Die Schmuggler. Syv Söstre ist ein ungeheuer hoher Gebirgszug im nördlichen Norwegen , dessen fie- den Gipfel miteinander verbunden sind. Nach einer alten norwegischen Sage sind es sieben Königstöchter, die hier zu Schnee und Eis erstarrt sind. Am Fuße der„Sieben Schwestern" stehen zwei Fischerhütten. Ganz einsam. Erst sieben Stunden südlicher stehen wieder ein paar Lütten. Das eine Blockhaus gehört dem Fischer Baardsen. Sein Sohn Holm ist mit der Tochter d«S Fischers Christensen, des Besitzer- der zweiten Hütt«, versprochen. Karen und Holm wollen im Mai heiraten. Nur noch wenige Wochen sind es bis zu ihrem große Tage. Holm ist ein guter Fischer. Sein« Fische setzt er mit Leichtigkeit in der großen Konservenfabrik in Tromsö ab. Bon dort holt er auch Speck und Fleisch und Kattun— kurz: was eben«in Fischer braucht. Karen kann stolz sein: st« bekommt den prächtigsten Jüngling von ganz Nordnorwegen zum Manne. Nur plagt sie seit kurzem eine große Sorge. Seitdem die Eismeerküste wieder offen ist, die Holzfrachtdampfer von Archangelsk den Fjord passieren und die fremdrn Fischdampfer wieder nach dem Lofoten fahren, liegt Karen so manch« Nacht wach und grämt sich um Holm. Ihr Verlobter— schmuggelt. Kapitän Fre- derickson vom Regierungsboot ist ihm schon mehr als einmal dicht auf den Fersen gewesen. Aber Holm lacht ihn nur aus. Das letztemal war er so flink in eine verborgene Bucht entschlüpft, daß Frederickson im Eifer des Gefechtfein.Boot auf eine Klippe setzte. Die Barkasse wurde leck und mußt« nach Tromsö abgeschleppt werden. Frederickson hatte Rache geschworen: Holm lachte nur. Drei Wochen waren es nun noch bis zur Hochzeit. Da sprach eines Abends Karen mit Holm:„Versprich mir— laß dieses Handwerk! — Die Sorge um dich frißt mich noch auf. Versprich mir, daß du eS nie mehr tun wirst, sonst— könntest du mich verlieren." Holm liebte Karen leidenschaftlich. Er gelobte ihr:„Nie mehr..." Und noch acht Tage zogen ins Land. Holm stand am Bootssteg. Es Packte ihn mächtig. In einer halben Stunde mußte die„Anna Maria", der deutsch « Holzdampfer, aufkommrn — und nun war er durch das Versprechen an Karen gebunden. Er sah schon die Positionslichter der„Anna Maria".— Es zog ihn nach dem Boot. Er war stärker als sein« Ueber- legung— er konnte nicht anders.„Nur noch dieses eine Mal", sprach er zu sich selbst. Dann stieß er das Boot ab. Es war eine Nacht ohne Mond. Die „Anna Maria" verlangsamte ihre Fahrt. Ein gedämpfter Ruf„Ahoil" Holm gab Antwort. Der Sprit-Dampfer stoppte. Holm ging mit feinem Boote breitseitS.„Zwölf", sagte einer von der Reeling deS Dampfers herunter. Holm verstaute die Kanister. Der Maschinentelegraph klingelte. Die„Anna Maria" fuhr davon. Holm warf den Mo-tor an— er hatte keine Lichter gesetzt. Noch achtzig Meter— jetzt nur noch fünfzig— da scholl«in Ruf— rin Scheinwerfer blendete—„Stop!!" Holm wollt« im Bogen wenden. Da peitschte ein Schuß. Langsam sank der Körper Holms in sich zusammen. Das Regierungsboot nahm Holms Barkasse ins Schlepp nach dem Bootssteg. Am Ufer stand Karen, hoch aufgerichtet. Ihre Augen blickten aus den Fjord. Als di« Leute den leblosen Körper Holms an ihr vorbeitrugen, wandte sie sich nicht. DaS Regierungsboot