den... Und jetzt erblickt er die Halskette ant Naden seiner Jva  , eine Kette, die seiner Schätzung nach zumindest dreißig Groschen wert war! Und soviel Geld wirft man da für eine Ueberflüssigkeit heraus!

Dudu haft mich bestohlen," schreit er voller Zorn und nähert sich ihr. Du hast feurer verkauft und mir weniger abgeliefert. Du hast mich belogen!"

Jva   hebt den Kopf und blidt ihn an. Ich habe nicht gelogen," flüstert sie etwas leichter. Und wie fönnte ich dich be­lügen? Die anderen verkaufen die Küchlein zu drei Groschen und ich zu vier; die anderen berkaufen die Eier um vier Para, und ich um fünf; die anderen verkaufen die Milch um ein Wischlin) und ich um zwei Groschen. Hab ich es dir nicht so berichtet und dir das Geld dafür abgeliefert?"

Jure gerät in Wut. Wieder legi er den Kessel und die Küchlein auf die Erde und drobt ihr mit geballten Fäusten.

Also, woher ist das Halsband? Woher ist es? Vom Himmel ist es nicht herunter­gefallen... Woher ist es, he?"

Jva   gibi feine Antwort. Auch sie läßt den Tragfasten zur Erde herunter und be­ginnt an dem Schürzenende zu zupfen.

Woher?" schreit jetzt Jure wütend und schwingt die Hand über ihrem Haupte. Sast du mir nicht vielleicht etwas aus der Hütte gestohlen? Nein, es ist nicht so... Woher also? Sprich, oder ich erschlag dich auf der Stelle wie eine Kaze."

Jva   läßt demütig ihren Kopf sinken, als ob fie den Schlag erwarten würde; dann hebt fie die Schürzenzipfel zu den Augen und be­ginnt zu schluchzen.

Ich hab gesündigt, Vater," spricht sie Schluchzend.

Jure läßt beide Hände herabfinfen und ist wie versteinert.

,, Aaah!" ruft er mit irgendeiner fremd­flingenden Stimme, die einem Sägegeräusch ähnelt. ,, Aaah?"

Ich hab gesündigt, Vater, ja, gefün­digt!" weint sie jetzt laut und öffnet die Arme, um den Vater zu umfangen. Auch das Hals­band stammt aus meiner Sünde."

Drück dich nicht an mich heran!" schreit Jure auf, stößt ihre Arme weg und springt zur Seite. Rühr meine Hand nicht an, Sünderin!... So bist du also?" zischt er dumpf und rüttelt sie an der Schulter. Das machst du also in der Stadt? Solche schöne Sachen hast du also gelezni?"

Jva   weint und weint, ohne eine Ant­wort zu geben. Ihre runden, starken Schul­tern zittern immer mehr und mehr; das Halsband flirrt an ihrem Naden. Dies bringt aber Jure noch mehr in Zorn. Er drückt sie gegen die Mauer und mit geballten Fäusten beginnt er sie jetzt unbarmherzig in den Rük ken, den Kopf und die Brust zu schlagen.

Und mit wem hast du gesündigt, Sün­derin?" fragt er. Mit wem, he?... So sprich doch!..."

- 2-

Jva richtet sich auf, als ob sie ein wenig Mut befommen hätte.

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-

von... Es gibt noch hübschere Mädels als du bist und... wenn du mit ihnen darüber schwaßen würdest, würde man ihnen ihre Küchlein mit vier Groschen und deine viel­leicht nur mit zwei bezahlen..."

Die haben mir alles abgekauft und am besten bezahlt," schreit fie irgendwie tropig auf. Niemanden haben sie soviel bezahlt wie mir. Und Lazar hat mir auch das Halsband und eine Okruha) geschenkt.... gesbewußt auf. Woher hätte ich denn soviel Geld gebracht, wenn sie mir nicht so gut gezahlt hätten."

Dieses so starke Argument entivaffnete Jure vollständig. Er unterlag ihm. Er läßt  Jva los, hört auf, sie zu dreschen und spuďt nur verächtlich vor ihr aus.

bracht?" murmelt er halblaut. Das stand Und was hast du da für Geld ge= dafür... Wenn du's so verdient hast, hättest du schon mehr... Und noch dazu von einem andern Glauben!... Wie wirst du denn das dem Frater berichten?"

Pfui!"  

Jva gibt feine Aniwort. Die schaut ihn nur mit ihren großen, verweinten Augen an, dann macht sie eine Bewegung, um den Trag­fasten emporzuheben und in die Stadt zu gehen.

auf den Markt gehen!"-   Jva rafft sich auf ,, Nein, nein!... Du wirst nicht mehr und stößt sie wieder beiseite. Du wirst das nicht mehr tun! Ich bin zwar schon alt, aber ich werde selber gehen..."  

Jva.

Du fannst nicht gehen," unterbricht ihn

Ich fann, oh, ich kann noch, in mir ist noch genug Kraft," spricht er stolz, worauf er den Tragkasten umschnallt und den Kessel und die Küchlein in die Hand nimmt. Jure fann noch," spricht er wieder, indem er sich zum Forigehen anschickt.  

Jva zuckt mit den Achseln; sie stellt sich auf die Schwelle und wischt ihre tränen­erfüllten Augen ab.

Geh du nur. Du wirst es sicher nicht so verkaufen, wie ich verkaufet habe," ruft sie ihm nach.

