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Alles, was ihr unterlaßt, webt am Gewebe| Schelmen spricht die Ehre: Man soll nur steh aller Menschen- Zukunft; auch euer Nichts ist ein len, wo man nicht rauben fann!" Spinnetz und eine Spinne, die von der Zu- Es gibt sich"-- das ist auch eine Lehre funft Blute lebt. der Ergebung. Aber ich sage euch, ihr Behag Und wenn ihr nehmt, so ist es wie Stehlichen: Es nimmt sich" und wird immer mehr len, ihr feinen Tugendhaften, aber noch unter noch von euch nehmen.

Kaninchen und Kate.

Von Theodor Lessing.

Von sich absehen lernen ist nötig, um viel zu sehen."

Ich habe ein Kaninchen und eine Kaze. Beide sind entzückend anmutige Blondinen. Stundenlang spielen sie zusammen, so daß ich die Eigenart ihrer Gestalten und ihrer Bewe­gungen oft vergleichen kann.

Nietzsche.

viel Futter daliegt. Darum verschafft man dem Tier nie einen größeren Gesichtskreis; es ist wie die Pflanze, ganz Traum und Seele, und über diesem kleinen, dumpfen Tierleben liegt die er­greifende, ausdrucksschwere Stummheit der außergeistigen Natur. Aber die Kaze ist ganz Geist, ganz Dämon, ganz Wachheit und Wih. Und dennoch scheint mir das dumpfe Kaninchen der hellen lugen Raße an instinktiver Witterung weit überlegen zu sein. Es ist mir auffallend, wie sehr sich die Katze auf ihr Auge verläßt, aber wie lenis ſie ſich auf ble jegenannten übieberem Sinne, insbesondere auf den Geruch, verlassen fann. Ich habe mit dem Kaninchen, experimen­tiert, indem ich frisches Futter bis zu zehn Me­tern entfernt im Garten auf den Tisch legte. Es hat sofort Witterung. Hat es Hunger, so hoppelt es, sobald es sich unbeobachtet wähnt, leise hervor und beginnt am Tische emporzustre ben, zuletzt nimmt es einen Anlauf und springt hinauf. Die Kaze dagegen benimmt sich stumpf­sinnig und beachtet nur die sichtbare Welt. Sie reagiert nur auf nahe, ganz starke Gerüche. Ich kann sie verzückt machen, indem ich ihr ein par­fümiertes Tuch gebe; besonders liebt sie den Duft der Kranjeminze.

