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Bei den Blinden und und Bettlern im Reiche der Mitte.
Rechtsschutz für Blinde in China. - 3m Lande wo man gern Almofen gibt- Bettel als ehrenhafter Beruf. Organisation ist alles. Wu, der Bettlertönig von Schanghai . Originelle Versicherungsverträge.
Das Geständnis.
In Kopenhagen saß ein hartgesottener Gauner mit Namen Hanjen unter dem Verdacht eines Diebstahls im eines Diebstahls im Untersuchungsgefängnis. Der Assessor raderte sich ab wie eint Sarrengaul, um ihn zu einem Geständnis zu bewegen. Aus den guten Hansen aber war feine Silbe herauszubringen.
glaubt der Fremde, der Plage ledig zu sein; aber weit gefehlt! denn Wu hat die andere Hand ausgestreckt und macht darauf aufmerksam, daß man eine größere Summe als Lösegeld zw zahlen habe. Tatsächlich ist er Herr im Lande, und es empfiehlt sich, sein Wohlwollen zu erringen, das übrigens leicht zu haben ist, wenn Wer in China reist, wird immer wieder seinen religiösen Pflichten ernst nimmt, erfüllt man mit Taels nicht knaufert. Der Bettlerkönig von einemt seltsamen Anblick gefesselt; es sind nur ein einfaches Gebot und folgt der Stimme hat daraus denn auch ein lohnendes Geschäft ie unzähligen Bettler und Blinden , die ihm seines Gewissens. So ist der chinesische Bettler gemacht, und er bereist ständig sein Hoheitsort überall auffallen. Auf den Straßen ein ehrlicher Beruf. Mehr als ein Sohn des gebiet, unt die reichen Leute zu besuchen, die ihne hocken, in Schlamm und Pfützen, Männer, Himmels, der später zu Ansehen, Amt und Wür- eine bestimmte Summe zahlen, worauf Wu ein Frauen und Kinder, in Lumpen gehüllt, und den gelangt ist, hat seine Laufbahn an einer großes Zeichen an ihre Haustür malt, das seitrecken die Hand nach Gaben aus; oder es find Straßenecke oder im Graben der Landstraße nen Untergebenen anfündigt, daß in diesent die Blinden, die mit monotoner Stimme eine begonnen. Daher bilden die Bettler in China Hause weder gestohlen, noch gebettelt werden flagende Melodie fingen und so die Aufmerk ganze Armeen. Sie sind besser organisiert als darf. Da es nur organisierte Bettler gibt und samkeit des Vorübergehenden erregen. Nicht die Arbeiter, und es gibt wenige unter ihnen, diese, so merkwürdig dies flingen mag, als nur an den Mittelpunkten des Verkehres, auch die nicht irgendeinem„ Verband" angehören. Ehrenmänner gelten wollen, wird dieser Berauf den großen Straßen, weit außerhalb der Sie finden sich nach Landsmannschaften zusam- sicherungsvertrag getvissenhaft respektiert; ein Städte, trifft man die erbärmlichen, ausge men. Die Bettlerbande einer Provinz steht un- Better, der das Zeichen seines Königs igno hungerten Gestalten zu Hunderten. Gerade die ter der Leitung eines Königs der Bettler", rieren und an einer solchen Tür Almosen heiBlindheit ist ja in China eine der verbreitetsten jener beliebten Romanjigur, die nur zu getreu schen würde, würde sich der schlimmsten VerPlagen. Empfinden Europäer und Amerikaner der Wirklichkeit nachgebildet ist. Die Untertanen geltangsmaßregeln feiner eigenen Genossen ausnicht ein wenig Scham, daß sie ihre Kriegs- dieses seltsamen Monarchen sind jazzungsgemäß jezen. In der ganzen Gegend von Schanghai schiffe, Waffen und Munition dorthin schicken verpflichtet, einen gewissen festen Prozentsatz der gibt es keinen einzigen Mann von Stand und oder Ingenieure und Techniker unter dem empfangenen Almojen an ihren Führer abzu- Reichtum, der nicht diesen Vertrag einginge, der Schutz der Kanonen die Reichtümer des chine- liefern. Wer das Gesetz nicht beobachtet oder ihm die größte Sicherheit gegen Schäden an Tischen