Feieraberd

Nr. 40.

Hinterhaltungsbeilage.

Feierab

1931.

Weltgeschichte um einen Edelstein

nennen.

Bon Hebba Wagner.

" Heil Alarich!" jauchzt die fieges berauschte Horde. Und greift nach Weibern und Pferden, nach kostbaren Gewändern und Goldbechern, nach edlem Hausgerät und Geschmeide.

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Jahrmillionen lang hatten geheimnis- Juwel. Aphrodite   sah noch immer lächelnd Schauung versehen kann im Spiegel eines oolle Mächte der Natur gewirkt, Materie auf den Rubin   herab, als längst schon Kleo- Edelsteines und wie dann bunte, wirre, mischend und trennend, unter unvorstell- patra im Biß der todbringenden Natter die wüste und lockende Bilder der Vergangen­barem Drucke sich gestaltend. Was sie ge- letzte Hilfe gesucht und gefunden hatte... heit wie leibhaftig an einem vorbeiziehen. schaffen, betteten sie unter ungeheure Lasten, in abgründige Tiefen. Und wieder dauert Und wenn die Brüder meinen, daß ihr Wütendes Geschrei gellt durch Roms Abt inbrünstig betet oder in gelehrten es Myriaden von Jahren, bis das Wert Gassen. Paläste brennen, Triumphbogen Schriften studiert dann hat er sich in vollendet ans Tageslicht trat. Ein Rubin splittern. Blinde Barbaren stampfen über ward gefunden in einem jener Steinbrüche eine uralte, morsche Kultur und all ibre jenen tiefroten sanften Glanz versenkt und schaut. Schaut heidnische Göttinnen, stolze Ceylons, die so reich sind an jenen funkeln- Schönheiten hinweg. Frauen, nadie Tänzerinnen, Paläste in den, geheimnisvoll gleißenden Naturwun­Flammen, Schatzkammern, wo in verschwie­dern, die die gierigen Menschen Edelsteine gener Stille die Schätze des Morgenlandes gehäuft ruhen, schaut und träumt. Und Sann, mühsam erwachend, greift er zum Er war schon durch viele Hände gegan­Schreibrohr und Bergamentblatt um Perga­gen, als er die Stirn des Königsohnes Ein paar Tage später wird die Beute mentblatt füllt sich mit Versen, mit Liedern, schmüdte. Der hatte das Juwel an jenem eines Weltreichs verteilt. Ein gotischer Ede- mit den halb unbewußten Sehnsuchtsträu­Tage erhalten, als ihn sein Vater zum Mit- ling hält seinen Reitermantel mit einer men eines gefangenen Lebens, das in dump­Spange zusammen, an der es blist, wie fer Klosterzelle verkümmern mußte, weil Unruhig war das Herz des Königsoh­nes. Mitten in Glanz und Pracht, in Ver- frisch verrieſelndes Blut: ein Rubin   ist's, seine Erzeuger allzu heiß nach weltlicher groß wie eine Haselnuz. Macht und nach Stronen gesehnt haben. Los Und wieder eine Zeit und die letzten Hart ist es, das eines geachteten fen über das Schlachtfeld am Berg Vesuv, Goten sind gefallen. Syrische Händler strei- Fürstensprosses mustern die Leichen, wollen Gewinn ziehen

regenten machte.

schwendung und üppigem Genuß fam er nicht zum Frieden, nicht zur Ruhe. Die fand er erst an dem Tage, als er im gelben Mönchsgewand sich einreihte in die Schar der Jünger des Bollendeten, des Buddha.

Einem persischen Kaufmann überließ er den Rubin  ; mit deffen Erlös errichtete er einen Raftplay für kranke Bilger.

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Hell schimmerte im Tempel der Aphro­dite in Alexandrien gold- elfenbeinerner Standbilder Brunk. Weihrauchwolfen um wogten die Säulen. Blüten streute das Volt, Harfen erflangen.

Im Allerheiligsten stand die Göttin. zu ihren Füßen dufteten die Wohlgerüche Asiens  . Vor ihr kniete eine Frau in fönig­lichen Schmuck. Ihre rofablaffen Lippen lächelten gerade so grausam- betörend wie die marmornen der Göttin

aus Todesnöten.

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In der Werkstätte des berühmtesten Goldschmiedes von Paris   wird noch lange Von der erkalteten Bruft eines Toten nach Feierabend gearbeitet. Große Beſtel­wandert die Spange mit dem Rubin   in den lungen von Hofe gilt es auszuführen, und Beutel des Kaufmannes. Er weiß bereits der Meister schmunzelt, wenn er den zu er einen Kunden dafür; der junge byzantinische wartenden Gewinn überrechnet. Hochzeit Hofherr zieht jetzt beim zu den Tänzerinnen, gehalten hat des Sonnenfönigs Bruder mit die sich ihre Liebeskünste um kostbaren des englischen Königs Schwester. Und die Schmud ablaufen lassen. Da ist ein Ge- blonden Edeldamen aus dem luftigen Eng­schäft zu machen, denkt der Alte, indes er fand, die mit Madame Henriette nach Paris  wohlgefällig den tiefroten Stein abzuschäßen gekommen find, wollen ihre altmodischen beginnt. Familienjuwelen nach neuesten Geschmac umgefaßt haben.

Der Meister hebt einen Ring prüfend ans Licht. Er ist ein uraltes Stid und der Schimmer des Steins von magischer Schön­

Ein Mann sigt in einer Klosterzelle. Grau und schlicht ist sein Gewand, grau wie der Nebel draußen, der um Schottlands  Berge wogt und wallt. Von seiner Rechten geht ein sanftes tiefrotes Leuchten aus: heit. Lange betete die Fran, Schauer um dort funkelt der Rubin  , in goldenen Ring Er hat ihm umgefaßt Schauer liefen über ihre zarte Gestalt. Dann reifen geborgen, als Zeichen seiner Würde sierlich ist jetzt der Reif, der das Juwel Er hat ihn umgefaßt schmal und löste sie von ihrem Hals ein Geschmeideals Abt.  purpurhell funkelte es im Lichte der duften- Der Mann ist geheimer Kunst ergeben. hält, und zeichen sind eingerigt: ein Frauen­, wüßten sie, feine frommen Mitbrüder, name, eine Jahreszahl.

den Dellampen.

Um die schmalen Snöchel Aphroditens was er in stiller Kammer treibt aus- Wie schön wird die weiße Hand der fchlang Kleopatra  , die in höchster Not um stoßen würden sie ihn aus ihrer Mitte. Zum blonden Lady fein, wenn dieser Ring sie Hilfe flebende Königin Aegyptens  , eine Ber- Scheiterhausen würden sie den Magier schmückt, denkt der Meister. Er hat die lentette und der Abschluß des schimmern- schleifen. Vor vielen, vielen Jahren, da Dame gesehen, als sie ihre Bestellung den Bandes war der Rubin  . Jahrelanger hat ein Landfahrender, ein Zigeuner aus machte: holdselig war sie aber traurig Arbeitsschweiß einer Provinz flebte an de Indienland, es ihn gelehrt, wie man sich in blickten ihre Augen.

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