dampfte ab. Karen stand noch immer am Ufer. Sie sah niemanden. Ihr« Augen blickten nur auf den Fjord... * In Tromsö sagen dir Leut«, Frederickson sei nach dem tragischen Vorfall mit Holm nicht mehr ganz richtig im Kopfe. Er erzählt allen Menschen, er habe Karen am Ufer stehen sehen, aber es sei gar nicht Karen gewesen. Sie hätte au-gesehen, als ob eine der„sieben Schwestern" herabgestiegen wäre. Aber das ist natürlich Unsinn. Die sieben Gipfel der Syv Söstre stehen noch unbeweglich und starr. Otto G u t z r i 1. Go Ist das austrattfeye Kein». Di« erste Ucberraschung. Ich band eine Schürze um den Dienerdreß und trocknete Teller, Bestecke und Gläser, die dir Hausfrau mir reichte. Richt zu helfen, wäre unhöflich gewesen. Da sie, in großer Toilette und nur die Aermel des Dpitzenklei- des ein wenig aufgekremprlt, vor dem Wasserstein stand und, das Geschirr reinigte: wie hätte ich mich da drücken können? Es war selbswerständlich, zu helfen. „Komische Zumutung für einen Gast", wirst du sagen, und deine logische Folgerung als Europäer wird sein:„Wahrscheinlich finanziell etwas heruntergekommen, diese Leute." Weder das eine^stimmt, noch das ander«. Da in neunzig von hundert australischen Haushaltungen keine Dienstboten beschäftigt werden, ist es nur selbswerständlich, daß der Vater, Töchter oder Söhne selbst zugreifen. Und, wenn kein Mann da ist, bleibt es Pflicht des Gastes der Hausfrau zu helfen. Da es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt, würde es keinem Menschen«infallen, darüber zu sprechen. Nur mir Europäer, der hier seine ersten Erfahrungen gewann, kam das Ganze sehr komisch vor. Da war ein entzückendes Heim, Einfamilienhaus, mit Möbeln aus dem Frankreich deS 18. Jahrhunderts(eine Seltenheit und kostspieliges Vergnügen in Australien ), rin hübsch gepflegter Garten mit dem Blick auf die See, ein Auto und die dazugehörige Garage. Da waren sechs Räume, weit über den Durchschnittsgeschmack eingerichtet,«ine lustige Hal und eine weite Veranda der Wafferfront zu: rnd die Dame des Hauses und ihre Tochter, .le wirtschafteten hier ohne— Dienstboten. Sie hielten das Haus in Ordnung, kochten das Essen, servierten es selbst und verrichteten die gröbste Küchenarbeit, sie Pflegten den Garten, halb Blumen, halb Gemüse, und obendrein hatten sie jede Woche noch zwei bis dreimal Gäste zu Tisch. Dann war ich in anderen australischen Heimen, bei Familien, die Kinder hätten und die Hausfrau dennoch ohne einen Dienstboten auskam. Gewiß, dir Schulpflichtigen sind die Woche über in der Boarding School und die Kleineren im„Kindergarten"(der Ausdruck ist unverändert aus dem Deutschen übernommen) den Tag über. Aber abends müssen sie wieder. abgeholt werden, und ein Mehr an Arbeit ver-1 Ursachen sie dennoch. Auch in diesen Familien die gleiche Erscheinung: keine Hausangestellte. Dabei hat jede ihr Einfamilienhaus, auch der Arbeiter, und jedes Zweite ist nicht gemietet, sondern Eigentum.(Die wenigen hundert Familien, di« in sogen.„Fiats" leben— Zweibis Sechszimmer-Appartements, meist eingeschachtet in Wolkenkratzern— bleiben belanglos, da sie nicht typisch sind für australisches Leben.) Die zweite Ueberraschung: Löhn«. „Es sind nicht die Löhne, die di« Dienstbotenfrage bestimmen", sagte man mir immer wieder.