ertönen draußen einige Knalle...Wir wissen, was das bedeutet...

Wieder geht die Tür auf. Alle atmen auf. Der Hölle entronnen!

Polnische Uniformen, Litewfas, parfümierte Offiziere, Europa  ! Zivilisation, Kultur!

Da leuchtet der Pole einem von uns ins Gesicht...

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Krieg nur dunkel noch in Erinnerung, was soll gebunden. Ein Kommando für beide: Feuer, er den Kindern beibringen? Das Lehrbuch, aus wenigen Metern Abstand, und zwölf Kugeln Hand- und Hilfsbuch für Lehrer: Der Deutsche   treffen. Beide find tot. Der Belgier   ist um Auffah in den höheren Lehranstalten, von gejunken. Miß Cavell   steht aufrecht am Pfohl Dorenwell- Vogeler" hilft ihm und hilft den Die Schüsse sind hauptsächlich in den Brustkorb, Kindern. Es liefert eine Disposition. in das Herz und in die Lunge gegangen. Sie Die jieht folgendermaßen aus: ist sofort tot.

Der Krieg hat auch wohltätige,

Waas, Juden im Wagen! Troylis Vet- Folgen. tern! Raus mit ihnen!"

Uniformierte, parfümierte, fultivierte Hände greifen nach uns und zerren uns aus dem Wagen. Draußen ist 25 Grad Kälte; ich liege mit dem Verband im Schnee des Bahnsteiges ... Schüttelfrost überfällt mich!

Der Zug rollt weiter und in der Tür winkt eine Litewka, grüßt Trotzki  !"

*

Ein Jahrzehnt ist vergangen. Vieles ist vergessen. Nur manchmal tauchen bunte

1. Für die Staaten.

Nun schreite ich an den Pfahl, wir nehmen sie ab, ich fasse ihren Puls und drücke ihr die Augen zu. Dann legen wir jie in einen einer gelben Sarg, der abseits steht. Sie wird sofort) 1. Der Krieg ist ein Gegengift für die beigesetzt, die Stelle soll unbekannt bleiben. Wucherpflanzen des Friedens, wo der Rationa- Man befürchtet Unruhen wegen ihres Todes lismus über den Idealismus siegt und alles oder eine nationale Prozession aus der Stadt erschlafft. darum Eile und Schweigen und Geheimnis um ihr Grab

2. Die Völker lernen sich besser kennen und achten; es findet ein Austausch an Ideen, Anschauungen, Lebenseinrichtungen usw. statt. 3. Der Handel sucht neue, oft vorteilhafte

Wege.

4. Die Kunst, namentlich. namentlich Poesie und Flede vor den Augen auf... Uniformen! Malerei, erhalten großartige Gegenstände zur Verherrlichung.

Il. Für den einzelnen Staatsbürger. 1. Der Krieg gibt Gelegenheit, Talente entwickeln; ohne Krieg wäre die Welt um manchen großen Mann ärmer.

Manchmal tritt ein Liftboy an mich heran, und ich sehe das graue Tuch, die goldenen Knöpfe, schon glaube ich ein Kosaken- oder Ulanengesicht vor mir zu sehen, ich schaudere, zu bis ich dann aufblide und in zwei große Kinder­augen blide, die sagen: Ich muß doch Uni­form tragen!"

Der Krieg hat gute Folgen."

2. Viele Tugenden finden Gelegenheit, sich zu bewähren.

3. Auch der religiöse Sinn wird wieder gewedt, sowohl bei Sieger wie bei Besiegtem. 4. Mancher tätige Mann findet Gelegenheit zu reichem Erwerb."

So steht es in einem Schulbuch zu lesen, in einem reichsdeutschen Lehrbuch für höhere Lehranstalten aus dem Jahre 1927! Da ist der Nachwuchs unter den Lehrern, der hat den wird!

Man kann darauf nur sagen: armes Deutschland  ! Arme Jugend, die so betrogen

In die Affäre der Edith Cavell   waren etwa zwanzig Angeklagte verwickelt. Die Tätigkeit der Edith Cavell   hatte darin bestanden, die aus den Herbstschlachten 1914 in Nordfrankreich und Belgien   zurückgebliebenen, teils verwundeten,

teils geflüchteten Engländer und Franzosen   zu sammeln, zu pflegen, zu verbergen und mit den wehrjähigen Belgiern zusammen nach Holland  zu transportieren. Miz Cavell, die Engläns derin war, war von den deutschen   Behörden aus Belgien   ausgewiesen worden, blieb jedoch in der Stadt. Miz Cavell wohnte schon seit Jahren in Brüssel  , sie war von Beruf Erzie herin, jie hatte Kindergärtnerinnen ausgebildet und war eine Zeitlang Pflegerin im Krankens haus gewesen.

Wie Miß Cavell erfchoſſen wurde. derte, schließlich armselige Kohlenarbeiter aus

Von Dr. Gottfried Benn  .

Im Jahre 1915 wurde in Brüssel   die Mit einer Lebendigkeit ohnegleichen, mit Leich­englische Erzieherin Edith Cavell   von tigkeit schreitet er den Hang hinunter, wo die der deutschen   Besatzungsarmee stand- Soldaten stehen, zieht die Mütze, stellt sich mit rechtlich erschossen. Sie war beschuldigt einer unnachahmlichen ritterlichen Bewegung worden, gefangene englische und belgische vor die Gruppe, die ihn erschießen wird, und Soldaten nach Holland   gebracht zu haben. sagt die Worte: Bon jour, Messieurs, devant Dieses brutale Vorgehen hielt auch nach la mort nous sommes touts des camarades." dem Kriege noch die Gemüter in Er-( Guten Tag, meine Herren, vor dem Tod sind regung. Ein früherer deutscher   Militär- wir alle Kameraden.) Er wird vom dienst­arzt schildert hier die Vollstreckung des habenden Kriegsgerichtsrat unterbrochen, der wahrscheinlich eine aufreizende Rede fürchtet. Von nun an bleibt der Delinquent stehen, ruhig, todesgewiß.

