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selbst sich irgendwie der Not dieſer fremden Heulen fände, daß sie lieber im strahlenden Die Braut des Flußgottes.

Frau schämend, mit den andern Fingern ein Lichte des Varietés stände als hier zwischen den Geldstid in die Hand seiner Herrin. tausend Bliden efsender Beute, die sie auf dem Still und nachdrüdlich, zwei-, dreintal be- Umveg über ihre Ziere anbetteln muß, und daß dankt sich die arme Artistin, und im Klangel fie vielmals um Entschuldigung bitte, gleich uns ihrer Worte liegt etwas wie eine Entschuldigung, glüdlicher Scheinenden geboren zu sein. als wollte sie sagen, daß auch sie das Leben zum

Die Hinrichtung.

Von Willibald Omankowski.

Tiburtius wurde vor seiner Entlassung zum Direktor der Anstalt gerufen. Der wünschte ihm in den wohlgesetzten Worten, die deutlich das Schema verrieten, Glück für seine Zukunft und händigte ihn einen Geldbetrag ans, den Ver­dienst für die geleistete Gefangenenarbeit. Die dargebotene Hand überjah Tiburtius gefliffentlich, er verneigte sich formell und stand dann im Freien.­

Was war gewesen?

Es hatte sich nur um das Fahrgeld für die Rüdreise gehandelt, das nicht im Vertrag bor­gesehen war; es ging um dumme sieben Mark fünfzig. Der Oberinspektor saß in dem Kaffen­zimmer und war wieder einmal betrunken. Die Fahrkarte solle fich der Schlosser" von seinem standalmäßig hohen Lohn kaufen. Tiburtius schob das Mädchen beiseite und stand vor dem Gestiefelten und Gespornten. Er jah wieder die ses aufgeschwemmte Gesicht, das ständig zu grin. fen schien, diese Hände, die die Jungmägde wie Pferde abklopften. Vier Erntemonate hatte er tiefen Haß hinuntergewürgt. Nun stieß er ihm furchtbar auf. Worte fielen, hart und immer härter. Bis der Oberinspektor die Reitpeische aus dem Stiefel zog. Dann lag er an der Wand und röchelte. Das nächste Wort sprach der Landjäger.  

Delta.

zu tragen. Da war es nicht Scham und Ent­täuschung sondern nur Efel und eine tiefe, tiefe Trauer, daß er sich nachts aus dem Hause der Schwester forstahl. Auf Soden schlich er die Stiege hinab. Draußen erst zog er sich die Stiefel an und wanderte in die Nacht hinaus.

Ein chinesisches Märchen.

Zur Zeit des Doppelreiches lebte in Mann namens Si- Men- Ban, der Gouverneur am Ufer des Gelben   Flusses war, wo der Gott der Flüsse in hohen Ehren stand. Die Zaubere: und Heren verkündeten, daß der Gott der Flüsse alljährlich ein junges Mädchen zur Frau haben wolle, das unter den Mädchen des Bolles aus­zuwählen sei. damit nicht Wind und Regen ausbleibe und Ueberschwemmung und schlechte Ernte einträfe.

Wenn nun die Tochter irgend einer reichen Familie zum Weibe herangewachsen war, sagten die Zauberer, fie sei die auserwählte Braut. Es blieb dann den Eltern, um ihre Tochter zu befreien, nichts anderes übrig, las mit viel Geld die Zauberer zu bestechen. Das Geld er weichte die Herzen der Zauberer, und sie befah Wohin? Es war schließlich gleichgültig. len den reichen Eltern, nach mehr Geld zu Seine Seele war ganz leer. Aber im Nachbar- geben; dann fauften sie ein armes Mädchen dorfe auf den Friedhofe schlief noch Gertrud, und warfen es in den Fluß. Den größten Teil das stille, gütige, geduldige Weib. Der einzige des Geldes behielten sie aber für sich. Mensch, der ihn wahrhaft geliebt hatte. denn an dieser Liebe war er ja doch gestorben. Ihn padte jählings eine wilde Sehnsucht nach Gertruds Rutheftätte, und die Erwägungen seiner nüchter­nen Vernunft, daß ein zwölfjähriges Grab doch im Grunde nichts mehr war als ein gleich­gültiger, mit Efeu bewachsener Hügel, waren in dieser Stunde ohne Belang. Er wanderte und wanderte- mit ständig gesteigerter Kraft, als gelte es ein schönes, treftvolles Ziel, und schon nach Inapp zwei Stunden schob sich der nordisch herbe Burgturm der Dorffirche in den blauen Nachthimmel hinein.

Wollten aber die Eltern nicht zahlen, wurde ihre Tochter die Gemahlin des Gottes der Flüsse. Man zwang das Mädchen zur Annahme der Hochzeitsgeschenke, die ihr die Zauberer selbst brachten.

Das Volk der Umgebung aber flagte und litt sehr unter diesem frommen Brauch.

Si- Men hörte bei der Uebernahme seines Amtes davon. Er ließ die Zauberer zu sich kon­men und sprach zu ihnen:

,, Gebt mir den Hochzeitstag des Gottes der Flüsse rechtzeitig bekannt. Ich will selbst dabei zugegen sein, um dem Gotte meine Ehrenbezea­

Dann verabschiedete er sie und die Zau­berer fonnten ihn nicht genug loben.

