2-
ausrafiertes Geficht, in einem Anzug nach brecher und es war schiver daran zu denfen,] Erfolg seiner Schulung durch die Zizkover neuestem Schnitte, mit einer Rede, die ihm ihn auf eine ordentliche Lebensbahn zurüd Gaffe. Honigsüß von den Lippen kam. Er verneigte zuführen. Sein Gemüt war derart verwil- Johann Stankovjfý hörte natürlich nicht fich höflich, erkundigte sich, wohin denn das dert, daß es eine Gefahr war, ihn aus den auf, durch seine Taten eine Gefahr für seine Fräulein eile, und trug sich dann zur Be- Kerfermauern zu entlassen. Doch laut Gesetz Umgebung zu bilden, er alarmierte die Pogleitung an. mußie er der Freiheit zurückgegeben werden, lizei, die Gendarmerie und die Gerichte. Seine Johanna lebte durch dieses Ereignis sobald er das Ausmaß seiner Strafe abge- Persönlichkeit brachte die öffentlichen Sicher förmlich auf. Mit tausendfach größerer Lust jessen hatte. heitsorgane sur leberzeugung, daß im Gefaß sie jetzt bei ihrer Maschine, zu deren Fühlen Sie nicht innerlich das Bedürf setze eine Lüde sei, daß es notwendig wäre, Rasseln Melodien aus ihrem Munde ertön- nis nach einer geregelten Beschäftigung?", einen Menschen, der ständig eine Gefahr für ten. Die graue Farbe der Alltäglichkeit ihres fragte ihn der Strafhausdirektor, als er feine Umgebung bildet, aus der Gesellschaft Lebens befant einen rosenroten Anhauch, Stankovský aus dem Kriminale enfließ. zu entfernen. alles um sie herum heiterte sich auf. Und Einzig und allein zum Zirkus", lautete die Doch der Fall Johann Stankovský gibt das Graue ihrer Umgebung schwand dahin. Antwort.„ Ich kann auf den Händen über auch genug Raum zur Erivägung, daß schwere Mit ihrem Ritter kam Johanna dann Stiegen herauf- und heruntergehen, wie an- Schuld auch aus menschlichem Unglück und noch einigemal auf der Gasse zusammen und dere Leute mit ihren Beinen". Das war der Schmerze geboren wird. dann begann er, sie in ihrer Wohnung zu besuchen. Es waren jezt die schönsten gen blicke ihres Lebens, die sie jetzt mit dem geliebten Manne verlebte, sich ihm aus wirklicher, aufrichtiger Liebe hingebend.
Doch Johannas Glück war nicht von langer Dauer. Die Besuche ihres Ritters begannen feltener zu werden. Solange es anging, fuchte er seine Abfühlung durch ver schiedenartige Ausreden zu verschleiern. Eines Abends aber erwartete ihn Johanna bis spät in die Nacht hinein, bittere Tränen vergießend, bis ihre Augen vom Weinen gerötet waren. Von diesem Augenblick an gab fie alle Hoffnung auf. Sie fühlte, daß es vergeblich war.
Johanna hatte sich in der Rifterlichkeit ihres Geliebten getäuscht. Niemals hätte sie gedacht, daß sie der Mann in einem so schwe ren Augenblicke zu verlassen vermochte. Ihre Leichtgläubigkeit entsprach der Naivität ihres Charafters. Sie fühlte sich am Rande der Verziveiflung und wußte nicht, was sie mit ihrer Schande beginnen sollte. Dreimal unternahm fie Selbstmordversuche, doch sie brachte dazu nicht genügend Straft und Mut auf.
Sie dachte überhaupt nicht daran, ihren Geliebten zur Verantwortung ziehen zu lasfen. Was sie von ihn erivartet hatte, das mußte auf dem natürlichen Wege der Liebe gewährt werdeit, feineswegs durch den 3wang der Gesetze. Johanna wünschte nichts anderes, als vergessen zu können. Rosa
Mayreder als Erwederin.
