Feierabe

Nr. 6.

Unterhaltungsbeilage.

Feierabe

1930.

Die, ſchwarze Kaßeund die, rote Tigerin.

( Aus den Geheimn ffen der Weltkriegsſpionage.)

Wohl jelten hat eine Spionin, ge- Izösischen Angriffs unterrichtet zu sein, wurde| aufschließenden Dolumente über die Grenze jaweige denn irgend ein Spion, so sehr die bie große Spionin mit dieser wichtigen Er- und in Sicherheit gebracht. Den Verdacht, Aufmerksamkeit gegnerischer Geheimagenten, ja selbst der gegnerischen Oeffentlichkeit er regt und auf sich vereinigt, wie die schöne blor de Hamburgerin Erna Zornig, die, eine arbere Mata Hari !... aber glüdlicher als

se im deutschen Spionagedienst tätig war; die jetzt aber ein schweres Schicksal ge­troffen hat. Ungewöhnlich, wie die ganze Wirksamkeit dieser merkwürdigen Frau, find auch ihre Lebensschicksale vor und nach ihrer Glonzepoche gewesen und bis heute geblie­ben. So schön und verführerisch wie ihr Aeußeres war auch die elegante Weltbildung, die sie sich erworben, die sie mit großer Leichtigkeit zur Beherrscherin mehrerer Fremdsprachen machte, und instandsetzte, alle Künste des Körpers und des Geistes einer schönen Frau auf die virituoseste Weise für die höchst absichtsvollen Zwede spielen zu laffen.

fundigungsaufgabe betraut. Sie, deren glatte spielerische, schmiegsame Eleganz die Männer bezaubern konnte, offenbarte diesmal bei ihrem Wagnis so tühles Blut, ja in ihrem Vorgehen jo talte Berechnung, daß sie hem­0000000000000000000000000000G Moral.

Einst ging ein Weiser über die Welt,

der hatte fein Haus, keinen Orden, kein Geld, Er predigte Erbarmen

und ging zu den Kranken und Armen. Laut tönten feine Klagen. Er wurde aus Kreuz geschlagen.

Unter Bliv und Donnerwetter schufen die Reichen sich andere Götter; tüdija, brutal, verrucht,

von allen guten Geistern verflucht, und hängten mit frommem Gesumm einen christlichen Mantel sich um. Das ist schon lange her. mein Sohn. Sie jezten das goldene Stalb auf den Thron. Was Menschlichkeit!

Was Brüderlichkeit!

In England, wo sie als die Frau eines Captain Heinrichsen" bekannt wurde, hat fie auf abenteuerliche Weise wichtige Nach richten der englischen Admiralität an sich zu bringen gewußt, um sie Deutschland für die Zwede der Kriegführung nutzbar zu Wie lächerlich: Wer zwei Röde hat, machen. Sie verstand es dabei, sich immer der sorge für den, der keinen hat... im Hintergrund zu halten und sich mit einem Streis von eleganten Abenteurern aus den Sei flug: und erb' und spekulier' eder du bleibst ein Arbeitstier- verschiedensten Ländern in Verbindung zu Ich bin ein Aktionär seven, die zu Mittlern und Dienern bei und fauf dich mir. ihrem gefährlichen Wert wurden. In ihr war die Spürfunft der Frau in hohem Wehr dich, ob du was bezwed it! Mein bist du, bis du verreckst. Grade ausgebildet, war auch das unter Frauen jo häufig schauspielerische Talent die So möchten sie's ewig betreiben. Geschicklichkeit, sich die unschuldigite, barm- Ber Senecht ist, soll Senecht bleiben. loseste Maste zu geben, in ganz außerordent lichem Maße vorhanden, so daß sie mit genialer Sprunghaftigkeit jeder Situation gewachsen war und sich blitzschnell in jede neue unerwartete Situation zu finden wußte. Weil ihr die Spionage Beruf war und nicht Gewerbe, weil sie aus Liebe zur 00000000000000000000000000000 Sache und nicht um äußere Vorteile willen das Abenteuer suchte, darum vermochte sie immer über den Dingen und über den Men schen, mit denen sie umging, zu stehen. So wurde sie zur Königin der Spionage.

Pfaffen und Polizisten erziehen geduldige Christen und lehren dem Pöbel Bescheidenheit vor Gott und der boben Obrigkeit.

der sich in Paris auf Kudoyanis gerichtet hatte, wußte sie im Einverständnis mit die­sem auf geschickte Weise so zu verschärfen, sa die Verdachtsmomente so zu verdichten, daß die Spur der französischen Geheimagenter von ihr und ihrem Begleiter ab und allein auf den Griechen hin gelenkt wurde. Diese Ari des Betragens trug ihr den Beinamen der schwarzen Stage" ein.

Ihre Zentrale hatte sie in Holland . In Amsterdam und Rotterdam , wo sie mit dent von ihr selbstgesteuerten eleganten Wagen unter Eingeweihteren allmählich eine ganz große Figur geworden war, pflegte sie eine zeitlang die Verbindungen anzuknüpfen, die fie jedoch bei ihrem hohen Selbstbewußtsein teinen Augenblick in irgendeine wirkliche Abhängigkeit von den mit ihr liierten Män nern geraten ließen. Mochten es nun Offic ziere sein oder Abenteurer aus höheren Ges sellschaftsschichten! Wer mit ihr umging mußte sich ihrem Einfluß beugen. Immer hatte sie auch für alle Fälle zwei handfeste Burschen als Chauffeur und Diener bei sich, die ihr unbedingt ergeben waren. Mit andes ren Frauen ließ sie sich dagegen niemals ein.

Diese große Kundschafterin schredte vor den bedenklichsten Mitteln nicht zurück, wenn es sich darum handelte, ein gestelltes Ziel zu erreichen. Dann flammerte sie sich an der einzigen Weg, der zum Erfolg führen konnte, mit einer Umsicht und einer stahlharten Energie, die man sonst nur der Kaltblütig feit und den festeren Nerven eines Mannes zugetraut hätte. Sie wurde unnachgiebig, falt und rücksichtslos, wo sie von einem ihrer Gehilfen Gefahr witterte für ihr Werf. Da wurde sie zur roten Tigerin", deren Ges fährlichkeit der Holländer von Haarbed zu spüren befam. Sturz vor seiner Verhaftung fanden ihn Beamte der Gecensione trafe in Paris mit einer tödlichen Wunde in feinem Quartier auf dem Montmartre. mungslos cinen Mann preisgab, nur um Einen anderen Holländer namens Hoegs mit einem anderen ihr Ziel zu erreichen. nagel, der ihr schon im Jahre 1916 vorzüg Während der Grieche Konstantin Mudoyanis liche Dienste geleistet hatte, mußte sie preis­vor dem französischen Kriegsgericht stand, geben, als ihr die Häscher wieder einmal und im Mai 1916 zum Tode verurteilt und nachichten: er wurde 1917 im Walde vou Als im Jahre 1916 so vieles davon ab- unmittelbar darauf erschossen wurde, hatte Vincennes durch ein Beloton Vincenner hing, über das Ziel des zu erwartenden und Mademoiselle de docteur Henry" gemein- Säger erschossen, während sie mit ihren Sann auf Cambrai gerichteten englisch fran- sam mit einem Holländer bereits die wichtigen Nachrichten glücklich entkam.

Karl A. Mever.