Zer einträglichste Raubmord der Weltgeschichte. Bor vierhundert Jahren— am 28. Ja-| nuar des Jahres 1581— verliehen drei plumpe Holzschiffe den Hafen von Panama . Das größte unter ihnen war mit ein paar weitmäuligen Bronzekanonen ausgestattet. Ein Mann lehnte am Heck dieses Schiffes. Man kann nicht sagen, daß dieser Mann gerade vertrauenerweckend auszah; eine Narbe, die sich vom Mund gegen die Schläfe zog, ließ das Gesicht noch roher und gemeiner erscheinen, als es schon von Natur war, und selbst ein noch üppiger Bvllbart hätte sich vergebens gemüht, den gierig-kalten Zug um den Mund zu verbergen. Der Mann am Heck war erstens der Anführer der Expedition. Zweitens war er ein berüchtigter Aben-- teurer und Verbrecher. Drittens war er der Bevollmächtigte des christlichsten aller Könige, des Habsbur ger Kaisers Karl V. , in dessen Reich die Sonne nicht unterging. Der Name des Mannes am Heck war Franz Pizarro. * Ueber Europa war damals der Goldrausch hereingebrochen. Knapp ein Menschenalter vorher batte Kolumbus jene neue Welt entdeckt, in der eö eben das in Hülle und Fülle gab, was seit je in Europa mit Menschenleben ausgewogen wurde— Gold. Ein Strom von Abenteurern, die in der alten Heimat kaum die Ehre zu verlieren l)atten, stürzte sich, den Raubvögeln gleich, aus den neuen, goldträchtigen Erdteil, mordete, sengte, plünderte, wohin er kam. Was er suchte, war Gold, Gold, um jeden Preis. Manchmal fanden sie auf diesere Suche auch bisher unbekannte Länder, in denen noch keiner vor ihnen geplündert hatte. Deshalb nannte man sie später: Entdecker. / Weltgeschichte... * Der Mann am Heck des Kanonenschiffes machte seine„Entdeckungsfahrt" wohl auf eigen« Gefahr, aber nfDt auf eigene Rechnung. Er hatte vorher eme kurze, aber bedeutungsvolle Besprechung mit dem mächtigen Habsburger Kaiser Karl V.— Kaiser des Deutschen Reiches, Herrscher von Burgund , christlicher König von Spa- Don Hans Slfcher. nien usw.— gehabt. In geschäftlichen Angelegenheiten waren Kaiser nre sehr zimper- lich, und wenn es sich um Geld handelte, waren sie sogar bereit, berüchtigte Verbrecher persönlich zu empfangen. Der Vertrag, den Pizarro mit seinem kaiserlichen Herrn abgeschlossen hatte, besagte, daß Pizarro das Recht haben sollte, in allen ncuentdeckten Gebieten beauftragter kaiserlicher Statthalter zu werden; dafür mußte er dem Kaiser ein Fünftel aller„Einkünfte" als Abgabe überlassen. Reich und mächtig war das getvaltige Reich deS Inka . Noch nie hatte eines Europäers Fuß dieses Wunderland betreten. Abgeschlossen von der übrigen Welt lebte dort ein unermeßlich reiches Volk. Die Straßen, die Paläste, die Häuser waren von einer Pracht, die Europa sich nicht einmal träunien ließ, herrlich gedieh die Frucht auf den Feldern, heilkräftige, warme Quellen boten Kraft und Genesung— es war ein glückliches Volk. Am 16. November 1532 brachten Boten dem Jnkaherrscher Atahnalpa, der in der Bäderstadt Caxamalca lagerte, eine Schrek- kensbotschaft: Fremde Leute, von einer Art, die noch kein Inka je gesehen hatte, mit weißer Haut und grauen Eisenkleidern, standen vor der Stadt. Grauen Harle ihren Weg dorthin gezeichnet. Städte und Dörfer hatten sie niedergebrannt und ausgeplündert. Unzählige hatten sie mit ihren blitzeirden Rohren gemordet. Mit prächtigem Gefolge, aber ohne alle Waffen machte sich der Jnkaherrscher auf, um die Eindringlinge zu besuchen und nach ihrem Begehr zu fragen. Vor seinem Zelt, inmitten eines waffenstarrenden Gefolges, stand Pizarro. Ihm zur Seite Kaplan Balberde und ein Eingeborener aus Panama , der zur Not die Jnkasprache verstand und den man deshalb als Dolmetsch mitgenommen hatte. Goldlüstern hing Pizarros zusammenaekniffenes Auge an dem reichen Schmuck des Inkafürsten Atahnalpa. Der Dolmetsch übersetzte Pizarros Worte: Atahualpa hat sofort der Herrschaft seines Reiches zu entsagen und dem großen Habsburger Kaiser zu huldigen. Der Inkafürst schüttelte lächelnd das Haupt. Noch nie hat er von diesem mächtigen Kaiser gehört, niemals— solange er selbst lebt— wird ein Fremder die Inka beherrschen dürfen. Jetzt ergreift Pater: Valverde da- Wort. Halt dem staunenden Inkafürsten eine lange Rede über das allein selige machende Christentum, über den Papst in Rom, dem sich die ganze Welt bedingungslos zu unterwerfen habe. So gut es eben geht, übersetzt der Dolmetsch die Rede. Und dann übersetzt er die ruhige, kurze Antwort des Inka :„Woher weiß der weiße Mann das alles?" Der Kaplan zeigt auf die Bibel. Staunend ergreift Atahualpa das Buch und legt es ans Ohr; vielleicht spricht dieses sonderbare Ding, das er noch nie gesehen hat. Angestrengt lauscht er eine Zeit, aber nichts läßt sich hören. Zornig wirst er das Buch weg. Ungefähr«is war eS, was der Priester gewollt hatte.„Rache für die beleidigte Bibel", brüllte er, hetzte persönlich die Spanier zum Angriff gegen die waffenlosen Inka ... Eine Stunde später schwammen sechshundert Jnkaleichen in ihrem Blut. Atahualpa war gefangen und in Fesseln gelegt. * Der gefangene Jnkafürst bat um eine Unterredung mit Pizarro. Die Stimme des Spaniers versagte, seine Augen traten auS den Höhlen vor Gier, als er hörte, was der Inka ihm vorzubringen hatte. Atahualpa bot als Löscgelö für seine Freiheit an, das Zimmer, in dem die Unterredung stattfand, mit purem Gold anzufüllen. Sieben Meter war der Raum lang, sechs Meter breit, und drei Meter hoch. Pizarro schwankte. Als aber der Inka versprach, ein zweites Zim-' mer mit Silber anzufüllen, war der Spanier entschlossen. Ein förmlicher Vertrag wurde aufgesetzt, nach den» der Jnkafürst in dein Augenblick, da das versprochene Lösegeld geliefert sei, seine Freiheit erhalten sollte. Atahualpa sandte Eilboten nach der Stadt Cuzco , um das versprochene Edelmetall zu holen. Nach zwei Wochen kamen die ersten Wagen, vollbeladen mit Gold und Silber, nach einem Monat waren die beiden Räum«— wie versprochen— vom Boden bis zur Decke mit roten Goldbarren, leuch-
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11 (19.9.1931) 38
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