Von Therese Schlefinger.
Vor einigen Tagen ist Rosa May reder, die Vorkämpferin der bürgerlichen Frauenbewegung in Desterreich, 70 Jahre alf geworden. Der Verlag Eugen Diederichs in Jena hat unter dem Titel„ Der Aufstieg der Frau" aus diesem Anlasse ein Buch erscheinen lassen, das er ihr als Ehrengabe darbringt und das zahlreiche Beiträge und Würdigungen dieser Frau aus den Federn hervorragender Schriftsteller und Schrift stellerinnen, sowie anderer öffentlich wirfender Persönlichkeiten enthält. Unter an derem hat auch unsere Genoffin Therese Schlesinger zu diesem Buche eine Wid mung beigesteuert, die wir nachstehend wie bergeben:
soziales Verantwortungsgefühl ist, wurde als Frivolität und Schamlosigkeit gebrandmarkt. Aber wie groß auch der erste Schrecken über den Vorstoß der tapferen Frau war, schließlich konnte sich doch niemand für die Dauer dem Eindrud ihres reinen, durchgeistigten und tiefweiblichen Wesens entziehen, und so wenig Rosa Mayreder im Grunde eine Kämpfernatur ist, so sehr sie alle Waffen verschmäht, welche nicht zu denen sanfter Ueberredung gehören, die Festung bürgerlicher Vorurteile und gesellschaftficher Heuchelei konnte sich vor ihrer Standhaftigkeit nicht lange behaupten. Sie hat nicht nur das Ziel erreicht, dem ihr Vorstoß unmit telbar galt, die Kasernierung der Wiener Prostituierten, welche die Wiener Polizei damals plante, unmöglich zu machen, sondern sie hat Vorurteile eine Bresche geschlagen, in die sehr ein für alle Male in die Festung heuchlerischer bald immer breitere Kampfesscharen nachrüdien. Rosa Mayreder hat bewirkt, daß die sexuelle Notlage aller Bevölkerungsklassen, das furcht bare Elend der Kinderprostitution und die Gefahren durch die Geschlechtskrankheiten aufhörten, unberührbare Themen zu sein.
Es ist weit mehr als vierzig Jahre her, In den wenigen Jahren, in denen wir in seit ich Rosa Mayreders Namen zuerst rühmend der bürgerlichen Frauenbewegung Seite an nennen hörte, und das geschah durch meinen Seite gearbeitet haben und in denen ich die längst verstorbenen Jugendfreund Julius May- wirksame Rednerin und streitbare Schriftstel reder, den Bruder von Roja Mayreders Gatten. lerin auch als Dichterin und Malerin kennenEr bezeichnete seine junge Schwägerin als eine lernte, wurde es mir auch klar, daß eine ihrer Gelehrte und tiefe Denkerin. Welchen Eindruck stärksten Kraftquellen in der verständnisinnigen Je lebhafter ihre Träume und je mäch- aber dieser Ruf, der Roja Mahreder voranging, Liebe ihres Gatten zu suchen ist und daß die Je lebhafter ihre Träume und je mäch auf ein bescheidenes junges Mädchen am Be- schrankenlose Bejahung ihres Tuns und Wesens tiger ihr Sehnen war, desto schmerzlicher war ginn der achtziger Jahre machte, das kann sich durch den hochfinnigen Gefährten ihr über ihre Enttäuschung. Als sie aus dem Gebärihre Enttäuschung. Als sie aus dem Gebär- die heutige Generation mit ihren weiblichen Schwierigkeiten und Enttäuschungen hinweg hause zurüdfam, stillte sie ihr Kind mit dem überwinden können. halfen, die sie ohne diese Stüße faum hätte
