkannte, daß zwischen einer Wichs­bürste und dem Säckel des Fortunatus ein grotesker Unterschied besteht, und als sein rechter Ellbogen aus dem Aermel hervorzu- gucken begann, faßte er einen zweiten Ent­schluß: er schrieb seinem Bater nach Brecken- dorf(Europa ) einen Brief. Er setzte darin dem alten Herrn aus­einander, daß es ihm peinlich sei, fremde Menschen anzupumpen, erstens aus solidem Grundsatz, zweitens weil er da nichts be­käme, und daß er es Vorzüge, sich an Papa zu wenden. Er verlange nichts umsonst, er biete ihm vielmehr seine Firma, bestehend aus einer ziemlich kahllöpfigen Schuhbürste und einer leeren Wichsdose, zum Kauf an. Mr tausend Dollars sei daS Unternehmen fell, und eS sei eine nie wiederkehrende Gele­genheit. Und er hoffe, daß Papa sich dieses Geschäft nicht entgehen lasse, da er sonst ge- rwungen sei, mittels eines ausführlichen In­serats imBreckendorfer Tageblatt" einen anderen Käufer zu suchen. Umgehend traf die verlangte Summe ein, begleitet von einer erneuten Verfluchung. Den Fluch warf Eduard in einen Ka­nalisationsschacht, für die taust nd Dollars kaufte er sich im Süden ei« Stück Land und ein paar Stück Vieh. Die Schuhbürste sägte er eMzwei, legte sie in die Wichsdost und schickte sie stimm Bater. Diesmal hatte Eduard Glück. Das Rind­vieh vermehrte sich, was ja eine Haupteigen- schast allen Rindviehs ist, das Land vergrö­ßerte sich, Edis Figur sing an, sich zu runden. Leid« hatte der Abftinentenbund dort unten keine Filiale. De« Branntwein wäre den Jahresbilanzen Eduards sicherlich auf die Dauer gefährlich geworden, wäre- dieser Glückspilz nicht eines Tages zu der Erkennt­nis gelangt, daß das Trinke« von Brannt­wein zwar eine Gottesgabe ist, der Verkauf! solchen Getränkes aber noch tveit, tveit Herr-! sicher. Wiederum verkaufte er seine Firma,! wieder mit üppigem.Gewinn, zog nach Phila­ delphia und eröffnete eine Schnapskneipe. Jetzt wichste Eduard die Kehlen seiner Gäste, und das rensierte sich trefflich. Zwölf Jähre hatte Europa nichts nrehv, von chm gehört. Da packte er eines Mor­gens nach Geschästsschlnß denn bei ihm schloß das Geschäft immer erst morgens. ein« Tausenddollarnote in einen Brief­umschlag, holte einen Bogen weißen Papier» j unter dem SchanMch hervor, spuckte solange in das Tintenfaß, bis sich der darin befind­liche schwarze Knollen in Tinte aufköste, und [ ließ einen Brief los. Daraus, daß er ihm die tausend Dollar» zurückschicik, könne stin Bater ersehen, daß er noch reichlichen Vorrat an solchen angeneh­men Papierchen haben müsse. Den Fluch könne er ihm leider nicht mehr zurückschmen, da er ihn verlegt habe. Aber auch, wenn er! ihn zurückschicken könnte, würde er eS nicht; ! tun, denn dieser Fluch habe ihm Segen ge- 1 bracht. Und er banste noch nachträglich Herz-' sich dafür. Soweit er sich erinnern könne, sticn sie damals nicht in bestem Einvernehmen ge­schieden, einer von ihnen beiden müsse Schul­den gehabt haben over so etwa? ÄehnticheS.; ! Aber da er der Jüngere und daher der Ge« scheitere sei, schlage er vor, Steppengras über die Geschichte wachst»' zu lassen und sich wieder anszusöhuen. Verheiratet st» er nicht und gedenke auch nicht, solche Dummheiten zu machen. Und die Schuhbürste gehöre jetzt, da er die taustnd Dollars zurückzabke, natür­lich wieder ihm. Er habe manchmal ekelhafte Sehnsucht nach dem alten Herrn, und ob die Breckendorfer noch solche Heuochse« seien, wie früher? Sieben Wochen später gab eS in Eduard Bohnkrauts Kneipe für die Stammkundschaft Freischnaps und der Kncipenvater zog alle paar Minuten einen Brief aus der Hosen« tasche, um ihn zu kestn, worauf er dann jedes- nralS gottlästrrlich grob wurde, um stine Rührung zu verbergen.