ausgewiesen und ging nach Petersburg an den Hof der Zarin Katharina, wo sich die­felben Dinge wiederholten, die in Paris bor sich gegangen waren. Katharina selbst ließ sich ausnahmsweise nicht irreführen und dog in Paris Erkundigungen über das Paar ein, die so ausfielen, daß sie ihnen das Reisegeld gab und sie ersuchte, das Land zu berlassen, wenn sie nicht nach Sibirien ge­fchickt werden wollten.

Sie wandten sich nach Rom , aber bald schritt hier der Papst gegen das Schwindler­paar ein. Lorenza wurde wegen Unmoral, Cagliostro wegen Kezzerei vor Gericht ge­stellt. Lorenza wurde zu lebenslänglicher Klosterhaft verurteilt und im Kloster St. Apollonia untergebracht. Die Welt hat nie wieder von ihr gehört. Cagliostro war zu­nächst auf einer Festung und wurde dann nach dem Fort St. Leo bei Montefaltro gebracht. Hier war er in einem in den

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Auszug aus dem Lexikon der Herrschenden.

der Pöbel

gottgewollte Ordnung Faulheit

Eine Demonstration unter schwarz- weiß- roten Fahnen, das ist vox populi Eine Demonstration unter roten Fahnen Herrschaft des Kapitals Arbeitslosigkeit. Unglück der Armen Streifende Gummifnüppel

Verlangen nach Lohnerhöhung Lebensfreude der Armen Verlangen nach Lebensfreude Solidarität. Bildungsdrang Arbeitslosen- Unterstützung Sozialrenten Soziale Lasten Rapitalsteuern.

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P

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Schuld

Verbrecher

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Laster

Sünde Zuchtrute

Gottes

sündhafte Begehrlichkeit

gemeinsamer Aufruhr

. revolutionäre Gesinnung

Brämien auf die Faulheit

Diebstahl Raub

Felsen gehauenen Loch untergebracht. Er fung eine Reihe von wichtigen Beobachtungs- system, die die offensichtliche Erhöhung aller foll nach vierjähriger Einkerkerung im ergebnissen entgegensteht, so etwa der Um- Energien und den anormalen Flugtrieb aus­Jahre 1795 gestorben sein, denn als das stand, daß zahlreiche Vögel Frühzieher" sind, lösen. Die experimentelle Forschung, die ja dem französische Heer im Jahre 1797 bei dem das heißt, im Hochsommer aufbrechen, zu einer ganzen Gebiet der inneren Sekretion und ihrer Einzug in Rom das Gefängnis stürmte, um| 3eit also, in der von Nahrungsmittelausfall Wirkungen erst seit verhältnismäßig furzer Zeit Cagliostro zu befreien, in dem man ein und sinkender Temperatur noch nicht die Rede zu Leibe geht, wird hier sicherlich über kurz oder Opfer der Inquisition sah, war der große sein kann. Andere kennt man als ,, Spätzieher", lang zu brauchbaren Ergebnissen kommen und Abenteurer und weltberühmte Schwindler wieder andere aber brechen so spät auf, daß der den Schlüssel für eine Erscheinung finden, die nicht mehr zu finden.- Hat der Lebens- Frühwinter sie noch in ihren alten Ristplägen immer zu den großartigsten und eindrucksvoll­lauf dieses Mannes, der eine geldgierige findet und sie auf der Reise häufig scharenweise sten Aeußerungen der lebendigen Natur gezählt und altgewordene Gesellschaft so lange an an den mangelhaft gewordenen Lebensverbält worden ist und die, wie kaum eine andere, die der Nase herumführen konnte, nicht Aehn- nissen zugrunde gehen. Aufmerksamkeit der Menschen erregt hat. lichkeit mit den Zauberern unserer Tage, die sich die wirtschaftliche und politische Kon­junktur zunuze machen und dabei große

Reichtümer erwerben?

Es ist der Wissenschaft bisher nicht g:

einen plausiblen Grund für ein so schädliches Verweilen zu finden, indessen neigt man mehr und mehr der Annahme zu, daß die eigentliche Ursache des Herbstzuges und natürlich auch des Frühjahrszuges im Innern des Vogels, in sei­Warum ziehen die Vögel. em Blute, zu suchen ist. Vielleicht sind es ge­Ein großes Nätsel noch ungelöst. Drüsen- wisse, noch nicht erforschte Vorgänge im Drüsen­fätigkeit oder Verschlechterung der Lebens­

bedingungen?

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In den nächsten Wochen seit einer der ge­heimnisvollsten periodischen Naturborgänge ein, eine Erscheinung, die den Forschertrieb und die Phantasie der Menschen seit den frühesten Tagen immer wieder beschäftigt hat. In die Scharen der Zugvögel fommt die große, unbe­zwingbare Unruhe, sie formieren sich zu Ge­meinschaften und beginnen nach Süden zu ziehen.

