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Die gottgewollte Ordnung der Dinge. Noch einmal blickte ich hin, dann ging ich weiter.

War nicht dieser Mensch das beste, schreck­lichste Kriegsdenkmal? Das dort drüben kostete Tausende, hätte nicht ein fleiner Teil genügt, um diesen und Hunderte mit ihm vor der bit- Mögen die Steine- wenn sie schon tersten Not zu bewahren? Wieviel Kriensgestehen fünftigen Generationen winner mögen wohl in dieser Stunde das Gold, chreckliches Zeugnis sein, von den

das sie aus dem Blute des Volkes gemünzt, großen Morden im Zeitalter der verprassen, während jene Hungers sterben. Technif.

Bum Tode verurteilt.

Von Charles Louis Philippe .

In einem Militärgefängnis in Algier sah ein Verurteilter den Morgen seines letzten Er­wachens kommen. Er bat, daß ihn der Ober­aufseher, der zu dem Manne gut gewesen war, zur Richtstätte begleite. In seinem letzten Augenblid verlangte er auf seinen Weg ein wenig Mitleid und Wärme.

Eines-Morgens war ein Mann aufgewacht. I die Gewalttätigkeit, die ihr an ihm verdammet, Es war ein junger Mann, dem das Leben frü- warum verdammet ihr sie nicht in euch selbst? her schon beim Erwachen stets eine solche Kraft Eines Tages erzählte ein Mann mir, wie gegeben, daß sie ihn mit dem ersten Rud vom man stirbt: Laner trieb. Er trank die Luft des Tages und fühlte sie durch seine Schle rinnen, wie das erite Fener, wie neuen Schwung, der einen mitten in die Dinge trägt. Er liebte alles. Es gibt Alkohol, den man trinkt und der einem neunziggradig ins Herz flutet. Es gibt Frauen, denen man begegnet, die einem wie ein Wild­bach durch die Adern tosen und die unter ihren Gewändern so zahlreiche Begierden zu tragen scheinen, daß man für sie zu allem bereit ist. Es gibt Stolz, Liebe, Jugend, ein Bedürfnis, das einen padt, mitten in der Welt zu glän­zen als das alleinige Licht und die Welt in Er­staunen zu feßen. Es gibt das Geld, das aut ist wie das göttliche Wort und die Geheimnisse des Glücks enthält. Eines Morgens war ein Mann aufgewacht. Er hatte nicht getan, was ihr gewollt hättet, ſeine Stimme war stärker als cure Stimme: er hatte getait, was er ge­wollt hatte. Ich weiß, daß dieser Mann ge­tötet hat, aber er hat nicht ohne Stamp ge­tötet Uebrigens handelt es sich hier nicht

um seine Verbrechen.

Man sagt zu ihm:

Sie stiegen in einen Wagen, da die Richt­ſtätte von Gefängnis drei Kilometer entfernt war. Und der Mann lebte seinen Morgen, ohne daß sein Herzschlag auch nur im geringsten ausgesetzt, ihm die kleinste Neugierde gefehlt hätte Der Mann fragte:

Sind es die dort?" Man erwiderte ihm:

Ja, die sind es."

Bei einem Abhang versagte die Bremse. Alle halfen. Und der Verurteilte legte wie ein Alltagsmensch( mit dem Schatz an Hilfsbereit schaft, den wir alle haben) mit Hand an, um zu helfen, daß die Bremse des Wagens, der ihn zum Tode ührte, in Ordnung gebracht werde. Und das ist wahr.

Die nächste Badekur.

Frau Dr. Gertrud Weder, eine Schweizer Chemikerin, schreibt über den Giftkrieg: Offi zielle Versuche sind unternommen, die öffent­liche Meinung, die sich zu beunruhigen beginnt, über die Giftgasgefahr des kommenden Krieges zu beschwichtigen. Auf Grund der Vervollkomm nung dieser teuflischen Waffen kann man hen­tigen Tages sogar mit zwei Lewisitbomben, die über eine Stadt in der Größe von Chikago oder Berlin durch Flugzeuge abgeworen werden, alles Leben in dieser Stadt vernichten. Das Gas ist schwer, zieht sich in die Abzugskanäle und Quellen; Wasserleitung und Grundwasser werden auch vergiftet. Das Gift wird durch die Feuchtigkeit der Luft, des Bodens oder der Haut oder des Atems wirkungsvoll gemacht. Es entsteht Blausäure, die im kleinsten denk­baren Quantum Menschen innerhalb einiger Minuten zu töten vermag.

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Der weise Kardinal.

Von Roda Roda .

In Ungarn ist jüngst der Fürst- Primas gestorben, Kardinal Ejernoch; ein Mann von Bauernblut und tüchtig, nicht nur als Theolog und Politikerer war auch ein geradezu vor­bildlicher Grundher; ha: die Güter des Erz­bistum sehr hochgebracht.

Einmal kommt der Prälat Lepold zu ihm und sagt: Eminenz, mir scheint, ich hör bei Kramster was riechen."- Kramster war einer der Domänenverwalter. Vorige Woche soll er den Erlös für drei Waggon Weizen an das Rentamt überweisen, macht allerhand Spadi­fanferin und überweist erst gestern. Man muns felt, er spielt auf der Budapester Börse. Man follte den Mann mit einer Revision überraschen. Sch befürchte, wir werden nicht viel Geld in der Kaffe finden."

