Mama

Feierab

Feierabe

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Mr. 10

Linterhaltungsbeilage.

Der Tod auf der Walze.

Sechs Wochen Wanderns in Staub und Sonnenglut hatten uns auf den Hund ge­bracht. Den französischen Gendarmen waren wir entronnen. Jetzt fämpften wir einen stummen, erbitterien Kampf gegen italieni­jche Starabiniere, die wie die Schweißhunde uns auf den Fersen waren; denn wir waren des schwersten Verbrechens schuldig, das man als Ausländer dort unten begehen kann wir waren arm wie die Stirchenmäuse und schlugen uns. um Brot und Obdach bittend. von Ort zu Ort. Nordwärts, nordwärts, wo man, binter den Bergen, unfere Sprache sprach.

In San Remo nachts, in einem Eisen­bahnwagen, hatten wir uns getroffen.

Ich war hundsmüde von Nizza herüber gekommen. Ein Unterkommen war nicht mehr zu finden gewesen. Da stieg ich in der Dun­felheit über das Eisengitter, das die Bahn­anlagen abfchioz. und fletterte in einen leeren Personemvagen, der dort stand.

Da richtete sich von der Polsterbank eine Gestal auf. Hallo! Jemand da?" Erschroden starrten wir uns in der Dunkelheit an. Landsmann?" fragte ich. Da lachte er leise auf. Alle Wetter, ich dachte schon, es wäre Bolizei! Na. dann leg' dich nur hin, Stunde. Hier bennt sich's tadellos."

Wir fragten weder nach Herkunft noch nach Namen. Wir fühlten, daß wir beide arme Luder waren, und das machte uns ohne Handschlag zu Genossen.

Wo gehst du hin?" frage er, sich wie­der langstreckend.

Nach Genua . Und du?"

Jch auch. Und dann über die Alpen in die Schwetz."

Ich auch."

Wollen mal sehen, vielleicht können wir ein Stück zusammentiopeln. Von hier ifta eine ganz verfluchte Strede. Da fommen zweie besser durch als einer. Für heute aber gute Nachi."

lind so schliefen wir nebeneinander auf verbotenem Lager, in einem Abteil criter Klaffe, das sonst nur für Bankiers und Bür­ger da war, die über eine gespidte Börse ver­fügten.­

1928.

ten beim Wandern, erzähiten dies und das| lig vorüber, die Arbeiter breiteten hoffnungs und freuten uns aneinander, daß wir nicht los die Hände aus, die Frauen zeigten stumm erwiſcht worden waren. auf ihre Kinder. Da blieben uns die Worte im Halse stecken, und wir schlichen erschrocken weiter.

Wen der Papaget kriegt damit meinte er die bun aufgepuyten Starabiniere, die wie die Pfingstochsen durch die i'alieni­schen Städte stolzieren, du, der ist hier ver­loren! Das tostet ein paar Monate Staften und dann zurüd nach Frankreich . Ich kenne das! Die deutschen Koujulate helfen nur der Leuten, die's bezahlen können. Um uns arme Luder fümmert sich kein Teufel, wenn wir Pech haben."

Ja, das kannte ich. In Marseille und Nizza , wo mein Bech angefangen hatte, hatte ich stundenlang im Wartezimmer gesessen und war dann mit einem Achselzucken abge fertigt worden. Das war nun einmal so.

Aber wir waren beide junge Burschen und vergaßen schnell. Selbst die Flüche über Sonnenbrand. Straßenstaub. Durst und Sunger, die uns die vermaledeite Riviera. das Paradies auf Erden", expreßte, waren nicht so ernst gemeint. Wenn- wir in den Kur­orten bei den Hilfsvereinen vorsprachen, lo­gen wir für eine Lira Unterſtügung, was man von uns verlangte. Die Tatsache unserer Armut genügte nicht, uns der Hilfe würdig zu machen. Da mein Anzug noch halbwegs anständig war wollte man von mir durchaus hören, daß ich mein Geld in Monte Carlo verspielt habe, um mir eine sehr moralische Predigt balten zu können, ehe das Silberstück fiel. Also gab ich es gerne zu. trotzdem ich feit Marseille nur noch in Afnibetten ge­fchlafen hatte.

Die Bauern in diesen fruchtbaren Ge genden jagten uns mit Steinwürfen von ihren Höfen. Mißtrausche Gendarmen folg­ten uns in den Städten, um uns beim Bet­teln zu ertappen. Das ließ uns gleichfalls schen und fückisch werden. Ünd in Voghera stahl mein Kumpan em Brot, und ich plün derte nachts einen Zitronenbaum.

Bisher waren wir von der Polizei ver­jahont geblieben. In Tortona erreichte uns das Schicksal.

Wir waren bei einem Bäder eingetre­ten, deffen gute dunkle Augen uns berein­gewinkt hatten.

Un poco di pane", begann ich meine Litanci zu fandervelschen. Niente a man giare!" Der Bäcker wintie ab und steckte jedem ein großes Stück Bro! zu. Auch einen Becher Wein reichte er uns. Wir dankien ihm und gingen.

Da tauchte aus der Dämmerung ein Sta­rabiniere auf, sab uns scharf nach und ver schwand in dem Bäckerladen.

Jetzt heißt es langmachen", sagte mein Stumpan, der hat etwas gemerkt und will uns eins auswischen. Dauerlauf, marsch, marsch! Wenn der uns fregt, find wir ge­fiefert!"

In einer Minute waren wir aus der Stadi heraus und trabten auf der dunklen Chanjice entlang, bis wir außer Atem waren.

Salt, meinte Rumpel jest, soweit fliegt uns der faule Sterl nicht nach, jehi wollen wir etwas essen."

Mein Kumpel hatte es leich er. Er war Schloffer und hatte es im Paß eingestempelt, daß er überall vergeblich nach Arbeit gefragt batte. Er bekam manchen Extrabrofen zuge Wir ließen uns auf einem Schotter ftedt. den er redlich mit nur ieife. Zum Danfhausen nieder und begannen, das trodene erzählte ich ihm von Amerifa, wo ich gerade Brot zu verzehren. herfam. Und über tausend Dinge fragte er mehr, als ich ihm aus meiner grünen Weisheit mitteifen fonnic.

Allmählich bekamen wir die ewige Tip­pelei, das ewige Fechien, das einige Lügen aber did und wurden immer müder und gedrückter.

Am nächsten Morgen, als die Sonne Um Genua herum und jenseits des aufging, machten wir uns davon. Das Apennin , wo die Fabritschloe rauchten und Meer, das zwischen den Feljenklippen die arbeitenden Menschen fast ebenso arm vauschte, war unsere Badewanne. Die waren wie wir, erhielten wir manchmal Sonne unser Handtuch. Und munter lachend faum einen Biffen Brot des Tages. Die nahmen wir den Weg unter die Füße, schwat Menschen, die wir ansprachen, gingen until­

Da stand plötzlich der Starabiniere schwarz, riefenheit im Dunkel vor uns, und feine Taschenlampe blitte auf.

Schlaff janten uns die Hände herab. Das Brot fiel in den Staub. So entſcht waren wir über die plötzliche Erscheinung, daß wir nicht einmal einen Laut ausstießen. Aufstehen!" fuhr uns eine grobe Stimme an. Wer seid ihr? Eure Papiere! hr bab: gebettelt!"

Wir standen mühsam auf. ,, Nein", sagte ich, wir haben nicht ge bettelt, Signor!"