Wir alle kennen das plötzliche Flügelrau­fchen und geisterhafte Schwagen im Herbsthim­mel, wir erinnern uns der Völker der Grau­gänse, der unübersehbaren Wolfen der Staren­schwärme, der wie mit dem Lineal gezogenen Dreiecke der Wildentenformationen.

Auch hier wird der Bau menschlicher Er­fenntnis um weitere wichtige Steine vermehrt werden, der Schleier des Geheimnisses wird fal­len und abermals wird die wunderbar zweck­bolle, überall auf Notwendigkeit beruhende Glie­derung des Naturhaushalts deutlich vor den Augen der lernenden Menschheit sein.

H. Gernot.

Ein Chemieprolet erzählt...

Vor kurzem erschien im Verlag| Schicht, jedoch in einer anderen Fabrikation ,, Der Bücherkreis, G. m. b. H.", Ber- des Werkes, beschäftigt war. lin SW. 61, eine kritische wirtschafts- Am Abend trat er ein. Sein Lohn betrug geschichtliche Monographie J. G. fünfzehn Pfennig pro Arbeitsstunde. Außer Deutschland" von Helmut dem mußte er in der Woche viermal des Wickel( Preis 4.30 RM.) über den Abends je zwei Ueberstunden machen, die er großen Chemietrust J.-G. Farben. So- mit fünfundzwanzig Prozent vergütet bekam. eben kommt nun im gleichen Verlag ein Buch heraus, das zu dem erst genannten nach der praktischen Seite bin eine wertvolle Ergänzung darstellt, nämlich der autobiographische Roman Mensch unterm Hammer" bon Josef Lenhard( Preis 4.30 RM.). Ihm ist die nachfolgende Epi­sode entnommen:

Am ersten Abend wurde er vom Pförtner, der noch einige Arbeiter an ihre neuen Pläze beorderte, durch mehrere breite Straßen des großen Werkes geführt und in einem roten, düsteren Bau im Aufseherzimmer abgeliefert.

Der Aufseher dieses Baues sah sonderbar aus. Er hatte das ganze Gesicht mit gelbem Lehm beschmiert, um der roten Farbe das Eindringen in die Gesichtshaut zu verwehren. Seine Nasenlöcher waren mit Wergpfropfen verstopft. Sein Anzug bestand aus einem rötlichen, mißfarbenen ungebügelten Filzanzug, und seine Füße staken in Fußlumpen und großen Holzschuhen.

So unabänderlich, wie alljährlich das Laub sich entfärbt und zu Boden sinkt, so unab­änderlich meldet sich der große Zwang in der Kilian Narr hatte Glück. Schon am Vor­Seele der Vögel. Nichts vermag den inneren mittag wurde er am Tor des größten chemischen Befehl, den sie vernommen haben, zu über Farbwerkes in Rheinwört vom Portier aus tönen; Zugvögel, die man im Käfig hält und einer größeren Menge Arbeitsuchender heraus­die sich an ihre Gefangenschaft an und für sich geholt und dem Arzt zur Untersuchung vor gut gewöhnt hatten, beginnen in der kritischen geführt. Danach war er eingestellt. In dem Das jah recht übel aus. Kilian erschauerte Zeit ein verstörtes, unruhiges Wefen zur Wert war Tag- und Nachtschicht bei zwölf- bis vor dem Scheusal von Aufseher und wäre am Schau zu tragen und endlich eine wilde. unge- vierzehnstündiger Arbeitszeit mit den Pausen, liebsten gleich wieder davongelaufen. Aber bald wöhnliche Energie zu zeigen: Sie versuchen, ihr und alle zwei Wochen mußte am Sonntag danach hatte er in einem Brausebad in der Gefängnis zu zertrümmern, wobei sie sich nicht vierundzwanzig Stunden gearbeitet werden. Er Nähe einen Kleiderschrank zugewiefen bekom felten blutige Verlegungen beibringen oder auch bekam Nachtschicht und hatte Zeit, sich ein men, ein Handtuch, ein Stück Seife und einen Sonst Schaden tun Logis zu suchen, das er auch ohne große Mithe tausendfach geflicten Filzanzug. Dann, nach in der Nähe des Werkes bei einer Witwe fand. dem Umkleiden, erhielt er einen Kehrbesen und Der Preis betrug für Bett und Kaffee drei hatte nun die Aufgabe, den mächtigen Bau Mark die Woche und mußte vorausbezahlt wer- reinzuhalten.

Man hat lange geglaubt und auch die Welt der Fachgelehrten vertrat diefe Meinung, daß einfach die Verschlechterung der Lebensbedin­gungen den äußeren Anlaß zu den Vogelzügen den. Das Zimmer teilte er mit einem Russisch Der Bau jah wenig einladend aus. Es abgebe. Heute weiß man, daß dieser Auffaf Bolen aus Warschau, der ebenfalls auf seiner standen hier große, geteerte Rührkessel, die