الهللا

Feierabend

Nr. 23

Gülnehal war eine Sflavin. Eine Sklavin unter vielen andern, in dem vornehmen Harem des reichen Omar Pascha  . Vielleicht war Gülnehal hübscher als die anderen, aber ihre blonde, zart­gliedrige Hübschheit fiel gleichsam auf sie selbst zurück, wie ein leiser, scheuer Dust,

h

Linterhaltungsbeilage.

Gülnehal.

Bon Djavidan Hanoum.

Feierabe

1929.

Pascha. Wehe dir, wenn du mein Ver-| mit ihm allein. Da durfte sie ihn bedienen, trauen mißbrauchst." Gülnehal tüßte mit für ihn sorgen. Sie tat es mit zärtlichen so demütiger Dankbarkeit für diese hohe Händen. Der jüße, betäubende Duft des Auszeichnung den Saum des Gewandes, daß die Herrin über ihre Wahl beruhigt war.

Und Gülnehals feine, schlanken Hände der den Blütenkelch nicht verlaſſen will. ordneten jetzt die Kleidungsstücke des Ge­Nur ihre tiefen, blaugrünen Augen waren bieters in den tiefen, seidenbespannten losgelöst von ihrem Sein. Aus der dunk- so len Einfriedung der Wimpern schimmerten Spiegelschränken, ſo wie sie es früher für sie erwartungsvoll hervor, wie Lichter, die zufrieden. Zu jeder Tagesstunde fand er die Herrin getan hatten. Der Pascha war zufrieden. Zu jeder Tagesstunde fand er man ſehnend ausschickt, um den Geliebten alles zu ſeinem Gebrauche sorgsam bereit herbeizuloden. Aber sie wußte nichts von gelegt. Wenn er noch so spät nach Hause in diesem Blick, denn sie wußte nichts von Liebe. Ihr Leben war nur ein kleinwin- wachend auf ihrem Posten im kleinen Vor­den Harem fam, immer fand er Gülnehal ziger Teil von den sorgsam überlieferten raum bei seinem Aufleidezimmer. Mit ge­Gebräuchen und Pflichten, die in gleich- fchidten Sänden half sie ihm aus der mäßig fortlaufender Selbstverständlichkeit ordensgeschmückten, goldgestickten Uniform die stillen, eingeſchloſſenen Tage füllten. und stand dann bewegungslos mit geseniten Das Hell und Dunkel dieser Tage beſtimmte Augen an der Tür, bis sie den Befehl be­nicht die leuchtende Sonne, auch nicht der fam, sich zu entfernen. Eines Abends, als schwüle bewölfte Himmel, ſondern nur ihre Gülnehal nach beendetem Dienst auf ihre Herrin: die schöne Aischa Hanoum. An Entlassung wartete, gewahrte sie, daß der Tagen, wo die junge Sklavin das gedanken- Bascha aufgeregt nach einem Gegenstand lose Almosen eines Lächelns bekam, da war den Tischen fand ſein Auge das Vermißte suchte. Die Taschen waren leer- auch auf nicht. Unter gesenkten Lidern beobachtete Gülnehal. Da gewahrte sie ein Papier, welches zerknittert auf dem Boden lag. Sie hob es auf. Ein betäubend süßer Dust drang zu ihr. Sie reichte den gefundenen Brief. Zum erstenmal trafen sich die Blide des Gebieters und der Stlavin. Der Pascha lächelte... Verwirrt senkte Gülnehal die Augen. Er sah ihr nach, als sie sich ent­

für sie der große Palast mit Licht erfüllt. Wenn aber die Achtlosigkeit der Gebieterin im langen foſtbaren Gewande gleichgültig an ihr vorüberglitt und fein Blick, fein Wort, kein Lächeln von der stolzen Höhe in die demütige Tiefe fiel, dann legten sich trübe Schleier vor die glänzenden Bupillen und lähmten die Freudigkeit jedes Hand­griffes.

fernte.

