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Str. 41.

Einterhaltungsbeilage.

,, Noch vor der Baumblüte."

Cine Gzene aus den Vortagen bes Hitlerputiches.

1930.

Ein höchst aktueller und bedeutender schäftsleute schlossen ihre Briefumschläge damit.| Kutzner, überzeugt, der Führer werde ihn rächen Roman aus der Feder Lion Feucht- Patriotische Galanteriewarenhändler, dadurch und bewirken, daß er doch noch hochkommt. Es war gut eine halbe Stunde vor Be­wangers ist soeben im Verlag Guangeregt, brachten das Hakenkreuz als Kra­stav Kiepenheuer( Berlin  ) erschienen. wattennadel in Umlauf. Patriotische Ethnologinn, aber schon war der Saal dick voll. In den Der neue Roman heißt Erfolg" und gen hängten Theorien daran, ethische, ästhetische tiefhängenden Wolken des Tabakrauchs schwam­spielt in Bayern   während der gegenrevolu- Deutungen. Mit dem Wachstum der wahrhaft men tomatenähnliche Rundschädel mit Schnauz tionären Periode in den Jahren 1920 bis Deutschen   wurde das Zeichen, das bisher vor- bärten, graue Tonkrüge. Verkäufer riefen aus: 1923, die unter der Regierung Kahr zu dem nehmlich in japanischen und chinesischen Spiel- Die verbotene Nummer des Vaterländischen bekannten Hitlerputsch führten. Das Wesen flubs und an den Tempeln vielgliedriger indi­der nationalsozialistischen Bewegung, die scher Gottheiten zu sehen war, neben den hau­jett neuerdings Deutschland   dem Verderben benförmigen Kuppen des unvollendeten Doms entgegenzuführen droht, erfährt in dem und dem als Mönch mastierten Kind das popu­Buche eine treffliche Durchleuchtung und lärste Wahrzeichen Münchens  . die denkwürdige Geschichte jener Zeit wird Dieses Zeichen trugen die großen, blutroten hier das erstemal in einem Roman darge- Fahnen der wahrhaft Deutschen  . Dieses Beichen stellt. Mit Erlaubnis des Verlages drucken malten die Bewohner der bayerischen Hochebene wir nachstehend ein Kapitel ab, das scharf an die Wände, vor allem der Bedürfnisanstal­sichtig und köstlich die Art der Hitlerpropa- ten. Trugen es als Busennadel, als Ring, ganda und sein Publikum schildert. Die manche ließen es sich eintätowireen. Unter die­Hauptfigur wird der Leser trotz des Decem Zeichen zogen die Münchener   zu den Ver­

namens leicht erkennen:

sammlungen Rupert Kuzners. Denn allmon­täglich, zuerst im Kapuzinerbräu, dann in den riesigen Bierfälen von drei oder vier anderen Brauereien, sprach der Führer zum Bolk.

Immer bestimmter verlautete, die Patrioten würden bald losschlagen. Von einem Montag zum anderen wartete man. Kuhner werde jetzt den genauen Tag anfagen. Immer dichtere Massen strömten zu seinen Versammlungen, Be­amte und Angestellte erzwangen sich früheren Büroschluß, um sich einen Platz zu erstehen. Keiner wollte die Verkündigung des Freiheits­tages versäumen.