Man meldete ihm den Tag des Hochzeits­festes. Si- Men zog sich sein Festgewand an, fehte sich in einen Wagen und begab sich mit prunkvollem Gefolge zum Fluß. Alle waren und die Heren. Von weither famen Männer, dort versammelt: die Dorfältesten, die Zauberer Kinder und Greise und warteten begierig auf

Tiburtius ſchritt die Dorfkirche hinab. Wun- gung zu leisten. Er wird sich darüber gewiß dersames Kindheitslicht durchleuchtete sein in- freuen und dafür mein Volk jagnen." neres Dunkel, als er an der schlafenden Schmiede vorbeischritt, darin einſt ſein Vater die nimmer­müden Arme geregt, als die Buzenscheiben der Schule aufblinkten, als er im Weiher am Markt Ein schneidiger Staatsanwaltsassessor quali- die Sterne baden sah und den weißen Flieder fizierte sich mit dem Fall Tiburtins zur endgül- schimmern, der in schweren Dolden über die Kirchhofsmauer fiel. Die verschlossene Pforte figen Anstellung; die Richter, schon halb in den war ihm kein Hindernis; raſch überſtieg er sie Ferien, famen über den Totschlagsparagraphen und dann stand er vor Gertruds Grab. nicht hinaus und entschieden auf sechs Jahre, da Zeugen berichteten, Tiburtius hätte schon Tage zuvor im Dorfkrug gedroht, er wolle es dem Schuft noch besorgen, bevor er ginge. So war das gewesen.

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Den anderen Tag brachte Tiburtius damit hin, seinem äußeren Menschen die langentbehrte Pflegte angedeihen zu lassen. Er fleidete sich gut ein und fuhr in die Hauptstadt zurück.

die Zeremonie.

,, Nicht jo cilig," sprach er. Ich bin per­sönlich zur Hochzeit erschienen, sie hat daher feierlich und erhaben vor sich zu gehen. Vor allem möge jich jemand in die Burg des Got­tes der Flüsse begeben und ihm melden, daß ihn seine Braut erwartet, damit er ihr entge. genkomme."

Alle Bitternis und Schwermut, die ihm Die Zauberer legten die Braut des Fluß­früher oft umfangen, wenn er hier geweilt, war gottes auf ein Ruhebett, schmüdten sie mit von ihm abgefallen. Ohne Sentimentalität und Hochzeitsgeschenken und sangen ihre Lieder bei als einer, der sein Ziel sah und nur etwas wie Trommelschlag und Posaunenschall. Dann paď­eine Rechnung begleichen wollte, sprach er die ten sie das Nuhebett, um die Braut zum Flusse Worte vor sich hin: Das wäre also flar" su tragen: die Eltern nahmen von ihr schluch­Dann fuhr er leise wie lieblosend durch die zend Abschied, als sich plötzlich Si- Mens Stimme naffen Esenblätter und schritt auf die Stelle der vernehmen ließ: Mauer zu, darin er den Haken wußte, an dem Zweimal wurde er von seinem einstigen die Frau des Wärters ihre Wäscheleine zu be­Chef nicht empfangen. Das drittemal wurde fchtigen pflegte. Langsam und ohne Erregung ihm durch den Werkmeister angedeutet, daß man bereitete er alles für seine Hinrichtung vor, vorläufig an seine Beschäftigung im Hause nicht jetzte sich auf einen Berg vertrodneter Kränze denken könne, und daß weitere Besuche nicht und zündete sich eine Zigarette an. Als er sie erwünscht seien. Tiburtius verzichtete, auf eine aufgeraucht hatte, hörte er fernes Geräusch und Korrespondenz hinzuweisen, in der man an jei erkannte einen herannahenden Wagen. Vom nent schweren Schidjal" warmen Anteil nehme Dorfe herauf kam ein Lastkraftwagen. Gerade und daß nach der Zeit der Prüfung alle Wege an der Kurve vor dem Friedhof schaltete der zu seinem früheren Leben wieder offen stünden, Führer die Scheinwerfer ein, und in der Tages­zumal sein Beruf durch den Verstoß gegen die helle ihrer Lichtkegel stand groß und schredhaft Strafgesetze in feiner Weise berührt wurde; an das verwitterte Kreuzholz mit dem Leib des tüchtigen Feinmonteuren sei zudem lein Ueber- Herrn. Tiburtius war es, als stünde in dem fluß. Tiburtius jah mit bitterem Lächeln, wie Antlitz des Gemarterten nichts von Gnade und der Portier das würdevolle Feldwebelgesicht, das Vergeben, nur Zorn und Verweigerung. Er er für dergleichen Fälle vorrätig hatte, aufstedte, wollte sich vergewissern, ob ihm nicht vielleicht Klopfte dem leicht erschrockenen Alten auf die doch irgendein feines Leuchten für die letzte Biedermannsschulter und fuhr in seine Heimat. Stunde geblieben. Seine Augen glitten in Dun­Es war seine Heimat nicht mehr. Fremd- kelheit, denn der Gekreuzigie lag schon wieder heit wuchs überall falt und feindlich vor ihm auf in Nacht gehüllt. Da stieg er rasch auf die wie eine Mauer. Martha, die Schwester, wandte Mauer, tastete nach der Schlinge, steckte den sich von ihm ab, erklärte ihm roh und herzlos, Kopf hinein und sprang hinab. froh zu sein, nun den Namen ihres Mannes

Damit deutete er auf eine der Hexen und sprach zu ihr:

Du wirst zu ihm gehen."

Die Here weigerte sich, aber die Diener Si- Mens ergriffen sie und warfen sie in den Fluß.

Die Zeit verging. Nach einer Stunde sprach Si- Men wieder:

"

Dieses Weib versteht ihre Sache nicht, sonst müßte sie schon längst wieder zurüd sein."

Er winkte einem Zauberer: Folge ihr und fei geschickter als fie!"

Das Gesicht des Zauberers wurde fahl vor Angst, aber die Diener Si- Mens ergriffen auch ihn und warfen ihn in den Fluß.

Wieder verging eine halbe Stunde. Si- Men heuchelte Unruhe.