Gülnehals Gedanken und Wünsche ge­hörten alle der schönen Herrin. Wenn sie dem jungen Pascha begegnete, so galt ihre tiefe Verbeugung nicht allein dem Gebieter, In dieser Nacht fand Gülnehal keinen sondern auch dem Gemahl der geliebten Ha- Schlaf. Der Duft verfolgte sie. Es war noum Effendi. Eines Tages herrschte große nicht das vertraute Parfüm der Herrin Aufregung im Harem. Der Pascha war und warum hatte der Pascha so seltsam ge­unzufrieden. Die Sklavinnen, die ihn be- lächelt? Sie erschauderte, als sie an diefes dienten, waren vergeßlich geworden. Ihr Lächeln dachte. Der Muezzin rief schon die altes, von ewig gleichen Handreichungen Gläubigen zum Morgengebet-- noch zermürbtes Gedächtnis war unbrauchbar immer lag Gülnehal mit brennenden Augen geworden. Aischa Hanoum ließ Gülnehal wach. Es war nichts geschehen und doch rufen. Zitternd stand sie vor der Herrin, war alles verändert. Jetzt wurde jeder Tag sich keines Vergehens bewußt. Lange be­trachtete Aischa   die junge Sflavin. Konnte sie ihr vertrauen? War sie ihr wirklich er geben? Von heute an bedienst du den

für Gülnehal zur endlosen Sehnsucht nach dem Abend. Am Tage da schritt der Pascha achtlos an ihr vorbei, da war sie nur eine von den Vielen. Aber am Abend war sie

gefundenen Briefes haftete jetzt auch an den Kleidungsstücken des Gebieters. Gülnehal haßte diefen Geruch, der sich wie besitzergrei fend auf alles legte. Jetzt kam der Pascha oft erst beim Morgengrauen nach Hauſe. und eines Tages weckte das flutende Son­nenlicht Gülnehal, die, des Wartens müde, auf einen Stuhl eingeschlafen war. Da ſtand plötzlich die Herrin vor ihr. Wo ist der Pafcha?"" Hanoum Effendi, der Bascha iſt noch nicht gekommen." Die Blicke der Frauen kreuzten sich. Dann senkte die Sklavin die Augen. Aischa Hanoum be ein großer Ball herrschte sich. Ich vergaß gestern war ein großer Ball der Pascha hatte es mir gefagt" Unbeweglich ſtand Gülnehal. was ſtehſt du untätig da? Und was iſt das für ein fürchterlicher Geruch in dieſem Zimmer?" Ein bößes Funkeln fam in die Augen der Slavin, dann sagte sie mit ruhi ger Stimme: Die Herrin Gebieterin möge ihrer Dienerin verzeihen, die diesen Duft dann glitt die lange Schleppe des Morgen­gekauft und benützt hat..." Sie wurde feiner Antwort gewürdigt. Noch ein Blick, gewandes wieder hinaus.

Gülnehal war glücklich. Sie hatte den mächtigen Gebieter verteidigt. Sie wußte nicht mehr, daß ihre Liebe einst der Herrin gehört hatte. Als der Pascha kam, fand er fie, wie immer, wartend auf ihrem gewohnt­ten Platz. Bewegungslos, mit Leifer Stimme berichtete sie das Borgefallene; ohne ihn anzusehen. Sie fühlte, wie seine Augen auf ihr ruhten. Und zum erstennial im Leben wußte sie, daß sie hübsch war, vielleicht hübscher als die anderen. Da ver­gaß sie die überlieferten Sitten, die Ge­bräuche, die starren Vorschriften, Verbote, und sie, Gülnehal, die arme kleine Sklavin, bob die tiefen, blaugrünen Augen zu ihrem Herrn und lächelte-

Jetzt fam der Bascha nie mehr spät nach Hause. Auch der bäubend süße Duft war längst verweht. Aber die anderen Sklavinnen wunderten sich über Gülnehals verändertes Wesen, über ihre selbstbewußte strahlende Blondheit. Sie flüsterten neidisch