Jure trägt ein paar Tage hindurch un unterbrochen Milch, Küchlein und Eier in die Stadt, aber jeden Tag fehrt er betrübier und düsterer heim. Einmal sogar fonnte er nicht alles verkaufen und brachte die Hälfte wieder nach Hause.

Eh, so fann es nicht weitergehen," sagte er verärgert und schaute auf Jva. So ist es nicht möglich. Niemand schaut mich an, gar nicht davon zu reden, daß jemand kaufen wollte!... Die Küchlein verkaufe ich zu drei Groschen, die Eier zu drei Para, die Milch um ein Wischlin, so wie es die andern ver­faufen, aber niemand will es."

stottert   Jva und richtet sich stolz auf. ,, Aber mir haben sie alles teuer bezahlt,"

Jure macht ein saucrtöpfisches Gesicht. zischt er heraus. Es wäre nicht weiſe, fo ,, Also morgen wirst du wieder gehen," einen Verdienst wegzuwerfen. Gef, Alte, und verfauf, wie du es verstehst...

Ich werde gehen," aniworiet Jva de­mütig und ihr Gesicht heitert sich auf. Mit dem Kaufmann Lazar," antwor Und... wenn es dir möglich wäre," tete Iva demütig, ohne sich ihm zu entwin- spricht er dann langgezogen, verstummt aber den oder sich zu wehren, und mit dem gleich wieder. Er ft den Speichel her­Handschija Curo und mit dem Kujundschi- unter, wird ein wenig nachdenklich, dann ja) Mitro..." ivinft er böse mit der Hand. Und wenn du dir auch ein Halsband verdienen konniest," fährt er rasch fort, so verdiene auch für mich auch einen Fez und einen Schal, damit ich es mir nicht erst kaufen muß. Du brauchst fein Halsband, ich aber benötige..."

Suuu, das ist ja ein ganzes Feldlager!" fchreit Jure entsetzt auf. Und alle von einem andern Glauben!... Und nicht einer, son­dern gleich drei... Drei auf einmal brauchst du," fährt er fort und schlägt sie weiter. Du brauchst sie, was, wo?"

*) Türkisches fleines Geldstid. Wirt, Gürtler.

" 1

Jva sieht ihn an und dann lacht sie sie­Ich werd' nicht schwaben, Vater..." Kohlenträger im Hafen.

Von Wilhelm Schuffen. Die Sonne brennt heiß, Und Ruß ist mein Kleid, Mein Mantel der Schweiß, Die Erde mein Leid. Bin niemand und nackt, Und schwer drückt die Last Im ewigen Taft,

Und Trug ist die Rast.

Die letzte Nacht.

Von Andreh Sobol.

Diese Novelle wurde in der hinter lassenen Mappe des russischen Dichters ge­funden, der seinem Leben vor kurzent ſelbſt ein Ende machie.

In einer der Gefängniszellen saßen vier Häftlinge, zum Tode verurteilt.

Aus dem Fenster der Zelle Nr. 12 lich eine Sand eine dünne Schnur mit einem an ihr be­festigten Zettel hinuntergleiten, welcher durch das vergitterte Fenster in die Belle Nr. 13 hin­einfiel.

und überflog blizschnell seinen Inhalt. Der Einer der Gefangenen ergriff den Zettel Zettel wanderte von Hand zu Hand. Die Ge­fangenen erbleichten. Es wurde ganz still.

Der Inhalt des Zettels lautete:

" Ihr werdet heute aus dem Gefängnis hinausgeführt... Im Interesse der Partei sind alle unnüßen Opfer zu vermeiden. Ihr müßt das Urteil schweigend hinnehmen. Ohne Lärm. Ohne Widerstand. Wir sind machtlos. Ihr müßt euch beherrschen. Demonstriert nicht. In der Stadt ist Pogrom. Die Kosaten ziehen vorbei."

wanderte der tragische Zettel, und allen Ge Von Fenster zu Fenster, von Zelle zu Zelle fangenen erstarrte das Blut...

Zwei Häftlinge schliefen, der dritte fucicie Figuren aus Brot, der vierte schaute duras Schlüsselloch auf den Korridor, wo ein Soldat, das Gewehr geschultert, auf und ab spazierte.

Der Zar läßt die Gefangenen scharf be­

wachen.

der Gefangenen, um die Schlafenden nicht zu ,, Unsere letzte Nacht..." flüsterte leise einer weden. Ich will noch leben... Ich habe Hun­ger... Glaubst du, daß wir vor dem Tode noch ein Frühstüd bekommen?"

Er legte sich auf die Pritsche und zog den Sträflingsmantel über dem Kopf zusammen.

Ich fürchte mich vor dem Tode," flüsterte der andere ,,, und du?"

Der Kamerad umarmte ihn innig und tüßte ihn auf die Stirne.

Mimya", sagte er, unser Leben geht sei­nem Ende zu... wir werden nie mehr die Stadt sehen... nie mehr..."

Zu gleicher Zeit probierte in einent ande ren Stadtteil ein breitschultriger, starker Mann eine Gendarmenuniform und brummte unwillig:

Zum Teufel auch! Ich sagte gleich, die Uniform ist mir zu eng. Was jetzt?"

Neben ihm stand eine schlanke Frau. ,, Sei nicht böse... Ich werde es sofort si ten. So... Ist es jetzt gut?"

" Ich will's iun, Vater..." Meine Arme sind wie zusammengebunden. ,, Aber... erzähl' niemandem etwas da Im Notfall werde ich nicht einmal die Pistole

*) Kopfschmud.

aus der Tasche ziehen können." Die Frau schaute ihn drohend an: