الها
Feierabe
Feierabe
Mr. 51
Unterhaltungsbeilage.
Weihnachtsmärchen 1929.
Bon Herta Jerna.
1929.
bleiben im warmen Bett. Aber das kann in der Schule von den Lehrern beigebracht man eben nicht. Es fann auch die alte Frau bekommen: eine sehr einfache und felſtver sein, die zwischen den vielen, hellen Buden ständliche Welt, in der vor neunzehnhundert auf dem Weihnachtsmarkt sist, wo Puppen neunundzwanzig Jahren Christus geboren und glitzernde Kugeln feilgeboten werden wurde und die Kinder voller Bergnügen und das neueste Massenerzeugnis der Spiel- Schneeball werfen dürfen, wenn sie dabei zeuginduſtrie, ein fleines, gelbladiertes ältere Leute nicht belästigen. Und wenn sie luto, für zwanzig Pfennig. Der Plas ist manchmal leise das Gefühl haben, daß etwas günstiger als der auf dem Bahnüber- damit die Freuden und Leiden, die der Win gang: man fist ruhiger und kann doch damit ter so mit sich bringt, nicht voll erschöpft rechnen, daß die Leute, die hier all die uns find, so denken sie vielleicht an die großen nügen Herrlichkeiten bewundern, schließlich, amerikanischen Industriekönige, die auch zum Kaufen angereizt und in ihrem Spar- einmal mit Schnürsenkeln handelten in famkeit gebietenden Gewissen doch nicht rest- ihrer Jugend und es trotzdem zu etwas los beruhigt, sich der Notwendigkeit ent- brachten, wie man es des Genaueren in finnen, ein Paar warme Filzpantoffel oder Schullesebüchern und Zeitungen nachlesen ein Paar neue Hosenträger zu erstehen. fann, und bieten lauter ihre Waren an.
*
Aber die Träume und Wünsche der
Das tieine Mädchen mit den Schwefelhölzern, von dem wir in unsrer Jugendzeit bei dem Märchendichter Andersen zu lesen pflegten, war damals gar nicht wirklich in den Himmel gekommen zu dem großen Vichterbaum. Es war zwar sanft eingesunken in den Schlaf, von dem die Leute behaupten, daß er jo gefährlich sei, weil man nicht mehr aufwacht daraus. Aber so ettvas mag viel Yeicht im einsamen Gebirge passieren: der optimistische Dichter hatte das Kleine Mäd chen zu zeitig verlassen, in der großen Stadt gibt es Schußleute, die darauf aufpassen, daß niemand unberechtigterweise irgendwo einschläft. Das fleine Mädchen hatte also wieder wachwerden müssen, und es batte weiter gehandelt, zuerst mit Schwefelböl jern, später als die Industrie fortgeschritten war, mit Schwedenhölzern, die heute, da es noch mehr Konzerne gibt außer dem Und nun schimpft zwar die alte Frau, schwedischen, einfach Streichhölzer genannt Menschen ändern sich mit der Welt, die sich die in ihrer Jugend das kleine Mädchen mit werden. Und obwohl man jedes Weihnachts - um sie herum verändert hat, so wie aus den den Schwefelhölzern war und von bem fest ein Gedicht auf das Mädchen machte Schwefelhölzern Streichhölzer wurden und himmlischen Weihnachtsbaum träumte, auf und große Künstlerinnen zu Wohltätig- aus der tanzenden Maus das kleine gelb diese Jugend, aber auch sie hat längst, ohne keitsveranstaltungen diese Gedichte mit ladierte Automobil. Es stehen auch heute es viel zu bemerken, ihre Wünsche umgerührender Stimme und täuschend ange- noch viele Kinder auf den Straßen, helfen ſtellt, verfachlicht, auf leichter erreichbare schminkter Dürftigkeit vortrugen, war es ihren Eltern in den Buden oder handeln und bescheidenere Dinge gerichtet, wie es alt und grau geworden bei seiner Beschäf- felbständig an den Eden mit Lametta oder fich für alte Leute geziemt und das Leben alt und grau geworden bei seiner Beſchäf- Suſtenbonbons. Aber vom himmlischen mit seinen Erfahrungen so mit sich bringt. tigung. Weihnachtsbaum fönnen sie schon deshalb Sie ist Weihnachten 1929 nun, es ist Welche von den vielen auf den Straßen nicht gut träumen, weil sie den Weihnachts - gleichgültig, ob mit Zeitungen handelnd auf herumfizenden Frauen seinerzeit als kleines baum als etwas ganz offenbar anderes ken- dem zugigen Bahnübergang oder in der Mädchen die Geschichte mit den Schwefel nen lernten denn als Geborgenheit und ſtilleren Ede des Weihnachtsmarktes und hölzern erlebte, läßt sich heute nicht mehr Wärme im Paradies zum Trost für irdischen fühlt sich beinahe wohl hier, wenn sie an fagen. Der Dichter hat es sicher auch da Jammer: er steht drüben riesengroß an der das Nachher denkt, in der falten Stüche mit mals schon nicht genau gewußt, im Gegen- Front des Warenhauses als stärkstes Zug dem ungemachten Bett, weil die Stube an teil, das Märchen ging uns gerade deshalb mittel der Konkurrenz für die vielen dum den Schlafburschen vermietet ist. Und die so zu Herzen, weil es jedem der vielen Stin- men Kinder, die noch an den Weihnachts - alte Frau träumt von einer dieser Einrichder passieren konnte, die an den Eden stau- mann glauben. Und um als Thema für tungen, die es heutzutage für sehr hilfs den und handelten, weil wir jedem von einen Dichter in einer Ede quaſi öffentlich bedürftige Menschen wirklich gibt: von einem ihnen, wenn wir ihm schon nicht helfen zu sterben, dazu sind sie zu zäh oder zu an- Krankenhaus mit vielen weißen Vetten und Tonnten, einen so schönen Weihnachtsabeud- spruchslos; sie besorgen das allenfalls un einer Weihnachtsbescherung, bestehend aus ersat wünschten. Und so kann das Mädchen auffällig zu Hause nach einer kleinen Lun- Aepfel, Nüssen und Pfeffertuchen und heute die alte Frau sein, die auf dem hohen genentzündung, von der sie auch die eigenen Strümpfen, einem Schal und Bahnübergang fit, unter dem gegenwärtig Huſtenbonbons nicht retten konnten. Denn Schlupfhosen. Und schließlich wähnt sie sich die endlosen Güterzüge tröstliche Züge grosie wissen zu genau, was sie an der Tüte schon im Strankenhaus, in der Mitte steht Ber grüner Tannenbäume, Steinkohlen und verdienen müssen und wagen es nicht, sie der große Baum, genau so wie eine andere Kartoffeln heranfahren: es zieht fürchterlich selbst zu leeren. Kein kleines Mädchen würde alte Frau es von vorigen Jahr berichtet da oben, aber dafür müssen auch besonders heute mehr seine Streichhölzer anzünden, hat, und die Schwestern stehen drum herum viele Leute dort vorbei, man kann mehr anstatt sie zu verkaufen. und singen schon die dritte Strophe ,,, GotZeitungen verkaufen als sonstvo. Und wenn tes Sohn, o wie lacht", und gleich wird die man in einer stillen, geschüßten Ede figen Bescherung beginnen. Und wozu nur das wollte, könnte man auch gleich zu Hause junge Mädchen drüben noch die Strümpfe
Wahrscheinlich malt sich in diesen Stinderköpfen die Welt ganz brav so, wie sie sie
--