„Wenn wir die richtigen Hausangestellten hier bekommen könnten, aber." Aber: erstens ist ein Mangel an weiblichem Hauspersonal, zweitens sind sie unzureichend geschult, Das Mädchen, das von Europa nach Australien kommt, wird in der Regel nur eine kurze Zeit Hausangestellte bleiben, bald weiß sie, daß als Verkäuferin, Fabrikarbeiterin oder— wenn die Fähigkeiten ausreichen— als Büroangestellt« das Leben „erträglicher" ist. Nicht, daß als Hausgehilfin das Leben gerade viel schwerer wäre(auch sie' genießt den Schutz der 44- oder 48-Stunden- Arbeitswoche): aber es liegt in der menschlichen Natur, daß jeder so viel vom Leben an Genuß ergattern will, als möglich. Und da das Vergnügen für die Mehrzahl der Menschen nach GefchäftSschluß erst beginnt, so ist es besser, keine Hausangestellte zu sein und jeden Abend frei zu sein. Das ist verlockender als rin freier Tag jede Woche und vierzehntäglich einen halben Sonntag. Ueber dies« gesetzliche Regelung hinaus, gibt es noch stillschweigende Vereinbarungen, daß man vom Hauspersonal ja nicht zu viel verlangt. So ist eS ihnen gegenüber nicht„fair", wenn man in einer Woche allzuviele Gäste hat, und ich konnte verschieden« Male beobachten, daß die Freunde statt ins eigen« Heim ins Hotel zum Diner geladen wurden. „Die müssen schon entschuldigen," sagte man,„aber ich kann eS meinem Personal nicht zumuten, wir hatten schon dreimal Gäste dies« Woche." Nach einigen Monaten findet man auch das selbswerständlich. Rur muß man erst begriffen haben, daß Australien der sozialste Erdteil der Welt ist: ohne die krasse Kluft zwilchen Besitzenden und Besitzlosen; ein Land, wo man arbeitet um zu leben und nicht lebt um zu arbeiten. Welche Löhne werden nun den Hausangestellten bezahlt? Sie schwanken in den einzelnen Staaten um rin geringes. Ihre Fest- srtznng erfolgt, ebenso wie Arbeitszeit und Freitage, durch Vereinbarung zwischen Gewerkschaft ten und Regierung. Die hier angegebene» Ziffern sind nur Grundlöhn»(in vielen Fälle« werden 10 bis 15 Schillinge darüber hinaus mehr gegeben). Es bekommen wöchentlich (umgerechnet in Mark): ein HauSmädchen 52.75, ein« Köchin 05.—, eine besonders gelernt« Köchin dagegen ist„a Pearl beyond price"; ein« parlour-maid erhält 60.—, wofür sie di« Wohnräume in Ordnung hält(die Schlafzimmer sind das Ressort des Hausmädchens) ,den Gästen di« Türe öffnet und das Essen serviert. Einer solchen Angestelltenschar begegnet man natürlich nur in sehr wohlhabenden Häusern. Kommt dazu noch der Chauffeur mit rund 100.— wöchentlich, so beträgt das Wochenbudget ohne große Anstrengung etwa allein füg das Hauspersonal 400 RM. Wie gesagt: nur zehn Prozent aller Familien haben Dienstboten, und nur etwa ei» Prozent davon haben drei und mehr Angl» stellt«. Die Regel Zagegen ist, daß wöchentlich einmal ein Gärtner kommt(Mark 16.80 bis 18.— für acht Sunden), die Reinmache- nntzi die Waschfrau. Sie erscheinen vor dem Früh« stück, erhalten alle Mahlzeiten einschließlich Morgen- und Nachmittagstee und beziehen fit.
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11 (19.9.1931) 38
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