Professor Theodor Lessing, der im ganze Geschöpf ist ausgeprägte Wehmut und vorigen Jahre von dem antisemitischen Demut. Kaninchen sind die allergehehtesten, von Pöbel der Technischen Hochschule in der ganzen höheren Tierwelt zur Beute begehrten Hannover schwer angegriffen und um Geschöpfe. Die ganze Natur will sie fressen. seinen Lehrstuhl gebracht wurde, hat sich Fuchs, Iltis, Marder, Sperber, Falke, Krähe, neben seinen philosophischen Arbeiten Bussard, an Kaninchen wagen sich alle. Daher mit großer Liebe und tiefem Verständ- ist das Kaninchenleben nichts als Angst. Die nis mit der Seele der Tiere beschäftigt. langen Ohren, die beständig auf Gefahr lauern; Diese kleine Arbeit ist seinem in meister- die immer wachen, angstvoll offenen Augen( nie­hafter Sprache geschriebenen Buche mals schläft das Tier, obwohl es immer nur Meine Tiere"( Verlag Oesterheld, Ber- döst), die hupfenden, schnellenden, hopsenden lin) entnommen. Pfoten, die kurzen, zadigen, zuckenden Bewegun gen alle Formen seines Leibes zeigen: dies Tier hat keine Waffe als die Flucht, und nur durch ungeheure Fruchtbarkeit und schnelle Ver­Beide Tiere haben ein sehr feines Gehör; mehrung gelingt es dieser Gattung, sich im de aber gerade auf diesem Sinnesgebiete kann ich ben zu erhalten. Nur selten wehrt sich Nini die große Verschiedenheit herausfühlen, die Ver­gegen Nath. Nath treibt mit seiner Geduld schiedenheit elementarischen und geistigen Erle­Schindluder; aber sie muß schon das arme Tier bens. Das Kaninchen erfaßt alle Geräusche nur Das Kaninchen ist sechs Monate alt, ganz in äußerſte Angſt verſetzen, ehe es ſich wehrt und in Beziehung auf sein eigenes Heil und Unheii; weiß, mit einem gelbgoldenen Fleckchen auf der beißt. Ich habe mit endloser Geduld das Kanin- ich möchte sagen: Es ist wohl Gefühl, aber es Brust und mit großen, roten Stielangen; es chen dahin gebracht, daß es auf meinen Pfiff empfindet" nichts. Wenn es Musit hört, so haust in einer Holzkiste auf dem Küchenbalkon. hört und heranhoppelt, um sein Lieblingsfutter lauscht es ganz entsetzt und weiß nicht, ob Das Kätzchen, drei Monate alt, goldgelb, mit aus der Hand zu knappern. Sein Lieblingsfut- Beethoven gefährlich oder ungefährlich ist. Aber weißen Flecken auf Brust und Rücken, wohnt in ter ist Löwenzahn und Eichenlaub. Dann flet von Nath weiß ich ganz sicher, daß sie Ohren­dem großen Lehnstuhl meines Zimmers, aber tert es an meinen Knien hoch und ſpringt zuletzt feele hat und ganz objektiv und mit Behagen ist selten zu Hause, sondern stellt sich nur ein, todesmutig mir auf den Schoß, um ſtill zu lie- zuhört. Und da nun Objektivität, Sachlichkeit wenn es wünsche hat. Man findet es aber gen und zu mümmeln. Dennoch bleibt es immer immer Befreiung ist von Angst, so tann man meistens auf dem Balkon, wo es neben dem voll unüberwindlicher Angſt. Es hoppelt mir sagen, daß die Kaße wie ein Künstler, wie ein Kaninchen in der Sonne liegt oder das viel behutsam nach bis über die Schwelle der Balkon Genie objektiv das Schöne auffaßt und von sich größere Kaninchen hetzt und ärgert. Das Kanin- tür; aber noch niemals wagte es sich in das abstellt; darum kommt auch ihre Stimme der chen, Nini genannt, ist ein zierlich anmutiges Zimmer hinein. Nur abends, in der Dämme- Dinjit so nahe, viel näher als die polternde, Geschöpf; aber es fehlt ihm sozusagen an Gerüſt. rung, kommt es mit mißtrauischer Vorsicht berechthaberische, immer moralische, aber niemals Immer jackt es wieder zusammen und hockt dann hutsam ein wenig näher. Denn eigentlich wohl ästhetische Sprache des Hundes. Ueberhaupt ist mit seinen niemals geschlossenen Augen und fühlt sich dieses Aschenputtel der Natur erst in ihre Sprache merkwürdig sachgemäß; sie be­seinem immer gekrümmten Buckel als ein armes der Dunkelheit. Dann ängstigt nicht mehr das herrscht drei Sprachen, das Miauen und Miau­Häuschen Lebensangst. Ich sehe an seinen Spie- blendende Licht. Dann hört man keine gefahr zen ist die Sprache ihrer Wünsche und Leiden; len mit der Katze, wie sehr es ein Angstwesen verkündenden Geräuſche, das Gezirke der Vögel das Schnurren ist die Sprache ihres Wohlbeha­ist, immer nur darauf bedacht, sich zu schüßen und die knarrenden Räder von der Landstraße. gens, und nur wenn die Tageswelt versunken und eine vermeintliche oder wirkliche Gefahr von Dann wird dies Volk beſcheiden lustig; aber ist, nachts von den Dächern, hört man die sich abzuwenden. Das Kätzchen dagegen, Nath mehr aufgekrazi als froh. Man macht Männ- Sprache ihrer wilden Elementarseele. Sehr mit genannt, wie die ägyptische Göttin mit dem chen; man schlägt ſogar übermütig Kobolz. Aber Unrecht behauptet man von der Kaye, daß sie Kazentopfe, ist waghalsig, angriffsluſtig und die Jahrtausende alte Furcht ist auch im ſorg- im Gegensatz zum Hunde untreu und jazzu sei. unternehmend, ja, alles an dem Tiere iſt Spiel, Sie ist nur sachlich, eigenbezüglich und ohne Sen­Uebermut und Rausch; es wartet immer auf timentalität. Ihre scheinbare Falschheit beruht Abenteuer und beschäftigt sich damit, das arme offenbar auf einer übergroßen Schnelligkeit Kaninchen, wie man in Bayern ſagt, zu traßen immer neuer, wechselnder Eindrücke und Bilder. und an ihm herumzuzeden. Nath ist im Gegensatz zu der widerstandslojen, fnochenlosen Nini das neugierigste und eigenwil­ligste Geschöpf. Selbst wenn sie blinzelnd und schläfrig daliegt, nimmt doch ihr kleines Schliß­auge beständig wahr; und in jedem Augenblick etwas anderes. Alles ist ihr wichtig. Alles will sie wissen, aber sie selber spielt, vagiert, aben­teuert und gaunert beständig hierhin und dori­hin. Faffe ich meine Beobachtung zuſammen, so kann ich sagen, meine beiden Tiere versinn­figen meinen Mut und meine Demat. Die Kape achte ich als meinen Geist, das Kaninchen... se als meine Seele.