Bodens erbeuten lassen, statt den ihm zuwiderhandelt, verfällt der Acht, und je- jeinere Habe und an seinem Leben gewährt. Söhnen des Himmels eine Armee von Aerzten des Mitglied der Bande hat das Recht über zur Verfügung zu stellen, um dieser Not Ein- Leben und Tod eines solchen Renegaten. Der halt zu tun? Denn Dreiviertel der Blindheits- König der Bettler selbst hai unbegrenzte Vollfälle sind auf mangelnde Hygiene, Unwissen- macht über seine Untergebenen. Die Bettlerheit und Unsauberkeit zurückzuführen. Die organisationen find uralt. Die Könige, die er meisten chinesischen Mütter lassen die einfach mit der Zeit natürlich zu großen Reichtümern sten Forderungen der Körperpflege außeracht; bringen, dürfen sich gleichwohl in ihrem Le so werden alljährlich Tausende von Kindern bensstil nicht von den Untergebenen untergeboren, die niemals das Licht des Tages er- scheiden und müssen, selbst wenn sie Millionäre blicken. Da könnte ein großes Menschenwert wären, nach außen hin als Mitleiderregendes getan werden, würdig der Anstrengung, die es Jammerbild wirken. Ihre Würde ist erblich, sie fosten müßte, um so verbreiteten Voltsübeln fönnen jedoch von ihren Untertanen abgesetzt ein Ende zu machen! Man begegnet den Blin- werden, wenn ihnen unfautere finanzielle Ma den in den Hauptstraßen der Städte; einer hält chenschaften oder Opiumgenuß nachgewiesen den andern an der Hand, und so bilden sie eine werden. Die Bettlerkönige zahlen den chinesiendlose jammervolle Kette, die sich, schweigend schen Fiskus Steuern, die manchmal gewaltige wie ein Trauerzug, oder unter dem leisen Be Summen ausmachen; die Gegenleistung des. gleitgesang ihrer Klagelieder, an Häusern ent- Staates besteht in stillschweigender Dudung long windet. Sie singen, damit man ihnen den ihrer Herrschaft. Weg freigibt; sie haben es nicht nötig, das So hat es beispielsweise der alte Wu, der Mitleid der Vorübergehenden zu erregen. Denn König der Bettler und Diebe von Schanghai , der Chinese ist von Haus aus mitfühlend und dahingebracht, daß er als einer der gefürch läßt sich gar nicht erst um ein Almosen bitten. tesien Persönlichkeiten im ganzen Lande gilt. Besonders der Blinde ist als ein Geschöpf, das Er bodt auf der Straße, in Lumpen gekleidet, anter allen Wesen am meisten Mitleid ver- vor Schmuz starrend; aber den Kopf trägt er dient, von vornherein seiner Teilnahme sicher. hoch erhoben, und sein armseliger Stock, auf den Und so hat der Unglückliche, dem es verwehrt er sich stüßt, wird zum Szepter eines mächtigen jst, mit gesunden Augen in die Welt zu fehen, Monarchen. Ein einziges Zeichen, und sein im Reiche der Mitte ein Recht, nicht nur auf Volk gehorcht ihm blindlings, wohin er es Mitleid, sondern geradezu auf allgemeine immer führt. Wu und seine Getreuen üben ihr Achtung. Ihn schützt das Gesetz mit besonderem Gewerbe hauptsächlich in der Umgebung von Nachdruck. Wer einen Blinden auf der Straße Schanghai , an der Straße nach der großen anstößt oder ihn gar in der Haft zu Boden Pagode, aus. Wenn sich Fremde zeigen, stürzen wirft, macht sich eines schweren Vergehens Wus Bettler mit solcher Gile aus ihren elenden schuldig, auf dem häufig Gefängnisstrafe ftcht; Hütten, daß man glauben fönnie, die Erde habe immer aber muß sich der unachtsame Straßen- sich aufgetan, und Legionen zeríumpter Gestal passant zu einem mehr oder minder hohen ten ausspien. Der Fremde, der dort nicht Schmerzensgeld bereitfinden. Die Blinden in bekannt ist, wirst zunächst den Kindern, China sind etwa das, was die Tauben von San Marco i Venedig sind. Man darf sie nicht berühren, sie sind gewissermaßen Na tionalgut.