Man ließ ihn niederknien, man band ihn ,, Leclerc, man muß Mut haben." an den Pfosten, man verband ihm die Augen, Habt ihr bemerkt. wie sie alle am Vor- und als es aus Sterben ging, bat der Mann, Der Kardinal ſann einen Augenblick und abend ihres Todes geschlafen haben? Man er- daß ihn der Aufseher zum letztenmal füsse. Die entschied: Gut nächsten Montag fahren wacht von der Vergangenheit, man erwacht für Soldaten ſtanden schon in Reih und Glied. mr." die Zukunft und man fühlt- dem Strom, Jeder von ihnen, der Befehlshaber wie die Ge­Als jie aber Montag hinaus auf der in einem fließt, entsprechend-- die Geburt horchenden, fühlie Angst in ſich, und das Be- die Domäne kamen, hatte sich der Prälat genug der Tage wie die von geliebten Kindern. wußtsein der Menschen war so erschüttert, daß zu wundern: Zunächst über den Empfang; ,, Leclerc, man muß Mut haben." das Spiel ihrer Handlungen sich überstürzte und Kranister war die Ruhe, das gute Gewissen Er hätte antworten können: jeder Kontrolle eniging. Der Befehl wurde ge- selbst. Ich hatte sehr viel davon fürs Leben." geben, die Gewehre gingen los, als der Aufscher In der letzten Zeit, in einer Zelle, zwischen noch beim Berurteilten stand, so daß er zu glei seinem Lager, seinem Tisch und seinen Wäch- cher Zeit getötet werden mußte. Der Berur­tern, als seine zahllosen Hoffnungen schwanden teilte, in die Brust getroffen, ließ sein Leben und jeder seiner Gedanken diese Bürde erira- mit solcher Kraft, daß er aufsprang und den gen mußte, hatte er dennoch gelebt, und sein Balken der ihn feſthielt, herausriß. Leben verlief immer noch in der gleichen Kurve, die ihm seine Seele am ersten Tage gegeben hatte. Und ich sage, daß er selbst an diesem Morgen sein Leben mit denselben Gewohnheiten und Wünschen fortsetzte.

Hört: Es war einmal ein alter Bauer, den man zum Tode führte. Man fragte ihn: Wollen Sie ein Gläschen Rum trinken?"

Er erwiderte:

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Ihr seid nich besser dazu geschaffen, die Lente zu töten, als sie geschaffen sind, zu sterben.

Die Buchführung stimmte aufs Haor; die Kaffe stimmte; schön gebündelt, kantig lagen die Bankuvien im Trejor.- Der Kardinal nahm sie gegen Quittung an sich.

Dann gab es ein Mittagessen; anständiges, reichliches Essen Hauptgang: seit mindestens drei Tagen gebeiztes Schwarzwild.

Der Prälat merkte jedermann mußte merken: jie waren erwartet.

Auf dem Heimweg sagte der Prälat:, Aus­gerutscht san mir, Eminenz! Jemand hat ihn gewarnt, unser Vorhaben verraten."

Eines Morgens war ein Mann aufgewacht. Seine Richter schließen noch bei ihren Frauen. Wißt ihr, daß, wenn der Körper daliegt, der Stopf, der das Messer über sich fühlt, ſich noch entzieht und alle feine Muskeln, die ihn rück- Berraten, lieber Lepold? Warum drücken wärts ziehen, anspannt, wie um sich aufzurich-| Sie ſich ſo hart aus? Ich, ich hab' ihm telegra­test, als wollte er mit allen Kräften dem Tode phiert schon vorigen Mittwoch." entfliehen?

Die Richtenden müßten der Tötung Ber urteilter beiwohnen. Der Henker ſelbſt iſt bleich. Werden die Leute die Tragweite ihres Urteils ermessen, wenn man sie zwingt, selbst Hand anzulegen?

Schillerworte.

,, Nein, danke. Alkohol trinke ich niemals." Ich weiß sie haben gesagt: Der mit dem Schwerte richtet, wird durch das Schwert ge­richtet werden. Aber seines war inmitten einer schwierigen Welt tätig, in der jeder sich seinen Weg selber bahnen muß. Die Wärme seiner Faust, die Bedürfnisse seines Herzens und die Kraft seines Auges, all dies hat ihn getrieben. Tatsache ist, daß ihr schlechter seid als er. Von der Menschheit du kannst von ihr Glaubt ihr, daß er getötet hätte, wenn er hätte nie groß genug denken; wie du im Buier sie nicht töten können? Ihr verfügt über die Fes- trägst, prägst du in Taten sie aus. feln, ihr hätter enter Schwert fallen lassen müs Die Kultur fall den Menschen in Freiheit sen. Ihr saget: Ich verteidige mich." Gebt setzen und ihm dazu behilflich sein, seinen gan­acht, daß ihr euch nicht zu sehr verteidiget! Bin zen Begriff zu erfüllen. Sie soll ihn also fähig det ihm die Fäuste und ihr werdet es nicht machen, seinen Willen zu behaupten, denn der mehr nötig haben, euch zu verteidigen. Und Mensch ist das Wesen, welches will.

Ja dann freilich. wenn es Eurer Eminenz so beliebt hat... da hat er Zeit ge­habt, sich den Fehlbetrag zsammzutrommeln von der Schwiegermutter, von Brüdern, Onkeln

und Gott weiß, wem... Eminenz verzei­hen schon: aber so macht man nicht Kassen­revision."

Doch, lieber Lepold, genau so muß man es machen. Hätten wir ihn nämlich überrascht, wär der arme Kramster zu Tod bestürzt- die Kasse leer. Wie furchtbar für ihn- peinlich für uns! So hingegen..."- der Kardinal klopfte sich zufrieden die Brusttasche- haben wir ihm in christlicher Milde allen Verdruß erspart, die Kirche hat ihr Geld- und am nächsten Ersten fliegt Kramster."