Ein fleines Jahrhundert vorher hatte der deutsche Archäolog Schliemann   auf dem Gebiete der alten Stadt Troja   Ausgrabungen gemacht, die viel Verschollenes zutage förderten. Unter anderm Hunderte von Spinnwirteln. Auf die­sen siel dem deutschen   Forscher immer das gleiche Zeichen auf? ein mit Haken versehenes Kreuz. Es war ein Zeichen, das über die ganze Erde verbreitet war; den gelben Völkern diente es als Glüdssymbol, den Indern als Sexual­emblem. Allein das wußte Heinrich Schliemann  nicht. Er befragte einen französischen   Archäolo­gen, einen gewissen Emile Burnouf  , um die Be­In einem der blauen Straßenbahnwagen, deutung des wunderlichen Kreuzes. Herr Bur- die zum Kapuzinerbräuteller fuhren, stand, ge­nouf, ein Spaßvogel von Phantasie, redete dem preßt zwischen andern, die zum Kuhner wollten, leichtgläubigen Deutschen   ein, die alten Arier, der Altmöbelhändler Cajetan Lechner. Er war um ihr heiliges Feuer zu entfachen, hätten Ge- in Holland   gewesen, er hatte das Schranker! stelle in solcher Hakenkreuzform als weibliche wiedergesehen. Der Holländer hatte ihn zum Bestandteile ihrer Bohrer verwandt. Der ver- Essen eingeladen. Es war gut und reichlich ge­trauensselige Herr Schliemann   glaubte dem wesen; allein der Lechner, befangen durch die Spaßhaften Herrn Burnouf. Kommentierte das Dienerschaft und das ungewohnte Bested, hatte Hakenkreuz als typisch arisches Phänomen. Die nicht recht zugegriffen. Hinterher hatte er ge­deutschen Patrioten machten diese Erklärung zu schimpft auf den Holländer, den Geizhammel, einem Edstein ihrer Raffentheorie, erforen das den notigen, der einen hungern läßt. Aber indische Fruchtbarkeitsemblem zu ihrem Heils- Aufnahmen jedenfalls von dem Schrankerl hatte zeichen. Ein Leipziger   Geschäftsmann stellte er gemacht, gute Aufnahmen, er stand oft da­Klebemarken her, auf denen das Sakenkreuz vor, das Herz voll Zärtlichkeit, empört über die prankte, umkränzt von dem Spruch: Arierblut Regierung, die ihn erst gezwungen hatte, fich -Höchstes Gut. von dem Schrankerl zu trennen, und dann dul­Er hatte Erfolg. Die Schuljungen klebten dete, daß ihm ein galizischer Jud das gelbe die Marken in ihre Sammelalbums, fleine Ge- Haus vor der Nase wegfaufte. Er ging zum

Anzeigers"; denn die Behörden verboten zu­weilen, aber sie achteten nicht auf die Durch führung ihres Verbots. Man wartete geruh­sam, schimpfte derweilen über die Ungerechtig feit der Regierung. Frau Therese Hautseneder zum Beispiel hatte die Unbill der neuen Ord­nung am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ein Reisender hatte ihr einen Staubsauger Apollo verkauft, auf Abzahlung. Dann war ein anderer Reisender gekommen, der bot ihr einen Staub­sauger Triumph an, auch auf Abzahlung. etwas billiger. Das mit dem anderen Vertreter, er­flärte er, werde er ordnen. Er ordnete aber nicht, und nun sollte sie beide zahlen. Herr Hautfeneder, tagsüber in der Sendlinger Lino­leumfabrik beschäftigt, erklärte, er denke nicht daran, den Lohn von vier Monaten für ihre damischen Fagen zu opfern; sie sei überhaupt narrisch, und er lasse sich scheiden. Frau Haut­feneder ihrerseits beschloß, in die Isar zu gehen. Es tam zu einem umständlichen Prozeß. Die Rechtsanwälte sprachen von Vorspiegelung fal­scher Tatsachen und ähnlichem. Das Ganze endete mit einem flauen Vergleich, der nieman­den befriedigte, und damit, daß Herr und Frau Hautseneder, sowie die Vertreter von Apollo und Triumph, mißvergnügt über die bestehende Gesellschaftsordnung, zu den wahrhaft Deutschen  übergingen.

Viele, während sie auf den Einmarsch des Führers warteten, erzählten von ähnlicher Un­bill. Alle schimpften sie, daß der Wert der Mark von Tag zu Tag so närrisch sank, alle machten sie die Juden und die Regierung da­für verantwortlich, alle erhofften sie sich Be­freiung durch den Kuhner. Der Regierungs­inspektor a. D. Ersinger war ein Herr, der sehr auf Sauberkeit hielt. Leib und Seele, Wohnung und Kleidung sauber zu halten, war nicht leicht in diesen miserablen Zeiten. Er war ein fried­fertiger Mann, geneigt, der Obrigkeit zu gehor­chen, auch wenn die Herkunft ihrer Macht zweifelhaft war. Als ihm aber seine Frau, statt der gewohnten hygienischen Rolle, Zeitungs­papier ins Klosett hing, da riß ihm die Geduld,