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Dampf stieg auf von seinem Kopf und| mal zwanzig Sekunden oder länger, bis der den entblößten Knien, die sich blau und Doktor ein Zeichen zum Abstellen gab. Wie­schwarz färbten. Die Lippen, die im Augen- der wurden die Riemen gelöst, wieder horchte blid zuvor so gräßlich grinsten, wurden der Doktor am Stethoskop. Nach einer Mi­schwarz, und schwerer Schaum kam zwischen nute drehte er sich um, und mit dem Gesicht ihnen hervor, floß über die schwarze Maske; zu den Zeugen gewendet, sagte er mit voll­ein Anblick von schauerlichem Kontrast. fommen gleichgültiger und nüchternen Mie­Der Strom heulte und summte noch ein- ne: Ich erkläre diesen Mann für tot!"

Hoppla, wir leben!

Intermezzo zu einer Hotelszene des Tollerschen

Stüdes.

Von Walter Mehring.

In diesem Hotel zur Erde

War die Creme der Gesellschaft zu Gaft

Sie trug mit leichter Gebärde

Die schwere Lebenslast!

Sie hielt auf gute Ernährung Bis man eine Kriegserklärung Als Scheck in Zahlung gab. Da kamen die Diplomaten, Um über den Fall zu beraten,

Die sprachen: Wir brauchen einen Krieg

Und größere Zeiten eben!

Es gibt nur eine Politik: Hoppla, wir leben

Wir leben und rechnen ab!

Säbelrajfeln Vollsekstase

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Welche Tänze tanzt man morgen?

Blaukreuzgaje Menschheitsphrase

Unire Sorgen!

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Es blutet uns das Herze

Vor lauter Druderschwärze,

Hoppla!

Freiheit hinter Gitterstäben Schützengräben.

Hoppla, wir leben

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In diesem Hotel zur Erde

War das Militär zu Gast

Wir fämpften für ihre Beschwerde

Sie haben für uns gehaßt!

Sie machten blutige Spesen,

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Hoppla!

Hoppla!

Sie gaben als Trinkgeld: Prothesen

Und ließen ein Massengrab

Doch als sie sollten zahlen

Für alle Todesqualen:

Da tamen der Herr Chefgeneral Und die Geistlichkeit daneben-, Die jangen ergriffen den Heldenchoral: Hoppla, wir leben-

Wir leben und rechnen ab! Die Muschkoten- und die Roten, Das sind unsre Feinde morgen.

Hoppla!

Und die drei Millionen Toten Unire Sorgen!

Soppla!

Es blutet uns das Herze Unter dem Eisenerze!

Hoppla!

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Freiheit hinter Gitterstäben-- Schützengräben.

Hoppla! WJR leben!

In diesem Hotel zur Erde Von Mord und Krieg umbraust- Da hat im Keller die Herde

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Der Proletarier gehaust Sie mußten ihre Zechen Mit ihren Knochen blechen- Dann machte die Bande schlapp! Da tamen die Direktoren Und sprachen: Wir haben verloren! Wir gaben euch: ein Notquartier Und eine Krüde daneben.

Ihr seid Halbtote!- Aber wir, Soppla! Wir leben

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Wir leben und rechnen ab!

Denn ihr habt nichts zu verlieren! Aber uns fann keiner borgen!

Hungern, Frieren- und Krepieren Unfre Sorgen!

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Wir bluteten Moneten!

Gebt unser Geld, Proleten!

Freiheit? Hinter Gitterstäben Schützengräben.

Hoppla! Wir leben!

In diesem Hote! zur Grde

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Hoppla!

Hoppla!

Ist die Creme der Gesellschaft zu Gast-- Sie trägt mit leichter Gebärde

Die schwere Lebenslast!

Die Feinde sind verdroschen-- Gib dem Krüppel dort einen Groschen! Wir haben es selber so knapp!

Die Minister, die Denker und Dichter: Es sind wieder dieselben Gesichter! Es ist wieder ganz wie vor dem Krieg.­For dem nächsten Kriege eben-- Im Charlestur liegt die Schlachtmifit: eppla! Sie leben!

Wann rechnen mit ihnen wir ab? Wenn den Pau wir demolieren-- Welche Tänze tanzt ihr morgen? Soppla?

Wenn st. ihren hier regieren Unfre Sorgen-- Hoppla?

Suchet Schutz bei eurem Gotte, Dem elektrischen Schafotte Soppia!

Stommt mit euren Generalen! Wir befehlen:

Hovpla, wir leben!"

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Angeklagter: Herr Richter, wie ich das Geld in der Hand gehabt habe und damit ant einem Gasthaus vorbeigekommen bin, habe ich solche Sehnsucht nach einem warmen Essen be­kommen und nach einem Glas Bier. Seit Jahr und Tag habe ich mich nicht mehr ordentlich jatt gegessen. Ich ging hinein und mich ein­mal gründlich satt. Den für die Zeche ausgeleg ten Betrag fonnte ich natürlich nicht ersetzen und dann habe ich mich nicht mehr zu meinem Herrn zurüdgetraut. Früher, Herr Richter, habe ich solche Sachen nicht gemacht. Auf einmal ist es über mich gekommen: Ich wollte auch wieder einmal Mensch sein!

