Feierabe

Feierab

Nr. 26

Unterhaltungsbeilage.

Alltagstragödie.

Von Henry O'Hara( New York  ).

Wenn einem nichts einfällt, dann wird ein Roman daraus, fällt einem noch weniger ein, dann wird eine Novelle daraus, und fällt einem überhaupt nichts ein, dann wird sicher lich ein Feuilleton daraus. Aber manchmal tüßt einen die Muse irgendwohin und dann springt der göttliche Funte über. Man hat plöglich einen Einfall, einen außerordent lichen und noch nicht dagewesenen Einfall und macht dann daraus ein Drama. Denn das Theater lockt, das Theater ist das Fo rum, das die Masse in Bann zivingt, tas Theater frönt die Arbeit des schöpferischen Künstlers. Habe ich mir sagen lassen.

Mein Hunger nach Ruhm war groß, jajt größer als der andere, der sich in meinem Magen niedergelassen hatte. Also fonzipierte ich eine Familientragödie, der ein hundert prozentiger, nicht alltäglicher Einfall zu grunde lag und sprach damit in der Direk­tionskanzlei des Rivadavia" Theaters vor.

Der Dramaturg des Theaters war ein änlicher, jovialer Herr, mit einem wallenden Patriarchenbart. Oberhalb feines Schreib­tisches nahm ich nun folgenden Anschlag vor:

Dichter, fasse dich furz, denn deine Zeit ist kostbar! Aus diesem Grunde beantworte ich deine allfälligen Fragen im voraus: Ob es mir gut geht? Danke, mir fönnte ge­holfen werden!... Ob das Wetter schön Ob das Wetter schön ift? Das interessiert mich nicht!.. Wie's meiner Familie geht?- Dante, ich bin Junggeselle!... Ob dein Werk Aussichten hat? Das fragst du mich!"

Ich faßte mich also furz und trug mein Anliegen vor. Der ältere, joviale Herr nickte, bat mich hierauf, ihm sein Geistesprodukt auszuhändigen und am nächsten Tag wieder zukommen. Worauf ich mich zurüdzog.

Am nächsten Tag sprach ich wieder vor. Tas Resultat war folgendes:

Der Extraft Jure:, im übrigen schen Familientragödie, ist:

-

-

1928.

Maggie: Jawohl! Lewis: Von wem?[ Hand): Und darf ich Sie zum Souper ein­ Maggie  : Das geht dich wohl einen aus- laden, Fräulein Maggie? gesprochenen Schmarrn an... Lewis( schießt sie über den Haufen). Vorhang. Ende des Stückes.

Stimmt das?"

Ich nickte und barrte der Dinge, fommen sollten.

die

Der Dramainrg warf sich in Pojitur und dozierte:

,, Was ich also mit fünfunddreißig Wor­ten fage mit fünfunddreißig Worten, bitte! dazu brauchen Sie sage und schreibe dreißigtausendvierhundert Worte, die außer Sie feinen Menschen interessieren!"

Pause.

Ich fuickte innerlich zusammen. Meine Hoffnungen und Träume verfanten in das bodenlose Nichts.

foder:

Aber der ältliche, joviale Serr ließ nicht

Ich will Ihnen etwas sagen: Wollen Sie aus diesem Extrakt, aus dieſen fünfund dreißig präzisen Worten ein brauchbares Theaterstück machen? Ja oder nein?"

Mir war's alleseins, ich sagte ja und

amen.

Dann folgen Sie mir und ergänzen Sie Ihre Arbeit mit Chansons und Tänzen, dann will ich Ihrem Aubot nähertreten

.."

Mit Chansons und Tänzen?! Mein fite rarisches Gewissen bäumte sich, in meinem Junern tobie ein schwerer Konflikt: Sie Er­folg hie Ideal! Ich raffe mich auf.

Woher soll ich Chansons und Tänze nehmen?" fragte ich. Soll ich die stehlen?"

Sie nicht! Ueberlassen Sie das andern, jenen, die das aus dem ff fönnen. Hier die Adreſſe unseres Hauskomponisten! Sie kön nen im Vorraum draußen warien, denn in einer halben Stunde ist Ihr ganzes Opus flassi- mufifalisch untermalt und ausgestaltet. Sie müſſen aber folgende Aenderungen aubrin gen... Bitte, nehmen Sie Play!"

Erster Aft: Lewis: Jch liebe dich. Maggie: Wann, wo und wie? Lewis: Einerlei! Maggie: Gemacht!( Beide ab.) Vorhang.

Zweiter Aft: Der Freund: Kommen Sie! Maggie: Wohin? Der Freund: Dori­bin! Maggie: Niemals!( Sie folgt ihm.) Vorhang.

Dritter Aft: Maggie: Was geh'n mich die Leute an? Levis: Du hast ein Kind!

Ja, wiffen Sie, die Szene zum Bei spiel warten Sie einen Augenblick ( er blätterte in meinem Manuskript) ja, diese Szene hier feben Sie. Seite achizig, bitte!

Maggie: Zum Souper? Aber was wird Mama dazu sagen?

Nicht wahr, das ist der Dialog, der in den tragischen Konflikt ausmündet, daß Le­wis die arglose, unschuldige Maggie am näch sten Abend, als sie ohne Wissen der Mama zum Souper fommt, im Separce vergewal tigt.( Der ältliche, joviale Herr sah wieder auf.)

Wie wäre aber folgende Aenderung. Bitte, ich fabuliere bloß! Was ich jetzt sage, ist bloß eine der vielen Bermutationen, Ver­fionen und Kombinationen, die ich in diesem Konfliktstoff wahrgenommen habe. Ich weiß, was das Publikum will. Also angenommen: Lewis ist der Sohn eines Stannibalenhäupt lings eine Charlestoneinlage wäre an die­fer Stelle nicht unangebracht, aber damit, mit solchen Details, wollen wir uns in die­fem Augenblick nicht aushalten also ange nommen: Lewis ist ein smarter Kannibalen­täuptlingssohn hören Sie, Stannibalen häuptlingssohn, das gibt eine fulminante Lachsaloe und hält sich gerade im Dschun gel auf, als ihm Maggie, eine Art Boyette

Sie wissen: das ist ein ins Feminine transponierter Boy, also ein Girl, ins Mas fuline übertragen, mit einem Wort, ein emanzipiertes Mädchen, damit Sie im Bilde fino als ihm also Maggie über den Weg läuft. Liebe auf den ersten Blick. Und dann folgt wörtlich ihr Dialog. Passen Sie auf! ( Wieder Blick ins Manuskript.)

Der Hannibalenhäupilingsjohn: also das muß fort, das füßt ihr die Hand"

denn ein Konnibalenhäuptlingssohn hält sich nicht an Knigge und Konforten, das follten Sie eigentlich wissen! Also:

Der Kannibalen häuptlingsjohn jagt... ( Der äftliche, jooke Herr hält inne, blickt mich an und sagt): Bine, lejen Sie!"

Ich lage gehorsam das Manuffript auf und laffe:

Lewis: Und darf ich Sie zum Souper einladen, Fräulein Maggie?"

Maggie: Zum Souper? Aber was wird Mama Dazu sagen:

ſtelle ich mir ungefähr folgendermaßen vor. Sie haben hier bitte, folgen Sie mir! Darauf der ältliche, joviale Herr: ( ich folgte ihm) während der ältliche, Ausgezeichnet! Natürlich wird der Kan joviale Herr sein sonores Organ tönen ließ: nibalenhäupilingsjohn nicht Souper  ", font­Lewis( reicht ihr zum Abschied die dern einfach Nachtmahl" sagen, denn der