loſen Glücke aus den- verſklavten, ſanſten Ge­ſchöpfen nicht mehr herauszubringen. Solch ein ſtilles, armes Albino mit roten Gloßangen vege­tiert dahin ein Angstleben von sechs, acht, ja zehn Jahren, ohne einen Ton von sich zu geben; nur wenn es sich sehr wehe tut, schreit es auf wie ein kleines Kind, quieffend und ängstlich.

Die beiden Kinder wachsen auf meinem chenbalkon zusammen auf; als die Pole der Schöpfung. Aber eines haben sie doch gemein, Nun aber wie anders die Katze Nath! Sie im Gegensatz zum Hunde: Sie legen hohen Wert fümmert sich um keinen Menschen. Aber jedes auf sich selber; sie sind auf Schönheit, Hübschheit Glied an ihr ist Ausdruck und Sprache. Hat man und Sauberkeit bedachte Tiere; ja, sie benehmen wohl beobachtet, wie eine Kate nen ins Haus fich wie zwei rechte Weibchen: gefallsüchtig und kommt und Besitz ergreift? Sie gaunert und fefett. Immerfort pugen und lecken sie einander, abenteuert von Zimmer zu Zimmer und macht find beide peinlich sauber und mädchenhaft züch sich die Welt untertänig. Alles wird ihr Jagd rig. Das gilt besonders von dem Kaninchen. revier und Herrschaftsbereich. Sie fennt bald Niemals schmust es, sondern geht in ein vor- sämtliche Quasten, Gardinen, Polster. Sie weiß bestimmtes Eckchen. Beim Kätzchen ist es schon bald die angenehmsten Schlupfwinkel und Ver­einige Male vorgekommen, daß es schmutzte; siede. Sie weiß geheime Zugänge zu den Speise­aber es zeigte dann doch auch ein natürliches tammern Sie fennt die Mysterien der Böden Schamgefühl, kratzte, scharrte und war unglüd­lich. Mein Verhältnis zu den beiden Tieren ist ganz verschieden. Ich behandle unwillkürlich die Kape Nath mit Achtung, aber das Kaninchen Nini mit Rührung. Mit Nath lebe ich kamerad ſchaftlich; für Nini bin ich der liebe Gott.-

Ich will zuerst von Nini erzählen. Dieses

unterm Dache. Mit allem spielt sie; mit allem, was beweglich ist, führt sie Krieg, an allem nimmt sie Anteil und erobert eine große, reiche Wertwelt. Ich möchte nicht sagen, daß Nini dumm ist. Aber sie ist nur duldend und ohne aftive Neugier, vollauf mit Abwehr beschäftigt und zufrieden, wenn man sie in Ruhe läßt und

Was mancher nicht weiß.

In den nördlichen Distrikten Kanadas haben deutsche Farmer damit begonnen, Kamele einzuführen, um festzustellen, ob sich das Kamel für Ackerbauarbeit nicht besser eignet als das Pferd. Es sollen zunächst 50 bis 100 Kamele eingeführt werden. Die deutschen Farmer machen