Richter: An diese Weise kommen Sie nur noch tiefer hinunter.

Angeklagier: Was soll ich tun, ich möchte ja gern arbeiten, aber wer gibt mir Arbeit?

Richter: Sie tun mir ja leid, aber ich muß auf Ihrer Bestrafung bestehen, um so mehr, als Sie schon in einer ähnlichen Sache eine Vor­strafe haben.

Angeklagter: Das war auch erst in letter Beit, als ich arbeitslos war und mir nicht anders helfen konnte.

Das Urteil lautet denn auf 14 Tage Arrest. Richter: Nehmen Sie die Strafe an? Angeklagter: Aber natürlich, ich danke. Jetzt bekomme ich wenigstens zwei Wochen etwas Ordentliches zu essen. Ich danke vielmals, Herr Richter..

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Und nun, geneigter Leser, nachdem du dies gelesen und einiges Nachdenken darauf ver­wendet hast, frage ich dich: Kann es Worte ge­ben, die erklären, was bürgerliche Gesellschaft heißt und ist, als diese wahre Geschichte? Daß fie in Desterreich passierte, ist völlig neben­jächlich; ganz gleich, wie die staatliche Um-. grenzung fich nennt, ob Desterreich, Deutschland, England , Amerika oder sonstvic: bürgerliche Gesellschaft ist bürgerliche Gesellschaft und heißt Entmenschlichung!

Ebele.

Diktat aus der Meerestiefe. Der

amerikanische Zoologe William Beebe, der auch bei uns durch seine vortrefflichen

Geſellſchaft. Shriſten bereits vorteilhaft bekannt iſt, benußt Bürgerliche

Gesellschaft.

bei seinen Forschungen originelle Methoden, mit Es ist nicht lange her, da wurde ich einmal denen er bei dem amerikanischen Publikum das gefragt, was denn das bedeutete: Bürgerliche größte Aufsehen erregt. Bei seiner neuesten Ex­Gesellschat? Ich gab eine weitschweifige, um pedition nach den Korallenriffen von Haiti, die ständliche Erklärung und sprach von der bürger- er im Auftrage der Neuyorker Zoologischen Ge­lichen Wirtschaftsform mit ihrem Mehrwert- sellschaft unternahm, bot er der Welt zum ersten­taumel als oberstes Gesetz, sprach von Massen- mal den Anblick eines Gelehrten, der, mit dem ausbeutung und Klassenunrecht und sprach von Taucherhelm bewaffnet, auf dem Meeresgrund anderem mehr. Damals kannte ich noch nicht spazieren geht, die Wunder der Tiefsee beobach diese Geschichte, die sich in Desterreich zugetra- tet und seine Eindrücke sofort telephonisch einem gen hat, sonst hätte ich geantwortet und er- Stenographen auf dem Dampfer über ihn dik­zählt: tiert, der diese Erlebnisse festhält. Nach dem Be­Ein Monteur, fein Name tut nichts zur richt eines Augenzeugen studierte Beebe in einer Sache, war seit drei Jahren arbeitslos. Aus- Tiefe von sechzig Fuß unter Wasser auf dem gesteuert, irrte er hungernd umher und suchte Meeresgrund durch das Glasfenster seines Tan­nach Arbeit, die er nie fand. Endlich konnte er cherhelms die seltsamen, um ihn wimmeluden bei einem Marktstand als Aushelfer eintreten. Fische, krizelte bisweilen seine Eindrücke mit Die Arbeit, die er nun zu verrichten hatte, be- einem bleiernen Stift auf eine Zinkplatte oder gann mit dem erwachenden Morgen und endete diktierte durch das Telephon an seinem Taucher mit dem finkenden Abend. Und die Entlohnung? helm seinem Sekretär auf dem Deck des Vier­Sie war ein Stück Brot mit Sped, nichts mehr, masters, der die Basis der Expedition bildete. nichts weniger. Verlangte er mehr, so gab ihm Nach Beebes Erzählung ist es außerordentlich der Dienstgeber zur Antwort, er, der Aushelfer, angenehm und nußbringend, vom Boden des möge sich nur ruhig um andere Arbeit umsehen, Ozean aus zu diftieren. Nur so kann der er, der Dienstgeber, bekäme Leute genug. Eines Spaziergänger auf dem Meeresgrund seine Be­Tages wurde der Aushelfer mit einem Geld- obachtungen rasch und genau festhalten, wenn betrag von 100 Schilling zu einer Besorgung ein unbekannter Fisch vor ihm auftaucht. Einige fortgeschidt. Er nahm das Geld, ging und fam von diesen haben Dußende von Eigentümlich­nicht wieder. Ein paar Tage später wurde er feiten, die der Naturforscher festhalten will, unterstandslos aufgegriffen. Nun stand er vor bevor der Fisch verschwindet, und das läßt sich dem Strafrichter... nur durch sofortiges Diktat bewirken.

Richter: Was ist Ihnen eingefallen?

Beebe hatte unter den Karallenriffen von