Der Chinese hat eine offene Hand; er spendet dem Bettler Almosen, wie er dem Blinden Hilfe zuteil werden läßt. Es ist nicht nur mit leid, das ihn freigebig sein läßt; Almoien geben ist ihnt Glaubenssache, religiöses Bedürfnis. Im Reiche der Mitte wird ja der Bettel, weit entfernt, verboten zu sein, oder dem, der ihn ausübt, Unehre zu bereiten, durch den Buddbismus gefördert. Die Religion gebietet, de Bettler zit helfen, und der Chinese, der es mit
die im Straßendreck spielen, Geldstücke zu. Das ist das Signal zum Generalattgriff. Sobald die Bettler das Geid bemerken, stürzen sie sich auf die Kinder, entreißen ihnen die Beute und hän gen sich selbst an die Kleider der Fremden. Wehe dem, der sich ihrer auf unsanfte Art entledigen wollte! Fürchterliche Drohungen würden ihn bald einschüchtern. In diesem Augenblick tritt König Wu auf deit Bian und erhebt sein Szepter"; sofort druckt sich die wilde Gefell schaft und weicht zurück. Der Frent reicht dem König zum Dank einige Geldstücke, wofür man seinen„ Segen" erhält. Inzwischen ist kein Bett er weit und breit mehr zu sehen, und schon
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Eines schönen Tages aber ließ er dent Assessor sagen, wenn er ein großes, gutes Beefsteal mit Zwiebeln und drei Flaschen fühles, helles Bier bekäme, wolle er gestehen. Da es in Dänemark nicht ungewöhnlich ist, einen verstodten Sünder auf diese menschenfreundliche Weise zum Gestehen zu bringen, ging der Assessor auf den Vorschlag ein.
Die leckere Mahlzeit wurde aufgetragen und der ehrliche Hansen erschien. Man sah ihm förmlich an, wie ihm beint Anblick der bevorstehenden Tafelfreuden das Wasser im Munde zusammenlief.
,, Also gestehen Sie jetzt," sagte der Assessor. Und Hansen gestand; er gestand so redlich und gründlich, wie nur je ein reniger Sünder gestanden hatte.
Als das Geständnis aufgeschrieben war, wurde er plötzlich von einem Anfall von Rührung übermannt.
,, Herr Assssor," sagte er, weil Sie sich so lange mit mir haben abquälen müssen, will ich Ihnen nach dem Essen noch ein zweites Verbrechen gestehen, von dem Sie bis jetzt feine Ahnung haben."
Der Aessor strahlte. In dem Manne steckte offenbar noch ein unverdorbener Kern.
Und nun verzehrte der redliche Hansen das gute Essen und goß das fühle Bier mit Wohlgefallen hinter die Binde. Als er fertig war, wischte er sich befriedigt den Mund.
Wie steht es mit dem zweiten Verbre hen?" fragte der Assessor.
Dex gute Hansen räusperte sich und begann mit sanfter, schamerfüllter Stimme:
,, Es handelt sich um einen Betrug. Ich habe mich durch eine betrügerische Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Besiß eines guten Mittagessens gebracht. An dem Geständnis, das Sie vorhin niedergeschrieben haben, ist keine Silbe wahr."
Der Assessor sank in den Sessel zurüd und sah ihn mit starren Augen an.