Haffe gegen die ganze Welt. Das war nicht neten gewiß nicht vorstellen. Durch diesen Ruf Saffe gegen die ganze Welt. Das war nicht Aerzten, Advokaten, Professoren und Abgeorodas glückliche Gefühl einer Mutter, das ihrem einer anderen Frau fühlte ich mein ganzes GeKinde aus freudiger Seele ein Stüd ihres schlecht und dadurch auch mich emporgehoben Selbst schenkt. Das Vampyrjunge faugie ihr und ermutigt. ihr Inneres bis auf den letzten Blutstropjen
aus. In diesem Kinde lag für Johanna all Um diese Zeit lernte ich den Gegenstand der Schmerz und die Enttäuschung über ihr meiner Bewunderung auch persönlich kennen, Schicksal verkörpert. Es dauerte lange, ehe war aber viel zu schüchtern, um ihre Aufmerkdieser heftige Schmerz in eine stille Refig- famleit auf mich zu ziehen. Erst um zehn Jahre nation überging. später wurden wir im Allgemeinen Desterrei Aber auch dann bekam Johann Sian- chischen Frauenverein, den Rosa Mayreder gelovsfy nicht viel von der mütterlichen Liebe meinsam mit Auguste Fidert gegründet hatte, zu spüren. Er war nicht das Kind ihrer näher mit einander bekannt und bald auch bePflege und Erziehung, er gehörte ganz der freundet, und nun bekam ich erst recht Gelegen Ziztober Straße. Noch halbflügge, froch er heit, den Mut, die vornehme Gesinnung und mit anderen Jungen in jeden Schlupfwinkel Charakterstärke der Frau zu bewundern, von herein, fein Gitter war vor ihm sicher, das deren Geistesgaben man mir mit Recht einen er nicht überkrochen hätte. Täglich raufte er so hohen Begriff gegeben hatte. mit zwanzig Gegnern. Tausendmal begab er sich in Lebensgefahr.
Als Johann zwanzig Jahre alt war, hatte er bereits zehn gerichtliche Strafen auf dem Kerbholze. Als man ihn mit 23 Jahren neuerlich ins Kriminal brachte, sprach er von einer Schießerei auf Polizisten wie man von einer Kaninchenjagd zu sprechen pflegt. Aus Johann entwickelte fich ein wirklicher Ber
Wenn ich sage, daß sie der erste Mensch in Desterreich war, der in der Oeffentlichkeit den Kampf gegen die Reglementierung der Prostitution aufnahmt, so weiß ich wieder, daß die heutige Generation sich nicht im entferntesten vorstellen fann, was das vor fünfunddreißig Jahren bedeutete und wie eine Frau, die in solcher Weise hervortrat, von der ganzen Welt fcheel angesehen wurde. Was in Wahrheit tiefes
ersten und erfolgreichsten Vorfämpferinnen der Rosa Mayreder war nicht nur eine der Frauenbewegung in Desterreich, sondern sie war auch eine von den sehr wenigen Frauen des Bürgertums, welche die Frauenfrage über das Niveau fanatischer Kämpfe zwischen den rechtlosen Frauen und den auf ihre Privilegien verfeffenen gelehrten Vorfämpfern männlicher Borniertheit in das Bereich fachlicher Studien und Erörterungen erhob.
Als die reifsten Früchte ihrer sozial- sexuellen und philosophisch ästhetischen Studien find ihre beiden Bücher„ Zur Kritik der Weiblichkeit" und„ Geschlecht und Kultur" zu betrachten.
Eine Fülle origineller Jdeen, tiefer Erfenninis und Voraussicht in den Gang fünftiger Entwidlung quillt aus diesen sprachlich ebenso schönen, als inhaltlich bedeutsamen Büchern, und es wäre innig zu wünschen, daß sie Jugend ihren Durst nach Antwort auf die Fragen des Geschlechtslebens aus dieser reinen Quei: L len möchte.
Hoffentlich wird uns Roja Mahreder noch recht viele Früchte ihres Denkens und For schens schenken!