Urteils.

Ich war seit den ersten Tagen der Be­setzung von Brüssel   Oberarzt im Gouvernement Brüssel  . Eines Abends, im Spätherbst 1915, erhalte ich den Befehl, am nächsten Morgen an einer bestimmten Stelle auf ein Auto zu war­ten und an einen unbenannten Ort zu fahren.

In das Auto steigen außer mir zwei Kriegsgerichtsräte, einer dienstlich, der andere aus Interesse. Wir fahren durch die dunklen Straßen zum Tir national, dem Scheibenstand der Brüsseler Garnison   an der Peripherie der Stadt. Das Auto hält. Das Terrain senkt sich. Wir steigen eine Mulde hinunter, in der Sol­daten Spalier stehen. Am Ende der Mulde stehen zwei Gruppen von je zwölf Mann in zwei Gliedern. Ihre Gesichter sind auf den grasbewachsenen Kugelfang gerichtet. Vor dem Stugelfang zwei frische Pfähle, weiße Latten, in die Erde gerammt.

Wir stehen und warten. Nun fährt ein Auto heran. Ihm entsteigt ein belgischer Zivi­list mit einem fatholischen Pfarrer. Der Bel­ gier   ist etwa vierzig Jahre; er ist, wie ich höre, Ingenieur, verheiratet, Vater von zwei Kin­dern. Seine Bewegungen find lebhaft. Er ist nicht gefesselt. Auf dem Kopfe trägt er eine Mütze. Er ist der Komplize von Edith Cavell  .

Nun kommt das zweite Auto. Mik Tavell steigt aus, neben ihr ein evangelischer Pfarrer, ein bekannter Berliner   Geistlicher, der ihr die letzte Nacht zur Seite gestanden hat. Edith Cavell   ist vielleicht zweiundvierzig Jahre alt, hat graues bis weißes Haar; der Kopf ist entugt; jie trägt ein blaues Kleid. Ihr Gesicht ist dürr, maskenhaft, der Gang steif, stockend. Aber ohne Zaudern, ohne Stoden geht sie abwärts zu den Pfählen. Einen Augenblick hält sie einige Meter von der weißen Latte entfernt; jie spricht leise mit dem Pfarrer. Was hat sie ihm gesagt? Er hat es mir später erzählt: sie stirbt gern für England und läßt Mutter und Brüder grüßen, die in der britischen Armee im Felde stehen. Andere Frauen bringen größere Opfer: Männer, Brüder, Söhne, sie gibt nur ihr eige­nes Leben. O Vaterland, drüben über dem Meer, o Heimat, die sie grüßen läßt. Dann nimmt sie ruhig Abschied von dem Pfarrer.

Letter Alt. Es dauert kaum eine Minute. Die Kompagnie präsentiert, der Kriegsgerichts­rat liest das Todesurteil vor. Der Belgier und die Engländerin bekommen eine weiße Binde über die Augen, die Hände werden an den Pfahl

Der Prozeß bot ein merkwürdiges Bild interessante Verschwörer, ein soziales Durchein ander: die belgische Prinzessin Croy  , die fran­ zösische   Gräfin Beveville, Intellektuelle, Rechts­anwälte, ein Apothekerpaar aus Namur  . Juge nieur Baucq, dessen Erschießung ich vorhin schil dem Borinage, die man für ein paar Franken für die Nacht gemietet hatte, die Gruppen durch die Wälder zu führen. Abenteuerlust. Patriotis­mus, Anklagen der Verschwörer unter- und gegeneinander, Verzweiflung, Ohnmacht, natio nale Verhebung, alles spielte sich während der zwei Tage Verhandlung vor uns ab.

Edith Cavell   erklärte, daß sie mit ihrer Ors ganisation etwa dreihundert englische und fran­ zösische   Soldaten und wehrfähige Belgier im Laufe der Monate gesammelt, ausgerüstet und über die belgisch  - holländische Grenze geschafft hat. Sie selbst, von vielen Seiten ihrer Mit­beschuldigten schwer belastet, verhielt sich äußerst reserviert, sprach leise und wenig, trug immer ihr ſtarres und undurchdrinliches Gesicht.

urteilt, die anderen erhielten schwere Zuchthaus Sieben Angeklagte wurden zum Tode ver urteilt, die anderen erhielten schwere Zuchthaus ſtrafen. Vollstreckt wurde das Urteil an miß Cavell   und an dem Ingenieur Baucq  .

Kuriosa.

Unter anderem:

beschloß Hohenstadt in Mähren  , eine städtis sche Steuer auf Singvögel, wonach der Bejizer einer Nachtigall 100 kronen, von Drosseln und Rotkehlchen 50 Kronen, von Zeisigen und Stieg lizen 10 Kronen zahien muß nur der Kucuc foftet nichts, den bringt der Gerichtsvollzieher gratis ins Haus.

faufte ein Amerikaner das mit dem Kriegs kreuz ausgezeichnete Segelschiff der französischen  Handelsmarine, dem es gelungen war, ein deut sches U- Boot zum Sinten zu bringen, und machte daraus ein schwimmendes Restaurant mit Tanzbetrieb.

eröffneten in Berlin   Sechs Studenten und eine Optimistin" eine Eisdiele am Kurfürsten damm, um sich die Studienmittel zu verdienen.

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